Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg 1. Senat
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(Klage durch Angehörige des "Königreichs Deutschland"
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Die Klägerin betrieb in der A Innenstadt ab XX.XX.XXXX als Einzelunternehmerin einen (...)-Einzelhandel („B“, später umbenannt in „C“). Sie war zur Abgabe vierteljährlicher Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet. Die Stadt A schloss den Laden im Jahr XXXX von Amts wegen.
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Die Klägerin gab zuletzt eine Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 ab. Da die Klägerin auch für 2023 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab, schätzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das 1. Kalendervierteljahr 2023 vom 23.05.2023 die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer auf 2.495 € fest.
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Die Klägerin legte dagegen am 30.05.2023 Einspruch ein und trug mit Begründung vom 04.07.2023 vor, sie habe das Gewerbe zum XX.XX.2022 abgemeldet, weil sie seitdem eine „Repräsentanz als Zweckbetrieb des Königreichs Deutschlands“ unterhalte.
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Die zum 26.06.2023 fällige Umsatzsteuer zahlte die Klägerin nicht.
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Das FA erließ am XX.XX.2023 eine Vollstreckungsankündigung. Hiergegen legte die Klägerin am 11.08.2023 wiederum Einspruch ein und wiederholte ihre Begründung, dass ihr Laden Betrieb nunmehr eine „Repräsentanz als Zweckbetrieb des Königreichs Deutschlands“ sei. Das FA verwarf den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023 als unzulässig, weil die Vollstreckungsankündigung keinen Verwaltungsakt darstelle.
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Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.09.2023 Klage, die sie mit Schriftsatz vom 22.01.2024 insbesondere damit begründet hat, dass der „C in A“ nicht zum Rechtskreis der Bundesrepublik Deutschland gehöre.
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Die Klägerin beantragt wortwörtlich:
„1.
Die Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023 sowie der Bescheid vom 23.05.2023 der Beklagten werden als unzulässig verworfen und aufgehoben.
2.
Die aus der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023 sowie aus dem Bescheid vom 23.05.2023 jeweils ergangenen Beträge insgesamt in Höhe von 2.495,00 Euro werden aufgehoben.
3.
Die aus der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023 sowie aus dem Bescheid vom 23.05.2023 jeweils ergangenen Verspätungszuschläge insgesamt in Höhe von 95,00 Euro werden aufgehoben.
4.
Äußerst vorsorglich und hilfsweise werden die zu Nr. 2. und 3. bezeichneten Kosten bis zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes; hilfsweise im Rahmen des Einstweiligen Rechtschutzes ausgesetzt.
5.
Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten angewendeten Normen des Umsatzsteuergesetzes als vorkonstitutionelles Recht nicht anwendbar sind.
6.
Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten angewendeten Normen der Abgabenordnung nicht anwendbar sind.
7.
Es wird festgestellt, dass das Königreich Deutschland ein Staat im Sinne des Völkerrechtes ist und dessen Normierungen vorrangig gemäß Art. 25 Grundgesetz (GG) anzuwenden sind.
8.
Es wird festgestellt, dass die Klägerin Staatsangehörige des Königreich Deutschland ist und folglich bundesrepublikanische Normen nicht anwendbar sind.
9.
Es wird festgestellt, dass sämtliche durch die Beklagte erlassenen Bescheide nicht durch die persönlich Haftende unterzeichnet sind und folglich keine Validität besitzen
10.
Es wird festgestellt, dass sämtliche durch die Beklagte erlassene Bescheide nicht durch hinreichend legitimierte Zeichnungsberechtigte signiert sind.
11.
Es wird festgestellt, dass sämtliche durch die Beklagte erlassene Bescheide nicht hinreichend beglaubigt sind gemäß § 33 VwVfG.
12.
Es wird festgestellt, dass das von der Beklagten verwendete Siegel kein Amtssiegel der Bundesrepublik in Deutschland ist.
13.
Es wird festgestellt, dass auf Grund fehlender Legitimation und mangels Zeichnungsbefugnis und -berechtigung zu sämtlichen Bescheiden der Beklagten kein Verwaltungsakt gemäß § 37 VwVfG erlassen wurde.
14.
Die Beklagte wird verurteilt, die Anwendung unmittelbaren Zwanges gemäß der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023, Bescheid vom 23.05.2023 sowie ggf. daraus resultierender Folgebescheide gegenüber der Klägerin zu unterlassen.
15.
Die Beklagte wird verurteilt, mögliche, mit der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023 sowie dem Bescheid vom 23.05.2023 im Zusammenhang stehenden Veröffentlichungen, respektive Weitergabe von Daten an Dritte oder mögliche Weisungen an Dritte zu unterlassen.
16.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an der Beklagten, es zu unterlassen, die zu den Anträgen 14. bis 15. vorgenannten oder inhaltsgleichen Veröffentlichungen, Weitergaben an Dritte sowie mögliche Weisungen zu verwenden oder sich auf diese Veröffentlichungen, Weitergaben an Dritte oder mögliche Weisungen an Dritte zu beziehen.
17.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtstreites zu tragen.
18.
Das Urteil ist - notfalls gegen Sicherheitsleistung - vorläufig vollstreckbar.
19.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen hierfür wird beantragt, gegen die Beklagte gemäß § 173 I VwGO das Anerkenntnisurteil zu erlassen und
20.
eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils oder Vergleiches ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe der Unterzeichnerin zu erteilen.“
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Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Beim 1. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg sind außerdem Klagen wegen Umsatzsteuer für das 2. bis 4. Kalendervierteljahr 2022 (Az. 1 K 2142/23) und wegen Umsatzsteuer für das 1. und 2. Kalendervierteljahr 2023 (Az. 1 K 87/24) anhängig.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht den Einspruch gegen die Vollstreckungsankündigung als unzulässig verworfen.
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1. Der erkennende Senat geht davon aus, dass Gegenstand der Klage vom 06.09.2023 nur die Vollstreckungsankündigung vom XX.XX.2023 ist, denn die Klage bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung vom 16.08.2023.
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2. Das FA hat den „Einspruch“ gegen die Vollstreckungsankündigung zurecht als unzulässig verworfen. Nach dem Einleitungssatz des § 347 der Abgabenordnung (AO) ist der Einspruch statthaft (nur) gegen Verwaltungsakte. Die Vollstreckungsankündigung ist jedoch kein Verwaltungsakt. Es handelt sich dabei lediglich um eine aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach außen gerichtete Bekanntmachung einer verwaltungsinternen Maßnahme (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 13.02.1997 - VII S 35/96, BFH/NV 1997, 462; vom 14.06.1988 - VII B 15/88, BFH/NV 1989, 75). Weitere Vollstreckungsmaßnahmen, die Gegenstand eines gerichtlichen Rechtsbehelfs sein könnten, hat das FA noch nicht ergriffen.
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3. Das Bundesverfassungsgericht hat z.B. im Urteil vom 30.06.2009 - 2 BvE 2/08, 2 BvE 5/08, 2 BvR 1010/08, 2 BvR 1022/08, 2 BvR 1259/08, 2 BvR 182/09 (BVerfGE 123, 267) ausdrücklich entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat und damit Rechtssubjekt des Völkerrechts bleibt. Die deutsche Staatsgewalt einschließlich der verfassungsgebenden Gewalt ist in ihrer Substanz geschützt, das deutsche Staatsgebiet bleibt allein der Bundesrepublik Deutschland als Rechtssubjekt zugewiesen und am Fortbestand des deutschen Staatsvolks bestehen keine Zweifel. Zu weiteren Ausführungen sieht sich der Senat nicht veranlasst, im Übrigen wird nach § 105 Abs. 5 FGO auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat entscheidet durch Urteil, nachdem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (vgl. § 90 Abs. 2 FGO).