Da habe ich als Schweizer nur eine Frage: Wo wäre denn die Ex-DDR ohne Unterstützung der Sowietunion und ohne Beitritt zu Deutschland? Nur so auf sich alleine gestellt.
Zum ersten Teil der Frage: sie hätte nicht existiert. De facto war die DDR eine sowjetische Kolonie, bzw. ein Vasall von sowjetischen Gnaden. Angefangen hat es mit der
http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppe_Ulbrichtdie über viele Jahre die oberste Riege der DDR-Nomenklatura darstellte. Bodenrefom, Zwangskollektivierung, die 5 Jahres-Pläne, der 17.Juni 1953, genaugenommen alles in der DDR, geschah auf Geheiß oder mit Billigung der Sowjets. Es wird kolportiert, daß der Mauerbau in erster Linie von Ulbricht initiiert worden sei, weil in Moskau das Ausbluten der DDR nicht so direkt wahrgenommen wurde, aber ohne zumindest Kenntnisnahme Moskaus wurde in der DDR nicht Entscheidendes ausgeführt.
Was den
angedickten Teil Deines Satzes angeht, so war das die größte deutsch-deutsche Fußangel, das größte Fettnäpfchen überhaupt.
DDR-Bürger reagierten zutiefst getroffen, wenn der Westbesuch sagte "Jetzt fahre ich wieder zurück nach Deutschland" oder daß dieses legendäre Fußballspiel
http://de.wikipedia.org/wiki/Fu%C3%9Fballl%C3%A4nderspiel_BR_Deutschland_%E2%80%93_DDR_1974im Westen meist mit "Deutschland - DDR" bezeichnet wurde.
Zitat meiner damals siebenjährigen Schwester, als ich nach langer Fummelei mit der Zimmerantenne DDR1 und DDR2 auf meinen Fernseher (übrigens ein STASSFURT made in DDR - in den 70ern war das das billigste TV-Gerät auf dem westdeutschen Markt) bekam: "Das sieht ja aus wie in Deutschland, aber ganz lange her"
Ja, es war wirklich so: die westdeutsche Jugend der 70er und 80er lebte mit dem Rücken zur Mauer. Die DDR kam einfach nicht vor. Wir waren westlich orientiert und hatten mehr Beziehung und Beziehungen zu anderen westeuropäischen Altersgenossen als zu denen in der DDR. Selbst mit gleichaltrigen US-Amerikanern und Australiern hatten wir mehr gemein. Nicht nur wegen derselben Musik, desselben Zeitgeistes oder vergleichbarer Lebensstile, auch die persönlichen Kontakte waren intensiver, bedingt durch Urlaubsreisen, Schüleraustausche oder Klassenfahrten. Gewiß, ein Drittel der Westdeutschen war mit der Hälfte der DDR-Bürger verwandt - aber im täglichen Leben spielte das keine Rolle.
Durch diese Fakten sind die Differenzen, Disharmonien und Mißverständnisse der West- und Ostdeutschen dieser Generationen bedingt, die z.T. bis heute andauern. Nach 1989 waren viele der zuvor extrem auf Westdeutschland fixiert gewesenden Ostler bitter enttäuscht, daß die Emotionslage im Westen eine ganz andere war und sie dementsprechenden Verhaltensweisen der Westler ausgesetzt waren.
Erst vor wenigen Monaten war ein ehem. DDR-Bürger (Jahrgang 1949) zutiefst entsetzt und niedergeschlagen, als ich ihm das mit unserem Leben mit dem Rücken zur Mauer darlegte. Er glaubte noch an die von West-Politikern in Reden beschworene Einheit der Deutschen - während die Westler das als Feiertags-Phrasendrescherei ansahen, bzw. überhaupt nicht zur Kenntnis nahmen.
Einen Spruch aus den 80ern habe ich bis heute behalten: "Die DDR ist wie Fußpilz. Jeder hat irgendwann irgendwie damit zu tun, aber man spricht nicht darüber."
In Teplice war ich auch, also in Sachsen fande ich es gruseliger...
Was mir im Osten (auch in der Geisterstadt Wittenberg) immer wieder auffällt: diese angenehme und noch immer melancholische Stille und Leere in den Strassen nach zwanzig Uhr..
Ist das heute noch so? Das war einer meiner ersten Eindrücke meiner DDR-Reisen: absolute Stille nach Acht Uhr abends. Zum echten DDR-Feeling fehlt dann noch der Geruch: Zweitaktabgase gemischt mit Braunkohlerauch.
Ehrlich jetzt, das war der authentische DDR-Geruch. Vor einiger Zeit hatte ich einen entsprechenden Deja-vu-Flash, als ich an einem Haus vorbeiging, in dem jemand den Ofen geheizt hat und gleichzeitig ein Moped vorbeifuhr. Es muß aber Braunkohle verfeuert werden. Steinkohle oder Holz sind falsch, damit klappt kein DDR-Flash.
Ich frage so naiv, weil ich, außer wenn ich z.B. aus familiären Gründen muß, seit 1990 keine Ambitionen habe, in den Osten zu reisen. Die DDR war ein unglaubliches Faszinosum, in das ich immer weider mit Begeisterung gereist bin, aber der heutige Osten ist mir irgendwie egal.