1. Es handelte sich um ein auf vorläufigen Rechtsschutz gerichtetes Eilverfahren. In einem Eilverfahren ergeht schon aus formalen Gründen niemals eine endgültige Entscheidung. Die Entscheidungsgründe sind unbekannt. Es wird aber erkennbar, dass das Gericht der Meinung ist, dass es hier wohl einer Rechtsverordnung statt einer Allgemeinverfügung bedarf. Diese Meinung teile ich (s.u. 3.).
2. Wenn die Allgemeinverfügung rechtswidrig ist, ist sie nicht relativ zu den Antragsteller*innen, sondern insgesamt gegenüber allen Adressaten rechtswidrig. Dass hilft aber nur denen, die mit Rechtsmitteln dagegen vorgehen. Nur deshalb haben andere erstmal nichts davon.
3. Wie kommt das Gericht zu seiner Ansicht? Dazu muss leider etwas weiter ausgeholt werden:
Spoiler
a) Zunächst muss man sich klarmachen, was eine Allgemeinverfügung ist und wie sie sich von einer Rechtsverordnung unterscheidet.
Das Gesetz definiert die Allgemeinverfügung als Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet (§ 35 Satz 2 VwVfG) Ein Verwaltungsakt ist zunächst eine Maßnahme, die einer bestimmten Person eine bestimmte Handlung auferlegt. Die Maßnahme ist konkret und der Adressat individualisiert (konkret-individuelle Regelung). Zweifelsfrei Verwaltungsakt ist ferner eine Maßnahme, wenn sie sich an eine individualisierte Person richtet, auch wenn eine konkrete Handlung für wiederkehrende Situationen (Jedes Mal, wenn ...) angeordnet wird (abstrakt-individuelle Regelung).
Mit der Allgemeinverfügung wird dieser Begriff des Verwaltungsaktes erweitert auf Regelungen, bei denen die Adressatinnen und Adressaten nicht individualisiert, sondern nur individualisierbar sind. So können alle Teilnehmenden einer bestimmten Veranstaltung verpflichtet werden, Auflagen zu erfüllen. Hier bezieht sich die Anordnung auf ein konkretes Ereignis, aber einen (noch) unbestimmten Personenkreis (konkret-generelle Regelung).
Normativer Natur sind hingegen Regelungen, die sich auf eine Vielzahl von Fällen mit jeweils einer Vielzahl von betroffenen Personen beziehen. In einem solchen Falle muss jedes Mal, wenn der Tatbestand erfüllt ist, jeder, der den Tatbestand erfüllt, etwas Tun oder Unterlassen (abstrakt-generelle Regelung). Derartige Bestimmungen erfordern daher eine Rechtsnorm.
Ein Allgemeinverfügung ist daher ein Verwaltungsakt, die Rechtsverordnung eine von der Verwaltung erlassene Norm. Dass ist eine wichtiger Unterschied, denn der Verwaltungsakt ist das typische Handlungsinstrument der Verwaltung bei der Vollziehung von Gesetzen, Rechtsetzung durch die Exekutive ist hingegen stets abgeleitete Rechtsetzung, die einer (unmittelbaren oder mittelbaren) gesetzlichen Ermächtigung bedarf (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 4 GG), die nach "Inhalt Zweck und Ausmaß" bestimmt sein muss (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Verfassung stellt damit erhöhte Anforderungen an normative Regelungen durch die Exekutive. Dem trägt das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Rechnung, indem es einerseits eine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nicht zuletzt als flexibles Instrument zur Reaktion auf unerwartete Herausforderungen sowie andererseits eine Fülle von Maßnahmen durch Anordnungen und damit Verwaltungsakte vorsieht.
b) Da der Verwaltungsakt einzelfallbezogen ist, während die Norm eine unbestimmte Vielzahl von Fällen regelt, kommt es für die Abgrenzung auf die Antwort auf die Frage an: Wann betrifft eine Regelung noch einen „Einzelfall“? Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht schon Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts entschieden, dass es sich bei einer seuchenpolizeilichen Anordnung aus Anlass einer Typhusepidemie, mit der allen Gemüsehändlern eines bestimmten Gebiets jeglicher Verkauf von Endiviensalat untersagt wurde, um eine Allgemeinverfügung handele. Gegenstand des Verkaufsverbots sei ein einzelnes reales Vorkommnis gewesen, „die konkrete Seuchengefahr, in deren Regelung es sich erschöpfte“ (Urt. v. 28.02.1961 - I C 54/57, Rn. 41). Diese Überlegung ist ersichtlich nicht tragfähig, weil nicht auf den (konkreten) Regelungsgegenstand, zum Beispiel eine konkreten Demonstration als Bezugspunkt einer Allgemeinverfügung, sondern den Regelungsanlass Bezug genommen wird. Die Seuche ist der Anlass und die unbestimmte Vielzahl von Verkaufsfällen der Gegenstand der Regelung, so das eine abstrakte Regelung vorliegt (vgl. Maurer, Allg. VerwR, § 9 Rn. 17).
Es sieht daher so aus, als habe das Verwaltungsgericht in einer Regelung, die allen Bürgern dauerhaft und damit für eine unbestimmte Zahl von (Anlass-) Fällen das Verlassen des Hauses verbieten will, zu Recht eine normative Regelung gesehen, die dann nicht durch Allgemeinverfügung erfolgen kann, sondern eine Rechtsverordnung erfordert. Das ist auch mit Blick auf die Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz (§ 32 IfSG) völlig richtig, Könnten nämlich beliebige Regelungen mit einem umfassenden Adressatenkreis durch Allgemeinverfügungen getroffen werden, weil der „Einzelfall“ einer Pandemie vorliegt, ist überhaupt nicht ersichtlich, wozu das Instrument einer Rechtsverordnung (oder gar deren mögliche Weiterübertragung) überhaupt noch erforderlich sein soll, können doch alle erforderlichen Maßnahmen unmittelbar auf § 28 IfSG gestützt werden. Damit freilich läuft auch die inhaltliche und gegenständliche Begrenzung der Verordnungsermächtigung ins Leere.
c) Ergänzend: die weiter erwähnte Entscheidung des VG Bayreuth befasst sich mit diesen Fragen leider gar nicht.
Man darf gespannt sein, was der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dazu sagt.