Als Taufpate für den Namen Reichsdepp dürfte das
Anti-Reichsdeppenforum des nach Brasilien ausgewanderten
Herbert Waldherr - besser bekannt als
Hebinho gestanden haben.
Das 2011 gegründete Forum bündelte neben den ernsten Forschern der Szene die Gegenkräfte in satirisch dokumentierender Form, begünstigt durch das Format des Internet-Forums bei dem zuletzt mehrere hundert Forenmitglieder sämtliche dunkle Ecken des Internets, aber auch der bürgerlichen Presse durchforsteten und so ein immenses Archiv an Äusserungen der Reichsdeppen zusammentrugen und kritisch-satirisch kommentierten.
Hier verfestigte sich der Begriff Reichsdepp und wurde so neben der weiterwirkenden despektierlichen Anredefunktion gewissermaßen zum Fachbegriff, der auch dieser Arbeit zugrunde liegt.
Nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod
Hebinhos im Jahre 2012 führte eine Gruppe von Internet-Aktivisten das Forum im Sinne
Hebinhos weiter.
[Fussnote]Näheres:
http://wiki.sonnenstaatland.com/wiki/Anti-Reichsdeppen-Forum[/b]
Auch andere Internetauftritte, wie der der
Reichsdeppenrundschau verfestigen den Begriff des Reichsdeppen zunehmend so dass er sichauch in anderen Publikationen eingebürgert hat.
[Fussnote]
http://reichsdeppenrundschau.wordpress.com/, Belege einfügen[/Fussnote]
Ist der allgemeine Typus des Reichsdeppen also ein Kind des Internets? Ja und Nein.
Die Erscheinung des staatskritischen Querulanten ist wesentlich älter als das Internet. In Forschung und Lehre wird allgemein die sog.
Kommissarische Reichsregierung des pensionierten Eisenbahners Wolfgang Gerhard Ebel als Urmodell des "Reichsbürgertum" im deutschsprachigen Raum angesehen. Dieser belästigte Ämter, Regierungsorganisationen und ausländische Botschaften mit dem persönlichen Problem seiner Demissionierung.
[Fussnote] Hier sei zum ersten, gewiss aber nicht zum letzten Mal als Referenz für die biographischen und sachlichen Hintergründe der reichsideologischen Bewegung hingewiesen: Das epochale Werk des unbekannten Pseudonyms
Gerhard Schumacher Vorwärts, in die Vergangenheit l Durchlick durch einige reichsidologische Nebelwände. Anfänge und Werdegang der
Kommissarischen rechsregierung Ebels finden sich hier ab S. .... Daneben bietet auch das
Wiki des Sonnenstaatlandes unter den jeweiligen Stichpunkten einen kurz umrissenen Überblick, weshalb es ab und an zitiert zu werden verdient.[/Fussnote]
Er prägte eine Reihe von
topoi und Argumentationsmuster, auf die bis heute - teilweise unverändert - von den Epigonen zurückgegriffen wird.
Schon die Nachfolgegeneration bediente sich dann des damals noch jungen Mediums Internet.
--> kkr.info
Zeitlich unmittelbar anschließend bildeten sich die ersten Reaktionen kritischer Zeitgenossen. vor allem auf betreiben des schon mehrfach erwähnten Frank Schmidt, der Geist und Zeit aufwandte, den Verblendeten selbst, aber auch einer zunehmenden Anzahl kritischer Zeitgenossen gegenüber die Argumente der "Reichsbürger" zu widerlegen.
[Fussnote]Brief F.S. 2001[/Fussnote]
Man muss in Betracht ziehen, dass zu dieser Zeit Gerätebestand und Verfügbarkeit von Meinungsplattformen im Internet bei weitem nicht den alltagsverschlingenden Umfang angenommen hatte, wie er uns heute (2014) selbstverständlich ist.
Mitte 2003 entstand unter der Leitung von Frank Schmidt ein erstes Forum, das sich mit Umtrieben und Argumentationen der "Reichsbürger" beschäftigte. [Fussnote] link/screen [/Fussnote]
Mit dem unter dem Stichwort "web 2.0" rasant fortschreitenden Ausbau des Internets zum sozialen Vernetzungsinstrument etwa ab dem Jahre 2003 wurden die Möglichkeiten sich im Internet zu äußern immer leichter.
Das Internet wurde nun zur Klagemauer und Bühne, zum Schwarzen Brett und zur Aquise-Plattform für allerlei gesellschaftliche Belange, so auch für die Anliegen der "Reichsbürger", die schnell die Vorteile der zeitnahen Verfügbarkeit und der großen Reichweite des Internets für sich entdeckten.
Freilich wurde damit der Druck auf die Behörden und Ämter nicht geringer - im Gegenteil, indem man kleine, wirkliche oder eingebildete Erfolge im Netz präsentieren konnte gewann man schnell eine Anhängerschaft und erzeugte Nachahmer.
Ein quantitativer Sprung bedeutete der Start der sog. sozialen Netzwerke Facebook und Youtube in den Jahren 2004 und 2005. Dort konnte man jeden sinnhaften aber auch sinnlosen Inhalt ohne besondere Programmierkenntnisse , leicht und schnell der Öffentlichkeit bringen.
So wurde auch die Reichsbürgerbewegung schnell einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Einhergehend damit erfolgte eine zunehmende Diversifikation des Genres. Waren es zunächst einige wenige Organisationen, die ein vergleichsweise festgefügtes politisches Weltbild propagierten, so entstand mit der zunehmend leichter werdenden Möglichkeit der Meinungsäußerung eine Vielzahl von Strömungen und eben Typen, welche den Hauptteil unserer Untersuchung bilden sollen.
Wie bereits angedeutet schwächte diese Ventilfunktion des Internets keineswegs die Aktivitäten der Reichsbürger in der Öffentlichkeit ab, im Gegenteil: Jde gelungene oder missglückte Aktion fand in den verschiedenen Plattformen des Internets ihren Widerhall und erfuhr Verstärkung.
Das Internet hat also den Reichsdeppen nicht erfunden aber es hat ihm einen "Namen gemacht".