Text des Artikels, ohne die sehr spannenden Bilder. Der letze Satz ist ein Brüller:
Etwa 60 Personen haben den Tag der offenen Tür in dem Anwesen bei Freiberg besucht. Seit fast zwei Jahren ist hier eine Gruppe aktiv, die der Verfassungsschutz als Reichsbürger einstuft. Trotz unsicherer Zukunft werden noch Pläne geschmiedet.
Halsbrücke.
Nach Aufschwung hörte es sich beim Tag der offenen Tür im Kanzleilehngut Halsbrücke am Sonnabend nicht gerade an. „Wir haben die Milchwirtschaft eingestellt“, erklärte Peter Fitzek den schätzungsweise 60 Gästen. Auf dem Hof zwischen Halsbrücke und Freiberg werde seit Februar kein Käse mehr produziert, rund 50 der einst 120 Rinder seien verkauft worden und die Pferdestall-Pächter ausgezogen.
Der 59-Jährige ist der selbsternannte König des „Königreichs Deutschland“, das seit zwei Jahren im Kanzleilehngut aktiv ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) stuft die Gruppe als erwiesen extremistisch ein und ordnet sie der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter zu.
Für Peter, wie sich der „oberste Souverän“ von seinen Getreuen ansprechen lässt, ist das „politische Verfolgung“. Ebenso die acht Monate Haft, zu denen er jetzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung rechtskräftig verurteilt ist.
Das Amtsgericht Wittenberg hatte es als erwiesen angesehen, dass Fitzek am 1. März 2022 im Landratsamt Wittenberg eine Mitarbeiterin im Streit gegen eine Wand gestoßen und ihr einen Fußtritt versetzt hat. Zwei Bundeswehrsoldaten, die ihr zur Hilfe kamen, habe er als „Faschistenschweine“ beschimpft. Der Richterspruch hatte später auch vor dem Landgericht Dessau-Roßlau und dem Oberlandesgericht Naumburg Bestand. Laut Staatsanwaltschaft ist jedoch Strafaufschub gewährt worden.
Vor dem Publikum, das nach Dialekt und Kfz-Kennzeichen aus ganz Deutschland nach Halsbrücke gekommen ist, redet Peter Fitzek von Endzeit-Stimmung: Das schuldenbasierte Finanzsystem sei zum Untergang verurteilt, die Apokalypse nah.
Doch auch in weltlicher Begrifflichkeit naht ein Ende: Wie Fitzek am Sonnabend sagte, laufe am 31. Dezember 2026 der Pachtvertrag für das Kanzleilehngut aus: „Der Eigentümer hat einer Verlängerung bislang nicht zugestimmt.“ Daher könne derzeit auch nicht in das Anwesen investiert werden. Der Noch-Eigentümer sagte dazu am Montag auf Anfrage der „Freien Presse“, er habe das Ablaufdatum für den Pachtvertrag nicht im Kopf: „Ich müsste nachsehen. Dazu fehlt mir die Zeit.“
Ein Mittelsmann des „Königs“ - so das LfV - hatte vor zwei Jahren den Kaufvertrag für das Kanzleilehngut unterzeichnet. Daraufhin hatten die Gemeinde Halsbrücke und die Stadt Freiberg Vorkaufsrechte für Teile des Guts angemeldet. Daher kann vorerst der Kaufvertrag nicht vollzogen werden - das „Königreich“ ist aktuell Pächter.
Halsbrücke ist laut Verfassungsschutz der letzte Hof des „Königreichs“ in Sachsen. Das Wolfsgrüner Schlösschen bei Eibenstock und Schloss Bärwalde in Boxberg, die auch über Strohmänner gekauft worden seien, sind behördlich versiegelt worden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte unerlaubte Bankgeschäfte moniert und Vermögenswerte beschlagnahmt. Fitzek spricht von „kriminellen Machenschaften“ und „erfundenen Vorwürfen“ - obwohl in Halsbrücke für eine „Königliche Reichsbank“ als „erste & einzige aufsichtsfreie Bank“ geworben wird - nebst E-Mark als eigener Währung.
Auch im Kanzleilehngut hat es Kontrollen und Durchsuchungen gegeben. Polizeisprecherin Doreen Stein bestätigt Einsätze am 12. September 2024 mit 55 Beamten für das Landratsamt, am 14. September 2024 mit 65 Einsatzkräften für die Gemeinde Halsbrücke und am 1. Oktober 2024 mit gut 200 Beamten auch über Halsbrücke hinaus für die Bafin.
Das Vorgehen habe Interessenten eingeschüchtert, so Fitzek: „Wir hatten auch schon 500 Gäste zum Tag der offenen Tür.“ Das „Königreich“ habe etwa 1000 An- und 5000 Zugehörige. Derzeit trenne es sich aber von ein paar Leuten, bei denen Chemie und Ideale nicht mehr stimmen würden.
Trotz der unsicheren Zukunft hat Fitzek in Halsbrücke große Pläne. Er wolle den Hofladen wieder öffnen, eine Gastronomie einrichten und Hühner, Ziegen und Damwild anschaffen. Im Gelände könnten Steine für den Bau von Wohnungen gewonnen werden. Dafür würden Leute gebraucht, die mit anpackten: „Für eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern haben wir derzeit weder Platz noch Kapazitäten.“ (jan)