Da ist man mal ein paar Tage krank - und schon geht hier die Post ab. Nach der Lektüre Eurer Kommentare ging es gleich viel besser. Selten so gelacht. Danke!
Eigentlich ist es ja eher zum Weinen, weil der Text doch nur zeigt, dass Fitzen die Zeit im Knast zu vielem genutzt haben mag, nur nicht als Anlass zur Selbstkritik verstanden hat. Im Gegenteil. Irgendwie betätigt das alles offenbar seine Weltsicht. Das Schreiben ist einmal mehr eine schriftliche Demonstration des Sozialdarwinismus Fitzekscher Prägung. Wie viel Personen sind es eigentlich, die in diesem Pamphlet in gewohnter Manier herabgewürdigt werden? Sogar der Pflichtverteidiger wird abgewatscht (S. 17). Wo, wie bei Frau Z., keine körperlichen Defizite herhalten können, sind es die "Verstandes"- oder "Herzensqualitäten", die zum Abqualifizieren herangezogen werden. Der Vorteil daran ist, dass diese frei interpretierbar sind, ganz nach dem Geschmack des Fuselzars, der so gerne die Deutungshoheit über alles hat. Immerhin teilweise findet Schwester B. Gnade vor den gestrengen Augen des obersten Selbstsüchtigen, der sie als "wissend" bezeichnet, weil sie ihn eingangs des Gottesdienstes am Klavier klimpern ließ (S. 13). Das wirkte angeblich beruhigend auf die Gefangenen, hat aber doch wohl nur den einen Zweck erfüllen sollen: sich selbst mal wieder vor anderen produzieren zu dürfen. Mit der Erlaubnis dazu stieg Schwester B. in Fitzeks Ansehen, zumindest ein wenig. Ihre Bibelauslegung geht natürlich völlig an der tatsächlichen Botschaft vorbei - sagt der Chefexeget.
Wenn man der Umwelt dermaßen begegnet, muss an sich nicht wundern, wenn einem Ablehnung entgegenschlägt und man von allen Gemeinschaftsveranstaltungen ausgeschlossen wird. Der Ausschluss vom Gottesdienst lässt erahnen, wie er versucht hat, diese Veranstaltung zu übernehmen. Welcher Argumente er sich dabei bediente, kann man sich lebhaft vorstellen. Das war sicher großes Kino für die übrigen Teilnehmer, spätestens dann, wenn er sich zur Begründung für seine Argumente auf seinen Status als Gottessohn berief. Der dürfte dort jedem gehörig auf den Zeiger gehen - da ist ganz sicher nichts mit der Bewunderung und Ehrfurcht, mit der ihm angeblich Wachpersonal und Mithäftlinge begegneten, die sich bei ihm gute Ratschläge abgeholt haben sollen, wie es aus dem Umfeld des KRD ja einmal hieß. Dass sie ihn, wie in diesem Zusammenhang ebenfalls bemerkt, als "Graf von Monte Christo" bezeichneten, ist zweifellos spöttisch gemeint gewesen - nur Fitzek merkt das nicht. Für die Zulassung zum Filmabend machen sie ja vielleicht mal eine Ausnahme, wenn sie eine Verfilmung von Dumas' Roman zeigen. Dass ihm dann etwas dämmert, ist allerdings zweifelhaft.
Denn nun schon 18 Monate Haft haben offenbar nichts bewirkt. Der Größenwahn ist ungebrochen: noch immer handele er, so Fitzek, so, "als ob alles, auch das Schicksal der Welt, vom Beschwerdeführer abhängen würde" (S. 25 unten). Weiterhin gibt er sich manipulativ, macht all das zum Instrument der Durchsetzung eigener Vorstellungen, was ihm zupasskommt. Natürlich will er keine Person angreifen (so S. 21 und 25), putzt aber munter jeden runter, der ihm beim Schreiben in den Sinn kam. Seine Beziehung zur Mutter, die er lauthals und öffentlich als "mangelhafte" Person verunglimpfte, wird nun als "andauerndes liebendes Verhältnis" beschrieben (S. 27). Ihr Gesundheitszustand wird ebenso wie der seines Sohnes (S. 28) benutzt, um Mitleid zu heischen; in der Ankündigung, diesem helfen zu wollen, blitzt wieder der medizinische Größenwahn auf, der Teil seiner Ideologie ist. Geradezu grotesk wirkt es angesichts der erkennbar auf Eigennutz zielenden Argumentation, wenn man dann unchristliches Verhalten anderer bemängelt oder den Beginn der "Geschichte des Christentums" einfordert (S. 26).
Die permanente Definition der Mitmenschen über ihre angeblichen Defizite und deren Grad bezeugen, wie stark die empathische Verkümmerung schon in Fitzeks Wesen eingesunken ist. Für Leute, die ihm nahestehen, muss die Lektüre dieses Pamphlets mehr als enttäuschend sein. Im Grunde verbietet es sich in seinem Fall, eine Sozialprognose zu stellen: weil es "sozial" für diesen Vollhorst nicht gibt. 29 Seiten, die eine deutliche Sprache sprechen: Ich. Ich! Ich!!!