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Offener Brief
Initiative fordert: Stadt Coburg und HUK sollen sich gegen die Söhne Mannheim positionieren
Mit einem offenen Brief wendet sich die Initiative gegen singende Reichsbürger an die verantwortlichen Sponsoren des "HUK-Coburg Open Air Sommer".
Die Initiative gegen singende Reichsbürger schießt scharf gegen Xavier, der am 25. August mit den Söhnen Mannheims in Coburg auftritt.
Die Söhne Mannheims kommen am 25. August auf den Schlossplatz. Nach der bundesweiten Diskussion um das neue Lied "Marionetten" wendet sich die Initiative gegen singende Reichsbürger jetzt auch an die Hauptsponsoren, an den Stadtrat der Stadt Coburg, an "Coburg ist bunt - Netzwerk für Menschenrechte und Demokratie", an die Coburg Stadt und Land aktiv GmbH und fordert zu einer klaren Positionierung auf.
In dem offenen Brief heißt es:
"Es scheint, als wäre die Diskussion um den Auftritt der "Söhne Mannheims" in Coburg mit der Forderung, dass sie ihr Lied ,Marionetten' nicht spielen sollten, auch wieder beendet - ein weiteres Mal in der Chronik dieser Band. Die Menschenfeindlichkeit der Söhne Mannheims - sei es ihr Antisemitismus, ihre Homophobie bis hin zu Umsturz- und Gewaltaufrufen gegen ,die da oben' - werden immer wieder als Einzelfälle abgetan. So auch in diesem Fall. Dass hinter dieser Stilisierung als Einzelfall ein klares Kalkül steckt, scheint hingegen niemand erkennen zu wollen.
Umso wichtiger ist es für uns, diese Chronik ins Gedächtnis zu rufen.
Im Folgenden haben wir Rechercheergebnisse des Bündnisses ,Kein Hass auf Rosenheims Bühnen' etwas aktualisiert und ergänzt.
Antidemokratische Bestrebungen der Band lassen sich in Aussagen des Frontsängers Xavier Naidoo bereits 2005 in seinem Song ,Abgrund'(,Und jetzt scheiß ich auf eure Demokratie') oder 2011 im ARD-Morgenmagazin (,Wir sind nicht frei. Deutschland ist immer noch ein besetztes Land.') erkennen. Diese gipfelten in einem Auftritt des Reaktionärs am Einheitsfeiertag 2014 in Berlin auf einer Kundgebung der Reichsbürger-Bewegung, bei der er in einem ,Freiheit für Deutschland'-T-Shirt gegen ,die da oben' wetterte und sich spätestens seitdem auch der Unterstützung dieser Szene erfreut.
An dieser Haltung hat sich offensichtlich bis heute nichts geändert. In dem vor kurzem erschienenen neuen Album ,MannHeim' der Söhne Mannheims wird diese Weltanschauung deutlich. Verschiedene Medien berichteten kritisch über deren Texte, und auch Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, distanzierte sich bei dieser Gelegenheit erneut von den selbst ernannten Söhnen - ließ sich allerdings mit einem Facebook-Post der Söhne Mannheims zufrieden stellen.
Das neue Album beinhaltet religiös inspirierte Anschauungen, antisemitische Anklänge und der
Reichsbürger-Bewegung entlehnte Sichtweisen, eine Mischung, die bereits aus früheren Alben der Söhne Mannheims bekannt ist.
Im diesem Album wird mit dem Liedtext ,Der Deutsche Michel' die in neurechten Gruppierungen beliebte Medienhetze - Stichwort ,Lügenpresse'- aufgegriffen und mit Textzeilen wie ,Du glaubst doch nicht wirklich, dass unsere Nachrichten nicht nachgerichtet sind?' eine Zensur suggeriert. Daraus folgend wird die Frage nach der
Herkunft der Nachrichten gestellt, um sie sogleich selbst zu beantworten: Es handele sich um einen ,vermoosten Schoß', der einen zwar ,in Sicherheit wiegt', das dazu gehörige Gesicht, eine namenlose Macht repräsentierend, sei jedoch eine ,Fratze', auf deren ,Altar' man liegt und ,geopfert' werde.
Gleichzeitig wird, wie schon in früheren Texten Naidoos, neben dem Staat das Bankenwesen angeprangert, was bekanntermaßen eine Allegorieauf das eindeutig antisemitisch konnotierte ,Weltjudentum' ist. So heißt es konkret: ,Der Michel gestresst von den Ämtern | Im Sessel per Geldtransfer wird er erpresst von den Bankern'. Dieselben Banker sind es dann, von denen angeblich bekannt ist, dass sie ,mit
Giften Kinderherzen' tränken würden. Den eigenen Antisemitismus versuchte Naidoo auch in dem Lied ,Nie wieder Krieg' zu kaschieren, indem er Muslime als die neuen Juden darstellt und damit die Shoa verharmlost, allerdings im selben Zug die antisemitische Mär über die Familie Rothschild mit "Baron Totschild" bezeichnet. Auf diesen Zug sprang Jürgen Tödenhöfer - der in Gaza auf Trümmern fabrikneues Spielzeug verteilte, um das
antisemitische Ressentiment ,Kindermörder Israel' zu bedienen - in Kooperation mit Naidoo auf.
Auch in dem Lied ,Marionetten', das die Band bereits jetzt, kurz nach Veröffentlichung, nicht mehr spielt, wird offen zur Gewalt aufgerufen; wie auch schon in dem Hidden Track ,Wo sind sie jetzt', welcher 2012 von Xavier Naidoo in Zusammenarbeit mit Kool Savas auf dem gemeinsamen Album ,Gespaltene Persönlichkeit' veröffentlicht wurde. Wie in anderen Texten von Xavier Naidoo werden auch hier Politiker angesprochen, die als Marionetten, als ,Volks-in-die-Fresse-Treter' bezeichnet werden, die ihr Volk verraten würden. Sind sie nicht einsichtig, ,sorgt der wütende Bauer mit der Forke dafür', dass sie es werden. Und ganz persönlich droht einer der Söhne: ,Und wenn ich nur einen in die Finger bekomme | Dann zerreiss ich ihn in Fetzen | Und da hilft auch kein Verstecken hinter Paragraphen und Gesetzen'.
Nur schwer lässt sich in diesen Zeilen ein "Aufruf zumDialog" erkennen, wie es Sänger Rolf Stahlhofen (4) verstanden haben will. Neben diesem Gewaltaufruf wird nicht nur das antisemitische Bild des Fäden ziehenden Puppenspielers, der die Marionetten im Hintergrund lenkt, dargestellt, sondern es werden auch die
rechtspopulistischen Vorstellungen einer ,Lügenpresse' bedient. Mit dem ,wütenden Bauer mit der Forke' wird darüber hinaus eindeutig Bezug auf die Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling genommen, die bei einer Rede am 11. Januar 2016 dazu aufgerufen hatte, ,die volksverhetzenden Eliten mit Mistgabeln aus den Parlamenten, den Gerichten, den Kirchen und den Pressehäusern zu prügeln.' Die Ablehnung einer westlichen Demokratie wird durch ,Ihr wandelt an Fäden wie Marionetten; Bis wir euch mit scharfer Schere von der Nabelschnur Babylons (Synonym der Rastafari für den ,barbarischen Westen') trennen' zum Ausdruck gebracht.
Zum Ende des Liedes nehmen die Söhne Mannheims auch noch Bezug auf die schon längst widerlegte ,Pizzagate'-Verschwörungstheorie, die Hillary Clinton vorwirft, zusammen mit Barack Obama und Lady Gaga aus dem Keller einer Pizzeria einen Kinderporno-Ring zu leiten.
Passend zum Inhalt des neuen Albums bekamen die Söhne Mannheims dafür auch augenblicklich Applaus von Rechtspopulisten und Reichsbürgern. So veröffentlichte etwader rechte Verschwörungstheoretiker Oliver Janich ein Video, in dem er sich mit derBand solidarisiert. So teilte auch der Gitarrist der Söhne Mannheims einen Beitrag von Carsten Halfter (bekannter Organisator diverser Kundgebungen der Reichsbürger), in dem wahnhaft von ,Hauptstrompresse - Halt die Fresse' geschrieben wird. Weite Teile der Rechten in Deutschland teilten auch über diverse Kanäle den Song "Marionetten" (9). Die rechte Gesinnung des Autors lässt sich allein an der Unmöglichkeit, von Mainstream zu schreiben, erkennen. Auch Kommentare unter den Youtube-Videos sowie auf der Facebook-Seite der "Söhne Mannheims" lassen keinen Zweifel daran, dass nicht nur rechte Ideologien befeuert, sondern gewollt produziert werden.
Dass man sich all diesen Fakten rings um die Band "Söhne Mannheims" verschließt, können und wollen wir nicht hinnehmen. Dass diese in der Vergangenheit keine Beachtung fanden, bedauern und verurteilen wir zutiefst, zumal es eben keine sonderlich neuen Erkenntnisse sind. Dass es eine Verschiebung der Problematik auf einen Einzelfall gibt - in diesem Fall allein auf das Lied "Marionetten" - gleicht einem Schlag ins Gesicht all
jener, die sich tatsächlich für eine Gesellschaft einsetzen, die frei von Hass ist. Wir fordern daher die Sponsoren des "HUK Open Air Sommers", insbesondere die demokratisch legitimierten Vertreter im Stadtrat auf, sich deutlich von den "Söhnen Mannheims" und ihren Aussagen zu distanzieren: Auch die Option eines Vertragsbruches
sollte in Erwägung gezogen und bei zukünftigen Veranstaltungen bei der Auswahl der Künstler und Künstlerinnen genauer hingesehen werden.
Insbesondere der Stadt, die auch Netzwerkpartner von "Wir sind bunt - Coburg Stadt und Land" ist, würde eine klare Position für die eigene Glaubwürdigkeit guttun. Musik ist der Einstieg in rechtsextremes Gedankengut. Kann dies ihr Ziel sein?"