Was dringend reformiert gehört sind die Medienanstalten.
Was sich am vergangenen WE wieder gezeigt hat.
„3 ½ Stunden“ hieß der Film, der schon seit Wochen kräftig beworben wurde
Es geht um eine fiktive Zug-Fahrt am Tag des Mauerbaus von München nach Berlin.
So einen Film zum Mauerbau gab es noch nie: Das macht "3 ½ Stunden" so besonders [Anzeige]
Von Markus Trutt — 06.08.2021 um 08:30
Filme rund um den Mauerbau gibt es viele. Schließlich ist es eines der einschneidendsten Ereignisse der deutschen Geschichte. „3 ½ Stunden“ (schon jetzt in der ARD Mediathek) behandelt das Thema allerdings noch mal aus einer völlig neuen Perspektive.
https://www.filmstarts.de/nachrichten/18536940.htmljubelt der Mietschreiberling brav.
Immerhin ist der Text als Anzeige gekennzeichnet.
Wird aber auch was gekostet haben.
Der Fernsehfilm „3 ½ Stunden“ (ARD Degeto) verdichtet die Zerrissenheit des geteilten Landes in einer dramatischen Fahrt.
https://www.studio-hamburg.de/themenabend-60-jahre-mauerbau-am-7-august-im-ersten/schwallt der nächste.
Und was wird dann geboten?
1. Es gab in der DDR keine Dampflokführerinnen! 🙄 § 23 des MKSchG verhinderte dies. Es gab auch am 13. August 1961 keine Lokführerinnen in der DDR. Die gab es erst am Oktober 1961 auf Elloks der BR E-44 (beim Bw Halle-P). Der Beruf des Dampflokführers geht nur über den des Heizers. Von München nach Berlin wären vermutlich so um die 5 t Kohle in die Feuerbüchse zu schaufeln gewesen, von diesen schweren Arbeiten waren Frauen ausgenommen, konnten dann aber eben auch nicht Dampflokführerin werden.
2. Ohne Heizer durfte nicht gefahren werden. Vorschrift. Unabdingbar. Ohne Heizer wäre die Lok keinen Meter gefahren. Und: nein, das ist keine Klugschei.ßerei!
3. Ohne Mütze durfte auch nicht gefahren werden. Selbst von der guten westdeutschen Kohle (die ganz bestimmt in München Hbf gefaßt worden wäre) löste sich das ein oder andere glühende Kohlestückchen, wurde durch die Rauchrohre durch den Luftzug den ganzen Kessel entlang gezogen und dann – trotz Netz vor dem Schlot – mit dem Qualm nach außen abgegeben, wo es durch den Fahrwind den Lokführer treffen konnte, der zu Streckenbeobachtung gerade den Nüschel aus dem Führerstand hielt. Das üppige Haar der blonden Dampflokführerin wäre gnadenlos abgefackelt. Daher die Vorschrift (gibt ja auch Männer mit ausgeprägter Mähne).
4. Der Wagenpark hat 1961 fast komplett noch nicht existiert, lediglich einige Silberlinge fuhren schon. (Darüber kann man sogar noch hinwegsehen, weil es gar nicht so einfach ist, originales Wagenmaterial zu bekommen, aber aufgelistet gehört es nun einmal).
5. Die Wagenanschriften waren die der „WFL“ (da hat man sich halt keine Mühe gegeben das zu überdecken, die Produktion sollte eben möglichst billig sein, die eingesetzten Schauspieler waren es teils wohl nicht)
6. Die Lokführerin trägt eine Uniform des Betriebsdienstes (rot unterlegte Schulterstücke und Kragenspiegel). Maschinendienst war blau unterlegt.
7. Den 2- oder 3-mal verwendeten Begriff Ost-Berlin gab es nicht im DDR-Sprachgebrauch. Berlin wurde immer „Hauptstadt der DDR genannt“.
8. Die Grenzsoldaten schauen bei der Flucht der Lokführerin im Film untätig zu: M.M.n. vollkommen unrealistisch, zumal die Lokführerin sich noch auf DDR-Gebiet befand. Der Schießbefehl Nr. 39/60 vom 28. Juni 1960 hätte das am 13. August 1961 schon hergegeben. Das Geschichtsklittern dient offensichtlich dem Zweck, die DDR etwas menschlicher erscheinen zu lassen als sie war.
Einiges sind läßliche Sünden, anderes nicht.
Den Blödsinn kann ich mir nur so erklären, daß Frauen auf Biegen und Brechen auch außerhalb der DDR als emanzipiert dargestellt werden sollten und das Konstrukt der DDR als letztlich doch nur idealistisch hinzustellen war. Das ganze mit Pseudodramatik serviert à la von Schirach, dessen Scheinzweispalte von Thomas Fischer schon etliche Male aufgedeckt wurden.
Natürlich ist ein Spielfilm keine Doku, aber das, was da geboten wird, ist nun wirklich ärgerlich!
Alles soll schön nett sein, man will niemand auf die Füße treten.
Natürlich zeigt sich darin der Einfluß der Politik!
Diese Kritik ist vollkommen berechtigt.
Wenn ich also solche Szenenphotos sehe wie in dem PM, schwindet bei mir schon spontan die Lust, mir solch ein Machwerk anzusehen!
Die Kalkulation ist aber offenbar aufgegangen: Die Erstausstrahlung von 3 ½ Stunden am 7. August 2021 wurde in Deutschland von 4,64 Millionen Zuschauern gesehen und erreichte einen Marktanteil von 19,1 % für Das Erste.
Da knallen die Sektkorken in der Vorstandsetage und man wird versuchen das Ding ins Ausland zu verkaufen!
Dabei ist derartiger Blödsinn ja nicht singulär. Keineswegs. In Folge 1 von „Babylon Berlin“ wird mir eine BR 52 ÜK von 1942 (mit Wannentender!) als von 1929 präsentiert, und dann auch noch in der Gestaltung als DDR-Lok von 1980! Natürlich muß der Zug auch von Rußland her kommend nicht an der Grenze umgespurt werden, er fährt einfach so durch! Und Neonlampen gab‘s auch schon … Sind ja keine G 8 oder G 12 erhalten, die man hätte einsetzen können, ne! Und vorher durfte man sich wochenlang die PR antun, wie toll und historisch minutiuös diese Serie doch recherchiert worden sei! Natürlich freut sich das BEM Nördlingen, wenn es die Lok wieder vermieten kann, aber so ist das nur ärgerlich!
Dann die Neuverfilmung von „Das Boot“: Einfach nur grauenhaft! Grüßen könennse nich, einen Pg erkennese nich und Meldung machen is ooch nich. Vom Knochenzusammennehmen wollen wir gar nicht reden! „Was haben Sie mir zu berichten?“, fragt der Kaleu. WAS IS? Beim Militär wird GEMELDET, nicht berichtet! (Das Thema hatten wir schon mal.)
Charité: soweit ganz nett, aber dann der Grenzer in der letzten Folge: „Danke, Sie können weiterfahren!“ WAS IS LOS? Seit wann sagt ein DDR-Grenzer „Danke!“? Mit einem gebellten: „Weiter!“ durfte man ja schon zufrieden sein! Man fühlte sich wie im Kaiserreich an der Grenze. Bestenfalls. Gut, die Darstellung ist falsch, kostet aber immerhin nichts.
Was treibt diese jungen schnöseligen Drehbuchschreiber und Regisseure eigentlich, die DDR als besonders liebenswert bis normal hinzustellen und zu verbrämen? Was lernen die auf den Filmhochschulen? Pseudodramatik?
Die letzte Frechheit war dann Sophie Scholl mit Insta-Account! Als ob die so etwas verwendet hätte! Um auf jeden Fall von der GeStaPo geortet zu werden, oder was? Und dann noch den Flugblätterabwurf live streamen! Was haben diese Fernsehfuzzis eigentlich im Hirn? „Ja, was haben denn junge Leute heute?“ „Instagram“ „Ja, genau, wir geben Sophie ein Smartphone in die Hand, das lockt die jungen Leute wieder vor den Bildschirm!“
Haben die eigentlich nur den Hauch eines Schimmers, wie es in einer Diktatur zugeht?
MannMannMann …!
In der ganzen Jubel-PR hat wohl nur ein Rezensent den Überblick bewahrt: Matthias Dell in der ZEIT. „Das Drama "3 1/2 Stunden" ist der fiktionale ARD-Film zum Mauerbaujahrestag. Es gerät aber zum enervierenden History-Event – immerhin mit Livemusik“, schreibt er. Wobei es keinen einzigen Titel damals gegeben hat.
Leider nur für Abonnenten
https://www.zeit.de/kultur/film/2021-08/dreieinhalb-stunden-film-ddr-geschichte-deutschland#commentsNatürlich geht das ein- oder andere mal daneben und ein wenig experimentieren darf man ja auch (beim „Tatort“ gelingt das mal mehr, mal weniger).
Aber bei den genannten Produktionen habe ich nicht das Gefühl, es werde verantwortungsvoll mit dem Geld umgegangen.
Und ob man 75 Sender braucht, um den auch vom BVerfG festgestellten (weitgefaßten) Informationsauftrag zu verwirklichen, glaube ich auch nicht.
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