Nachdem sich die Aufregung um Namen und Denkmale etwas gelegt hat, einen Hinweis und einen Gedanken von mir:
Das alte Westberlin hat eine Karl-Marx-Straße. Und die meint durchaus Karl Marx.
Am Beispiel Wittenberg kann man die Bilderstürmerei ganz gut erörtern. Das passt zudem: Als Martin Luther aus seinem Asyl von der Wartburg zurück kam, sah er mit eigenen Augen die Ergebnisse der Bilderstürmerei: Er wetterte mit deutlicher Stimme dagegen. Und so sehen wir heute den soeben restaurierten strahlend leuchtenden Cranach-Altar in der Stadtkirche St. Marien zu Wittenberg.
Nun sehen wir uns eine junge Demokratie an, am Beispiel Wittenbergs zur Wende:
Da ist ein demokratisch gewählter Stadtrat, er übt das noch. Und alle schreien auf ihn ein: Gorki weg! Külz weg! Luxemburg weg! Luxemburg behalten! Kosten beachten! Meine Straße bleibt so! Wir sind das Volk! Nun gut, jede einzelne Straße zwei Völker, das macht in Summe sicher 170 Völker allein für Wittenberg.
Das war ein langer demokratischer Prozess. An deren Anfang stand eine Liste aller zu DDR-Zeit umbenannter Straßen - mit der Schwierigkeit, dass Rückbenennungen teilweise nicht gingen: Wer will denn schon eine Hitler-Straße zurückbenannt haben? Die jungen Pioniere waren doch kleine harmlose Kinder? Der Platz der Demokratie, eine DDR-Benennung! Umbenennen, weil die DDR den so taufte? Die Straße der Befreiung - ideologisch einseitig von der DDR besetzt. Andererseits sprach Bundespräsident von Weizäcker mutig von Befreiung.
Derartige Umbenennungen kosten zudem Geld. Bei Firmen richtig Geld. Aber auch der umbenannte Bürger hat Kosten und Laufereien. Bei strittigen Straßen wurden die Anwohner befragt. Die Straße der Völkerfreundschaft klingt zum Beispiel schon sehr nach DDR. Das ist aber keine Straße im herkömmlichen Sinn, das ist ein Wohngebiet mit vielen Straßen. Umbenennungen hätten gleichzeitig Umnummerierungen nach sich gezogen. Die betroffenen Bürger sprachen sich dagegen aus, der Stadtrat folgte dem Votum der betroffenen Bürger.
Demokratie ist eine schwere und anstrengende Sache. Und später gibt es viele Außenstehende, die alles noch viel besser wissen.
Einen Petersplatz haben wir allerdings nicht.