@BlueOceanIch frage mich, ob bei dieser Abwertung im Umtausch nicht der Anarchist Silvio Gesell Pate gestanden hat.
Er hat nach eigener Einschätzung ein Patentrezept gefunden, wie die Wirtschaft störungsfrei, ohne Auf- und Abschwünge, quasi automatisch funktionieren kann.
Nach seiner Ansicht besteht zwischen Waren und Geld ein wesentlicher Unterschied. Waren können verderben, veralten oder aus der Mode kommen, Geld nicht. Waren können an Wert verlieren, was bei Geld nicht der Fall ist, wobei man sagen muß, daß Gesell von einer Goldwährung ausgeht.
Wenn der Konsument nun Geld/Gold hortet wird der Wirtschaftskreislauf unterbrochen, da weniger Käufe stattfinden. Er will das dadurch verhindern, daß die Goldwährung durch ein anderes Geld ersetzt wird, das im Lauf der Zeit an Wert verliert. Das Geld soll im Hinsicht auf Verderblichkeit den Waren gleichgesetzt werden. Der Konsument soll so angehalten werden, sein Geld auszugeben, was zu einer stetigen Wirtschaftstätigkeit führen soll.
M. E. wäre dieses „Schwundgeld“ oder „rostendes Geld“ für das KRD geradezu ideal. Seine Wirtschaft würde florieren und paradiesischen Zuständen entgegensteuern.
Noch viel paradiesischer wird es allerdings, wenn die Geldentwertung mit steigenden Preisen kombiniert würde. Denn:
Wenn die Preise fallen, so steigt die Zahl der Verbrechen….So kann man in der letzten schroffesten Folgerung sagen, dass die Emissionsbank mit ihrer Politik die Kranken-, Waisen- und Zuchthäuser bevölkert.
(Silvio Gesell, „Reichtum und Armut gehören nicht in einen geordneten Staat.“ Werkauswahl zum 150. Geburtstag zusammengestellt von Werner Onken. Kiel 2012. S.129)
Auch in anderer Hinsicht ist Gesell ein hervorragender Ratgeber, wie z.B.:
Jeder hat das Recht im Straßengraben zu verhungern. Niemand hat die Pflicht für die ankommenden Bettler, Blinden und Lahmen zu sorgen. Der Staat ist nicht dazu da. Der Staat mischt sich in keine Privatangelegenheit.
(Ebenda, S.132)
Genauer betrachtet, scheint Seine Zopflichkeit schon auf dem Gesell-Trip zu sein, z. B.:
Findet der Schriftsteller keinen Verleger, so kann er immer noch auf eigene Kosten seine Werke drucken lassen, wobei ihm seine Freunde unterstützen mögen.
(Ebenda, S.71)
Auch die Regierungspraxis Ihrer Zopflichkeit findet bei Gesell eine fundierte Begründung:
Es kann immer nur das durchgesetzt werden, was dem Verstande der Mehrheit erreichbar ist; und das ist nicht viel. Dinge, die vertieftes Studium zu ihrem Verständnis erfordern, lassen sich demokratisch überhaupt nicht durchsetzen….Ihr werdet schon sehen, was aus einer Demokratie wird, wenn die Majorität, wie es bei uns der Fall ist, sich von Phrasenhelden in Staatsangelegenheiten leiten lässt.
(Ebenda, S.130)
Glücklicherweise besteht diese Gefahr im KRD nicht.
In Gesells Perspektive gewinnt der „Gemeinwohlstaat“ eine völlig neue Dimension und Power.
Politik, die nicht mehr von Sonderbestrebungen geleitet wird, vielmehr allein von der höheren Warte des öffentlichen Wohls, ist keine Politik mehr, sondern angewandte Wissenschaft.
(Ebenda, S.129)