Ich seh das aus Sicht des Konsumenten.
Eine facebook-Seite ist für mich (wie) ein Produkt.
Oder eine Marke.
Ich erwarte, das vorzufinden, was auf der Packung steht.
Wenn das Profil sich so verändert/erweitert, dass es sich von dem entfernt, was mich übersprünglich drauf gestossen hat, verlier ich schon mal das Interesse.
Es gibt andere Angebote, alles ist nur einen klick entfernt.
Ich hab da für mich (das ist alles subjektiv) Beispiele von Satire-Seiten.
Die eine nennen ich: Hooligans gegen Satzbau. Die andere nenne ich nicht. Die ist sicher für den oder anderen hier geschmacklos. Aber an beiden hab ich das Interesse verloren, ich zeigs mal am Beispiel "Hooligans".
Ich fand die HoGeSa-Seite super. Satire nach meinem Geschmack. Ich liebe Sprache, ich fand die Auseinandesetzung der HoGeSas sehr originell, intelligent, eine grandiose Idee. So eindeutig und einleuchtend, entlarvend und wunderbar authentisch, so dass man die Zitate dort für sich selbst sprechen lassen konnte. Das war für mich der Kern.
Satire lebt davon, dass man nicht alles ausdrücklich ausspricht, nicht alles klarstellt usw.
Irgendwann las ich da einfach zuviel (aus meiner Sicht) satirefernen, ernsten Content, der eigentlich redundant war - denn die ganze Seite ist von der Anlage her ziemlich eindeutig anti-rechts. Das dann auch noch ausdrücklich auszusprechen hat mich ermüdet, nahm für mich die Spannung, kalt gesagt: enttäuschte meine Erwartung dem Produkt gegenüber, und ich war da ewig nicht mehr, weil mich das einfach nur genervt hat eigentlich völlig Selbstverständliches zu lesen. Mir ne Haltung vorzubuchstabieren, wo ich es doch so geil fand, dass das indirekter lief.
Da ist dieses Problem, das findet sich auch bei anderen (und interessanterweise gibt es das auch auf der Gegenseite...):
dass man entweder das, was man macht, versucht besser zu machen.
Oder zu dem, was man macht, zusätzlich noch was anderes zu machen.
Ich denke, das ist wirklich ein Problem, grundsätzlich, und es ist ein Grund warum "wir" nicht so schlagkräftig sind wie wir sein könnten.
Aber das ist eine ander Baustelle.
Ein Punkt bei der Reichsbürger-Aufklärerei ist mMn ua.:
sie soll eigentlich auch Leute ansprechen, mit denen man überhaupt nicht reden will. Es ist überparteilich. Es richtet sich gegen ein Ideengebilde, nicht gegen eine Partei oder pol. Richtung (in ihrem eigenen Verständnis mögen manche unserer Kundschaft sich sogar links einordnen, und diese Überzeugung kann man ihnen nicht aus dem Kopf reissen; das ist nunmal das Material, mit dem man arbeiten muss). Ich möchte, dass die Sachaufklärung möglichst breit streut, ein möglichst grosses Publikum findet, die Heterogenität "unserer" Gruppe eben auch nach aussen abbildet. Bei uns gibts wohl Anti-Fa-Aktivisten, für die der Reichsbürger-Komplex sich als Aspekt ihres dementsprechenden Engagements einordnet. Aber sicher auch Konservative, die von einer anderen Richtung kommen. Wahrscheinlich könnten sich SSLer über andere Themen extrem heiss zoffen. In der Regel ist man so klug, sowas auszusparen. Ich war zweimal im TS, beim zweiten mal gabs eine "Grundsatzdiskussion", die zwar unfreiwillig komisch für mich war - aber da dacht ich mir, da lauf ich nicht mehr auf. Es gibt Sachen, die muss ich über meine "Mitstreiter" gar nicht wissen.
Die Heterogenität ist ein Vorteil!
Es erschwert es, "unsere" Sache auf eine politische Richtung zu reduzieren, damit als Projektionsfläche anderer oder gleicher pol. Richtungen zu dienen und somit von unserem Inhalt auf andere Inhalte abzulenken.
Damit begrenzt man die Reichweite. Das Ziel aber sollte sein, die Reichweite so gross zu machen wie es geht.
Das heisst auch: "unser" Angebot richtet sich auch an AFD-Anhänger, die von reichsbürgerlichem Unsinn genervt sind, vielleicht sogar betroffen. Käme es soweit, dass ein solche AFDler nicht seine Stimme erhebt, weil er befürchten muss damit (aus Sicht seiner Parteikollegen) eine andere politische Richtung zu unterstützen statt einfach nur gegen wirklich schädliche Pseudo-Juristerei zu sprechen, wäre das deswegen kontraproduktiv weil gerade da eine Stimme fehlt, wo sie eventuell mehr Sinn macht und was bewirken kann, als in der Studenten-WG mit Che-Guevara-Poster an der Wand.
Ich kämpfe gegen eine Idee, eine Fehlvorstellung, eine Verschwörungstheorie.
Nicht gegen Menschen. Nicht gegen Parteien oder für Parteien.
Das kann ich in einem anderen Rahmen, aber in diesem hier tue ich es nicht.
Ich denke, es ist sinnvoll gegen die Reichsbürgerei eine möglichst breite Koalition zu haben.
Diese Ideen richten sich gegen die Gesellschaftsordnung an sich.
Diese Gesellschaft besteht auch aus AFDlern und AFD-Wählern.
Ich trolle in diesem Umfeld selbst und gerne. Aber nicht unter der SSL-Flagge.
Eine überparteiliche Auseinandersetzung mit Reichsbürgern bedeutet, dass man der Sache zuliebe Kompromisse macht.
Wenn AFDler reichsbürgerliches Gedankengut pflegen, ist das unser Thema.
Ansonsten über die zu berichten ist, finde ich, nicht geschickt.
Ich kann mich als Person auch gegen rechts engagieren, aber warum sollte ich das unter der Marke "SSL" tun?
Um auf den Anfang zurück zu kommen: ich mochte solche Ausweitungen als Konsument entsprechender Seiten nicht.
Nicht wegen der Tendenz, sondern weil es content gab, der mich angezogen hat und ich erwarte, bei Aufruf der Seite entsprechenden content vorzufinden.
Habe gerade nochmal bei HoGeSa vorbeigeschaut. Ging gut los, dann... G20 in Hamburg, Werbung, Trump... bin ich wieder weg. Mir würde es reichen, da einfach nur das vorzufinden, was auf der Packung steht. Den Rest... les ich eh überall, sofern es mich interessiert. Diese Vermischungen wirken auf mich unprofessionell. Und sie sind mMn im Prinzip sogar ein Teil des Problems, unsere Gesellschaft weiter zu polarisieren und Gräben zu vertiefen. Indem der Zugang zu Inhalten durch Verknüpfung mit anderen Inhalten begrenzt wird. Das macht für mich sowenig Sinn wie ein katholischer Zahnarzt, der deswegen nur Katholiken behandeln will.
Zahnschmerzen haben keine Konfession, und Anti-Reichsbürgertum ist nicht gleich Anti-Fa oder Anti-AFD. Es ist Anti-Reichsbürgertum, und jeder sollte sich angesprochen fühlen der in diesem Punkt zustimmt. Sowenig wie Reichsbürger rechts sind, ist die Auseinandersetzung damit links.
Ich vermisse wirklich bei vielen Anti-VT-Aktionen ein Profil.
Mir scheint, da gibts oft einen Ausgangspunkt, und mit der Zeit kommt da einfach alles mögliche dazu. Was sich evtl. gegenseitig behindert oder sich begrenzt oder die Durchschlagskraft mindert.
Da will der Clown auf einmal toternst sein und der Sachaufklärer auf einmal Pointen bringen. Unter der selben Marke.
Das ist in meinen Augen das Gegenteil eines Konzeptes.
Es riecht nach laienhaftem, sicher gutwilligem Aktionismus - für mich.
Das muss man selbst gar nicht merken, "Erfolg" kann man haben, das ist dann in absoluten Zahlen schön anzusehen.
Aber sein Potential trotzdem nicht verwirklichen.
Man bedient nur eine Schnittmenge an verschiedenen Nachfragen.
Wo jede einzelne Menge der Nachfragen natürlich grösser ist.
Im Zeitalter dieser Angebotsvielfalt, dieser riesigen Konkurrenz um Aufmerksamkeit die das Inet abbildet, ist es von Vorteil ein Profil zu haben. Das man pflegt und abgrenzt.
Das SSL-Profil ist in meinen Augen recht unscharf, aber so ist es nunmal, es funktioniert in seinem Rahmen. Wenn wir auch sehen, das die Reichsbürgerei sicher einer der erfolgreicheren VTs ist und wächst und wächst - erst W.P. hat das geändert, und die endlich stattfindende Reaktion staatlicherseits ist ernsthaft, seriös und ohne ironischen Unterton. Hat ein Profil.
Ich habe ein Interesse an einem SSL, das auch AFDler anspricht die gegen RBler aktiv werden wollen.
Es ist nichts für die Anti-RBler-Seite gewonnen, wenn man Leute abschreckt, die auf der eigenen Seite stehen weil man das mit Dingen verknüpft, die eigentlich sachferner sind und den Interessierten abschrecken.
Vielleicht 10% der Bevölkerung bei einer überparteilichen Aktion auszusperren, weil die eine andere Partei wählen als ich selbst, find ich strategisch daneben und gesellschaftlich kontraproduktiv - denkt man sich die Tendenz weiter, würden sich AFDler von den Anti-RBlern abgrenzen, weil die die weiter links stehen als man selbst. Nicht wegen des eigentlichen Themas.
So ein Schwachsinn hat sich der Beihilfe am Mord der Weimarer Republik schuldig gemacht.
Die Lage ist aus meiner Sicht zu ernst für sowas.
Ich denke, die Zukunft der Anti-VT-Bewegung allegemein liegt nicht in parteilpolitischer Abgrenzung.
Sondern darin, ein Profil, eine Marke zu haben und diese zu pflegen, zu verbessern und zu wissen, was man will.
Und wir kennen das Problem auch hier, dass die einen den Absturz eines RBlern mit Freude sehen und andere da einen Ansatz, über Hilfe eventuell auch Inhalt zu vermitteln. Wenn man das nicht zum grossen Thema oder Streitpunkt macht, geht das trotzdem irgendwie zusammen. Warum sollte man das mit einer politischen Einstellung nicht ähnlich handhaben?
Auch der Umweltschutzgedanke konnte erst schlagkräftig werden, als er keine "linke" Angelegenheit mehr war sondern ein Anliegen aller Teile der Gesellschaft.
Ich denke, es ist für die Sache besser und wichtiger, wenn man es entsprechenden AFDlern nicht erschwert, gegen Reichsbürgerei zu sein indem man diese Idee mit Anti-AFD-Haltungen verknüpft.
Kompromisse sind der Klebstoff der Demokratie. Die Essenz demokratischer Entscheidungen. Unser "System" ist auf Kompromiss ausgerichtet. Das ist eine seiner Stärken und eine seiner Schwächen.
Demokratiefeinden, seien sie links oder rechts, geht oft die Fähigkeit zum Kompromiss ab.
Ich würde mich eher mit einem AFDler zusammen setzen, der das know-how und die Fähigkeit und Motivation hat sich gegen RBler zu engagieren und der sich darauf in diesem Zusammenhang fokusiert, als mit einem Anti-Fa-Aktivisten, dem das know-how und die Fähigkeiten abgehen und der sich für "uns" engagiert, weil er das für ein Engagement "gegen rechts" hält.
Das ist es nämlich mMn nicht. "Unser" Thema geht über solche Dinge hinaus.
Es mag durchaus AFDler geben, die haben eine tiefere demokratische Gesinnung als ein Anti-Fa-Aktivist - und natürlich umgekehrt. So wie es Verschwörungstheorien gibt, die die Welt als Klassenkampf deuten und andere als Rassenkampf. Das ist für mich beides übersimplifiziert und ein irrationales Überzeugungssystem als Religionsersatz.
So - das sieht meinetwegen der ein oder andere hier anders.
Sollen wir und deswegen streiten? Wo man hier im entscheidenden Punkt einer Meinung ist?
Was wäre das für eine Kinderei...
Gegen die AFD zu agieren ist auf zahllosen Plattformen möglich. Ich trolle die auch, sehr gerne sogar.
Dann nagele ich mir eine andere Fahne an den Mast, es muss nicht alles SSL sein.
Das mag jetzt ein bisschen über das Thema hinausgeschossen sein, aber was solls.
Jedenfalls denke ich, man sollte da schon vorsichtig sein welches Profil man sich gibt bzw. sich bei anderen aufdrängt.
Ich bin gerne und in meinem Rahmen (daher eher selten) hier aktiv. Aber gegen die Ideen der RBler.
Gegen die AFD auch, aber nicht hier.
Mir ist feck-egal, wer hier was wählt.
Ich will nicht wissen, wo wir uns unterscheiden.
Mir kommts drauf an, was wir gemeinsam haben.