Die ganze Frage bei solchen Diskussionen ist doch, was die Gesellschaft als schlimmer ansieht:
1. Ein paar Spinner wie Fitzek können dem System ungestraft auf der Nase rumtanzen
oder
2. Ein paar sagen wir mal grenzwertige Leute werden unschuldig bestraft, zum Beispiel Molath (wobei ich mir bei dem noch kein abschließendes Urteil gebildet habe, ob der wirklich unschuldig ist).
Alles eine Frage der Austarierung eines Rechtssystems. Wie auch in der Analytik gibt es falsch positive und falsch negative Resultate. Falsch negativ bedeutet, ein eigentlich Schuldiger bleibt unbestraft, falsch positiv, dass ein Unschuldiger zu Unrecht bestraft wird.
Unser derzeitiges System versucht die Zahl der falsch positiven Ergebnisse möglichst klein zu halten und nimmt dafür eine höhere Zahl falsch negativer Ergebnisse billigend in Kauf. Dies war eine bewusste Entscheidung nach der Wilkürjustiz der Nazizeit und wurde durch die Wilkürjustiz der DDR nur bestätigt. Basis des ganzen ist das Analogieverbot im Strafrecht (§ 1 StGB, Art. 104 GG) was zu einem sog. fragmentierten Strafrcht führt. Alles was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt. Und wer schlau ist kann sich an den bestehenden Tabestandsmerkmalen so vorbeimogeln, dass er straffrei bleibt. Quasi eine Bevorzugung der schlauen Täter vor den Dummen.
Der Stammtisch entscheidet gerne von Fall zu Fall, welcher Ausprägung eines Rechtssystems der Vorzug zu geben ist. Aber man kann (und vor allem sollte) nicht vor jedem Strafprozess eine Volksbefragung durchführen. Das würde ganz im Gegenteil Demagogen wie Fitzek, Conrebbi oder TTA Tür und Tor öffnen.
Weiterhin muss man sich über Sinn und Zweck einer Strafe Gedanken machen, neben der Gerechtigkeit. Grundsätzlich kann man da den generalpräventiven und den spezialpräventiven Ansatz unterscheiden.
Beim generalpräventiven Ansatz (Hauptvertreter Feuerbach) will ich durch Strafe verhindern, dass andere als Nachahmer das Verbrechen begehen, quasi Strafe als Abschreckung. Beim spezialpräventiven Ansatz (Hauptvertreter Liszt) will ich dagegen den konkreten Täter davon abschrecken, weitere Straftaten zu begehen. Unser Justitzsystem versucht sich irgendwo in der Mitte zu positionieren (Vereinigungstheorie). Für die ganz Harten gibt es dann noch die absolute Straftheorie nach Kant und Hegel, auch als Vergeltungstheorie bezeichnet, die Strafe als Rache versteht. Sowas findet sich heute aber höchstens noch in der Sharia.
Ich erwähnte ja schon, dass ich diese Woche eine Schulung zum Thema Umgang mit "schwierigen Kunden" hatte, dazu gehören auch unsere allseits gschätzten Reichskloppis, hatte. Aus diesem Seminar (ausführlicher Bericht folgt) habe ich vier Dinge mitgenommen:
1. DasChaos hatte recht, Diskussionen mit Kloppis am Telefon bringen nix, einfach auflegen.
2. Ich kann die Welt nicht alleine vor den Reichis retten.
3. Das Theater mit Daniel S hat mich doch mehr mitgenommen, als ich mir eingestehen wollte.
4. Man muss den Erfolg von schlauen Leute auch anerkennen können, und wenn es Bauernschlaue sind wie Fitzek. Wenn man das Ganze als sportlichen Wetkampf sieht, dann gewinnt mal das AG Neustadt am Rübenberge, mal die BaFin und mal auch Petrus Pluralis. Weniger Verbissenheit macht die Sache erträglicher.
In diesem Sinne
Gute Nacht