Autor Thema: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen  (Gelesen 610 mal)

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Sie wird jetzt nicht mehr gezwungen bei einer GmbH beschäftigt zu sein:


Zitat
VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348

Titel:
(Landes) Disziplinarrecht, Disziplinarklage, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, „Reichsbürgerbewegung“, Betätigung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, Vertrauensstellung als Lehrkraft

Normenketten: BayDG Art. 11, BeamtStG § 47 Abs. 1

Schlagworte: (Landes) Disziplinarrecht, Disziplinarklage, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, „Reichsbürgerbewegung“, Betätigung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, Vertrauensstellung als Lehrkraft

Fundstelle: BeckRS 2022, 35337

Tenor
I. Gegen die Beklagte wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Spoiler
Tatbestand
1
Gegenstand des Verfahrens ist eine Disziplinarklage des Klägers auf Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wegen des Vorwurfs von Verstößen gegen die beamtenrechtliche Pflicht zur Verfassungstreue im Zusammenhang mit der sog. „Reichsbürgerbewegung“, indem die Beklagte in ihrem W.-Status der Reichsbürgerbewegung zuzuordnende Aussagen eingestellt und im Kollegenkreis ebenfalls solche Ansichten geäußert hat.
2
1. Die am … … 1983 geborene Beklagte ist seit 3. August 2015 Beamtin auf Lebenszeit beim F. B. - nach zwei erfolgreichen Staatsexamen für das Lehramt an Grundschulen und im Anschluss an eine zunächst erfolgte Beschäftigung auf arbeitsvertraglicher Grundlage befristet ab 12. September 2012 bis zum Beginn eines Beamtenverhältnisses auf Probe mit Wirkung vom 11. September 2014. Die nach Art. 88 Bayerisches Beamtengesetz in Teilzeit beschäftigte Beamtin war zuletzt in der Mobilen Reserve und insoweit an der …-Grundschule in … eingesetzt. Der ledigen und kinderlosen Beklagten wurden in der Probezeitbeurteilung vom 10. September 2015 erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen bescheinigt, die periodische Beurteilung vom 7. Januar 2019 sowie eine Zwischenbeurteilung vom 31. Juli 2019 attestieren eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht (VE).
3
Hinsichtlich der Einzelheiten ihres Werdegangs, ihrer bisherigen Leistungen und Persönlichkeit wird auf die Ausführungen in der Disziplinarklage, die genannten Beurteilungen, ein von der Disziplinarbehörde eingeholtes Persönlichkeitsbild vom 14. Oktober 2020 sowie die beigezogene Personalakte Bezug genommen.
4
Die Beklagte ist strafrechtlich nicht vorbelastet. Mit Ausnahme der im Disziplinarverfahren gegenständlichen Vorwürfe ist sie auch disziplinarrechtlich bislang nicht vorbelastet. Mit Bescheid vom 4. September 2020 wurde der Beklagten durch die Regierung von O. zunächst die Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) untersagt. Unter dem 20. Januar 2022 wurde sie sodann durch die Disziplinarbehörde vorläufig des Dienstes enthoben, verbunden mit einem Einbehalt von 50% der monatlichen Dienstbezüge.
5
2. Nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayDG am 18. September 2020 mit Bekanntgabe an die Beklagte gemäß Art. 22 BayDG äußerte die Beklagte, zu einem geladenen Termin zur persönlichen Anhörung nicht erscheinen und auch keine Stellungnahme über eine Äußerung gegenüber der Regierung von O. vom 7. September 2020 hinaus abgeben zu wollen. Im Verlauf des Disziplinarverfahrens holte die Landesanwaltschaft B. dienstliche Auskünfte gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayDG über die Beklagte ein und vernahm am 1. Dezember 2021 zwei Zeuginnen. Die Niederschrift über die Zeugeneinvernahme wurde der Beklagten zur Kenntnis gegeben. Unter dem 16. Dezember 2021 vermerkte die Landesanwaltschaft B. das Ergebnis der Ermittlungen und hörte die Beklagte gemäß Art. 32 BayDG abschließend an. Hierauf gab die Beklagte per Email am 16. Januar 2022 eine Stellungnahme ab, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird. Im Übrigen wird bezüglich des Disziplinarverfahrens auf die Disziplinarakte und den beigezogenen Vorgang der Regierung von O. Bezug genommen.
6
3. Am 21. Januar 2022 hat der Kläger gegen die Beklagte Disziplinarklage erhoben, auf die gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Bezug genommen wird.
7
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 beantragt,
die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
8
Die Beklagte hat sich im Klageverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Ausweislich Postzustellungsurkunde wurde die Disziplinarklage am 29. Januar 2022 und die Ladung zur mündlichen Verhandlung, der sie fernblieb, am 27. Juli 2022 zugestellt.
9
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Akten der Disziplinarbehörde einschließlich der Personalakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
10
Auf die Disziplinarklage des Klägers hin wird gegen die Beklagte auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG erkannt.
11
Trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2022 konnte entschieden werden, da die Beklagte ordnungsgemäß gemäß Postzustellungsurkunde am 27. Juli 2022 geladen und auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen wurde, Art. 3 BayDG i.V.m. § 102 Abs. 2 VwGO.
12
I. Formelle Mängel des Disziplinarverfahrens sind weder i.S.v. Art. 53 Abs. 1 BayDG geltend gemacht noch von Amts wegen ersichtlich. Insbesondere ist der Beklagten jeweils Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden.
13
II. Der Beklagten wird in der Disziplinarklage Folgendes zur Last gelegt:
14
„1. Die Beklagte hat jedenfalls in dem Zeitraum zwischen dem 26.07.2020 und dem 26.08.2020 in Ihrem W.-Status folgende Fragen bzw. Aussagen eingestellt:
15
- Wusstest du, dass alle Gerichte, Staatsanwaltschaften, Städte, Gemeinden, Behörden und Ämter PRIVATE Organisationen sind?
16
- Du wirst fassungslos sein und dich betrogen fühlen. Du wirst dich fragen: warum wusste ich davon nichts?“
17
- Wusstest du, dass die Verfassung des deutschen Kaiserreichs von 1871 noch immer gültig ist?
18
- Wusstest du, dass die BRD kein Staat, sondern lediglich ein Verwaltungsorgan der Alliierten ist?
19
- Wenn du davon noch NIE gehört hast, empfehle ich für den Einstieg einmal das GG Art. 120 + 146 zu lesen!
20
- Wusstest du, dass Deutschland bis heute besetzt ist, immer noch die Feindstaatenklausel gilt und kein Friedensvertrag geschlossen wurde?
21
- Wusstest du, dass das Grundgesetz nur eine Art „Betriebsanleitung“ der BRD GmbH ist, also auf gar keinen Fall eine Verfassung?
22
- Wusstest du, dass die BRD mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 25.7.2012 seit 1956 keine Legitimation mehr für Wahlen, Gesetz etc. hat?
23
- Würde ein System, das von DIR lebt, dich über seine wahre Natur informieren? Wohl kaum! Oder doch…?
24
- Wusstest du, dass wir in der BRD nur im Handelsrecht sind, als nur als Personen/Sachen gelten und keine Menschenrechte besitzen?
25
2. Die Beklagte hat sich im Schuljahr 2019/2020 während der Dauer ihres Einsatzes als Mobile Reserve an der …-Grundschule … nach den Pfingstferien zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Kollegium dahingehend geäußert, Deutschland sei nach wie vor von den Alliierten bzw. den Amerikanern besetzt und habe keine Verfassung, es gelte das Kriegsrecht und das Grundgesetz habe keine Geltung. Darüber hinaus äußerte die Beklagte, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat, sondern eine GmbH.“
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III. Der der Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts weitgehend, mit Ausnahme des Vorwurfs, gegenüber dem Kollegium geäußert zu haben, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat, sondern eine GmbH, fest. Insoweit schließt sich das Gericht den nachfolgend zitierten Ausführungen der Landesanwaltschaft B. in der Disziplinarklage an:
27
„Der vorstehende Sachverhalt [unter III. 1.] steht fest aufgrund der in den vorliegenden Akten enthaltenen Screenshots vom W.-Status der Beklagten, die laut E-Mail der Zeugin S. … vom 28.08.2020 (11:26:46 Uhr) an die Regierung von O. vom 26.07.2020 und 26.08.2020 stammen. Die Zeugin S. … hat anlässlich ihrer Zeugeneinvernahme am 01.12.2021 bei der Disziplinarbehörde ausgesagt, sie habe zu Beginn der Sommerferien 2020 im W.-Status der Beklagten Meldungen wahrgenommen, die ihr seltsam und für eine Lehrkraft unpassend erschienen seien. Im August 2020 seien gehäuft derartige Meldungen aufgetaucht, zum Teil täglich.
28
Die Beklagte hat die ihr in ihrem W.-Status vorgeworfenen Äußerungen weder im Rahmen der polizeilichen Gefährderansprache am 04.09.2020 gegenüber den ermittelnden Beamten noch in ihren Stellungnahmen vom 07.09.2020 gegenüber der Regierung von O. hinsichtlich des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte und vom 16.01.2022 gegenüber der Disziplinarbehörde in Abrede gestellt. In beiden Stellungnahmen hat die Beklagte ausgeführt, dort seien zusätzlich Videos hinterlegt gewesen, aus denen zu entnehmen war, dass sich Politiker so geäußert hätten. Wenn überhaupt habe sie lediglich Politiker zitiert, ihre Statusmeldungen seien „rein faktischer Natur“ gewesen. Gegenüber der Kriminalpolizei gab die Beklagte an, sie habe durch das Einstellen der „Thesen“ in ihren Status einen Diskurs mit anderen kritisch denkenden Menschen, auch im Kollegenkreis, erreichen wollen. Sie sei sich noch nicht abschließend sicher, ob diese „Thesen“ richtig seien. Sie hinterfrage nur kritisch die Realität. […]
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2. Der Sachverhalt steht fest aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der Aussagen der Zeuginnen S. … und L. … am 01.12.2021 vor der Disziplinarbehörde. Die Zeuginnen S. … und L. … gaben übereinstimmend an, es habe zum Ende des Schuljahres 2020 im Lehrerzimmer eine Gesprächssituation mit der Beklagten gegeben, bei der diese geäußert habe, Deutschland sei nach wie vor von den Alliierten bzw. den Amerikanern besetzt und habe keine Verfassung, es gelte das Kriegsrecht und das Grundgesetz habe keine Geltung. Auch wenn nicht mehr genau nachvollziehbar ist, ob und gegebenenfalls welche weiteren Lehrkräfte neben der Beklagten und den beiden Zeuginnen bei dieser Gelegenheit anwesend waren - die Zeugin S. … geht von vier bis sechs Personen aus, die Zeugin L. … von mindestens drei Lehrkräften -steht zur Überzeugung der Disziplinarbehörde fest, dass die Beklagte die genannten Äußerungen jedenfalls gegenüber den beiden Zeuginnen verlautbart hat. […]
30
Die Beklagte selbst hat in ihren Stellungnahmen vom 07.09.2020 gegenüber der Regierung von O. und vom 16.02.2022 gegenüber der Disziplinarbehörde die geschilderte Gesprächssituation im Lehrerzimmer dem Grunde nach eingeräumt und mitgeteilt, dass mehrere Lehrkräfte anwesend waren. In diesem Zusammenhang hat sie die ihr vorgeworfenen Äußerungen zwar nicht explizit eingeräumt, aber auch nicht bestritten. Übereinstimmend mit den Angaben der Zeuginnen S. … und L. … hat die Beklagte ausgeführt, Anlass für diese „politischen Gespräche“ sei der damalige Präsident der USA D. T. gewesen.
31
Laut dem Gesprächsvermerk des Kommissariats .. vom 04.09.2020 äußerte die Beklagte im Verlauf der Gefährderansprache Zweifel an der Existenz der Bundesrepublik Deutschland, deren „System“ sie sich aber derzeit unterwerfen würde.“
32
(Auszug aus der Disziplinarklage vom 21.1.2022)
33
Im Hinblick auf den Vorwurf, die Beklagte habe im Rahmen des unter II.2. zur Last gelegten Verhaltens im Kollegium auch geäußert, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat, sondern eine GmbH, spricht nach der nachvollziehbaren Beweiswürdigung der Landesanwaltschaft B. zwar viel dafür, dass auch eine solche Äußerung gefallen ist. Vor dem Hintergrund des auch im Disziplinarverfahren geltend Grundsatzes „in dubio pro reo“ und da es im Ergebnis nicht darauf ankommt, ob diese Formulierung tatsächlich gefallen ist, legt das Gericht die Äußerung im Weiteren der Beklagten nicht zur Last.
34
IV. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ein einheitliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Sie hat dabei nicht nur außerdienstlich gegen ihre Pflicht zur achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen, sondern auch innerdienstlich gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue bzw. politischen Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG. Diese verlangt, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
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In seiner Entscheidung vom 28. Juli 2021 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur beamtenrechtlichen Kernpflicht der Verfassungstreue ausgeführt:
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„Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird in Art. 18 und Art. 21 GG erwähnt und durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich ausgefüllt. Darunter wird eine Ordnung verstanden, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (BVerfG, U.v. 23.10.1952 - 1 BvB 1/51 - juris Ls. 2; BVerfG, U.v. 17.1.2017 - 2 BvB 1/13 - juris Ls. 3 und Rn. 535 ff.; v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 21. Update Juli 2021, 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung, § 7 VII.2. Rn. 117; Metzler-Müller in PdK Bund C-17, 8. Fassung 2020, § 33 BeamtStG 4.1). Die dem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht stellt eine beamtenrechtliche Kernpflicht dar und erfasst deshalb das gesamte Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb seines Dienstes (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2020, MatR/II Rn. 106 m.w.N.). § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bestimmt, dass der Beamte sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für ihre Erhaltung eintreten muss. Damit einher geht nicht nur das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise, sondern eine Pflicht zum aktiven Handeln. Bekenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang eine nach außen erkennbare gefestigte Einstellung, die ein Eintreten für die Erhaltung der demokratischen Grundordnung ermöglicht. Es muss zumindest erwartet werden, dass sich ein Beamter eindeutig von allen Bestrebungen distanziert, die den Staat und seine freiheitlich-demokratische Grundordnung angreift und diffamiert (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25.17 - juris Rn. 14 bis 17; BayVGH, U.v. 16.1.2019 - 16a D 15.2672 - juris 25; Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 102 m.w.N.). Allerdings können Disziplinarmaßnahmen in einem bestehenden Beamtenverhältnis nur dann ergriffen werden, wenn ein konkretes Dienstvergehen vorliegt. Hierfür reicht allein die „mangelnde Gewähr“ für ein jederzeitiges Eintreten des Beamten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aus; erforderlich ist der Nachweis einer Verletzung dieser Dienstpflicht (BVerwG, U.v. 17.11.2017 a.a.O. Rn. 20 f.). Das bloße Haben einer Überzeugung oder die bloße Mitteilung, man habe eine solche, ist für die Annahme einer Verletzung der Treuepflicht grundsätzlich nicht ausreichend; vielmehr bedarf es einer Äußerung der verfassungsfeindlichen Gesinnung durch eine verfassungsfeindliche Handlung (Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 108). Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (BVerfG, B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - juris Rn. 45; B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 17.11.2017 - a.a.O. Rn. 21), die entsprechende politische Überzeugung also bewusst und erkennbar nach außen betätigt.“
37
(BayVGH, U.v. 28.7.2021 - 16a D 19.989 - beck-online Rn. 58).
38
Dem wird ein Beamter nicht gerecht, wenn er als Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt (vgl. nur VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 - RN 10 B DK 17.1988 - n.v. S. 17; VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 53 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 15.3.2018 - 10 L 9/17 - juris Rn. 56 ff.;
VG München, U.v. 8.2.2018 - M 19L DK 17.5914 - n.v.). Nichts Anderes gilt, wenn ein Beamter als Einzelner und ohne Anhänger dieser Bewegung zu sein, durch reichsbürgertypische Äußerungen die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt und ein entsprechendes Verhalten nach außen bewusst an den Tag legt.
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Der Kläger hat in der Disziplinarklage in zutreffender Weise dargelegt, dass sich die Beklagte durch das ihr zur Last gelegte Verhalten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung betätigt hat. Das Gericht macht sich insoweit die nachstehend zitierten Ausführungen aus der Disziplinarklage zu eigen:
40
„Gemessen hieran belegen die in ihren W.-Status eingestellten und im Kollegenkreis getätigten Äußerungen der Beklagten ihre verfassungsfeindliche Einstellung nach außen hin, die über das bloße „Besitzen“ einer Meinung und auch über eine alltägliche Meinungsäußerung oder ein kritisches Hinterfragen staatlichen Handelns hinausgeht. Die Disziplinarbehörde geht davon aus, dass die Beklagte ihre Äußerungen seinerzeit in dem Wissen im W.-Status eingestellt und im Kollegenkreis kundgetan hat, dass sie mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sie nach dem Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) dadurch Zweifel bei anderen an der Handlungsbefugnis der deutschen Staatsorgane aufkommen lassen und die Bundesrepublik und ihre freiheitliche demokratische Grundordnung in diesem Sinne delegitimieren wollte. Die Einlassung der Beklagten gegenüber der Kriminalpolizei, sie habe durch ihre Äußerungen lediglich zu einem Diskurs kritisch denkender Menschen - auch im Kollegenkreis - anregen wollen, weil sie selbst verunsichert gewesen sei, findet in ihrer Herangehensweise keine überzeugende Grundlage. Sowohl ihre Äußerungen im W.-Status als auch die im Kollegenkreis vorgebrachten Ansichten vermitteln nicht den Anschein einer verunsicherten und suchenden Person. Die Beklagte tritt hier vielmehr mit klaren Botschaften und Ansagen nach außen in Erscheinung. Die im W.-Chat aufgenommenen Fragen stellen im eigentlichen Sinne keine Fragen in der Sache dar, sondern dienen allein der Verunsicherung der so (Wusstest du…?) Gefragten. Zum Ausdruck bringt die Beklagte hingegen klar formulierte und unzweifelhafte Aussagen, denen zufolge die Bundesrepublik kein Staat ist, ihre handelnden Organe und Behörden private Organisationen sind, die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs von 1871 nach wie vor in Kraft ist, das Grundgesetz demgegenüber keine Verfassung, sondern eine „Betriebsanleitung“ der BRD GmbH ist, die Bundesrepublik seit 1956 keine Legitimation mehr für Wahlen, Gesetze etc. hat und in der Bundesrepublik keine Menschenrechte gelten. Des Weiteren nutzt die Beklagte in manipulativer Weise und wohl auch Absicht die dadurch erzeugte Verunsicherung, indem sie suggeriert, die Betroffenen würden über diese Wahrheiten bewusst getäuscht bzw. in Unkenntnis gelassen, wobei nur vordergründig offen bleibt durch wen, bei genauer Betrachtung ihrer Aussagen in der Gesamtheit aber deutlich wird, dass sie hierbei die verantwortlichen staatlichen (Regierungs-)Organe meint. Auch wenn die Zeugin L. … angegeben hat, sie habe bei der Beklagten keinen besonderen Missionierungsdrang feststellen können, als diese im Kollegenkreis ihre Ansichten verlautbart hat, ist davon auszugehen, dass die Beklagte eine Auseinandersetzung mit ihren Thesen bzw. - wie sie es selbst zum Ausdruck brachte - einen Diskurs kritisch denkender Menschen anstoßen wollte. Auch ging die Zeugin L. … davon aus, dass die Beklagte sie überzeugen wollte.
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Der Einwand der Beklagten, sie habe zusätzlich zu diesen Äußerungen Videos in ihrem W.-Status hinterlegt gehabt, die deutlich machten, dass diese Äußerungen von Politikern stammten, sie habe diese quasi nur zitiert, verfängt nicht. Zum einen hat die Beklagte im Disziplinarverfahren diese angeblichen Videos nicht näher konkretisiert. Zum anderen sind die ihr vorgeworfenen Äußerungen in einer Weise verfasst, dass sie bei lebensnaher Betrachtungsweise keine Zitate von Originalaussagen von Politikern darstellen. Gegenüber der Polizei hat die Beklagte derartige Videos auch nicht erwähnt. Unabhängig davon ist allgemein bekannt, dass es üblicher Vorgehensweise in Reichsbürgerkreisen entspricht, Äußerungen von Politikern und sonstiger namhafter Persönlichkeiten aus dem Zusammenhang herausgerissen zu zitieren und als angebliche Belege für die eigenen kruden Auffassungen anzugeben.
42
In den Aussagen der Beklagten äußert sich mindestens über einen Zeitraum zwischen Mai und September 2020 eine innere Abkehr von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die - nachdem sich die Beklagte gegenüber der Disziplinarbehörde per E-Mail am 20.04.2021 (13:18 Uhr) und in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 16.01.2022 erneut auf ihre gegenüber der Regierung von O. abgegebene Stellungnahme vom 07.09.2020 bezogen hat - als auch über den angegebenen Zeitraum hinaus anhaltend betrachtet werden muss. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte in ihrer E-Mail vom 20.04.2021 von sich selbst als der „Person M. … E. …“ spricht und gegenüber den Kriminalbeamten immer wieder betonte, dass sie ein Mensch sei, was wiederum ein starkes Anzeichen für eine reichsbürgertypische Haltung und Überzeugung darstellt. Auch das Leugnen der Legitimität staatlicher Organe durch Ignorieren von behördlichen Aufforderungen, wie es in der per E-Mail vom 20.04.2021 erfolgten Mitteilung der Beklagten zum Ausdruck kommt, trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens zur Anhörung bei der Disziplinarbehörde werde sie nicht erscheinen, ist eine für Anhänger der Reichsbürgerbewegung typische Verhaltensweise. Ihrer abschließenden Stellungnahme vom 16.01.2022 ist keine Abkehr von ihren Äußerungen und Aussagen zu entnehmen, sie verteidigt und bekräftigt diese vielmehr nochmals.
43
Mit ihren Ausführungen machte sich die Beklagte die Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ inhaltlich zu eigen und brachte unzweifelhaft zum Ausdruck, dass sie die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland, nämlich deren Existenz als souveräner Staat, gerade nicht anerkennt, wie dies - bei allen Unterschieden im Detail - gemeinsames Charakteristikum des Personenkreises der „Reichsbürger“ ist. Eine Identifizierung der Beklagten mit der Bundesrepublik ohne innere Distanz, wie es die Treuepflicht erfordert, ist nicht (mehr) zu erkennen. Eine eindeutige Bestätigung dafür lieferte die Beklagte durch ihre Angaben gegenüber der Kriminalpolizei, es könne durchaus sein, dass die Bundesrepublik als Staat nicht existiere, sie würde sich aber trotzdem derzeit dem „System unterwerfen“. Auch die Geltung des Grundgesetzes zog sie bei dieser Gelegenheit erneut in Zweifel. Die Beklagte hat dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie derzeit (!) bereit sei, sich einem System (!) unterzuordnen, welches sie nicht als staatlich legitimierte Ordnung (an-)erkennt.
44
Die Kriminalpolizei hat ihre Zweifel hinsichtlich einer eindeutigen Zuordnung der Beklagten zur Reichsbürgerbewegung insbesondere damit begründet, über die genannten Äußerungen hinausgehende reichsbürgertypische Verhaltensweisen wie insbesondere Rechtsverstöße seien durch die Beklagte noch nicht begangen worden. Insoweit haben allerdings die Ermittlungen gezeigt, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt die pandemiebedingten Hygienemaßnahmen an den Schulen immer wieder in Frage gestellt bzw. in Zweifel gezogen hat, so dass die Schulleitung sie schließlich nicht mehr unterrichtend, sondern nur noch in der Notbetreuung eingesetzt hat. Die Beklagte hat dadurch bereits zum damaligen Zeitpunkt konkrete Hinweise darauf gegeben, dass sie aufgrund persönlicher Überzeugungen nicht mehr die Gewähr dafür bietet, den gesetzlichen Anordnungen Folge zu leisten. In ihrer Stellungnahme gegenüber der Regierung von O. vom 07.09.2020 führt die Beklagte u.a. aus, sie sei nicht Lehrerin geworden, „um solche unverhältnismäßigen Hygienemaßnahmen durchzusetzen“. Sie habe sich von solchen Maßnahmen distanziert und von ihrer „Remonstrationspflicht Gebrauch gemacht“. Abschließend hat sie ihrem Wunsch Ausdruck verliehen, mehr Lehrkräfte würden „nicht blinden Gehorsams jede erdenkliche Maßnahme hinnehmen, aus Angst, den Job zu verlieren, wenn sie dieser Anordnung nicht Folge leisten“. Die Beklagte hat dadurch zu erkennen gegeben, dass ihr die möglicherweise weitreichenden Konsequenzen ihres Verhaltens bewusst waren.
45
Anhaltspunkte dafür, die Beklagte hätte tatsächlich demonstriert gem. § 36 Abs. 2 BeamtStG sind den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Daran ändern auch die zwar ausführlichen, aber wenig substantiellen Ausführungen in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 16.01.2022 nichts. Die Beklagte verkennt dabei grundlegend, dass ihr nicht zum Vorwurf gemacht wird, nicht gegen eine dienstliche Anweisung remonstriert zu haben. Aus ihren Äußerungen hat sich aber gezeigt, dass ihre Bereitschaft gefehlt hat bzw. zumindest fraglich erschien, die pandemiebedingten Hygienemaßnahmen, welche eine gesetzliche Grundlage überwiegend in der jeweils aktuell geltenden Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung haben, im Dienst umzusetzen. Ein Remonstrationsrecht gem. § 36 Abs. 2 BeamtStG steht der Beklagten gegen dienstliche Anordnungen eines Vorgesetzten im Einzelfall zu. Das Remonstrationsverfahren dient hingegen nicht der abstrakten Rechtskontrolle. Dem aus der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entsprechend hat die Beklagte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die im Gesetz und in Verordnungen durch den jeweiligen Gesetz- und Verordnungsgeber getroffenen Entscheidungen zu respektieren und umzusetzen, diese aber nicht in Frage zu stellen und ihnen den Gehorsam zu verweigern. Bemerkenswert erscheint insoweit, dass die Beklagte in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 16.01.2022 ausführt, sie habe „die dienstlichen Anweisungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft und musste feststellen, dass, auch wenn die derzeitigen Maßnahmen unter dem geltenden Recht „noch“ als rechtens anzusehen sind, dennoch die Gefahr besteht, dass diese Maßnahmen in naher Zukunft von einem höheren Gericht als rechtswidrig erkannt werden könnten“. Die Beklagte erwähnt in diesem Zusammenhang die G. Konvention und den N. Kodex. Damit rückt sie die pandemiebedingten Maßnahmen, deren Rechtmäßigkeit sie aktuell „noch“ als gegeben ansieht, in einen engen Zusammenhang mit den während der Zeit des Nationalsozialismus im Namen der medizinischen Forschung begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere in Gestalt verbrecherischer medizinischer (Zwangs-)Experimente.“
46
(Auszug aus der Disziplinarklage).
47
Die Beklagte handelte jeweils vorsätzlich. Rechtfertigungsgründe bzw. schuldausschließende Gründe sind nicht ersichtlich.
48
V. Das einheitlich zu betrachtende Dienstvergehen wiegt derart schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BayDG, dass ein endgültiger und vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Beklagte eingetreten ist. Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, ihrem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten der Beklagten als Gesichtspunkte der Maßnahmebemessung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist daher die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis i.S.v. Art. 11 BayDG geboten.
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1. Dem liegt zugrunde, dass es die Grundlagen des Beamtenverhältnisses nicht zulassen, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung ablehnen oder offensichtlich in Frage stellen (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25.17 - juris Rn. 91). Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen oder jedenfalls offenkundig in Frage stellen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337.08 - juris Rn. 18 und 22). Diese Kernaufgabe kann nicht erfüllen, wer die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und damit auch seinen eigenen Beamtenstatus leugnet oder in Frage stellt (vgl. VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 102 f.). So hat es das Bundesverwaltungsgericht bereits als schwerwiegenden Fall der Verletzung der Verfassungstreuepflicht mit der Folge der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erachtet, dass in einem Antrag auf Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises die Angabe „Königreich Bayern“ gemacht und sich auf die Rechtslage des „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913“ berufen wurde (BVerwG, U.v. 2.12.2021 - 2 A 7.21 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit deutlich gemacht, dass die Verfassungstreue ein unverzichtbares Eignungsmerkmal für Beamte darstellt. Personen, die sich nicht zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und nicht für deren Erhaltung eintreten, kann von den Bürgern nicht das für die Wahrnehmung des öffentlichen Amtes berufserforderliche Vertrauen entgegengebracht werden (BVerwG, U.v. 2.12.2021 - 2 A 7.21 - juris Rn. 51 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2015- 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 11 ff. und vom 17.11.2017 - 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 18 m.w.N.).
50
Dabei begegnen Dienstherr, Kollegen, Bürger und insbesondere die Eltern einer Lehrkraft, die der „Reichsbürgerszene“ oder auch nur ihrem Gedankengut nahesteht und dies auch nach außen hin kundtut, mit großem Unverständnis und bringen ihr nicht mehr das erforderliche Vertrauen entgegen, was letztlich zu einem erheblichen Ansehensschaden der Lehrerschaft führt. Die Beklagte hat als Lehrerin eine besondere Verantwortung für die ihr anvertrauten Kinder. Eine Lehrkraft muss dabei die verfassungsrechtlichen Grundwerte glaubhaft vermitteln (Art. 59 Abs. 2 Satz 3 BayEUG n.F. / Satz 2 a.F.). Sie hat mit der Vorbildfunktion des eigenen Verhaltens den in Art. 131 der Bayerischen Verfassung und in Art. 1 und 2 BayEUG festgelegten Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen und zu vermitteln, vgl. § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Dienstordnung für Lehrkräfte. Lehrer sollen die geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten der heranwachsenden jugendlichen Menschen fördern und ihre Persönlichkeit weiterentwickeln. Diesen Erziehungsauftrag können sie glaubwürdig und überzeugend jedoch nur erfüllen, wenn sie auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen und hieran keinerlei Zweifel aufkommen lassen. Dies ist auch Gegenstand des - schulgesetzlich besonders geschützten - Vertrauens der Eltern, welches bei Zweifeln an der Verfassungstreue eines Lehrers in erheblicher Weise das Ausmaß des Vertrauensverlustes mitbestimmt.
51
Insoweit folgt das Gericht ausdrücklich nicht den Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 20. Juli 2022 unter Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. September 1995 (7/1994/454/535 „Vogt“ - NJW 1996, 375), aus dem konkret-funktionellen Amt als Lehrerin ergebe sich ein minderer Gefährdungsgrad für die freiheitliche demokratische Grundordnung (BayVGH, U.v. 20.7.2022 - 16a D 20.1464 - beck-online Rn 32-35), mit der Folge der Zurückstufung als angemessene Reaktion statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im dort vorliegenden Einzelfall.
52
2. Der erheblichen Schwere des Dienstvergehens stehen keine Milderungsgründe von derartigem Gewicht gegenüber, dass nicht von einem vollständigen Vertrauensverlust ausgegangen und von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.
53
Über die bislang in der Rechtsprechung anerkannten typisierten Milderungsgründe hinaus bedarf es auch hier einer Würdigung der jeweiligen be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls und würde eine allein typisierende Betrachtungsweise zu kurz greifen. Vielmehr dürfen entlastende Gesichtspunkte nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines „anerkannten“ Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen - im Zusammenwirken mit anderen Umständen - zu erfüllen (BVerwG, B.v. 20.12.2013 - 2 B 35.13 - beck-online Ls.1 sowie Rn. 21). Das Bundesverwaltungsgericht führt insoweit aus, die Verwaltungsgerichte müssten bei der Gesamtwürdigung dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten („klassischen“) Milderungsgrundes nicht ausreichen. Auch solche Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens gesetzt werden. Sie dürfen nicht in einer nicht nachvollziehbaren Weise „abgetan“ werden.
54
Nach der Rechtsprechung des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts müssen die Milderungsgründe jedoch umso gewichtiger sein, je schwerer ein Dienstvergehen wiegt (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2018 - 2 WD 10.18 - beck-online Rn. 44 m.w.N.).
55
a) Zwar ist die Beklagte strafrechtlich und disziplinarisch nicht vorbelastet. Dass ein Beamter bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, stellt aber eine Selbstverständlichkeit und ein sozial zu erwartendes Verhalten dar und kann sich damit nicht entlastend zu seinen Gunsten auswirken (BayVGH, U.v. 12.2.2020 - 16a D 18.1038 - juris Rn. 46).
56
Auch eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 12.2.2019 - 2 B 6.19 - beck-online Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09. 3029 - juris Rn. 96). Die Beklage kann diesbezüglich noch nicht auf eine wirklich langjährige Dienstzeit zurückblicken.
57
b) Hinsichtlich der bei der Maßnahmebemessung gebotenen Berücksichtigung der Persönlichkeit der Beklagten hat die Landesanwaltschaft B. Folgendes vermerkt:
58
„Aus dem vom Staatlichen Schulamt über die Beklagte erstellten Persönlichkeitsbild, welches den Zeitraum vom 1. August 2019 bis 8. September 2020 umfasst, geht hervor, dass diese anfangs als eine stets freundliche, offene und einsatzbereite Lehrkraft wahrgenommen wurde, die auch den Kontakt zu ihren Kolleginnen suchte. Seit Beginn der Corona-Pandemie habe sie jedoch mehrfach in Konferenzen an ihrer Stammschule sehr deutlich Kritik an der Corona-Politik geäußert. Dabei habe sie immer wieder Kolleginnen in politische Gespräche verwickelt, was diese als sehr unangenehm empfanden. Dies hat sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen an der G. …-Grundschule in … fortgesetzt. Die Zeugin S. … sagte insoweit aus, dass die meisten Kolleginnen aufgrund dessen eher genervt wirkten. Es kann somit festgestellt werden, dass die Beklagte sich seit Beginn der Corona-Pandemie und aufgrund der in diesem Zusammenhang ergriffenen bzw. angeordneten staatlichen Maßnahmen ein deutlich distanziertes Verhältnis zum Staat entwickelt und dabei die Bereitschaft gezeigt hat, diesen nicht nur hinsichtlich der von ihm angeordneten Maßnahmen, sondern grundsätzlich als solchen in Frage zu stellen bzw. ihm die Legitimation abzusprechen. Nach den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz bietet „die im Zuge der Corona-Pandemie zunehmende Verbreitung von Verschwörungstheorien daher auch potenzielle Anknüpfungspunkte für Reichsbürger. Durch die Corona-Pandemie sehen sich diese in ihren Vorstellungen vielfach bestätigt. Zugleich finden die von ihnen verbreiteten und geteilten Verschwörungstheorien eine größere Reichweite und sichtbare Zustimmung“ (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2020, S. 199). Dass das reichsbürgertypische Auftreten der Beklagten zeitlich zusammenfällt mit der Corona-Pandemie ist nach den Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden somit keine Besonderheit. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz sieht in den Auswirkungen der Corona-Pandemie begünstigende Faktoren für den in Bayern zu beobachtenden Anstieg der der Reichsbürgerbewegung zuzuordnenden Personen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2020, S. 191). Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Beklagten auf eine Notlage zurückzuführen sei bzw. dafür, dass sie aufgrund einer psychischen Ausnahmesituation handelte, haben sich nicht ergeben.“
59
(Auszug aus der Disziplinarklage)
60
Für das Gericht stellt sich das der Beklagten zur Last gelegte Verhalten insoweit gerade nicht als derart persönlichkeitsfremd dar, dass von einem Augenblicksversagen ausgegangen werden kann.
61
Damit stehen der erheblichen Schwere des Dienstvergehens keine Milderungsgründe von Gewicht gegenüber.
62
VI. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Höchstmaßnahme ist im Übrigen auch verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht einer Lehrkraft hat erhebliches Gewicht und stellt ein Versagen im Kernpflichtbereich dar. In der vorliegenden Weise hat sich die Beklagte derart schwerwiegend pflichtwidrig verhalten, dass eine mildere Maßnahme als die Höchstmaßnahme nicht mehr in Betracht kommt. Schließlich hat die Beklagte ihre reichsbürgerlichen Gedanken bis in die Schule und in das Kollegium hineingetragen. Dass sie mit Ausnahme des ihr zur Last gelegten Verhaltens darüber hinaus weder strafrechtlich noch disziplinarisch in Erscheinung getreten ist, fällt insoweit nicht beachtlich ins Gewicht.
63
Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Klageschrift verwiesen und von einer wiederholenden Darstellung abgesehen.
64
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.
[close]
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-35337?hl=true



Eigentlich hat sie alle Punkte mustergültig aufgeführt?

Die Alliierten, die Feindstaatenklausel, Besatzung, keine Verfassung, keine Grundrechte ...


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Re: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen
« Antwort #1 am: 18. Dezember 2022, 16:44:43 »
Was ist ein „W.-Status“?
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Re: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen
« Antwort #2 am: 18. Dezember 2022, 16:48:36 »
Das dürfte der WhatsApp-Status sein.
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Re: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen
« Antwort #3 am: 18. Dezember 2022, 17:59:49 »
Da hat sie ja nochmal Glück gehabt, dass sie nicht mehr für diese korrupte Verwaltungs-GmbH arbeiten muss.
Dummheit schützt vor Strafe nicht!

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Re: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen
« Antwort #4 am: 18. Dezember 2022, 18:08:17 »
Dummerweise gibt es außer bei den Bundesländerfirmen nur wenige Arbeitsplätze für Lehrer.
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Re: VG München, Urteil v. 25.10.2022 – M 13L DK 22.348 Lehrerin entlassen
« Antwort #5 am: 18. Dezember 2022, 18:48:16 »
Warum muss man, um juristisch sauber zu bleiben, solche Wortwände schreiben?

Al Bundy hätte einfach gesagt: "Du bist RAUS!"
"Die förmlich-respektvolle Höflichkeit schafft den nötigen Raum für inhaltliche Verachtung."
-Chan-jo Jun, Philosoph (und Rechtsanwalt)
 
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