Autor Thema: Antifaschismus 2.0  (Gelesen 8222 mal)

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Müllmann

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Antifaschismus 2.0
« am: 13. September 2014, 12:42:06 »
Interessante Webseite, zwar nicht direkt zu unserem Thema aber mit interessanten Ausflügen in Verschwörungstheorien, faschistische Argumentationsstränge und Querfront:

http://www.antifaschismus2.de/

Wenn man bedenkt, wie alt die Seite ist, dann haben die trotzdem schon recht präzise die Wahnmache vier Jahre später vorhergesagt.

zum Beispiel:

http://www.antifaschismus2.de/rechte-strategien/querfront/151-querfront-der-diskrete-charme-des-kryptofaschismus

Die beste Darstellung, die ich bisher gelseen habe zu dem Problem, warum Linke sich immer mehr wie Faschos aufführen:

http://www.antifaschismus2.de/argumente/gegenargumente/256-was-ist-kryptofaschismus

Zitat
Die in diesem Umfeld beobachtbare Konvergenz zwischen rechten und linken Verschwörungstheoretikern wird oft mit dem Schlagwort „Querfront“ kritisiert. Dieser Begriff greift allerdings zu kurz. Denn hier handelt es sich um mehr als nur die Bereitschaft zur Bildung einer Aktionsgemeinschaft zwischen Linken und Rechten. Es handelt sich auch nicht nur um eine punktuelle Öffnung nach rechts. Sondern es handelt sich um eine von Teilen der Linken vollzogene schleichende Umdeutung dessen, was überhaupt unter „links“ zu verstehen ist. In dem hilflosen Versuch, die 1989 ausgebrochene linke Orientierungskrise zu bewältigen, findet dort, unter äußerlicher Beibehaltung der gewohnten Denkmuster und Terminologien, eine Neuorientierung in Form von subtilen semantischen Verschiebungen statt, in deren Folge linke Kapitalismuskritik für völkisch-nationalistische Deutungen geöffnet und mit kryptofaschistischen Diskursen kompatibel gemacht wird, ohne daß dies von den Betroffenen als Bruch empfunden wird. Diese erschreckende Entwicklung ist zweifellos auch eine Folge des totalen Niedergangs linker Theorieproduktion und –rezeption.

Zitat
Hier muß ein ernstgemeinter Antifaschismus mehr leisten als eine bloß äußerliche Abgrenzung, nämlich eine inhaltliche Auseinandersetzung. Jene Traditionslinken, die sich immer noch an die irreführende Dimitroff-Definition von Faschismus halten, sind dazu leider oft nicht in der Lage. Wer den Faschismus als „Diktatur des Finanzkapitals“ mißversteht und daraus womöglich die absurde Schlußfolgerung ableitet, die faschistischen Mächte der Gegenwart seien die USA und Israel, dessen Ansichten unterscheiden sich praktisch nicht von denen der Neo-Nazis.

Zitat
Faschismus ist, speziell in seiner antiimperialistischen Variante als „nationaler Sozialismus“ eine mit dem linken Sozialismus konkurrierende Form der Kapitalismuskritik, auch wenn er ihm sowohl in den Grundlagen als auch in den Zielen diametral entgegengesetzt ist. Wer allerdings Grundlagen und Ziele aus den Augen verliert und sich nur auf das gemeinsame Feindbild konzentriert, für den ist der Schritt von links nach rechts nicht groß und erscheint nicht notwendigerweise als Bruch, sondern lediglich als Akzentverschiebung im Kampf gegen einen gleichbleibenden Feind.
« Letzte Änderung: 13. September 2014, 15:05:46 von Müllmann »
 
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Syssi

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #1 am: 13. September 2014, 14:49:43 »
Gefällt mir sehr gut, besser kann man es nicht in Worte fassen!

Inhaltlich war mir das alles klar, aber es zu erklären war immer schwierig.
Oft genug habe ich es mit wirklich normal-linken Leuten zu tun, bei denen ich keine Zweifel habe,dass sie sich als pragmatische, vernünftige, vielleicht etwas verträumte Linke empfinden - aber einen entsetzlichen und irrsinnigen, rechten Müll (nach)plappern ohne es überhaupt zu merken. Und die in ihrer halbkindlichen Art dann ganz fuchsig werden, wenn man ihnen das vorwirft.
 
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Offline kalizzy

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #2 am: 14. September 2014, 23:30:14 »
Wie man mehr oder minder gewisse Gedankenströmungen in rechts oder links einteilen kann, ist schwierig. Mir gefällt der Abschnitt des von Dir verlinkten Artikels sehr gut:
Zitat
Das entscheidende Kriterium ist meines Erachtens das Verhältnis zu Aufklärung und Moderne: Die Rechte hat ein eher skeptisches Verhältnis dazu, die Linke ein positives. Je weiter links sich jemand im politischen Spektrum positioniert, desto mehr ist er bestrebt, diesen historischen Entwicklungsprozess weiter voranzutreiben und zu vollenden, je weiter rechts jemand steht, desto mehr ist ihm daran gelegen, den Status quo aufrechtzuerhalten oder (ganz rechts) das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Das Ideal von einer „heilen Welt“ ist für die Linke eine eschatologische Zukunftsoption, für die Rechte ein verlorenes Paradies,ein mythischer „naturgemässer“ Urzustand, der in der Vergangenheit verortet wird. Linke glauben an die Kultur, Rechte verklären die Natur. Eine ideale Ordnung ist für die Linke eine noch zu schaffende Kulturleistung, für die Rechte ein zu bewahrendes oder wiederherzustellendes Produkt der Natur.

Links bedeutet für mich, sich selbst Fehlbarkeit einzugestehen und aufgrund dessen an einem Verbesserungsprozess zu arbeiten. Was nicht heißt, dass es immer richtig ist und jede vermeintliche Fehlbarkeit auch eine sein muss. Dinge wie Poststrukturalismus spielen in meinen Augen dabei eine große Rolle. Zumindest, wenn man versuch "links" modern zu definieren.

Das heißt, ich empfinde bei der Aussage "[...] dass sich Linke immer mehr wie Faschos aufführen" einen Konflikt. Jemand der links ist, kann sich nicht wie ein Fascho aufführen. Denn dann ist er nicht mehr links - er denkt höchstens er sei es. So wie sich z.B. die Bandbreite als links versteht oder Mahjo als Sozialist. Oder die DDR als demokratisch.
 

Müllmann

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #3 am: 14. September 2014, 23:42:32 »
@kalizzy: Wenn sich die Leute über den Weg definieren, dann mag das stimmen. Wobei die "Altkommunisten" auf mich doch eher einen rückwärts gewandten Eindruck machen. Wenn die Definition aber über das Ziel (Weg mit den Bonzen) erfolgt, dann ist der Unterschied zwischen links und rechts nur noch marginal.
Ich stelle mir das gerne wie eine Uhr vor. Die Mitte ist bei 12 Uhr. Wenn man den Zeiger jetzt immer weiter nach links dreht, dann kommt man irgendwann rechts raus.
 
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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #4 am: 15. September 2014, 06:51:48 »
Wobei ja die Bonzen immer stören, solange man es nicht selbst ist.

Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 

Müllmann

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #5 am: 15. September 2014, 08:06:47 »
Wobei ja die Bonzen immer stören, solange man es nicht selbst ist.

Schuld haben eh immer nur die anderen.
 

Offline A.R.Schkrampe

Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #6 am: 15. September 2014, 08:32:33 »
Wobei ja die Bonzen immer stören, solange man es nicht selbst ist.
Um sich damit befassen zu können, müßte es erst einmal eine allgemeingültige Definition geben, was ein "Bonze" im heutigen Sinne sein soll. Diese Bezeichnung wird genauso hilf- und ahnungslos herumsalbadert, wie "Spießer", "Nazi", "Mainstream" u.v.m.
 

Müllmann

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #7 am: 15. September 2014, 08:34:44 »
Die Definition ist noch recht einfach. Bonze ist die herabwürdigende Bezeichnung für Angehörige einer poltischen oder wirtschaftlichen Elite.
 

Offline A.R.Schkrampe

Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #8 am: 15. September 2014, 08:45:07 »
Die Definition ist noch recht einfach. Bonze ist die herabwürdigende Bezeichnung für Angehörige einer poltischen oder wirtschaftlichen Elite.
Gewiß, das ist die klassische Definition - die diejenigen, die den Begriff heute verwenden, aber nicht kennen. "Bonze" ist bei denen jeder, der wirtschaftlich etwas besser gestellt ist (Zweitauto und Dritturlaub reichen schon). Somit ist es nur eine Formulierung, um seinen Sozialneid auszudrücken, ohne oder mit nur marginalem politischen Hintergrund.
 

Offline kalizzy

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #9 am: 15. September 2014, 11:20:28 »
@kalizzy: Wenn sich die Leute über den Weg definieren, dann mag das stimmen. Wobei die "Altkommunisten" auf mich doch eher einen rückwärts gewandten Eindruck machen. Wenn die Definition aber über das Ziel (Weg mit den Bonzen) erfolgt, dann ist der Unterschied zwischen links und rechts nur noch marginal.
Ich stelle mir das gerne wie eine Uhr vor. Die Mitte ist bei 12 Uhr. Wenn man den Zeiger jetzt immer weiter nach links dreht, dann kommt man irgendwann rechts raus.
Die realsozialistischen Systeme, denen "Altkommunisten" nostalgische Tränen nachweinen, waren faschistische Systeme. Die DDR war faschistisch, die Sowjetunion war faschistisch - China ist faschistisch etc. - diese Altkommunisten sind keine Kommunisten, sondern Faschisten. Sie hetzen gegen Bonzen, schaffen sich selber aber, im Falle der Machtübernahme, ihr Politbüro und damit eine neue Klasse von Bonzen.
Die Definition ist noch recht einfach. Bonze ist die herabwürdigende Bezeichnung für Angehörige einer poltischen oder wirtschaftlichen Elite.
Gewiß, das ist die klassische Definition - die diejenigen, die den Begriff heute verwenden, aber nicht kennen. "Bonze" ist bei denen jeder, der wirtschaftlich etwas besser gestellt ist (Zweitauto und Dritturlaub reichen schon). Somit ist es nur eine Formulierung, um seinen Sozialneid auszudrücken, ohne oder mit nur marginalem politischen Hintergrund.
Hier musst Du aufpassen, dass Du aus Deinem subjektiven Erfahrungshorizont keine allgemeingültige Erklärung ableitest. In meinem Umfeld, privat wie Intrawebz, wird "Bonze" eher spaßeshalber benutzt.

Obwohl sich in mir ein schmerzender Wutknoten bildet, wenn ich sogenannte High-Society-Angehörige mit Champagnergläsern und Robbenfell durch marmorierte Empfangshallen ihrer Elfenbeinvillen flanieren sehe, habe ich nichts dagegen, wenn jemand wohlhabend ist. Aber man muss sich ja nicht wie ein Kleinkind benehmen, das viel Geld hat. 'Eigentum verpflichtet.
Deshalb würde ich aber nicht eine bestimmte Gruppe zum Feindbild erklären, denn das ist struktureller Antisemitismus. Und damit haben viele selbst genannte Linke heutzutage ein Problem.
 
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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #10 am: 15. September 2014, 11:45:33 »
Faschismus!
Wie ich sie hasse diese Begriffserweiterungen, die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts um sich gegriffen haben und von Ikonen der Antifa-Bewegungen so weit ausgedehnt wurden, bis sie auf der linken Seite wieder auftauchten.

Für den Historiker gibt (gab) es Faschisten nur in Italien, allenfalls noch in Spanien. Die hatten jedoch schon gänzlich andere soziologische Voraussetzungen und staatliche Ausprägungen als der Nationalsozialismus, der schon früh dem zunächst nur mäßig erweiterten Faschismusbegriff zugeschlagen wurde.

Später nahm man eine - möglicherweise die wichtigste - Komponente, den Totalitarismus heraus und setzte ihn mit dem Faschismus gleich. So kommt man dann zu der Aussage, dass China ein faschistischer Staat sei.

Ich würde mich ja beruhigen lassen, wenn man faschistoid sagen würde, aber faschistisch wird schließlich zu einem Totschlagsargument, mit dem man undifferenziert einfach nur noch "böse, böse, böse" sagen will.
Eine ähnliche Dekadenz hat der Begriff "Rassismus" durchgemacht. Wenn jemand auch nur auf die realen Probleme aufmerksam macht, welche die Zuwanderung ausländischer Menschen verursacht, ist man "Rassist"; die semantische Bedeutungskette schwingt immer mit: Sorge über Ausländer -> Fremdenfeindlichkeit -> Rassismus -> Nationalssozialismus -> grundsätzlich und undiskutierbar böse.
Das ist undifferenziertes Denken.
In orientalischen und westlichen Schöpfungsmythen ist der Drache ein Sinnbild des Chaos, ein gott- und menschenfeindliches Ungeheuer

Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner Offenb. 12,3
 
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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #11 am: 15. September 2014, 12:30:15 »
Faschismus!
Wie ich sie hasse diese Begriffserweiterungen, die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts um sich gegriffen haben und von Ikonen der Antifa-Bewegungen so weit ausgedehnt wurden, bis sie auf der linken Seite wieder auftauchten.

Für den Historiker gibt (gab) es Faschisten nur in Italien, allenfalls noch in Spanien. Die hatten jedoch schon gänzlich andere soziologische Voraussetzungen und staatliche Ausprägungen als der Nationalsozialismus, der schon früh dem zunächst nur mäßig erweiterten Faschismusbegriff zugeschlagen wurde.

Später nahm man eine - möglicherweise die wichtigste - Komponente, den Totalitarismus heraus und setzte ihn mit dem Faschismus gleich. So kommt man dann zu der Aussage, dass China ein faschistischer Staat sei.

Ich würde mich ja beruhigen lassen, wenn man faschistoid sagen würde, aber faschistisch wird schließlich zu einem Totschlagsargument, mit dem man undifferenziert einfach nur noch "böse, böse, böse" sagen will.
Eine ähnliche Dekadenz hat der Begriff "Rassismus" durchgemacht. Wenn jemand auch nur auf die realen Probleme aufmerksam macht, welche die Zuwanderung ausländischer Menschen verursacht, ist man "Rassist"; die semantische Bedeutungskette schwingt immer mit: Sorge über Ausländer -> Fremdenfeindlichkeit -> Rassismus -> Nationalssozialismus -> grundsätzlich und undiskutierbar böse.
Das ist undifferenziertes Denken.
Immer langsam und eins nach dem anderen.

Zunächst zum Faschismus:

Ich bin kein Historiker. Meine Auseinandersetzung mit Faschismus ist keine historische Analyse, sondern eine soziokulturelle. Wobei es Analyse nicht ganz trifft, immerhin sind meine Ergüsse hier nur plump hingeschrieben und keinesfalls wissenschaftlich erarbeitet.
Ich verstehe, dass man im Nachhinein den Faschismus in Europa als Historisch als einzigartig einordnen will, da es viel Arbeit erleichtert. Denn dann hat man den Faschismus.

Nun ist es aber unbestritten, dass der Faschismus in seiner ausgelebten Form bestimmte Merkmale hat.
Zitat aus Wikipedia:
Zitat
1932 legte er die Ideologie seines Staatssystems schriftlich vor (La dottrina del fascismo): Merkmale waren ein extremer Nationalismus, eine durch Krieg angestrebte Großmachtstellung für Italien im Mittelmeerraum, die Betonung des „Willens zur Macht“ (Friedrich Nietzsche), des autoritären Führerprinzips (Vilfredo Pareto), der „direkten Aktion“ als „schöpferischem Gestaltungsprinzip“ (Georges Sorel) und einer totalitären, von einer Geheimpolizei überwachten Verschmelzung von Staat und alleinregierender Partei.
Anhand dieser Punkte erdreiste ich mir, ein System als faschistisch zu bezeichnen oder nicht. Du hast recht - um Missverständnisse zu vermeiden könnte man es als faschistoid bezeichnen. Das kann und sollte man machen, wenn man sich mit Historikern unterhält und deshalb eher ihren Jargon benutzt.
Aber, wie gesagt, das hier ist keine historische Diskussion. Und selbst wenn ich Systeme aufzähle, die passé sind, heißt das nicht, dass es zu einer historischen Diskussion wird. Denn das Thema ist Faschismus, bzw. Neofaschismus oder Kryptofaschismus. Wenn ich Staaten wie die Sowjetunion oder China aufzähle, dann tue ich das nicht, um sie als faschistische Staaten anstatt als totalitäre Diktaturen darzustellen, sondern, um die faschistischen oder faschistoiden Merkmale von ihnen in Bezug auf die Links-Rechts-Debatte aufzuzeigen. Die Übergänge der Merkmale zwischen totalitärer Diktatur und Faschismus sind fließend. Der Nationalsozialismus ist bestes Beispiel dafür.
Wenn man im soziokulturellen Zusammenhang das Wort "Faschismus" benutzt, dann bezieht man sich vor allem auf die Art und Weise der Machtergreifung. Denn Faschismus ist die andere Seite einer bürgerlichen Demokratie. Das ist dann die Trennlinie zwischen Italien, Deutschland etc. und China, da geb ich Dir recht.

Ich stimme Dir zu, dass "faschistisch" von etwaigen politischen Aktivisten zu freizüngig benutzt wird. Aber da muss man sich eben eine Hornhaut diesbezüglich wachsen lassen. Wer war das, der sich über die Anwendung von "verstrahlt" echauffierte? Müllmann glaube ich. Ist halt so. Oder Quantensprung. Oder Leute die Star Wars falsch zitieren "Luke, ich bin Dein Vater" - wird nie so gesagt. Oder Leute die "man" statt "Mann" in Sätzen wie "Reiß Dich zusammen, Mann!" schreiben. Oder oder oder.

Bei dieser Palette von Beispielen ist die hiesige Verwendung von Faschismus noch die korrekteste.

Zum Rassismus:

Rassismus fängt schon recht früh an - wenn man anfängt, Menschen in Rassen zu kategorisieren, bzw. wenn man ihnen aufgrund ihrer Ethnizität bestimmte Merkmale zuweist. Wenn ich also sage, dass Schwarze gut Basketball spielen können, bin ich Rassist. Dessen muss man sich bewusst sein, denn nur so kann man sein vorurteilbehaftetes Denken, dass bei jedem Menschen vorliegt, lockern. Dieses Denken ermöglicht uns erst den Alltag, problematisch wird es erst dadurch, wenn wir aufgrund dieses Denkens politische Forderungen formulieren, wenn sich dieses Denken also im gemeinsamen Kulturraum etablieren kann. Und das ist auch das Problem bei der Zuwanderungsdebatte. Klar - es gibt zweifelhafte Geschöpfe unter Zuwanderern. Die gibt es aber eben überall. Wieso ist es notwendig, es explizit unter der Note der Zuwanderung anzusprechen? Weil man insgeheim annimmt, das Problem sei unter Zuwanderern akuter. Und das ist, so leid mir es tut, rassistisch. Da kann man drehen und wenden wie man will.

Natürlich ist es nicht das gleiche, wie wenn jemand Inder zusammenschlägt, weil sie Inder sind. Das hat mit Undifferenziertheit nichts zu tun. Es ist einer eine extremere Form von Rassismus, die letztlich aber die gleichen Ursprünge hat, wie die leichte Form. Sich selbst einzureden, man sei kein Rassist und jede Kritik an seinem eigenen, persönlichen Rassismus sei undifferenzierter Müll ist unreflektiertes Verhalten, welches die Auswüchse von Rassismus begünstigen.

Wenn man jemanden aufgrund seines rassistischen Verhaltens kritisiert und dann gleich zur Nazikeule greift, dann ist das undifferenziert, das stimmt. Es wird den Gräueltaten der NS-Verbrecher in keinster Weise gerecht. Aber wenn das geschieht, wenn es nicht aus 2-dimensionalen Schwarz-Weiß-Kampfdenken heraus geschieht, dann, weil die Übergänge so fließend sind. Man sollte sich nicht scheuen, Vergleiche mit der NS-Zeit zu ziehen, weil die NS-Zeit nichts von oben herab war. Sie entsprach dem damaligen Zeitgeist. Sie war ein voll und ganz menschliches Phänomen. Sie kann wiederkommen.

« Letzte Änderung: 15. September 2014, 12:32:46 von kalizzy »
 

Offline A.R.Schkrampe

Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #12 am: 15. September 2014, 13:42:37 »
Zum Rassismus:

Rassismus fängt schon recht früh an - wenn man anfängt, Menschen in Rassen zu kategorisieren, bzw. wenn man ihnen aufgrund ihrer Ethnizität bestimmte Merkmale zuweist. Wenn ich also sage, dass Schwarze gut Basketball spielen können, bin ich Rassist. Dessen muss man sich bewusst sein, denn nur so kann man sein vorurteilbehaftetes Denken, dass bei jedem Menschen vorliegt, lockern. Dieses Denken ermöglicht uns erst den Alltag, problematisch wird es erst dadurch, wenn wir aufgrund dieses Denkens politische Forderungen formulieren, wenn sich dieses Denken also im gemeinsamen Kulturraum etablieren kann. Und das ist auch das Problem bei der Zuwanderungsdebatte. Klar - es gibt zweifelhafte Geschöpfe unter Zuwanderern. Die gibt es aber eben überall. Wieso ist es notwendig, es explizit unter der Note der Zuwanderung anzusprechen? Weil man insgeheim annimmt, das Problem sei unter Zuwanderern akuter. Und das ist, so leid mir es tut, rassistisch. Da kann man drehen und wenden wie man will.

Natürlich ist es nicht das gleiche, wie wenn jemand Inder zusammenschlägt, weil sie Inder sind. Das hat mit Undifferenziertheit nichts zu tun. Es ist einer eine extremere Form von Rassismus, die letztlich aber die gleichen Ursprünge hat, wie die leichte Form. Sich selbst einzureden, man sei kein Rassist und jede Kritik an seinem eigenen, persönlichen Rassismus sei undifferenzierter Müll ist unreflektiertes Verhalten, welches die Auswüchse von Rassismus begünstigen.

Wenn man jemanden aufgrund seines rassistischen Verhaltens kritisiert und dann gleich zur Nazikeule greift, dann ist das undifferenziert, das stimmt. Es wird den Gräueltaten der NS-Verbrecher in keinster Weise gerecht. Aber wenn das geschieht, wenn es nicht aus 2-dimensionalen Schwarz-Weiß-Kampfdenken heraus geschieht, dann, weil die Übergänge so fließend sind. Man sollte sich nicht scheuen, Vergleiche mit der NS-Zeit zu ziehen, weil die NS-Zeit nichts von oben herab war. Sie entsprach dem damaligen Zeitgeist. Sie war ein voll und ganz menschliches Phänomen. Sie kann wiederkommen.

Sorry, aber jetzt kommst Du mit der Keule der naiv-ehrpusseligen pc-Verkrampfung.
Deine Formulierung  "insgeheim annehmen" ist das perfekte Beispiel. Du schwurbelst Dir einen zurecht, um nicht sagen zu müssen: Es gibt spezifische Probleme bei und durch Zuwanderung, speziell im Bereich der Kriminalität.
Womit ich nicht Delikte meine, die einem Bundesbürger nicht möglich ist, etwa Verstoß gegen Einreisebestimmungen o.ä.
Nein ich meine gezielt Gewalt- und Eigentumsdelikte. Hierbei gibt es signifikate Besonderheiten bei/durch jeweils gewisse Migrantengruppen. Das ist so. Punkt. Wir haben genug Juristen hier, die das bestätigen werden. Aus meiner Warte als Schadenregulierer in einer Versicherung habe ich mit dieser nicht wegdiskutierbaren Tatsache jeden Tag zu tun. Und wenn jetzt wieder hier "Pfui, Rassismus!"-Gewimmer einsetzten sollte, dann ist mir das s c h e i ßegal, ebenso ein eventueller Verlust von Karmapunkten 
Ich setze sogar noch einen drauf: es gibt gewisse ethnische Gruppen, da wird in meiner Branche der Betrugsfaktor mit 100% angesetzt. Mehr sage ich dazu nicht.


Was den zweiten markierten Satz angeht, so oute ich mich in diesem Deinen Sinne als Rassist. Zu keiner Zeit hatte ich jemals etwas mit Nazis oder Nazi-Ähnlichen zu tun - aber ich stehe dazu, vor unserem Hauskauf die Kriminalitäts- und Ausländerstatistiken der in Frage kommenden Ortschaften durchgesehen zu haben und sogar bei den zuständigen Ämtern angerufen und gezielte Fragen hierzu gestellt zu haben.
 
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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #13 am: 15. September 2014, 14:08:20 »
Sorry, aber jetzt kommst Du mit der Keule der naiv-ehrpusseligen pc-Verkrampfung.
Deine Formulierung  "insgeheim annehmen" ist das perfekte Beispiel. Du schwurbelst Dir einen zurecht, um nicht sagen zu müssen: Es gibt spezifische Probleme bei und durch Zuwanderung, speziell im Bereich der Kriminalität.
Womit ich nicht Delikte meine, die einem Bundesbürger nicht möglich ist, etwa Verstoß gegen Einreisebestimmungen o.ä.
Nein ich meine gezielt Gewalt- und Eigentumsdelikte. Hierbei gibt es signifikate Besonderheiten bei/durch jeweils gewisse Migrantengruppen. Das ist so. Punkt. Wir haben genug Juristen hier, die das bestätigen werden. Aus meiner Warte als Schadenregulierer in einer Versicherung habe ich mit dieser nicht wegdiskutierbaren Tatsache jeden Tag zu tun. Und wenn jetzt wieder hier "Pfui, Rassismus!"-Gewimmer einsetzten sollte, dann ist mir das s c h e i ßegal, ebenso ein eventueller Verlust von Karmapunkten 
Ich setze sogar noch einen drauf: es gibt gewisse ethnische Gruppen, da wird in meiner Branche der Betrugsfaktor mit 100% angesetzt. Mehr sage ich dazu nicht.


Was den zweiten markierten Satz angeht, so oute ich mich in diesem Deinen Sinne als Rassist. Zu keiner Zeit hatte ich jemals etwas mit Nazis oder Nazi-Ähnlichen zu tun - aber ich stehe dazu, vor unserem Hauskauf die Kriminalitäts- und Ausländerstatistiken der in Frage kommenden Ortschaften durchgesehen zu haben und sogar bei den zuständigen Ämtern angerufen und gezielte Fragen hierzu gestellt zu haben.

Hört, hört!
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Offline Das Chaos

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Re: Antifaschismus 2.0
« Antwort #14 am: 15. September 2014, 14:44:37 »
Weil man insgeheim annimmt, das Problem sei unter Zuwanderern akuter. Und das ist, so leid mir es tut, rassistisch. Da kann man drehen und wenden wie man will. ....

Siehst Du, das ist das was ich mit meinem Ausdruck "Dekadenz des Begriffes" meine.

.... und Dein Zusatz "Das kann man drehen und wenden wie man will" bestätigt meine Einschätzung, was man mit der Begriffserweiterung eigentlich bezweckt: Eine Ansicht als grundsätzlich und undiskutierbar böse zu  brandmarken.

Ich wiederhole: Das ist undifferenziertes Denken! Ich möchte das nicht!

.... im Übrigen mache ich den Vorwurf des ungenügenden Lesens und/oder Verstehens meines Beitrags.
Ich wehre mich gerade persönlich gegen die Ausweitung der Begriffe und begründe das auch und es kommt ein c&p mit genau der Ausweitung des Begriffes, gegen den ich mich gerade wehre.
Ich weiß selbst, daß SozPäds und andere Gutmenschen den Begriff genau so verwenden. Gerade das ist für mich die Dekadenz (Verwahrlosung) der Begrifflichkeit, der in der vernünftigen Diskussion keinen Vorteil bringt. Es trägt keinen Erkenntnisgewinn, wenn ich China als faschistischen Staat und Sarrazin als Rassisten kennzeichne. Es macht lediglich Stimmung; und das ist beabsichtigt. Aber es bringt nicht mal im Stuhlkreis was.
In orientalischen und westlichen Schöpfungsmythen ist der Drache ein Sinnbild des Chaos, ein gott- und menschenfeindliches Ungeheuer

Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner Offenb. 12,3