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Nur der Kläger darf demonstrieren
Es geht hier um juristische Feinheiten, denn der Beschluss der Gerichte gelte nur für den Kläger, sagt Jörg Singer, Pressesprecher des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs: "Das heißt, selbst wenn ein Antragsteller vor Gericht obsiegt, gilt dies nur für den Antragssteller, alle anderen Bürger sind verpflichtet, sich an die Allgemeinverfügung zu halten."
Somit durfte der Kläger die Protestaktion zwar durchführen, aber nur allein. In Herrsching hatten sich gestern Abend aber rund 150 Personen versammelt, in Starnberg mehr als 50.
Der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) erklärte dem BR, man habe diese Aktion zugelassen, um sich inhaltlich dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes anzupassen: "Das ist Neuland auch für alle Behörden, die mit solchen Versammlungen befasst sind, denn sie werden systematisch nicht angemeldet." Das mache es für die Versammlungsbehörden schwer, im Vorfeld Absprachen mit der Versammlungsleitung treffen zu können und man müsse ins Blaue hinein bestimmte Vorgaben machen und genau das werde man auch tun, sagt der Landrat.
Es würde nun eine neue Allgemeinverfügung erlassen, nach der unangemeldete Protest-Aktionen zwar nicht pauschal verboten seien, aber beschränkende Maßnahmen ergriffen würden - wie etwa die Zuweisung eines festen Versammlungsorts oder die Pflicht zum Tragen einer Maske, so Frey.
München untersagt unangemeldete Demos
Per Allgemeinverfügung hat auch die Stadt München ein Verbot von sogenannten "Corona-Spaziergängen" veranlasst. Das Kreisverwaltungsreferat teilte dem BR mit:
"Damit sind auch am Mittwoch, 19. Januar 2022, in der Landeshauptstadt zur präventiven Gefahrenabwehr im gesamten Stadtgebiet alle stationären oder sich fortbewegenden Demos im Zusammenhang mit sogenannten 'Corona-Spaziergängen' untersagt, wenn die Anzeige- und Mitteilungspflicht gemäß Bayerischem Versammlungsgesetz nicht eingehalten ist."
Augsburg geht einen anderen Weg
Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) verbietet unangemeldete Demonstrationen in der Fuggerstadt nicht gänzlich, sondern will sie in geregelte Bahnen lenken:
"Dementsprechend haben wir unsere Allgemeinverfügung so formuliert, dass eben nicht angemeldete Versammlungen an einem bestimmten Ort stattfinden sollen - nämlich zwischen Merkurbrunnen und Ulrichsplatz."
Dagegen könne man natürlich genauso klagen, sagte Weber dem BR. Sie hält diese Regelung aber eher für gerichtsfest als ein Pauschalverbot. Bis zu 2.000 Menschen hatten gestern Abend in Augsburg protestiert. Zu Ausschreitungen war es laut Polizei nicht gekommen.
Verbot wegen "präventiver Gefahrenabwehr"
Seit Beginn der Corona-Pandemie haben Bund und Kommunen eine Vielzahl von Allgemeinverfügungen erlassen wie etwa die Schließung von Einrichtungen, Ausgangsbeschränkungen oder eben Versammlungsverbote.
So hat auch die Stadt München eine Allgemeinverfügung erlassen, die nicht angemeldete Protestaktionen untersagt und die damit von der Polizei aufgelöst werden können. Dabei gehe es, so die Landeshauptstadt, um präventive Gefahrenabwehr, da Teilnehmer solcher Kundgebungen zum Teil gewaltbereit seien, weder Mindestabstände einhielten noch eine Maske trügen. Wer an solch einer Demonstration teilnimmt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 3.000 Euro rechnen.
Angemeldete Demonstrationen sind erlaubt
Mindestens 48 Stunden vor dem beabsichtigten Beginn einer Protest-Versammlung muss diese beim Kreisverwaltungsreferat angemeldet werden. Dieses legt bestimmte Auflagen wie die Höhe der Teilnehmerzahl, die Maskenpflicht und Mindestabstände fest. Wer sich daran hält, kann demonstrieren.
Was ist eine Allgemeinverfügung?
Eine Allgemeinverfügung ist eine Form eines Verwaltungsakts. Sie richtet sich an die allgemeine Bevölkerung. Allgemeinverfügungen sind Einzelfallentscheidungen im öffentlichen Recht, die von den Behörden getroffen werden.
Jeder, der zum Adressatenkreis einer Allgemeinverfügung gehört, muss sie beachten, also zum Beispiel Demonstranten, die gegen die Corona-Maßnahmen protestieren. Die Allgemeinverfügung muss den Betroffenen nicht individuell zugehen. Es genügt, dass sie sie ausreichend zur Kenntnis nehmen können. Eine Veröffentlichung auf der Internetseite der zuständigen Behörde ist dafür ausreichend. Rechtliche Grundlage für Allgemeinverfügungen ist in Bayern Art. 35 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.