Nett ist ja auch die Behauptung, dass die Schwarze Hand teilweise Terrororganisation, teilweise der offizielle Geheimdienst gewesen sei. Für das Attentat auf Franz Ferdinand und seine Frau war aber die bosnische Organisation "Junges Bosnien" (Mlada Bosna) verantwortlich. Vom eigentlichen Attentäter Princip ist überliefert, dass er am Grab eines anderen bosnischen Attentäters geschworen habe, Franz Ferdinand zu töten. Das mag im Nachhinein aufgebauscht oder auch erfunden sein, doch fest steht, dass die Initiative zu dem Attentat aus Bosnien kam, nicht aus Serbien.
Mit der serbischen Regierung verbunden war das Attentat im Wesentlichen über den damaligen Chef des Geheimdienstes, Dragutin Dimitrijevic, der meist "Apis" genannt wurde. Dieser gehörte zugleich der "Schwarzen Hand" an. Er agierte jedoch nicht selbst, sondern durch zwei Untergebene, die dien bosnischen Gymnasiasten und Schulabbrecher ausbildeten und bewaffneten, ihnen auch Zyankali und etwas Geld gaben. Woher die Waffen stammten, ist nicht mehr zu klären. Sie stammten ursprünglich wohl aus der serbischen Armee, doch gab es viele ehemalige Armeewaffen in Privatbesitz ehemaliger Soldaten. Das Zyankali stammte wohl aus Resten von Geheimdienstbeständen, es wirkte nicht mehr, wie sich nach dem Attentat zeigte.
Bei den Vorbereitungen des Attentats in Serbien wurde seitens "Apis" darauf geachtet, dass es keine offizielle Beteiligung der Regierung bzw. des Geheimdienstes gab.
Dennoch wussten zumindest einige Mitglieder der serbischen Regierung, darunter der Ministerpräsident, dass ein Attentat vorbereitet wurde. Der serbische Ministerpräsident hat dann auch veranlasst, dass der serbische Botschafter in Wien vage Warnungen weitergab, die aber nicht ernst genommen, nicht verstanden oder bewusst ignoriert wurden. Franz Ferdinand hatte in Österreich-Ungarn nicht nur Freunde, weshalb es durchaus denkbar ist, dass zumindest einige der Verantwortlichen ihn "ins Messer" (oder eher: in die Kugel) laufen lassen wollten. Die Vorbereitungen zu seinem Besuch in Sarajevo zeigen allerdings eine nach heutigen Vorstellungen grenzenlose Sorglosigkeit, was die Sicherheit des Thronfolgers anging. Franz Ferdinand selbst hat sich ebenfalls, wie der Verlauf des Geschehens zwischen dem ersten Attentatsversuch und dem zweiten, erfolgreichen Attentat zeigt, aus "soldatischer Ehre" heraus gegen etwaige Sicherheitsvorkehrungen gestellt. Eine Absage des geplanten Besuchs oder strikte Sicherheitsvorkehrungen wären ihm wohl als "Zurückweichen vor der Gefahr" vorgekommen. Kurz: Der Erfolg des Attentats beruhte auch auf der Sorglosigkeit der Österreicher und namentlich des Thronfolgers selbst.
Auch wenn die genauen Hintergründe und Einzelheiten der Vorbereitungen des Attentats bis heute nicht völlig geklärt werden konnten, ist es jedenfalls verfehlt zu behaupten, dass es vom serbischen Staat, der serbischen Regierung oder dem serbischen Geheimdienst als Organisation geplant, in Auftrag gegeben oder vorbereitet wurde. Dass einzelne staatliche Funktionäre mitwirkten, steht auf einem anderen Blatt. Es käme wohl heute niemandem in den Sinn, einen ganzen Staat mit Krieg zu überziehen, nur weil ein Beamter dieses Staates ein Verbrechen, das zugleich ein Dienstvergehen war, begangen hat.
Was nun die "Vermittlung" angeht, so hat das Deutsche Reich bzw. dessen Führung wohl kaum irgendetwas "vermittelt". Eher kann man behaupten, dass Berlin Wien noch ermutigt habe. Auch die anderen Staaten haben sich nicht gerade als Vermittler hervorgetan. Allein der britische Außenminister Grey hat am ehesten zu vermitteln versucht, wobei seine Versuche schon am weitgehenden Desinteresse der anderen Staaten scheiterten. Ob er mehr hätte tun können, ist bis heute umstritten. Immerhin muss man ihm zubilligen, dass er wenigstens zu vermitteln versucht hat.