Nachfragen, warum sich das Verfahren so lange hinzieht, ist doch wohl kein Eingriff in richterliche Unabhängigkeit. Das Gericht soll ja lediglich die Gründe erklären. Wenn die Justizministerin Druck machen würde, das Verfahren endlich zum Abschluss zu bringen, könnte man das als Eingriff sehen.
Artikel 97 Abs. 1 des Grundgesetzes lautet:
„Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.“
Die Nachfrage, warum sich ein Verfahren so lange hinzieht, ist nach meinem Verständnis kein Eingriff in die Rechtsprechung, da hier nicht auf das Ergebnis des Verfahrens Einfluss geübt wird. Genau das soll ja durch die richterliche Unabhängigkeit gewährleistet sein.
Hinzu kommt, dass der Fall Haverbeck kein besonders schwierig gelagerter Fall ist. Sie hat wiederholt den Holocaust öffentlich geleugnet. So eine Sache dürfte bei dieser Klarheit innerhalb eines oder zwei Jahren abgeschlossen werden können, selbst, wenn Haverbeck Rechtsmittel ausschöpft. Mit einer wie auch immer gelagerten Kompliziertheit des Falls lässt es sich also kaum rechtfertigen, dass das Verfahren seit nunmehr fünf Jahren vor sich hindümpelt.
Laut Abendblatt gibt das Gericht sogar zu, dass sich das Verfahren zu lange hinzieht, verweist aber auf Umstände wie die Belastungssituation oder, dass andere Verfahren vorgezogen werden müssten.
Da könnte ich dem Gericht zugute halten, dass ein Verfahren auch mal drei Jahre dauert. Aber doch nicht fünf. Und es ist ja noch nicht mal terminiert worden.
Spoiler
Hamburg. In rechtsextremen Kreisen gilt sie schon als Ikone: Immer wieder hat Ursula Haverbeck den Holocaust geleugnet, spricht öffentlich von der Auschwitz-Lüge. Mehrfach ist die mittlerweile 88-Jährige bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Doch in Hamburg lässt eine rechtskräftige Verurteilung auf sich warten. Nachdem vom Amtsgericht Mitte gegen Haverbeck bereits im November 2015 eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung verhängt wurde und sie gegen die Verurteilung in Berufung ging, gab es noch immer keine Verhandlung in der zweiten Instanz. Bislang wurde der Prozess nicht einmal terminiert. Wegen einer überlangen Verfahrensdauer könnte es für die Angeklagte zu einem Strafnachlass kommen.
Haftsachen nehmen insgesamt zu
„Keine Frage, das Berufungsverfahren dauert zu lange. Das würden wir uns wirklich anders wünschen“, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen dazu. „Tatsächlich kommt es aber leider vor, dass einzelne Verfahren wie dieses immer wieder zurückgestellt werden müssen, weil andere Verfahren Vorrang haben.“ Das seien vor allem jene Verfahren, in denen sich die Angeklagten in Untersuchungshaft befänden. Solche Haftsachen nähmen insgesamt zu, und die Belastungssituation in den Berufungskammern sei seit geraumer Zeit sehr angespannt. Wantzen: „Das Landgericht hat jetzt reagieren können und zum 1. Februar eine Kleine Strafkammer zusätzlich besetzt. Von daher können wir damit rechnen, dass auch dieses Verfahren bald verhandelt werden kann.“ Der NDR hatte als Erstes über die lange Verfahrensdauer berichtet.
Haverbeck stand in Hamburg vor Gericht, weil sie am Rande des Prozesses gegen den mittlerweile verstorbenen SS-Mann Oskar Gröning in Lüneburg den Holocaust geleugnet hatte. Später hatte das NDR-Magazin „Panorama“ ein Interview mit Haverbeck geführt, in dem diese wiederholte, es habe sich bei Auschwitz um ein „Arbeits- und kein Vernichtungslager“ gehandelt. Im Prozess hatte die Unbelehrbare ihre Thesen wiederholt, gefeiert von etlichen Bewunderern.