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Früher stand Lisa Fitz für scharfzüngiges politisches Kabarett. Im 1980 gegründeten, anspruchsvollen Programm „Scheibenwischer“ mit Dieter Hildebrand, das im „Ersten“ gesendet wurde, hatte sie Gastauftritte. Sie war eine begabte Künstlerin, die hervorragend sang, schauspielte und textete.
Nach einem Auftritt in Baienfurt möchte man der 72-Jährigen zurufen: Aufhören! Sofort! Dass Fitz aber immer noch zieht, war am Freitag im Hoftheater zu erleben - der Abend war ebenso wie die Veranstaltung am Vortag ausverkauft.
Ausländerverunglimpfung und Frauenbeschimpfung
Lisa Fitz galoppierte durch die politischen Themen der Zeit, präsentierte ein krudes, auf billige Lacher zielendes Potpourri aus Verschwörungsschrott, Politikerbashing, Ausländerverunglimpfung und Frauenbeschimpfung (ausgerechnet am internationalen Frauentag).
Demonstrationen seien von der Regierung gesteuert, die Öffentlich-Rechtlichen Propagandaschiffe, Politiker ohne Ausbildung, protestierende Bauern würden von den Medien durchweg als rechtsextrem verunglimpft, über die Ukraine wüssten die Leute nix, aber sie redeten mit. Eine Politikerin wurde als „oide Schäs’n“ bezeichnet, eine wegen ihres Übergewichts beleidigt, bei einer Transgender-Frau stand die „♥♥♥“ aussehende Perücke im Vordergrund.
Frau Fitz kann dieses Land allmählich gar nicht mehr verstehen
Furcht vor Fremden (also Ausländern) sei uns in die Wiege gelegt, erzählte Lisa Fitz, Frauen reagierten darauf mit „Flucht oder Paarung“. Wenn ein schwarzer Mann in Deutschland für ein Parfum werbe, während im Hintergrund ein weißes Pferd fliege („sind wir Weißen jetzt Tiere, hohoho?“), dann kann Frau Fitz dieses Land allmählich gar nicht mehr verstehen.
Rassistisch sei das aber nicht gemeint, sondern, Tenor, man müsse doch noch sagen dürfen… Homosexuelle, Schwarze, Krieg, Maske, Klimahysterie… alles zu viel, die Masse Mensch infiltriert, unfähig zu denken, an allem irgendwie die Regierenden schuld, genau genommen: die dumme Ampel mit ihrem geldgierigen, ahnungslosen Personal. Wer ist die einzige ernst zu nehmende Alternative? Genau. Das kam auch noch.
Dazwischen: Gesang. Überraschend trällerte sie da auch mal in den Raum, ihr seien alle Menschen recht, egal ob rot, grün, blau oder Migranten, Hauptsache „nett“.
Von politischem Kabarett ist nichts übrig
Keine Ironie, keine Tiefenschärfe, kein hintergründiger Witz, keine Weiterdrehe oder Aufdeckung, wie man sie von politischem Kabarett erwarten würde, (unfreiwillig) komisch war eigentlich nur eine Episode. Da streifte sie ohne erkennbaren Zusammenhang die Highheels ab und latschte wiederkäuend und singend als Kamel über die Bühne - ein Ausschnitt aus einem alten Programm.
Applaudiert wurde kräftig
Das Publikum sang bei ihren Liedern kaum mit, so sehr Fitz sich auch darum bemühte. Applaudiert aber wurde kräftig. Freuten sich die Leute über ihre bayrische Sprache und Gassenhauer aus alten Zeiten, bei denen Fitz ihre immer noch beeindruckende Stimme mit ihrer bunt bedruckten Gitarre selbst begleitete? War es Respekt vor ihrer Lebensleistung?
Oder gefiel manchem tatsächlich ihr gehässig-selbstgefälliger Blick auf die Probleme der Welt? Nur wenige verschwanden, bevor sie in die Gefahr einer Zugabe kamen. Einer murmelte, als er seine Jacke raffte: „Time to go“. Vielleicht musste er einfach nur nach Hause. Vielleicht meinte er aber auch Lisa Fitz.
Veranstalter distanzieren sich von Inhalten
Uli und Salka Boettcher und Tommi Seitzinger, die Betreiber des Hoftheaters, sagten nach dem Abend, sie seien schockiert. Was Fitz geboten habe, sei populistisch, hetzerisch und einfältig. Dass man die einstige Grande Dame dort nochmal erleben wird, dürfte unwahrscheinlich sein.
Der Veranstaltungstechniker am Mischpult, ein 33-jähriger Mann, der schon viel Kleinkunst gesehen hat, sagte, er sei selten aus der Fassung, habe diesmal fast körperlich gelitten, weil er Lisa Fitz bei ihrem kruden Auftritt auch noch mit gutem Licht und Ton unterstützen musste.