Landgericht Halle (Saale)
Über das Leben und Wirken seiner imperialen Piffeligkeit mag man denken was man will. Aber seine Geburtsstadt lässt sich nicht lumpen und wird über ihn in einem Ambiente richten, das seinen stets höchstfliegenden Plänen und seiner rückwärtsgewandten Kitschigkeit mehr als angemessen ist. Das Landgericht Halle (Saale) ist ein monumentaler Prachtbau von verwunschener Ziseliertheit an dem es mehr zu entdecken gibt als man ahnen kann:
Justitia mit der Waage der Gerechtigkeit und dem Richtschwert thront über allem. Und während die Dame rechts in einer Ausgabe der Verfassung des Königreichs Deutschland zu schmökern scheint versinnbildlicht die Dame am linken Rand mit dem Handspiegel vermutlich Fitzeks Eitelkeit. Die fröhlichen Gesellen mit den Keulen deren Muskeln sich spannen scheinen mit Wasserpflanzen umrankte Wiedergänger des Neptun zu sein, die vermutlich belegen, dass schon im Jahre 1905, als der Bau fertiggestellt wurde, das Seerecht in die deutsche Gerichtsbarkeit Einzug gehalten hatte.
Links hinter Justitia sind übrigens die vier Türme der auch üppig eingerichteten Marktkirche von Halle zu sehen. Die Kirche in der Händel getauft wurde, deren Orgel von Bach eingeweiht wurde und in der Luther einst predigte sowie seine Totenmaske liegt. Eher der Moderne geschuldet sind die nicht zwingend schmückenden Drähte zur Taubenabwehr. Und die Haarfarbe der Dame passt auch nicht in das Beuteschema des Hallodri aus Wittenberg aber das ist vermutlich auch besser so.
Als deutlichere Hommage der Vorhersehung an die Fabulierkünste des Obersouveränen darf man werten, dass sich unter den vielen Köpfen, die innen und außen auf dem Bauwerk prangen, auch der Kopf des begnadeten Märchenerzählers Jakob Grimm befindet. In einer Reihe mit den Justizreformern Svarez und Thomasius. Wenigstens daraus mag Fitzek vielleicht etwas Hoffnung schöpfen.
Ob Fitzek sich aber mit den eher übellaunig dreinschauenden Reichskrähen, die über dem Eingang thronen, anfreunden kann, darf bezweifelt werden. Und ich glaube auch nicht, dass dem Umstürzler und Großreformator die zentrale Botschaft "Recht muss Recht bleiben" gefällt. Wenigstens kann er rechts und links über den Raben seltsame Fischwesen entdecken, die sicher wieder auf dieses furchtbare Seerecht hindeuten.
Spätetens im Innern des Gebäudes dürften Fitzek aber die Augen übergehen. Ist denn das nicht genau die Pracht und Herrlichkeit von der er immer geträumt hat? Eine überbordende Fülle in majestätischen Dimensionen und einer Farbgebung, die nur von der kunstunverständigen halleschen Bevölkerung abschätzig als "Villa Kunterbunt" bezeichnet wird. Was aber auch einem Angeklagten angemessen ist dessen zentrales Thema immer schon lautete: "Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt."
Ein Blick über das Geländer versinnbildlicht jedem Delinquenten allemal wie tief man fallen kann:
Und ein Blick nach oben zeigt, dass etliche Gemeinden ganz ohne König und Reich in der Lage sind ihre Wappen durchaus eindrucksvoll zur Geltung zu bringen. Wobei all dieser Prunk und Pomp auch einen Fitzek zweifeln lassen dürfte, ob all die Gemeinden denn wirklich so arg verschuldet sind wie er es immer gern verkündet.