Der Begriff der "Würde" ist nicht klar definiert, auch Verfassungsrechtler tun sich naturgemäß sehr schwer damit. Dementsprechend finde ich die Aussage, die Entscheidung des Schweizer Gerichts hätte nicht viel mit Menschenwürde zu tun, schwierig. Zumal das Schweizer Gericht kleine Zellen offenbar nicht dauerhaft für zumutbar hält, sondern diese lediglich für einen gewissen Zeitraum akzeptiert.
Mit Verlaub, wir reden hier von 4² und da sind selbst 5 Minuten zuviel. Ein Staat welcher solche Haftbedingungen duldet, stellt sich auf mittlere Sicht selbst in Frage, er macht sich angreifbar; Vielleicht ist es hilfreich, sich bei solchen Fragen den kategorischen Imperativ in Erinnerung zu rufen.
Wir können auch streng dogmatisch vorgehen: Um festzustellen, dass die Unterbringung in einer Zelle von 4 m² (zzgl. zugestellter Flächen) klar gegen die Menschenwürde verstößt, muss die Menschenwürde erst einmal definiert werden. Was soll das überhaupt sein?
Weder die Aussage, schon fünf Minuten seien in so einer Zelle zuviel, noch der Hinweis auf den Kategorischen Imperativ führen irgendwie weiter. Natürlich will ich auch nicht längere Zeit in so einer Zelle leben. Ich will allerdings in überhaupt keiner Zelle leben, auch sechs, zehn oder zwanzig Quadratmeter über mehrere Monate fände ich äußerst unangenehm. Letztendlich kann man als Jurist eigentlich nur feststellen: Kleine Zellen sind äußerst problematisch, da auch Verurteilten Straftätern oder - in weitaus größerem Maße, da der Freiheitsentzug lediglich der Absicherung des Prozesses dient und keineswegs der vorweggenommenen Bestrafung dienen darf - Untersuchungshäftlingen gewisse Bewegungsfreiräume verbleiben müssen. Ab wann Zellen aber so klein sind, dass eine Unterbringung eindeutig gegen die Menschenwürde verstößt, kann man pauschal nicht sagen, eine klare, unproblematische Grenze lässt sich da nicht ziehen.