Passt hier vielleicht besser.
Spoiler
Da ich, was Staatsgründungen angeht, völliger Laie bin, hier also meine Frage an anwesende Juristen oder, noch lieber, Therapeuten:
In einem Staatsgründungsprozesss hätte bei mir die Bestimmung von (letztendlich mich betreffenden) Ausnahmeregelungen für den Straßenverkehr eine Priorität, in etwa auf der Höhe der Festlegung, ob in Schulkantinen die Löffel links oder rechts vom Teller zu liegen hätten.
Kann es sein dass ich, im Gegensatz zu Peter, niemals einen eigenen Staat gründen könnte, weil mir schlicht die Erkenntnis für die dafür wirklich wichtigen Verordnungen und Gesetze fehlt?
Wie ich bereits vor einiger Zeit bemerkte, gibt es heute sehr wenige Gelegenheiten, noch neue Staaten zu gründen, weil die Erdoberfläche weitestgehend von den Territorien von Staaten bedeckt ist. Somit kommen heute eigentlich nur folgende Szenarien ernsthaft in Frage:
1.) Zwei oder mehr Staaten schließen sich zu einem neuen Staat zusammen. Dann gibt es aber bereits Vorläufer-Staaten mit Behörden, die sich wohl auf einer Konferenz treffen, die Strukturen eines neuen Staates entwerfen und eine Verfassung entweder selbst schreiben oder in Auftrag geben. Darin werden dann entsprechende Überleitungsregeln festgesetzt, z. B. indem bestehende Organe Funktionen des neuen Staates übernehmen oder aber indem die bestehenden Staaten anteilig jeweils Vertreter für die neu zu bildenden Organe wählen.
2.) Ein bestehender Staat wird in zwei oder mehr neue Staaten aufgeteilt. Dieser Prozess ist in der jüngsten Vergangenheit mehrfach vorgefallen. Dabei haben jeweils dem bisherigen Staat untergeordnete staatliche Einheiten und deren Organe die Funktionen zusätzlich übernommen, die der bisher übergeordneten Einheit oblagen. Das geschah, so weit ich sehe, ausnahmslos in jedem dieser Fälle.
3.) In einem Staat ist das staatliche Leben zusammengebrochen, weshalb es neu aufgebaut werden muss. Das war im Grunde die Lage Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg, aber so ähnlich sieht es etwa auch in Somalia aus. Dann übernimmt entweder eine äußere Macht die Aufgabe der Überleitung (Deutschland, aber auch jüngst etwa Irak), oder aber es bilden sich lokale Machtzentren wie in Somalia, die entweder in eigene Staaten münden oder die irgendwann zusammen einen neuen Gesamtstaat bilden (was in Somalia noch nicht gelungen ist).
Im Grunde können neue Staaten heute nur noch durch Transformation aus bestehenden Staaten hervorgehen, eine völlige Neugründung ist nicht möglich.
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Da habe ich mich anscheinend etwas unklar ausgedrückt? Nein, natürlich hege ich keine diesbezüglichen Absichten.
Wer sich ernsthaft mit der Bundesrepublik auseinandersetzt dürfte schnell feststellen, dass, weder im historischen noch aktuellen Vergleich, die Alternativen zu dieser allzu dicht gesät sind. Im Einzelfall mag mich ein im demokratischen Prozess entstandener Kompromiss vielleicht stören- niemand aber hindert mich daran, aktiv an einer Veränderung zu arbeiten.
Wenn sich an meinem Haus lediglich ein Ziegel gelöst hat, bestelle ich nicht gleich eine Abrissbirne um in Folge ein neues zu errichten.
Womit wir schon bei Fitze wären, genauer, bei dessen unfreiwilliger Komik. Gerade damit beschäftigt, die, zum richten meines Ziegels, benötigte Leiter aus der Garage zu holen, geschieht es: Von niemanden bestellt, blind für die Qualitäten und Vorzüge meines Hauses, taub für meine Wünsche, steht er plötzlich neben mir. Seinem irgendwie endlos dahingenuscheltem Monolog entnehme ich, dass hier ein Neubau wohl unumgänglich sei. Totalschaden. Aha. Ein Experte. Soso. Kleine Ursache, große Wirkung. Verstehe.
Ohne weiteres Nachfragen meinerseits erfahre ich von den Qualifikationen, die ihn zur messerscharfen Analyse der Situation befähigten. Hhm. Nun ja. Auch ich bin
kein gelernter Dachdecker und habe einiges gelesen, aber-
Was zur Hölle haben Satan, ein Dachzigel-Kartell,eine Bank; die Herren Shilo und Rothschild sowie eine Abrissbirne mit einem verschobenen Ziegel zu tun, der, mit ein wenig zielgerichteter Eigeninitiative, schnell gerichtet ist?
Gut gelaunt die Leiter herabsteigend, der Ziegel sitzt wieder, frage ich spaßeshalber, ob es den schon konkrete Pläne für mein neues Haus gäbe.
Meine leise Hoffnung, dass sich mein Besucher durch eine freundliche Ansprache vielleicht ermutigt fühlen könnte seine bisher tief in den Taschen vergrabenen Hände wenigstens jetzt, nachdem die Hauptarbeit erledigt ist, aus diesen zu nehmen, erweist sich als Trugschluss.
Anpacken ist wohl nicht so sein Ding- Egal, verstaut bekomme ich die Leiter auch allein.
Reden scheint da schon eher sein Metier zu sein.
Weder mein deutlich schräger Blick auf seine Bekleidung, in seinen Gefilden vermutlich Ausdruck für Kompetenz in Sachen Dachdeckerei und Architektur, noch die in meiner Frage mitschwingende Ironie können ihn jetzt noch bremsen.
Bereits nach zwei Sätzen schwirrt mir der Kopf, auf sachliche Einwände verzichte ich dennoch, denn gerade erregt ein, offensichtlich von meinem ungebetenen Besucher in der Einfahrt geparktes, Fahrzeug meine Aufmerksamkeit.
In der Dämmerung kaum zu erkennen, könnte das nicht ein...
Während ich nachdenke, reißt mich die Stimme Fitzes zurück in die Gegenwart. Er redet immer noch unverdrossen über seinen Entwurf meines neuen Hauses. Anscheinend handelt es sich um eine eine kafkaeske, irrwitzig verzerrte Kopie des alten, irgendwie vermischt mit den Fieberträumen eines pubertierenden. Statik? Fehlanzeige. Sinnvolle Raumaufteilung? Geschenkt; Ver- und Entsorgung? Völlig überbewertet, sollte schon irgendwie auch so gehen...nuschel..nuschel...imprinzipundbeispielsnuschel...
Ich kann nicht mehr zuhören. Das Bild eines sabbernden fünfjährigen auf Speed, der verzweifelt versucht eine schwebende Raumschiff- Sandburg samt Einhornbesatzung und Glückskanonen zu errichten, nimmt einfach zu viel Raum in meinem Kopf ein. Dass er seine Sandburg durch stakkatohaftes hochschleudern von Subsidiaritätskörnchen, in der Luft, also quasi aus und im Nichts, entstehen lassen will, nehme ich kaum noch zur Kenntnis.
Da ist sie wieder, seine Stimme-
Eine offenbar im ersten Bauabschnitt zu errichtende Führerscheinstelle lässt mich noch einmal kurz aufhorchen. Komisch, die war doch bisher im Rathaus untergebracht. Warum soll die jetzt in mein Wohnzimmer integriert werden? Immerhin, sie scheint eine etwas sinnhaftere Planung als der Rest erfahren zu haben, sogar kleinste Details, etwa ein Regal für grüne Warnleuchten, wurden berücksichtigt. Interessant.
Grüne Warnleuchten. Die erfüllen anscheinend einen wichtigen Zweck. Leider ist mir dieser entfallen.
Während die Stimme Peters in meinen Ohren schon wieder leiser wird, durchzuckt es mich.
Schlagartig ergibt alles Sinn.
Lockerer Dachziegel? Totalschaden? Eigenwillige Kleiderwahl? Verworrene Gedanken? Abrissbirne?
Natürlich! Kein Wunder, dass ich kaum folgen konnte. Dem armen Mann muss in der Vergangenheit fürchterliches widerfahren sein.
Meinen herbeigeeilten Nachbarn geben mir inzwischen durch Zeichen zu verstehen: Hilfe ist bereits unterwegs, gut so. Obwohl, einen wirklich gefährlichen Eindruck macht er ja nicht. Peter wird, unbeirrt und monologisierend, von zwei fürsorglichen Personen in einen Transporter geleitet. Ob Polizei- oder Krankenwagen nehme ich nicht mehr wahr, eine dringende Frage gilt es jetzt noch zu klären.
Ich hatte mich getäuscht: Ein tiefer gelegter Manta mit Fuchsschwanz ist es nicht. Schade, hätte trefflich das Bild abgerundet.