Prozessbericht vom Freitag, dem 19.10., Teil 1: AuftaktJa, es klingt ein wenig verrückt, extra aus der Schweiz nach Österreich zu reisen, nur um aus der Nähe zu beobachten, wie Dummheit bestraft wird. Aber hier steht ja immerhin die legitime Staatsführung des Völkerrechtssubjekts Staatenbund Österreich vor einem illegalen Gericht der Firma Republik Österreich, und mal ehrlich, so ein epochales Ereignis kann man sich doch nicht entgehen lassen! Wann erlebt man denn sowas nochmal?
Und so begab ich mich am Donnerstagabend in den Nahen Osten, in die Steiermark, die laut Eigenwerbung das grüne (nicht rosarote!) Herz von Monis verflossenem Reich ist. (Anmerkung: Wegen Schwierigkeiten mit den EU-Richtlinien für Flügelsandalen musste ich diesmal mit einem konventionellen Flugzeug reisen).
An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank an
@Happy Hater und die örtliche BAR-Loge für die gelungene Schwarze Abendmesse in der BAR! Wenn ihr mal nach Graz in eine BAR kommt, probiert den Muskateller. Und: Das leckere Essen tröstete mich ganz adäquat darüber hinweg, dass es während der Schwarzen Messe keinen Lungenstrudel zu probieren gab.
Am folgenden Morgen zog ich wie geplant die pinke Galauniform mit dem gut sichtbaren SSL-Wappen an und begab mich, frei nach Ilias,
nicht ungefrühstückt zum Landesgericht für Strafsachen. Als ich ca. Um 8:15 durch die Tür trat, begrüsste mich schon ein Schild, worauf in etwa zu lesen stand: “Dienstausweise bitte ohne Aufforderung vorweisen!” Alles klar, DIENSTAUSWEISE. Ich zückte meinen SSL-Amtsausweis und meine Prozessbeobachterinnen-Bestallungsurkunde und passierte die erste Eingangskontrolle problemlos. Es herrschte kein nennenswerter Andrang, und da ich recht früh angekommen war, hiess es erst mal vor dem Grossen Schwurgerichtssaal rumstehen. Nur wenige andere Leute waren sichtbar; manche hielt ich, zu Recht, wie sich herausstellte, eher für Anwältinnen bzw. Verteidiger. In einem kleinen Grüppchen, das sich gebildet hatte, vermutete ich eher Zuschauer, und als einer der Typen seine Mappe öffnete und darin eine Lebensblume (Eso-Symbol) von gut 15cm Durchmesser aufblitzte, wurde klar, dass es sich mindestens um SBÖ-SympathisantInnen handelte.
Um 8:40 schliesslich hatte ich die zweite Eingangskontrolle passiert und sass fast allein in den Zuschauerrängen des Grossen Schwurgerichtssaales. Ein schönes Schiff, ein Luxusdampfer der österreichischen Firmenreederei, sogar mit Empore! Der Lebensblumentyp ging ganz nach vorne und schenkte mir ein Lächeln, das ich erwiderte, wobei ich darauf achtete, dass das SSL-Wappen auf meiner Galauniform weithin sichtbar war. Der Lebensblumentyp nahm sodann im Bereich der Angeklagten Platz.
Gegen 8:55 füllte sich der vordere Schiffsbereich allmählich mit Geschworenen, Verteidigern und Angeklagten. Ach ja, und als Schweizerin muss ich noch anmerken: Roben! Wie edel, ich fühlte mich fast in ein englisches College versetzt, wo man Gowns trägt. In der Schweiz sind ja die BAR-Mitglieder auch bei Gericht eher wie Bankangestellte angezogen. Sind sie ja schliesslich auch, wie wir von Carl-Pöter wissen. Der Mann, der die schwarze Robe mit dem roten Saum anzog, musste wohl der Staatsanwalt sein. Dann kamen plötzlich vermummte Polizisten, die bestimmt die Häftlinge hereinführen sollten; aber wo war die Unabwählbare? Beinahe hätte ich sie übersehen, denn wie sich herausstellte, ist unsere Moni ziemlich klein!
Alle Angeklagten setzten sich diesmal ohne jegliche Fisimatenten hin.
Pünktlich um 9:00 eröffnete die Richterin die Verhandlung. Die gestrige Befragung von Jakob Stückelschweiger wurde fortgesetzt und sollte noch den ganzen Verhandlungstag einnehmen.
Bevor Stückelschweiger an der Anklagebank (nennt man das so in Österreich?) Platz nahm, wiederholte er sein Statement vom Vortag: “Ich bin unschuldig und unter Zwang und Nötigung hier.” Er sagte es mit ruhiger Stimme, wie auch alles Folgende.