Einen schönen Abend den Sonnenstaatlern, ich trinke mir noch einen Schlummertrunk und lese hier ein bischen und dann muss ich in die Heia.
Keine Geduld die Jugend von heute. Du willst doch eine fundierte Antwort, das dauert nun einmal. Ich will ja nicht so eine wisachwaschi-Antwort geben wie die Bundesoma. Also zwei Problemfelder habe ich dem Video entnehmen können:
1. Fehlender Friendesvertrag
2. Mauscheleien beim G10-Gesetz
Zu 1.)
Da ist alles gesagt, das Thema hatten wir schon x-mal im Forum durchgekaut und in Vorwärts in die Vergangenheit steht dazu auch einiges. Das scheint mir auf eine Glaubensfrage hinauszulaufen. Man kann glauben, dass der 2+4 Vertrag ein Friedensvertrag ist oder man kann glauben dass er es nicht ist. Beide Seiten arbeiten mit Axiomen, die die andere Seite nicht akzeptiert, daher geht das in die Richtung des Beweises "Es gibt Gott" bzw. "Es gibt Gott nicht"
Ich versuche es mal anders. Es gibt Friedensverträge im materiellen Sinne und es gibt Friedensverträge im formellen Sinne. Ein Friendesvertrag im formellen Sinne trägt den Titel "Friedensvertrag". Das ist vorliegend beim 2+4 Vertrag nicht der Fall. Beim 2+4 Vertrag handelt es sich demnach nicht um einen
Friedensvertrag im formellen SinnDer 2+4 Vertrag könnte aber ein Friedensvertrag im materiellen Sinne sein. Dazu müssten in ihm die typischen Dinge geregelt sein, die in einem Freidensvertrag vorkommen. Ein Friedensvertrag ist die schriftliche Fixierung von Fragen der territorialen Souveränität, der künftigen Gestaltung der multilateralen Beziehungen, Art und Umfang von Entschädigungsansprüchen sowie der Neuordnung der Streitkräfte. All diese Fragen werden im 2+4 Vertrag sowie den Zusatzabkommen dazu, z.B. deutsch-polnischer Grenzvertrag geregelt. Beim 2+4 Vertrag handelt es sich also um einen
Friedensvertrag im materiellen Sinn.
Ob nun nur ein Friedensvertrag im formellen Sinn ein "richtiger" Friedensvertrag ist oder ob ein Friedensvertrag im materiellen Sinn ausreicht ist dann eine Glaubensfrage.
Zu 2.)
Das G10-Gesetz ist das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses und heißt so, weil es den Artikel 10 des Grundgesetzes einschränkt. Geregelt werden hier die Befugnisse der Lands- und Bundesämter für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes bei der Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikationsverkehr sowie das Öffnen von Briefsendungen. Die strafprozessualen Rechte der Polizei zu diesem Thema sind nicht Gegenstand des G10-Gesetzes sondern der Strafprozessordnung. Um diese soll es hier nicht gehen.
Wesentlich für den Diskussionspunkt in dem Video sind die §§ 5 und 7a G10-Gesetz. Das Gesetz spricht von "Beschränkungen" und meint damit Ermächtigungen für die Geheimdienste von Inhalten der Telekommunikation und Postseendungen Kenntnis zu nehmen. § 5 G10-Gesetz regelt die strategische Fernmeldekontrolle. Hierunter versteht man die systemamtische Kontrolle von internationalen Telekommunikationsverbindungen, sprich Auslandstelefongespräche und Internetverbindungen.
Im § 7a G10-Gesetz ist geregelt, welche der so erhaltenen Informationen an welche ausländischen Geheimdienste weitergegeben werden dürfen. Interessant ist hier die in den Absätzen 2 und 3 geregelte Übermittlung an NATO-Mitgliedsstaaten im Rahmen von Zusatzverträgen zum NATO-Truppenstatut, siehe
http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/index.htm . Hier greifen die von der Bundeskanzlerin angesprochenen Verträge. Entgegen der Regelungen in Absatz 1, bei denen das Bundeskanzleramt einer Übermittlung zustimmen muss, ist bei den Übermittlungen nach Absatz 2 die Zustimmung eines Volljuristen (Mitarbeiter des BND mit der Befähigung zum Richteramt) ausreichend.
Die von Frau Merkel angesprochene Verwaltungsvereinbarungen mit Großbritannien, Frankreich und den USA stammen von 1968/69 und wurden 2013 in beiderseitigem Einverständnis aufgehoben, siehe
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130806_G10_Frankreich.html und
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130802-G10Gesetz.htmlMan sieht, keine Geheimdiplomatie, gibt offizielle Presseerklärungen dazu.
Was war nun in diesen Zusatzabkommen geregelt? Siehe dazu ausführlich
http://www.internet-law.de/2013/10/darf-die-nsa-in-deutschland-die-telekommunikation-ueberwachen.htmlIm wesentlichen regelt Art. 3 Abs. 2 a)
Die in Absatz (1) vorgesehene Zusammenarbeit erstreckt sich insbesondere
(a) auf die Förderung und Wahrung der Sicherheit sowie den Schutz des Vermögens der Bundesrepublik, der Entsendestaaten und der Truppen, namentlich auf die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten, die für diese Zwecke von Bedeutung sind;
Auf diesen Absatz bezieht sich das Buch von Josef Foschepoth
http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/historiker-josef-foschepoth-ueber-den-systematischen-bruch-des-postgeheimnisses-in-der-bundesrepubli--68953735.html mit dem diese Geschichte an die Öffentlichkeit kam. Kompeltt übersehen wurde aber bei der ganzen Diskussion der Art. 3 Abs. 3 b)
(b) Dieser Absatz verpflichtet eine Vertragspartei nicht zur Durchführung von Maßnahmen, die gegen ihre Gesetze verstoßen würden oder denen ihre überwiegenden Interessen am Schutz der Sicherheit des Staates oder der öffentlichen Sicherheit entgegenstehen.
Eine Befugnis zu Abhörmaßnahmen, die über die Reegelungen des G10-Gesetzes hinausgehen ergibt sich dadurch nicht.
Der interessantere Teil aber ist ein Passus, der sich in der Gesetzesbegründung (
http://dasalte.ccc.de/lobbying/laws/g10/20010125B.html) zum 2001 novelierten G10-Gesetz findet. In § 10 Abs. 4 des G10-Gesetztes von 2001 heißt es
(4) In den Fällen der §§ 5 und 8 sind die Suchbegriffe in der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über das Informationen gesammelt werden sollen, und die Übertragungswege, die der Beschränkung unterliegen, zu bezeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des § 5 darf dieser Anteil höchstens 20 vom Hundert betragen.
Hier ist also festgelegt, dass höchstens 20 % der internationalen Telekommunikation überwacht werden darf. Eine lückenlose Vollüberwachung scheint damit nicht möglich (in der Art der NSA und GCHQ)
In der Gesetzesbegründung heißt es dazu
Zu Absatz 4:
Die inhaltlichen Anforderungen, die bei §§ 5, 8 an die Anordnung gestellt werden, ergeben sich aus den technischen Gegebenheiten, unter denen die strategische Fernmeldekontrolle abläuft. Da die relevante Telekommunikation über Suchbegriffe maschinell ermittelt wird, gehören die Suchbegriffe zum maßgeblichen Inhalt der Anordnung.
Zusätzlich muss die Anordnung künftig das Gebiet umreißen, über das der Bundesnachrichtendienst mit der Maßnahme Erkenntnisse gewinnen darf. Entsprechend dem Auftrag des Bundesnachrichtendienstes kann es sich nur um eine nachrichtendienstlich relevante Region des Auslands handeln. Sie wird durch die Aufzählung der ihr angehörenden Staaten am genauesten festzulegen sein; unter Umständen kommt sogar nur die Telekommunikation aus einem Staat oder aus wenigen, einzelnen Staaten für die Beschränkung in Betracht. Der Bundesnachrichtendienst muss in Bezug auf jeden Staat begründen, was eine Einbeziehung in die strategische Kontrolle rechtfertigt.
Neu geregelt wird ferner, dass die Anordnung die Übertragungswege bezeichnen muss, die der Beschränkung unterliegen. Im bisherigen Recht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 G10 geltender Fassung) war die strategische Fernmeldekontrolle auf Satelliten- oder Richtfunkverkehre festgelegt. Künftig kommen als Übertragungswege auch die internationalen Lichtwellenleiter- oder Koaxialkabel in Betracht. Die Anordnung muss angeben, welche konkreten Satellitenverbindungen (z.B. die über den Satelliten X) und welche konkreten internationalen Kabelverbindungen (z.B. das Lichtwellenleiterkabel von A nach B) Gegenstand der Maßnahme sein sollen.
Des weiteren wird die Anordnung künftig festlegen, welcher Anteil der auf den gewählten Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. Auch dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die strategische Fernmeldekontrolle bisher auf nicht leitungsgebundene Telekommunikation beschränkt war, diese Begrenzung aber nunmehr entfällt. Unter der Voraussetzung, dass nur Satelliten- und Richtfunkverkehre erfasst werden durften, ergab sich ohne Weiteres, dass nur etwa 10 vom Hundert der international geführten Telekommunikation für die strategische Kontrolle verfügbar war (so auch die Feststellung BVerfGE 100, 377). Als Ersatz wird eine rechtliche Kapazitätsschranke eingeführt. Im Hinblick auf den Grundrechtsschutz soll nämlich für den Normalfall der strategischen Kontrolle sichergestellt bleiben, dass der Bundesnachrichtendienst von vornherein nur einen verhältnismäßig geringen Teil der nachrichtendienstlich relevanten Telekommunikation erfassen kann. Dies bewahrt den strategischen Charakter der vorgenommenen Kontrolle.
Welchen Anteil der auf den festgelegten Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität der Bundesnachrichtendienst überwachen darf, bestimmt das nach § 10 Abs. 1 für die Anordnung zuständige Bundesministerium unter Kontrolle der G10-Kommission. Für die strategische Fernmeldekontrolle nach § 5 wird jedoch als Obergrenze vorgegeben, dass der Anteil der zur Erfassung verfügbaren Telekommunikation höchstens 20 vom Hundert betragen darf.
Wie in der Begründung zu § 5 Abs. 1 Satz 1 ausgeführt, darf § 10 Abs. 4 Satz 4 nicht so verstanden werden, als werde der Bundesnachrichtendienst künftig bis zu 20 vom Hundert der internationalen Telekommunikationen zur Kenntnis nehmen. Die in der Anordnung zu setzende Obergrenze bildet vielmehr nur die vorderste von mehreren Sperren, die dem Bundesnachrichtendienst bei der strategischen Fernmeldekontrolle gesetzt sind. In dieser Funktion bildet sie einen Ersatz dafür, dass die strategische Fernmeldekontrolle bisher nur gegen nicht leitungsgebundene internationale Telekommunikationsbeziehungen, im wesentlichen also gegen Satellitenverkehre gerichtet werden konnte.
Bewusst bildet der Anteil von 20 vom Hundert zudem eine Obergrenze. Welcher Anteil im Einzelfall für die strategische Kontrolle freizugeben ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen des für die Anordnung zuständigen Bundesministeriums. Es wird Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes sein, im Antrag nach § 9 eine angemessene Obergrenze vorzuschlagen und zu begründen.
Für Beschränkungen nach § 8 ist keine Obergrenze der zur Kontrolle freigegebenen Übertragungskapazität vorgesehen. Daher kann der Anteil hier über 20 vom Hundert hinausgehen. Die Entscheidung hierüber ist wiederum nach pflichtgemäßem Ermessen und mit einer nachvollziehbaren Begründung zu treffen.
Im wesentliche bedeutet dies, dass bei der bisherigen Satelitenüberwachung aus technischen Gründen nur eine kleiner Teil der Kommunikation erfasst werden konnte. Bei der zukünftig auch erlaubten Überwachung der kabelgebundenen Kommunikation wäre technisch eine 100 % Überwachung möglich. Dies soll durch die rechtliche Obergrenze verhindert werden. Die angesprochene Ausnahme aus § 8 G10-Gesetz bezieht sich auf Überwachungsmaßnahmen, bei denen es um Gesundheit und Leben einer Person im Ausland geht.
Laut der Aussage von Snowden im Untersuchungsausschuß des EU-Parlamentes (
https://netzpolitik.org/2014/snowden-zu-eu-parlament-deutschland-veraenderte-auf-druck-der-usa-g10-gesetz/ ) wurde hier auf Deutschland Einfluß genommen, diese 20 % Grenze so schwammig zu formulieren, dass Ausnahmen bei Bedarf jederzeit möglich sind. Auch stellt sich die Frage wie das technisch geregelt werden soll, dass nur 20 % der Kommunikation einer Glasfaserleitung abgehört werden. Man müsste sich schon die einzelnen Datenströme raussuchen, weil 20 % aller Pakete würde nur Müll liefern. Hier sieht man bereits, dass die schwammige rechtliche Beschränkung technisch leicht umgangen werden kann, ja sogar umgangen werden muss.
Diese Hintergründe muss man kennen, um das Gestammel von der Bundesoma einordnen zu können. Wie man sieht nix mit Souveränität, aber jede Menge geheimdienstliches Gemauschel zum beiderseitigen Nutzen.