Das mit der Beweisumkehr halte auch ich für kritisch.
Bei der Finanz ist es so.
Für die Steuerfestsetzung reichen glaubhafte Hinweise. Wenn diese glaubhaften Hinweise nicht widerlegt werden können, bleibt es bei der Steuerfestsetzung.
Für ein Strafverfahren brauchen wir allerdings hieb- und stichfeste Beweise.
Ob das reicht?
Völlig richtig ! Peter der Sitzende muss gar nichts beweisen, der darf sogar seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen und lügen, dass sich die Balken biegen (ob das so geschickt ist, ist eine andere Frage). Das Gericht muss zu der "jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden" Überzeugung kommen, dass das Geld beiseite geschafft wurde und dass die Rückzahlung an die Geldgeber damit zumindest gefährdet ist. Ob es dazu kommt, ist nicht sicher, aber immerhin gibt es ja einiges:
1. Nach den "Reichsbank"- Verträgen war Sitzek berechtigt, über das Geld der Anleger zu verfügen.
2. Frage nun: hat er dieses Recht missbraucht und dadurch die Geldgeber geschädigt (wozu hier auch schon die Gefährdung ihres Vermögens ausreicht) ?
Fest steht: Die Einzahlungen sollten sicher keine Schenkungen sein. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind die Anleger auch nicht, jedenfalls nicht ausreichend deutlich darauf hingewiesen worden, dass die Gefahr eines Totalverlustes ihres Geldes besteht (und dass diese Gefahr bei dem Bezopften und seinen "Projekten" extrem hoch ist).
Fest steht weiter: Es ist jede Menge Geld von den Konten in bar abgehoben worden und dieses Geld ist zur Zeit nirgendwo auffindbar. Es gibt keine Buchhaltung, in welcher man die Verwendung der Gelder nachvollziehen könnte, nicht einmal irgendwelche Belege. Anscheinend ist sogar die Vernehmung der von Peterle benannten Entlastungszeugen im Vor- bzw. Zwischenverfahren für Sitzek in die Hose gegangen (siehe den Beschluss des Landgerichts zur Haftprüfung).
Bis hierhin ist das also schon einmal keine gute Ausgangslage für den Pudelkönig. Kann man nun mit der nötigen Überzeugung ausschließen, dass das Geld doch nicht beiseite geschafft worden ist, sondern dass es noch an die Anleger zurückgezahlt werden kann ?
In die sogenannten Projekte ist, soweit man das nach den bekannten Fakten sagen kann, allenfalls ein eher geringer Teil der Gelder geflossen. Irgendetwas Werthaltiges ist dabei nicht herausgekommen. Abgesehen davon ist auch schon die Investition in "neuartige Technologien" (also in Scharlatan-Techniken, deren Funktionieren von Anfang an sehr zweifelhaft oder gar objektiv auszuschließen ist) eine vermögensgefährdende Verfügung über das Geld der Anleger (die - wie gesagt - nicht auf solche Risiken hingewiesen wurden). Mag sein, dass Peterle angibt, an diese Techniken geglaubt zu haben. Mag aber auch recht gut sein, dass das Gericht ihm das nicht abnimmt.
Wenn der Angeklagte jetzt nichts zur Sache aussagt, könnte das alles schon recht gut und mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung ausreichen, ganz sicher ist man natürlich erst bei Rechtskraft des Urteils.
Je nachdem, wie der Angeklagte sich zur Verwendung der Gelder einlässt (ich glaube kaum, dass Sitzek es schafft, während des gesamten Prozesses die Klappe zu halten), könnte es noch eine lange und umfangreiche Beweisaufnahme geben. Wenn aber z.B. zwei oder drei Versionen des Angeklagten zur angeblichen Verwendung der Gelder sicher widerlegt werden können, dann ist die Überzeugung des Gerichts, dass der Angeklagte Untreue begangen hat, recht bald da (daher ist Lügen vor Gericht auch für den Angeklagten nicht immer die beste Option).
Kurz und gut: Nach Lage der bekannten Dinge ist eine Verurteilung recht wahrscheinlich, aber halt auch nicht zu 100 % sicher.