Ob hingegen von einer gestörten sozialen Funktionstätigkeit gesprochen werden könne, sei für ihn nicht eindeutig, da Informationen zur wechselvollen Erwerbsbiographie nicht vorlägen und nicht näher von ihm hätten beleuchtet werden können. NAch seiner Auffassung spreche aber viel dafür, dass sich der Angeklagte aus einer vielleicht sozial weniger erfolgreichen Position mit mehreren Versuchen der wirtschaftlichen Selbständigkeit in eine Führungsposition manipuliert habe, in der er siene Persönlichkeitskonstellation uneingeschränkt ausleben könne und sich gleichsam eine Welt nach seinen Vorstellungen geschaffen habe. Dies könne man nun als Beleg gestörter sozialer Funktionsfähigkeit werten.
Die beim Angeklagten vorhandene narzisstische Persönlichkeitsstörung gehe nicht mit schweren und überdauernden Störungen der Affektregulation einher und sie führe auch nicht im Sinne einer Stereotypisierung des Verhaltens zu einer Einengung der Verhaltensspielräume beim Angeklagten. Im Gegenteil verfüge der Angeklagte über ein besonders großes Spektrum an Verhaltensmöglichkeiten. Hinweise für Störungen der Realitätskontrolle etwa für schwere wiederkehrende dissoziale Phänomene lägen nicht vor.
Ich bin ja auch kein Experte, aber in den von mir markierten Sätzen kommt u. a. nach meinem Verständnis die Crux bei der Untersuchung durch. Zunächst wird vor Gericht keine Diagnose gestellt, weil man eine Erkrankung behandeln möchte, sondern es wird geschaut, ob eine eingeschränkte Kontrollfähigkeit vorlag. Dieses wird verneint, d. h. Fitze ist voll schuldfähig und damit hat der Gutachter seinen Job gemacht.
Weiterhin schimmert durch, dass Fitze vielleicht nicht ganz so kooperativ war, hat den Gutachter auch nicht weiter gestört, weil er zu dem Schluss gekommen ist, dass sein überdauerndes (kriminelles) Verhalten wohl keine spontane Erkrankung, sondern ein Wesensbestandteil ist, unter dem Fitze jedoch nicht leidet (was für eine Erkrankung wichtig wäre).
Ich nehme an, dass der Gutachter -weil irrelevant- nicht in Richtung Psychopathie geschaut hat. Ich mag mich falsch erinnern, jedoch hat Psychopathie keine ICD-Eintragung, ist also als eigenständiges Krankheitsbild nicht klassifiziert. Es geht daher in Richtung dissoziale Persönlichkeitsstörung bzw. antisoziale Persönlichkeitsstörung. Und hier kommen wir zum letzten Satz: "Hinweise für Störungen der Realitätskontrolle etwa für schwere wiederkehrende dissoziale Phänomene lägen nicht vor."
Dieser schließt "wiederkehrende dissoziale Phänomene" nicht aus, sondern stellt nur fest, dass "Hinweise für Störungen der Realitätskontrolle" nicht vorlägen. Ich würde das als "Fitze ist voll schuldfähig, weil seine Realitätswahrnehmung und -kontrolle nicht eingeschränkt war" interpretieren.