Mein erster Prozessbericht. Bitte Schreibfehler bei den Namen und Tippfehler entschuldigen.
Die VorgeschichteFrau Helga B-H. und ihre Tochter Frau Bettina Ariane H. aus Barbis im Harz hatten einen Disput mit dem zuständigen Schornsteinfeger. Durch die Neuregelung zwischen 2008 und 2012 ist das Kehrmonopol der Schornsteinfeger weggefallen und im geringem Maß Wettbewerb entstanden. Bei Verstößen eines Eigentümers gegen geltende Regelung wird die zuständige Ordnungsbehörde von dem Schornsteinfeger informiert.
Frau B-H. hatte wohl mehrfach den Zugang des Schornsteinfegers zur Feuerstättenschau verhindert, so dass am 15. Juni 2016 der Schornsteinfeger, ein Vertreter des Ordnungsamtes und zwei Polizisten vorstellig wurden. Frau B-H diskutierte und verlangte in typischer RD-Manier nach einem Dienstausweis. Die Situation eskalierte, als die Tochter Frau H. dem Polizisten Sch. Sanitärreiniger in die Augen spürte und es zu einem wilden Hanggemenge kam. Zu ersten Verhandlung sind beide nicht erschienen, so dass beim Wiederholungstermin eine persönliche Abholung der Angeklagten notwendig war.
Gutmine hat schon einiges zu dem Fall gesammelt:
https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=27.msg142442#msg142442Ort der VerhandlungDas Amtsgericht Herzberg liegt auf einem Berg in der Stadtmitte. Über eine schmale Straße kommt man zu einer Schlossanlage aus dem 16. Jahrhundert. Die Fachwerkbauten der geschlossenen Vierflügelanlage wurden in den letzten Jahren aufwändig saniert. Der Gerichtsraum ist durch historische Gemälde und gewaltigen Deckbalken geprägt. Die 30 Sitzplätze für Zuschauer werden durch 2 Fernsehteams (2 vom privaten Prekariatssender RTL Nord, und 4 GEZ-genährte Herren vom NDR). 8- 10 Menschen von der schreibenden Zunft, ein paar interessierte Rentner und Nachbarn der Angeklagten. Ein älteres Paar mit Anzug und Kostüm konnte ich nicht zuordnen, scheinen aber aus RD-Szene zu kommen. Beide haben mit Frau B-H. Papiere mit eindrucksvollen Siegeln ausgetauscht. Vor Beginn die übliche Ausweiskontrolle mit Sensorkabine.
Die AkteureDie Richterin Frau Cron. Eine sympathisch wirkende Frau, die von der ersten Minute Ruhe mit der notwendigen Autorität ausstrahlt.
Die Staatsanwältin die sehr ernst und energisch auftritt.
Die Pflichtverteidiger Pohl und Franke der beiden Frauen, die während des gesamten Prozesses genervt und wenig engagiert wirkten. Man merkt sofort, dass sie weder die Ansichten noch die Handlungen der beiden Frauen verstehen wollen.
Die Adhäsionsklage mit Anwalt Hofmann und dem inzwischen pensionierten Polizisten Sch., der immer noch sehr angeschlagen wirkt.
Der Gutachter Dr. Benter aus Göttingen, der Frau B-R seit vielen Jahren durch mehrere Verfahren kennt.
Die Mutter (69 Jahre) Fr. R-H. seit 26 Jahren geschieden. Gelernte Einzelhandelskauffrau und Stenotypistin hat Deutschland alleine wiederaufgebaut und ihre Knochen hingehalten. Deshalb ist sie heute körperlich ein Wrack, und das für 650 € Rente im Monat. Sie erscheint mit einer dunklen Jacke und einer Plastiktüte mit Yes Werbung. Zwischendurch zaubert sie immer wieder wichtige Schreiben und Erklärungen aus der Tüte.
Die Tochter H. (30 Jahre), Realschulabschluss, gelernte Industriekauffrau die seit 2014 bei einem Personaldienstleister arbeitet. Sie ernährt mit ihrem schmalen Lohn die Kleinfamilie.
Der ProzessBeginnt mit ein paar Minuten Verspätung. Die beiden Angeklagten bleiben hinter der letzten Zuschauerreihe stehen. Die Richterin fordert die beiden drei Mal freundlich auf, doch ihre Plätze neben den Verteidigern einzunehmen. Die Beiden bleiben während der gesamten Verhandlung hinter der letzten Sitzreihe der Zuschauer stehen. Mit den Beiden im Rücken fühle ich mich unwohl und bereue, dass ich weder eine Schutzbrille, noch eine Augendusche, mitgenommen habe.
Memo an mich: Zukünftig vorab Ausrüstung checken.
Es folgen mehrere Zwischenrufe der Mutter, man habe jedes Recht sich gegen Attacken des Polizisten Sch. zu verteidigen. Verteidigung ist Notwehr. Der Pflichtverteidiger Franke der Tochter verliest eine Erklärung mit einer monotonen Stimme. Die Tochter war stark erkältet und stand unter Medikamenteneinfluss. Aus Langerweile habe sie Blumentöpfe mit einem Sanitärreiniger geputzt. Plötzlich sei die Tür aufgegangen. Sie fühlte sich durch die Streitsituation angegriffen und es sei eine Abwehrsituation entstanden.
Die Mutter fragt, ob die Richterin sie als lebende Person ansieht und ob die EU-Richtlinien eingehalten werden und übergibt mehrere Erklärungen an die Richterin. Dazu gehört scheinbar auch eine Verfassungsklage/ -beschwerde. Die Richterin erklärt, dass sie nicht zuständig wäre und heftet die Papiere genervt ab. Zwischenrufe der Mutter werden immer wieder freundlich aber energisch durch die Richterin abgewürgt.
Die Staatsanwältin fragt die Tochter, ob erkennbar war, dass ein Polizist vor ihr stand. Die Tochter verneint dies. Es war nicht erkennbar, dass ein Polizist vor ihr steht. Die Staatsanwältin zeigt zwei Fotos aus der Klageschrift mit Aufnahmen des Polizisten mit stark verquollenen Augen. Der Polizist trägt ein blaues Diensthemd mit Sternen auf den Schultern. Die Mutter souffliert der Tochter während der Befragung. Die Tochter (und Mutter) behaupten, so habe der Polizist nicht ausgesehen. Für mich sehr einsichtig, dass man nach einem Säureanschlag, vor Besuch des Augenarztes, ein Diensthemd mit nassen Flecken anzieht…. Die Frauen fallen der Richterin mehrfach ins Wort.
Die Pflichtverteidiger fordern eine chemische Analyse des Sanitärreinigers Ecolab Indoor fresh. Es soll ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Die Staatsanwältin präsentiert die Tatwaffe: eine rote Spritzflasche mit 90 % Füllung und fordert eine Ablehnung des Antrages. Die Richter nimmt fachfraulich (Wedeln, wie damals im Chemieunterricht) eine Riechprobe und fordert die Prozessbeteiligten auf, auch eine Probe zu nehmen. Für die Entscheidung zieht sich das Gericht zu einer 20 min Beratung zurück.