Experte warnt Gefährliche Verbindungen zwischen Reichsbürgern und Neonazi-Szene Von Alexander Schierholz 01.09.16, 19:31 Uhr
Reuden/Magdeburg -
In der Szene der Reichsbürger und wirren Verschwörungstheoretiker sind sie nicht zimperlich, was den Umgang mit denen angeht, die sie für ihre Feinde halten. In den sozialen Netzwerken brodelt es, seit der selbsternannte Staatsgründer Adrian Ursache auf seinem Grundstück in Reuden (Burgenlandkreis) von der Polizei angeschossen worden ist. „Was können wir tun - Vorschläge?“ postet einer im Netz. Die Antwort lässt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig: „Nur gewaltsame Revolution! Wir müssen die Regierung töten.“ In einem anderen Blog heißt es: „Doch die Zeit ist reif um den ganzen ein Ende zu Bereiten. Wir sollten uns alle ein Beispiel an Adrian nehmen und für unsere Freiheit Kämpfen“ (Schreibweise im Original). Ursache hatte vor den Schüssen Polizisten mit gezückter Waffe bedroht.
Experte: Reichsbürger mit Kontakten zur militanten Neonazi-Szene
Angesichts solcher Gewaltbereitschaft sagt David Begrich: „Ich kann nur davor warnen, Reichsbürger als harmlose und geltungssüchtige Spinner abzutun.“ Sie träten selbstbewusster auf und hätten immer häufiger Kontakte zur militanten Neonazi-Szene oder seien in deren Netzwerke eingebunden, sagt der Experte der Arbeitsstelle Rechtsextremismus in Magdeburg.
So auch in Reuden. Nach MZ-Informationen nahm die Polizei bei dem Einsatz in der vergangenen Woche von rund einem Dutzend Unterstützern Ursaches die Personalien auf - darunter auch von mindestens zwei Angehörigen der regionalen Neonazi-Szene.
Die beiden Männer, von denen einer wegen Körperverletzung und anderer Delikte vorbestraft ist, zählen zum Umfeld von Rechtsrock-Bands und nahmen zuletzt unter anderem an Demos gegen Flüchtlinge in Tröglitz und Kretzschau bei Zeitz teil. In Bitterfeld standen im vorigen Jahr bei sogenannten Montags-Mahnwachen Neonazis, Reichsbürger und Mitglieder der AfD einträchtig Seite an Seite. Nicht alle Reichsbürger seien rechtsradikal, sagt Begrich. Doch ihre Ideologie - das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik und der Glaube an den Fortbestand des Deutschen Reiches - sei für Rechtsextremisten sehr attraktiv.
Der Verfassungsschutz zählt in Sachsen-Anhalt rund 80 Personen zur Reichsbürger-Szene.
Der Verfassungsschutz zählt in Sachsen-Anhalt rund 80 Personen zur Reichsbürger-Szene. Ein Viertel davon stuft der Geheimdienst als rechtsextrem ein. Sie würden beobachtet, sagt Verfassungsschutz-Chef Jochen Hollmann, weil es bei ihnen Anhaltspunkte dafür gebe, aktiv den Staat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen. „Wir haben aber keine Erkenntnisse über strukturelle Verflechtungen zwischen Reichsbürgern und Neonazis.“ Kontakte gebe es höchstens in Einzelfällen, wie etwa jüngst in Reuden.
Der innenpolitische Sprecher der der Grünen, Sebastian Striegel, zweifelt das an. Er will den Polizeieinsatz von Reuden und die Verbindungen zwischen Reichsbürgern und Rechtsextremisten zum Thema im Innenausschuss des Landtages machen. Geklärt wissen will Striegel auch, woher der selbsternannte Staatsgründer Adrian Ursache eigentlich die Waffe hatte, mit der er die Polizisten bedrohte. (mz)
– Quelle:
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