Einstieg: lachender N.N. der die Hetzeroma 2.0 auf dem Weg zum Gericht fragt, ob sie schon aufgeregt ist. Es folgt die Zusammenfassung der Verhandlung und seine Bewertung des Urteils. Forderung der Staatsanwaltschaft: 2 Jahre u. 6 Monate ohne Bewährung, Anwalt: Freispruch, Urteil: 1 Jahr 6 Monate auf Bewährung + 2.000,- Strafzahlung + Gerichtskosten.
Das übliche Hohlgefasel vom "freiesten Land aller Zeiten auf diesem Boden." Wenn N.N. sich im Denken bzw. Nachplappern der Ausführungen des Anwaltes Nahrath versucht, kommt soetwas heraus: "Wenn der NS-Staat ein Unterdrückungsstaat war, in dem man eben nicht seine Meinungs äußern kann, dann müsste es im Gegenentwurf extrem frei zugehen. Angesicht des §130 und des Prozesses, der jetzt hier stattfand, kann man von Freiheit nicht wirklich sprechen. Was man dagegen sagen, fällt mir schwer da irgendetwas auszudenken." Was N.N. hier mangels verfassungsgeschichtlichem Wissen nicht in den Sinn kommt, ist die Tatsache, dass das Grundgesetz, im Gegensatz zur Weimarer Verfassung, über Instrumente verfügt, mit denen interveniert wird, wenn ein Recht, hier das Recht auf freie Meinungsäußerung, ungebührlich und zum Nachteil anderer verwendet wird. Es gibt eben, wie man in Art. 19 nachlesen kann, keine unbegrenzte, sondern eine größtmögliche Meinungsfreiheit, die sich aus ihren Einschränkungen ergibt.
Auftritt der Vorzeigeverwirrten mit ältlicher Hysterie: "Ich fasse es nicht, ich bin wirklich fassungslos, wie ungerecht es bei der politischen Justiz in der BRD zugeht. Ich habe niemandem irgendetwas getan, habe mein ganzes Leben fleissig gearbeitet, alles gemacht, was dieses System wollte und werde auf meine alten Tage dermaßen besudelt, entehrt, angeklagt, kriminalisiert [...] Die machen aus nichts, einen riesen Artikel und eine Riesenanklage, aus gar nichts!"
M.W. empört sich über die "enteigneten Computer," sie wurde "bestohlen um ihr ganzes Leben, ihr geistiges Eigentum." Und niemand denkt an die Kinder, Enkel und Urenkel und die Bienen, die sie beimkert.
Anwalt Nahrath meldet sich zu Wort und "lobt" das Verfahren, "rein äußerlich ist das Verfahren für mich in einer Weise geführt worden, wie ich es mir wünsche, sachlich. Ich habe soetwas in anderen Verfahren schon anders erlebt und bin deswegen, ich möchte nicht sagen, positiv überrascht, aber doch immerhin insofern überrascht, dass es sauber nach der Stpo abgelaufen ist." Natürlich kritisiert er die reine Existenz des §130, versteht aber gleichzeitig die Richter, die in ihrer "normativen Befangenheit" den §130 anwenden. Nach Nahrath ist "eine Verteidigung, eine Sachverteidigung ausgeschlossen" solange der §130 bestand hat. Es folgt die vorhersehbare Semantikkritik am Wort "leugnen," was auf die Angeklagte nicht angewendet werden kann, da "sie zu diesem historischen Geschehen, des landläufig als Holocaust bezeichneten Geschehen, gar nicht dabei" war. W.N. lässt es sich nehmen, sich als halben Märtyrer zu gerieren, da er als Anwalt in Wahrnehmung seiner anwaltlichen Pflichten Gefahr läuft, sich selber strafbar zu machen. "Und ob das mit dem allgemeinen Recht auf freie und umfängliche Verteidigung vereinbar ist, das wage ich doch zu bezweifeln."
Dass W.N. selbst reichlich tief im rechten Gedankensumpf steckengeblieben ist, macht er bei der Gelegenheit auch noch deutlich "Die Kritik, die der Richter äußerte, da hat er etwas missverstanden. Ich hatte im Zusammenhang mit Personen, die irgendwann einmal auch auf dieses Thema stoßen, häufig über andere Themen zur Frage des Holocaustes kommen, mit 9/11, oder mit der Mondlandung, oder chemtrails [...]."
Schnitt: M.W. quält ein Akkordeon und singt mit N.N. irgend Katzengejaul. In der reichlich ranzigen Bude von M.W. hängen überall Zettel an den Wänden mit Zitaten und Überresten von Nazi-Abreißkalendern, gruselig.
@ArV @Volksleerer
Machen wir es uns doch ein wenig einfacher. Gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist es strafbar, gewisse Inhalte der Öffentlichkeit durch Telemedien zugänglich zu machen. Was diese strafbaren Inhalte sind ergibt sich aus § 130 Abs. 2 Nr. 1 lit. a bis c StGB. In Frage käme hier lit c. Demnach ist es strafbar, die in § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Gruppen (nationale, rassische, religiöse oder durch ihre Herkunft bestimmt) in ihrer Menschenwürde anzugreifen, indem man sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.
Nicht jeder herabwürdigende oder beleidigende Äußerung ist dazu geeignet, einen Angriff auf die Menschenwürde darzustellen (Beispiel dazu siehe Müko/StGB § 130 Rn. 58). Einige der verlesenen Zitate kämen durchaus in Frage (nach meiner Ansicht zB Voltairé (ab 6:07), Kant (6:19)). Auf eine wörtliche Wiedergabe verzichte ich, um mich nicht selbst strafbar zu machen. Eine Strafbarkeit nach § 130 Abs. 2 StGB erfordert nicht, dass sich der Übermittler die Äußerungen zu Eigen macht (siehe Beisel, NJW 1995, 997, 999). Damit kann sich Nikki seine Fragen sonstwohin stecken, es reicht das Verlesen der Zitate und es spielt auch keine Rolle, ob diese echt sind oder nicht.
Einziger Nachteil des Abs. 2 ist der geringere Strafrahmen. Wer sich weiter an einer Strafbarkeit nach § 130 Abs. 1 StGB versuchen möchte, der sei auf das Urteil zum Buback-Nachruf (OLG Köln, Urteil vom 2. 4. 1979 - 3 Ss 24-26/79 = NJW 1979, 1562) verwiesen, welches feststellt, dass es ausreicht, dass für einen verständigen Leser zwischen den Zeilen zu erkennen ist, dass sich der Täter einen Gedanken zu eigen macht.
In der Literatur wird vertreten, dass es sich bereits um eine eigene Äußerung handelt, wenn fremde Texte einem unbekannten Personenkreis zugänglich gemacht werden (Hörnle, NStZ 2002, 113, 116).
Fazit: Eine Anzeige dürfte sich lohnen, eine Strafbarkeit nach § 130 Abs.2 StGB ist auf jeden Fall drin.
Chapeau! Da ich über keinerlei juristische Expertise verfüge, habe ich wohl ein wenig zu verquer und auf der in diesem Fall eher wenig relevaten sprachlichen Ebene gedacht. Danke für die Aufklärung!