das Wort zum Sonntag: Es dürften noch Chancen bestehen, dass es vielleicht nicht zu einer Anrechnung der U-Haft kommt:
1. Zunächst ist eine U-Haft nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sich später herausstellt, dass der Inhaftierte tatsächlich unschuldig ist. Zwar sieht das StrEG eine Entschädigung vor (§ 2), wenn jemand in U-Haft saß und (u.a.) das Verfahren eingestellt wurde. Dem zugrunde liegt aber die Unschuldsvermutung. Es wird daher ausdrücklich an die "unschuldig", nicht aber die "rechtswidrig" erlittene U-Haft angeknüpft (Details bei I. Killinger, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigung 39, 2015, S. 247 f.). Ob die U-Haft rechtswidrig war, hängt allein davon ab, ob die Voraussetzungen der U-Haft vorlagen, weil der Betroffene einer Tat hinreichend verdächtig war etc. Bei (wie hier) einer Einstellung aufgrund einer Ermessensentscheidung gibt es zudem nicht einmal automatisch eine Entschädigung, sondern nur dann, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 3 StrEG).
2. § 51 StGB sieht grundsätzlich nur die Anrechnung einer U-Haft vor, wenn die Tat "Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist". Selbst in diesem Falle kann das Gericht anordnen, "daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist".
a) Ea gibt danach jedenfalls keinen Automatismus der Anrechnung der U-Haft in einem anderen Verfahren. Es besteht zudem kein Zusammenhang zwischen Unschuldsvermutung und Anrechnung der U-Haft in dem Verfahren, für das die Unschuldsvermutung gilt. Strafpozessual (genauso wie polizeirechtlich) kann durchaus gewürdigt werden, das bei einer Einstellung nach § 154 StPO lediglich Opportunitätszwecke verfolgt werden und die Frage der Strafbarkeit unbeschadet der Unschuldsvermutung "offen" ist.
b) Auf dieser Grundlage lässt sich vertreten, dass angesichts der Kombination aus Hybris und Beharrlichkeit, mit der hier der Verurteilte gegen die Rechtsordnung verstoßen hat, eine Vollstreckung der Haft zur Einwirkung auf den Betroffenen und mit Blick auf die Auswirkungen einer Entlassung auf das allgemeine Rechtsbewusstsein zu unterbleiben hat. In diesem Kontext bedarf es einer Gesamtwürdigung. Man merkt den Ausführungen der KRDler an, dass ihnen da jemand erklärt haben muss, woraus es ankommt, auch wenn sie es vielleicht nicht völlig verstanden haben.
aa) Die Argumentation, es habe sich bei den Straftaten um Provokationen zwecks Herbeiführung einer Auseinandersetzung der Justiz mit der "Staatsgründung" gehandelt, zielt erkennbar darauf ab, eine Art "berechtigtes" oder "rechtliches" Interesse an der Klärung einer Rechtsfrage zu behaupten. Darauf sollte indes kein/e Richter/in reinfallen. Es ist offensichtlich, dass die ganze "Staatsgründung" umgekehrt dem Ziel diente, sich gerade der Rechtsordnung wegen Ärgers mit der Justiz zu entziehen. Außerdem ist niemand gezwungen, Straftaten zu begehen, um eine Rechtsfrage zu klären und kann niemand klaren Verstandes annehmen, dass sich die Rechtsfrage der Wirksamkeit einer Staatsgründung auf dem Gebiet der Bundesrepublik ernsthaft stellt (okay, schwaches Argument, wegen der Prämisse des "klaren Verstandes").
bb) In diesen Zusammenhang gehört auch die Behauptung, seine königliche Hoheit habe die Ladung zum Haftantritt (Haftbefehle werden nicht zugestellt) nicht erhalten. Das Nichterscheinen zum Haftantritt ist eine Obliegenheitsverletzung, die Nachteile haben kann (zB Hafterleichterungen wie "Freigang" etc.). Das kann sich daher auch bei der Entscheidung über eine Anrechnung der U-Haft auswirken. Wenn die Ladung zum Haftantritt den Verurteilten nicht erreicht, weil er den Zugang vereitelt (falsche oder fehlende Adressangabe, Briefkasten abgeschraubt), wird ihm das aber auch nicht helfen.
cc) Der Rest ist (ebenfalls) "heiße Luft". Natürlich kann sich jeder, wenn er möchte, für eine "pharmalobbyfreie Gesundheitsversorgung" einsetzen. Das ist nicht der Punkt, auf den die StA zielt. Vielmehr geht es darum, ob der Verurteilte sein Treiben zu Lasten Dritter fortzusetzen droht. Und dass er dies - wenn auch künftig in noch unklarer anderer Weise - beabsichtigt, geben die Erklärungen des KRD zu erkennen.
Fazit: Drinnelassen!