Bericht vom 4. Verhandlungstag (27.11.2019)
Obwohl in der letzten Verhandlung die Abwesenheit unseres gezopften Monarchen angekündigt wurde, befand sich dieser heute, sowohl für das Gericht als auch seinen Anwalt unerwartet, unter den Teilnehmern. Neben der Pflichtbelegschaft waren nur noch die Gerichtsreporter von MZ und SSL sowie der Chauffeur Marco zugegen.
Auf Frage des Vorsitzenden, wie es denn zu der unerwarteten royalen Präsenz käme, berichtet Peter, dass „wir“ vorgestern und gestern jeweils 1.000 km gefahren seien. Ungeklärt blieb dabei, ob mit „wir“ er und Chauffeur Marco oder der pluralis majestatis gemeint waren. Weiterhin berichtete Peter, dass das Verfahren in Slowenien wegen Bestehen eines Prozesshindernisses eingestellt worden sei (wir erinnern uns, der Angeklagte hatte in der letzten Verhandlung noch verkündet, dass er selbst zur kleinsten Notlüge nicht fähig sei). Der Richter merkte an, dass das ja wohl das von Peter gewünschte Ergebnis gewesen sei, ansonsten kündigte der Vorsitzende an, sich zu Gerichtsverfahren in Slowenien nicht weiter äußern zu können. Peter grinst zufrieden.
Der Richter bittet Peter nun, die in der letzten Verhandlung angekündigte, ausführlich vorbereitete und ausgearbeitete Einlassung zur Aussage des Zeugen W dem Gericht zu Gehör zu bringen. Zunächst gibt Peter zu, dass er sich beim Betrag des Ordnungsgeldes, man hält es kaum für möglich, tatsächlich geirrt habe und die Angaben des Zeugen stimmen würden. Ansonsten hätte er gar nix vorbereitet, aber seine Stellungnahme zum Zeugen bereits veröffentlicht, daher könne er das heute doch ausnahmsweise mündlich machen. Er hätte damit gerechnet, dass das Verfahren heute eingestellt werden würde.
Es folgt eine, für Peters Verhältnisse kurze, Ausführung dazu, dass er den Richter W nicht persönlich beleidigen wollte, sich aber vom Ablauf der Verhandlungen und dem Verhalten des Richters W ungerecht behandelt gefühlt habe. Aus seiner Sicht sei der § 244 StPO nicht beachtet worden und Peter fühlte sich daher in seinen Rechten verletzt. Der Richter wollte keine Argumente hören und weil Rechtsbeugung nach § 339 StGB eine schwere Straftat sei, im Kommentar aber komischerweise bei § 336 stehen würde (keine Ahnung, was er damit meint), fühlte sich Peter wie im Dritten Reich. Richter sollten doch frei in ihren Entscheidungen sein, so stünde das jedenfalls im Grundgesetz, dabei hätte doch bereits die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg festgestellt, dass es die Pflicht des Gerichtes sei, in jeder Phase des Prozesses zu prüfen, ob … Der Gerichtsreporter spart sich mal weitere Ausführungen dazu, alter Zopf halt. (pun intended)
Jedenfalls fühlt sich der arme Angeklagte wegen der Zustände in diesem Land wie kurz vor 1933, es müsste nur ein Radikalisierter kommen und wir hätten wieder einen Zustand wie damals, so mit Gesinnungspolizei und so. Peter jedenfalls möchte eine friedliche Änderung wie damals in der DDR.
Mussolini jedenfalls wäre der bekannteste Faschist gewesen und der hätte gesagt, dass Faschismus die Fusion von Staat und Industrie sei. Und da ja schon Horst Seehofer festgestellt habe, dass die Pharmaindustrie den Staat fest Griff hätte, und daher keine Änderungen im Gesundheitssystem möglich seien, wollte Peter damals nur einmal feststellen, dass wir für ihn im Faschismus leben würden, Pharmalobby, Bankenlobby …
Jedenfalls wäre Peter schon öfter bei Richter W gewesen und hätte dabei immer das Gefühl gehabt, dass dieser sich nicht für Tatsachen und Fakten interessieren würde, der wolle nur schnell fertig werden und würde die Verantwortung an das Landgericht abgeben. Das habe Peter schwer enttäuscht, weil er damals noch davon ausgegangen sei, er würde schon in der 1. Instanz Recht kriegen.
Es folgt die Verlesung des Verkehrszentralregistereintrags. Darin waren zahlreiche Geschwindigkeitsübertretungen zwischen 2012 und 2014 verzeichnet, die mit saftigen Bußgeldern und mehrmonatigen Fahrverboten geahndet wurden. Der letzte Eintrag stammte vom 19.4.2014 und betraf eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h, was mit einem Monat Fahrverbot und 20 EUR bepreist wurde. Fahrverbot für jemanden ohne Fahrerlaubnis, die Bußgeldstelle ist auch lustig.
Der Richter möchte nun von Peter wissen, ob er meinen würde, dass die Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht für ihn gelten würden, weil er die nicht selbst gemacht hätte. Peter kommt etwas ins Schwimmen und führt aus, dass er ja 100 bis 120 Stunden die Woche arbeiten würde und es deswegen oft eilig hätte. Er sehe ja ein, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen dazu da wären, Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer abzuwenden, damit niemand verletzt werden würde. Aber er sei doch schon bis zum Mond und zurück gefahren und hätte dabei noch nie jemanden verletzt (Wie war das, Peter lügt nie?). Wenn er zum Beispiel nachts um 2 auf einer dreispurigen Straße fahren würde, dann würde er schon sein Ermessen ausüben und schneller als erlaubt fahren. So eine Geschwindigkeitsbegrenzung sei ja für alle gültig. Damit auch für einen achtzigjährigen Rentner mit einem Fiat Panda. Wenn der mit 60 um die Kurve fährt, das könne schon gefährlich sein. Aber Peter mit einem BMW könne da dann noch immer mit 90 um die Kurve fahren.
Das KRD habe deswegen Vorbehalte zum Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr geltend gemacht und verschiede Klassen von Führescheinen eingeführt. Jetzt nicht so für Auto oder Motorrad, sondern mit Privilegien, abhängig von den Fähigkeiten und den psychologischen Eigenschaften des Fahrers.
Der rote Führerschein beispielsweise wäre ein eingeschränkter Führerschein, für Leute die im Prinzip nicht richtig gucken oder laufen könnten. Anstatt denen gar keinen Führerschein zu geben, würden die halt nur maximal 40 km/h fahren dürfen. Am Auto wäre das durch ein rotes Siebeneck auf dem Kennzeichen zu erkennen.
Der graue Führerschein, so wie ihn der Zeuge Uwe T am ersten Verhandlungstag hatte, würde dem bundesdeutschen Führerschein entsprechen. Der graue Führerschein sei mit keinerlei Vorrechten versehen.
Der gelbe Führerschein dagegen würde Privilegien vergleichbar zu Polizei und Feuerwehr geben. Damit dürfe man im „Einsatz“ schneller fahren und auch an der roten Ampel rechts abbiegen, so wie mit einem grünen Pfeil. Aber geradeaus bei roter Ampel dürfe man mit dem gelben Führerschein nicht fahren, das sei zu gefährlich. Die Fahrzeuge wären mit einem gelben Siebeneck auf dem Kennzeichen markiert und außerdem dürften die Vorrechte nur mit einem Blinklicht auf dem Dach genutzt werden (Wir erinnern uns an das grüne Blinklicht im Kofferraum eines der vielen von Peter beschlagnahmten BMW).
Der Richter wird langsam ungeduldig. Eigentlich interessiert ihn nur, was für einen Führerschein Peter sich denn ausgestellt hätte. Peter holt weit aus und erläutert, dass er die privilegierten Führerscheine ja nur geschaffen habe, um Leute für öffentliche Ämter zu gewinnen. Das heutige System sei schlecht, weil nur noch 12 % in der Produktion …
Das will der Richter alles nicht hören. Also erklärt Peter jetzt seinen grünen Führerschein. Der sei, wie damals in der DDR in den Fünfzigern, mit dem Privileg des Fahrens nach eigenem Ermessen ausgestattet. Peter gibt allerdings zu, dass das in der DDR wieder abgeschafft wurde, weil es zu viele Unfälle gab. So einen Führerschein bekäme im KRD nur, wer psychologische Tests bestehen würde und mindestens 300.000 km gefahren sei, ohne jemanden zu verletzten. Mit so einem Führerschein möchte Peter Menschen dazu bringen, öffentliche Ämter als Ehrenamt zu übernehmen.
Der Richter fragt nach, ob man sich also bei den Führerscheinen hochdienen könne. Peter bestätigt dies im Prinzip, wer beispielsweise jemanden bei einem Unfall verletzen würde, der müsste seinen grünen Führerschein wieder abgeben. Aha, scheint aber nicht für den obersten souveränen Tiefflieger zu gelten. Oder er wäre nach dem Unfall in Reinsdorf, bei dem ein Kind verletzt wurde, auch nach KRD-Recht ohne Fahrerlaubnis gewesen.
Während all dieser Ausführungen seines Mandanten hat Verteidiger F doch arg mit der Müdigkeit zu kämpfen. Ihm fallen die Augen zu.
Der Vorsitzende berichtet als nächstes über die Urteile vom Verwaltungsgericht Halle und Oberverwaltungsgericht Magdeburg zur Rückgabe der Fahrerlaubnis durch Abgabe des Führerscheins.
Peter hält diese Urteile natürlich für skandalös falsch. Er habe selten so viel Blödsinn gehört. Selbst der Herr Z von der Führerscheinbehörde hätte ihm gesagt, dass er den Führerschein zurückgeschickt bekommen würde, wenn er ihn da einfach auf den Tisch legen würde. Herr Z hätte gewusst, dass Peter seine Fahrerlaubnis nicht zurückgeben, sondern nur den bundesdeutschen gegen einen Führerschein des Landkreises eintauschen wollte. Die Gerichte hätten sich gar nicht mit seinem Anliegen beschäftigen wollen. Sein damaliger Anwalt Rico könne bestätigen, dass ihm die Richter gleich ins Wort gefallen sind, er hätte kein rechtliches Gehör bekommen. Schon der Alte Fritz (tatsächlich war es Friedrich Wilhelm I.) hätte verlangt, dass sich Anwälte mit schwarzen Wolldecken zu kleiden hätten, damit man die Spitzbuben von weitem erkennen könne.
Der Richter fragt nach, wen Peter mit „Wir als Juristen“ gemeint hätte. So langsam versteht der Vorsitzende das mit dem pluralis majestatis. Peter rudert zurück, dass er ja nur juristischer Laie sei und sich auf die Rechtsauskunft von Anwalt Rico verlassen hätte, dass er bis zum Ende des OVG-Verfahrens fahren dürfe und überhaupt die Rückgabe des Führerscheins keine Rückgabe der Fahrerlaubnis gewesen wäre.
Weiter führt der Schwurbelkönig aus, dass Recht doch den Menschen aufrichten solle, das ergebe sich schon aus der Wortherkunft (War der im Seminar bei Sürmeli?). Das Recht solle sich an der Schöpfungsordnung orientieren. Er ergeht sich dann wieder in allgemeinpolitische Betrachtungen und führt Altersarmut sowie den Ritalinbedarf von Schülern als weitere Belege von was auch immer an.
Der Vorsitzende warnt Peter vor, dass er gleich von diesem Gericht enttäuscht sein wird, weil er nun die Entscheidungen zu den beiden Anträgen von Peter verkünden werde:
Der Antrag auf Einstellung des Verfahrens wegen eines Prozesshindernisses wird abgelehnt. Ein Prozesshindernis bestehe nicht und sei schon gar nicht erst in der 2. Instanz hinzugekommen. Der Angeklagte hätte keine Immunität nach § 18 GVG, eine solche könne sich nur aus dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen ergeben. Sein Königreich sei kein Staat, ein Recht auf Sezession gäbe es in Deutschland nicht, das habe das Bundesverfassungsgericht in zwei Entscheidungen 2016 und 2019 festgestellt.
Auch der Antrag auf Beweiserhebung über die Staatsqualitäten des KRD wurde abgelehnt. Ein Video einer angeblichen Staatsgründung sowie die vorgelegten Zeitungsausschnitte und vom Angeklagten selbst hergestellte Urkunden hätten auch nur einen eingeschränkten Beweiswert. Da es aber laut BVerfG kein Recht auf Sezession gäbe, brauche die Staatsqualität des KRD gar nicht erst geprüft werden.
Peter ist nicht zufrieden und stellt fest, dass der Richter also im Faschismus bleiben wolle. Der fragt zweimal nach, ob er das richtig gehört habe. Peter hat da wohl gerade sein nächstes Verfahren gebucht. Peter möchte jetzt weitere Beweisanträge stellen. Er sei fassungslos, so eine Entscheidung des Gerichts habe er nicht erwartet.
Verteidiger F stellt mündlich die Anträge, Herrn Z von der Führerscheinbehörde und Rechtsanwalt Rico als Zeugen zu laden. Es gibt 10 Minuten Pause, damit die Anträge zu Papier gebracht werden können. Peter beauftragt Marco, die Adresse von Rico zu ermitteln. Derweil diskutiert Peter mit seinem Anwalt, dass er nicht als „Peter Fitzek“ im Beweisantrag stehen möchte, oder wenigstens solle er „in diesem Verfahren als Peter Fitzek bezeichnet“ daraus machen. Das ist dem Verteidiger aber wurscht. Der möchte nur seine Anträge verschriftlichen und Peter schwallt ihn derweil voll.
Die 10 Minuten sind rum, die Anträge fertig und der Richter lobt die Handschrift von Verteidiger F. Der Staatsanwalt sieht keinen Bedarf die Zeugen zu vernehmen. Zum Thema Rückgabe der Fahrerlaubnis habe das OVG „einen Schlussstrich“ gezogen. Anwalt F erklärt, dass es um den subjektiven Tatbestand ginge, hier läge eine Irrtumskonstellation vor, sein Mandat habe geglaubt, dass er fahren dürfe (Da Fahren ohne Fahrerlaubnis aber auch fahrlässig strafbar ist, spielt das höchstens bei der Strafzumessung eine Rolle).
Peter fängt dann noch mit dem Führerschein aus Paraguay an. Der Vorsitzende weiß von einem solchen nichts. Anwalt F erklärt, dass der Richter doch das andere Urteil des LG Dessau kennen würde (Das hatte der Richter am 3. Verhandlungstag auszugsweise verlesen). Der Richter unterbricht ihn und sagt, dass er hunderte Urteile kennen würde, die nix mit diesem Fall zu tun hätten.
Peter fragt nach einer Kopie der beiden ablehnenden Beschlüsse zu seinen Anträgen. Der Vorsitzende sagt ihm, dass er die zusammen mit dem Protokoll bekommen würde. Peter ist nicht zufrieden. Der Vorsitzende grinst und reicht ihm und dem Staatsanwalt zwei Bögen Papier. Er erklärt, dass er ja wisse, dass Peter gerne alles veröffentlicht, der würde ja aufpassen und zuhören, daher habe er ihm Ausfertigungen der Beschlüsse gemacht. Ein netter Richter.
Es gibt weitere 45 Minuten Pause, in denen Peter seinen Beweisantrag zu Paraguay schreiben kann und das Gericht über die beiden Anträge seines Verteidigers berät. Nach der Pause verkündet das Gericht, dass es die beiden benannten Zeugen zum nächsten Termin laden wolle. Der Vorsitzende fragt nach, ob die Adresse von Rico noch aktuell sei. Peter erklärt, dass sie die gerade im Internet nachgeguckt haben. Das sei die Privatadresse von Rico, der Verteidiger ergänzt, dass es auch der Kanzleisitz sei und Peter fügt hinzu, dass dies noch so im Internet stehe, aber Rico die Kanzlei gewechselt hätte.
Der Vorsitzende möchte wissen, was nun mit Peters Beweisantrag ist. Peter überlegt, da ja die anderen Anträge bewilligt seien, würde er mit diesem noch warten wollen. Sein Verteidiger hatte ihn schon in der letzten Pause gestoppt, von Paraguay anzufangen. Der Richter lässt durchblicken, dass er sich diese Salamitaktik nicht lange mit ansehen und ggf. einen Termin festsetzen wird, bis zu dem Beweisanträge noch gestellt werden können. Verteidiger F mischt sich schnell ein und beschwichtigt den Richter. Falls dieser Beweisantrag doch noch gestellt werden sollte, dann wird er ihn so rechtzeitig vor dem nächsten Termin erhalten, dass dieser noch berücksichtigt werden könne.
Peter möchte noch über die Ansicht des Richters diskutieren, dass eine Sezession in Deutschland nicht zulässig wäre. Wie es denn sein könne, dass es Doktorarbeiten und Gutachten von deutschen Juristen (er breitet einen Berg Literatur auf dem Tisch vor sich aus) zu dem Thema gäbe, wenn eine Sezession doch gar nicht zulässig wäre. Der Vorsitzende verströstet ihn auf die Revision, da könne er das vorbringen. Das sei doch das schöne in einem Rechtsstaat, dass es da immer noch eine nächste Instanz gäbe. Schön ist das in diesem Fall vor allem für den Richter, der sich nicht mit der royalen Rechtsauffassung rumärgern muss.
Damit ist die Sitzung nach 2 Stunden, von denen fast eine Stunde Pause war, beendet. Weiter geht es am Donnerstag, den 12.12. um 9 Uhr im Raum 28. Wenn alles gut läuft, dann könnte es da sogar das Urteil geben.
Auf dem Weg zum Parkplatz schwallt Peter seinen Anwalt noch voll. Er könne nicht verstehen, wie der Richter sagen könne, dass eine Sezession nicht möglich sei. Er hätte Gutachten, er würde das System einfach nicht verstehen, das sei alles nicht richtig …
Der Verteidiger erträgt den imposanten imperialen Wutausbruch mit stoischer Ruhe.