Und Rechtsruck - seit wann? Sprich: war das wirklich je besser?
vor 45 brauchen wir die Diskussion vermutlich nicht führen
um 55 hatten wir in der FDP Ultranationalisten
gegen 65 hatte die NPD hohe Wahlergebnisse
ca 75 gab es jede Menge aktiven Rechtsterrorismus in ganz Europa
ab 85 bildet sich die Kameradschaft Szene mit FAP etc
in 95 haben wir in Ost und West die auch von dir zitierten Taten
2005ff bilden sich die aktuellen Strukturen aus
und 2015 geht die immer gleiche $*#@!&% grad so weiter.
Nicht besser, sondern anders.
Der Unterschied liegt einfach darin, dass es allmählich den Leuten zu Bewusstsein zu kommen scheint, dass wir die Perioden des kalten Krieges und der Nachwendezeit historisch allmählich hinter uns gelassen haben.
Will heißen:
Du hast in deinen Ausführungen , was die Entwicklung des rechten Spektrums angeht natürlich recht, der Unterschied in der Wahrnehmung dürfte aber darin liegen, dass das erst seit geraumer Zeit als primäres politisches Problem wahrgenommen wird und wahrgenommen werden kann. Bis 1990 stand der politische Hauptfeind im Osten also richtete sich die politische Aufmerksamkeit verständlicher Weise genau da hin, da war für Feindbilder in den eigenen Reihen wenig Platz.
Außerdem darf man nicht verkennen, dass bis zu diesem Zeitpunkt auch noch eine Generation politisch aktiv wahr, die in Teilen das NS-Erziehungssystem noch durchlaufen hat und letzendlich mitmarschiert ist, so dass in der Öffentlichkeit noch ganz andere Basen vorhanden waren, bei denen eine gewisse Bereitschaft existierte sowas in Teien mit zu tragen, ist ja nicht so, als hätten sich die politisch passiven Teile der Gesellschaft von jetzt auf gleich umgedreht, sondern das ist ein langandauernder Prozess gewesen, der auch mMn erst durch das altersbedingte Ausscheiden dieser Generation aus dem politischen Leben abgeschlossen wurde.
Danach kam die Nachwendezeit innerhalb der man innenpolitisch die ganze Angelegenheit unter "frustrierte Wendeverlierer" und "Volk, das von Demkoratie nichts weiß und erstmal sozialisiert werden muss" abtun konnte.
Das kann man insofern heute nicht mehr, ebenso wenig, wie es noch einen außenpolitischen Erzfeind gibt (denn sein wir ehrlich, Afghanistan, der Irak, IS und Konsorten taugen auf Grund Kraftlosigkeit dazu im Gegensatz zur ehemaligen Sowjetunion oder China nicht), der die Aufmerksamkeit auf sich lenkt.
Das heißt, dass es innerhalb der deutschen Gesellschaft wahrscheinlich gar keinen allzu starken faktischen Rechtsruck gibt, dafür aber in den letzten Jahren eine verstärkte Tendenz der Wahrnehmung innenpolitischer Ungereimtheiten wozu die verbesserte Informationsverbreitung die biologische Verabschiedung der politisch vorbelasteten Generation und damit wohl auch ein allgemeines Sinken der Akzeptanzschwelle.
Gesamteuropäisch, denke ich schon, dass man in den letzten Jahren von einem Rechtsruck sprechen kann, der Brexit, auch die zunehmende Radikalisierung Russlands, Ungarns, Polens etc. oder die hohen Wahlergebnisse der rechtsgerichteten Kräfte in Frankreich sind wohl kaum vom einfach vom Himmel gefallen.
Deshalb - und nur deshalb - spreche ich ungern von einem Rechtsruck.
Mir ist die in den letzten Jahren offen gezeigte ♥♥♥ie sogar lieber, da man niemand von der Existenz überzeugen muss.
Das war in den letzten Jahrzehnten schwieriger, da "die Extremisten" teils sogar bewusst in grossen Parteien als Teil akzeptiert und instrumentalisiert wurden.
Jetzt mit dem geschlossenen Feindbild kann einem die AfD fast Leid tun. Nicht.
Und genau deshalb sollte man keine Fehler machen, die es diesen Laffen bei ihrer Klientel zu leicht machen.
Ich würde das Ganze vielleicht noch etwas positiver sehen. Wenn ich auch der Beobachtung, dass es sich innenpolitisch gesehen mehr um einen mentalen Rechtsruck handelt, als um einen tatsächlich substanziellen, bringt dass doch immerhin den positiven Effekt mit sich, dass man die Scheuklappen in Dieser Hinsicht allmählich zurück gefahren hat und die "rechts-von-uns-ist-die-Wand-Mentalität", namentlich der CDU/CSU die ja früher auch sehr um Integration solcher Elemente bemüht war, der Vergangenheit angehört.