In Sachsen-Anhalt (neuerdings "Sachsenanhalt") war ein Polizist wieder mal ein zu entlassender:
Spoiler
Tatbestand
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Die Klägerin führt die Disziplinarklage gegen den beklagten Polizeivollzugsbeamten im Rang eines Polizeihauptmeisters mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst.
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Der 1965 geborene Beamte absolvierte nach dem Abschluss der 10. Klasse einer Polytechnischen Oberschule von 1982 bis 1985 eine Ausbildung zum Facharbeiter für Nachrichtentechnik. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst beim Ministerium für Staatssicherheit und wurde in der Hauptabteilung 22 (Antiterroreinheit) als Kämpfer eingesetzt. Diese Laufbahn beendete er 1990 im Rang eines Oberfeldwebels.
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Sodann wurde er als Angestellter im Aufgabenbereich der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt eingestellt und später in der Landesbereitschaftspolizei beschäftigt. Am 15.09.1992 erfolgte die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit der Ernennung zum Polizeimeister. Die Lebenszeitverbeamtung erfolgte am 27.10.1995, im Jahre 1996 die Beförderung zum Polizeiobermeister und zuletzt im Jahre 2005 die Beförderung zum Polizeihauptmeister.
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Aus der 1998 geschiedenen Ehe geht eine im Jahr 1990 geborene Tochter hervor. Der im Jahr 2007 geborene Sohn entstammt der im Jahre 2010 beendeten Lebenspartnerschaft. Derzeit wohnt er mit seiner Lebenspartnerin zusammen.
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Zuletzt war der Beamte im Revierkommissariat E-Stadt (Polizeirevier H-Stadt) als Sachbearbeiter Einsatz im Reviereinsatzdienst tätig. Der Beamte befindet sich seit dem 17.07.2015 im Krankenstand. Die Polizeidienstfähigkeit besteht. Die zuletzt erstellte dienstliche Beurteilung aus dem Jahre 2015 schloss mit den Bewertungen Leistungsbeurteilung „D? und Gesamtbefähigungsbeurteilung „C? ab. Der Beklagte ist weder disziplinar- noch strafrechtlich vorbelastet.
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Seit dem Jahr 2016 wird gegen den Beamten aufgrund mehrerer Einzelfachverhalte aus dem Bereich der „Reichsbürgerbewegung? wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue und Verstoßes gegen seine Wohlverhaltenspflicht disziplinarrechtlich ermittelt. Mit Verfügung vom 07.06.2016 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge unter dem 11.08.2016 in Höhe von 50 % angeordnet. Rechtsmittel dagegen waren ohne Erfolg (15 B 29/16 MD; 15 B 32/16 MD; 10 M 6/16 und 10 M 7/16).
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Die Klägerin hat am 14.06.2017 bei dem erkennenden Gericht Disziplinarklage erhoben. Der Beamte habe gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und seine Wohlverhaltenspflicht gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen und dadurch vorsätzlich und schuldhaft ein einheitlich zu wertendes schweres Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 (BeamtStG) durch folgende Handlungen - auf die das Disziplinargericht das Verfahren nach § 53 Satz 1 DG LSA mit Beschluss vom 16.01.2019 beschränkt hat - begangen:
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1. Äußerungen im Zeitraum 12/2014 bis 1/2015 gegenüber POM D.:
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(IV.1 der Disziplinarklage):
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In mehreren Gesprächen in dem besagten Zeitraum habe der Beklagte dem Kollegen D. gegenüber die Gültigkeit des Ordnungswidrigkeitengesetzes in Abrede gestellt und er deshalb niemanden im Rahmen einer Verkehrskontrolle „abzocken? werde. Er habe die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als souveräner Staat geleugnet und sie als von den USA verwaltete GmbH dargestellt. Die durch die Polizei zu vollstreckenden Haftbefehle seien rechtsungültig, da sie nicht durch einen Richter unterzeichnet seien, sondern, wie üblich, durch Rechtspfleger oder anderweitige Justizangestellte. POM D. habe sich daraufhin geweigert, mit dem Beklagten weiter als Streifenpartner zusammen zu arbeiten.
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2. Verhalten im Bußgeldverfahren; Vorfall am 23.09.2015:
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(IV. 4 der Disziplinarklage):
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Am 23.09.2015 habe der Beklagte mit seinem PKW die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen. Das daraufhin versandte Schreiben der Zentralen Bußgeldstelle sei an diese mit einem Aufkleber „Kein Vertragsverhältnis?, „Fehlende Rechtsgrundlage?, „Zurückweisung? zurückgeschickt worden. Im weiteren Zwangsvollstreckungsverfahren habe der Beklagte die Geldbuße mit aufgelaufenen Gebühren mit der Bemerkung „Unter Vorbehalt gültiger Gesetze? überwiesen.
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3. Haftbefehlsvollstreckungen am 31.10.2015/20.12.2015; Staatsangehörigkeitsausweis: (IV. 6 und 7 der Disziplinarklage):
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Am 31.10.2015 seien die Polizeibeamten POM E. und POM F. mit der Vollstreckung eines Erzwingungshaftbefehls der Staatsanwaltschaft Aachen gegen die Lebensgefährtin des Beklagten in der gemeinsamen Wohnung beauftragt gewesen. Auf Klingeln habe der Beklagte geöffnet und darauf verwiesen, dass seine Lebensgefährtin nicht mehr unter dieser Anschrift gemeldet sei. Er habe zu verstehen gegeben, dass er den Haftbefehl nicht akzeptiere. Seiner Rechtsauffassung nach sei der Haftbefehl nur gültig, wenn er von einem Richter unterzeichnet und die Unterschrift auf der rechten Seite zu finden sei. Die beiden Beamten seien gar keine Deutsche, da sie nicht wie er einen „gelben Schein? besäßen.
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Am 20.12.2015 sei ein erneuter Versuch der Haftbefehlsvollstreckung unter der bisherigen Adresse vorgenommen worden, da die Lebensgefährtin dort vermutet worden sei. Durch die Beamten F. und K. sei der Lebensgefährtin der Haftbefehl verkündet worden, worauf hin der Beklagte dies mit den Worten: „Mann oh Mann, was soll das hier?!? kommentiert habe.
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Aufgrund der Äußerungen des Beklagten gegenüber POM D. und POM E., dass er einen sog. „Gelbschein" zum Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit besitze, sei festgestellt worden, dass dem Beklagten am 07.04.2015 ein Staatsangehörigkeitsausweis ausgestellt worden sei. In dem Antrag habe er zu Wohnsitz, Aufenthalts- und Geburtsangaben "Preußen/Preußen (Deutschland_als_Ganzes") ausgeführt.
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4. Verhalten des Beklagten bezüglich des Antrags auf Anerkennung der sogenannten „Samtgemeinde A.? als Weltanschauungsgemeinschaft und „Aktivierung der Landgemeinden K. und W.?.
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(IV. 10/13 der Disziplinarklage):
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Am 01.03.2015 habe der Beklagte mit anderen Personen eine sogenannte "Aktivierungsurkunde? der „Preußischen Landgemeinde W.? sowie der „Preußischen Landgemeine K.? und ein "Protokoll über die Aktivierung der Gemeinde W." unterzeichnet. Die unterzeichneten Mitglieder würden sich ausdrücklich zum Deutschen Reich und dessen Verfassung von 1871 sowie zum Königreich Preußen und dessen Verfassung von 1850 bekennen. Ein G… habe als sogenannter „vorläufiger Gemeindevorsteher? der "Samtgemeinde A.? auch in Vertretung des Beklagten dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt und der russischen Botschaft in B-Stadt die „Aktivierung der Samtgemeinde A.?, bestehend aus der „Feldmark K.? und der „Feldmark W.? mitgeteilt.
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5. Verhalten des Beklagten im Rahmen einer Haftbefehlsvollstreckung am 14.10.2016: (IV. 12 der Disziplinarklage):
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Am 14.10.2016 seien Polizeibeamte mit der Vollstreckung eines Erzwingungshaftbefehls der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegenüber der Lebensgefährtin des Beklagten beauftragt gewesen. In der gemeinsamen Wohnung sei der Beklagte angetroffen worden und dieser habe gegenüber dem PK G. erneut mitgeteilt, dass er den Haftbefehl nicht anerkenne, da die Bundesrepublik Deutschland nicht existiere. Diese Äußerungen habe er auch später wiederholt.
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6. Verhalten des Beklagten im Rahmen einer Haftbefehlsvollstreckung am 05.11.2016: (IV. 14 der Disziplinarklage):
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Zu einer erneuten Vollstreckung eines Haftbefehls gegen die Lebensgefährtin des Beklagten sei es am 05.11.2016 gekommen. Bei einer diesbezüglich durchgeführten Fahrzeugkontrolle durch POK H. sei der Beklagte als Fahrer eines Fahrzeuges der Lebensgefährtin festgestellt worden. Die amtlichen Kennzeichentafeln seien im Bereich der Eurofelder mit Aufklebern der „ Samtgemeinde A.? und einem augenscheinlichen preußischen Adler überklebt gewesen. Der Aufforderung der Beamten, die Aufkleber zu entfernen, weil dies eine Ordnungswidrigkeit darstelle und die Betriebserlaubnis zum Erlöschen bringe, kam der Beklagte nicht nach. Bei der " Samtgemeinde A." handele es sich um eine anerkannte Glaubensgemeinschaft.
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Die Gesamtbetrachtung dieser Handlungen lasse erkennen, dass der Beklagte gegen seine Verfassungstreuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG und der Wohlverhaltenspflicht gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen habe.
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Der Beklagte habe sich mit diesen Handlungen und verbalen Äußerungen von den Gesetzen und der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder so weit entfernt, dass damit zumindest der Anschein des Nichteintretens für die Verfassungsordnung und damit der freiheitlich demokratischen Grundordnung gegeben sei. Die Annahme der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und des Grundgesetzes als gültige Verfassung dieses Staates schließe die gleichzeitige Anerkennung anderer früherer Verfassungen als bindendes Recht aus.
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Das Auftreten gegenüber den Polizeikollegen und seine diesbezüglichen verbalen Äußerungen und Handlungen zur Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland habe erhebliche Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis gehabt. Kollegen und Mitarbeiter hätten die weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten abgelehnt. Der Beklagte richte sein Handeln gezielt an seiner Überzeugung aus. Damit sei eine nichthinnehmbare negative charakterliche Grundeinstellung des Beamten feststellbar. Er äußere abwegige Rechtsansichten, die sich eindeutig dem Gedankengut der sogenannten Reichsbürgerszene zuordnen ließen. Diese Handlungen und Äußerungen gingen eindeutig über eine möglicherweise noch erlaubte Kritik an Erscheinungen des Staates hinaus.
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Schuldausschließungsgründe oder disziplinarrechtlich bedeutsame Milderungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Disziplinarklage abzuweisen
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und ist der Auffassung, dass der Beklagte sich offenkundig nicht zur Ideologie der sogenannten Reichsbürger bekannt habe und sein tatsächliches Handeln auch nicht nach dieser Ideologie ausrichte. Hierzu gebe die Klageschrift keine Anhaltspunkte. Mit Verweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Münster im Urteil vom 10.07.2017 (13 K 5475/16 O; juris) müssten derartige Handlungen nicht zwingend mit der Entfernung aus dem Dienst geahndet werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 15 B 29/16 MD; 15 B 32/16 MD; 10 M 6/16 und 10 M 7/16 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Das Disziplinargericht konnte trotz Abwesenheit des Beklagten und seines Prozessbevollmächtigten in der Sache verhandeln und entscheiden. Denn in der Ladung wurde auf diese Folge hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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I.) Die Disziplinarklage ist zulässig.
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Die vormalige Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord ist zum 31.12.2018 aufgrund der Strukturreform der Landespolizei in Sachsen-Anhalt rechtlich untergegangen (vgl. Gesetz zur Polizeistrukturreform v. 29.11.2018, GVBl. LSA Nr. 25/2018; S. 406 ff). Nunmehr zuständig ist die C., die zur Fortführung der zulässig erhobenen Disziplinarklage berechtigt ist. Das Aktiv-Rubrum war demnach entsprechend zu berichtigen.
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II.) Zudem ist die Disziplinarklage begründet.
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Der Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DG LSA) nach sich zieht.
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Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).
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1.) Das Disziplinargericht ist davon überzeugt, dass der Beklagte schuldhaft gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zur Verfassungstreue (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen hat. Dabei stellt der Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht eine innerdienstliche Pflichtverletzung dar (vgl. zur Abgrenzung innerdienstlich/außerdienstliches Dienstvergehen; nur: VG Magdeburg, Urt. v. 15.04.2014, 8 A 2/13; Urt. v. 26.03.2015, 8 A 14/13; beide juris). Denn die Pflicht zum Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BVerwG. Urt. v. 12.03.1986, 1 D 103.84; Bayr. VGH, Urt. v. 28.11.2001, 16 D 00.2077; VG B-Stadt, Beschl. v. 05.04.2007; VG Ansbach, Urteil v. 29.11.2018, AN 13a D 18.00600; ohne Differenzierung: VG Trier, Urteil v. 14.08.2018, 3 K 2486/18.TR; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018, 38 L 1841/18.BDG; VG Münster, Urteil v. 26.02.2018, 13 K 768/17.O; alle juris). Die Treueplicht des Beamten auf die Verfassungsordnung stellt ein personenbezogenes Eignungsmerkmal dar. Es betrifft das dienstliche wie das außerdienstliche Verhalten des Beamten gleichermaßen (OVG NRW, Beschl. v. 24.10.2018, 3d B 1383/18.BDG; juris).
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Im Zusammenhang betrachtet, belegen die dem Beklagten vorgehaltenen Handlungen, das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und der davon ausgehenden staatlichen Gewalt. Ein solches Verhalten des Beklagten schadet dem Ansehen der Polizei und der gesamten staatlichen Ordnung, ist mit dem Beruf des Polizeivollzugsbeamten nicht in Einklang zu bringen und lässt Rückschlüsse auf seine Dienstausübung zu, sodass auch die Qualifikation der Disziplinarwürdigkeit als außerdienstliches Verhalten erfüllt wäre, wovon das erkennende Disziplinargericht noch in der Entscheidung zur Suspendierung ausging (VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; juris).
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2.) Die Kammer hat nach dem von der Klägerin festgestellten Sachverhalt keine Zweifel daran, dass die dem Beklagten in der Disziplinarklageschrift vorgehaltenen Handlungen so geschehen sind. Denn sie werden vom Beklagten nicht ansatzweise in Abrede gestellt und das Disziplinargericht hat auch sonst keine Zweifel an der Richtigkeit und dem Wahrheitsgehalt der aus den beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgängen ersichtlichen disziplinarbehördlichen Feststellungen.
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Das Disziplinargericht muss nach den für die allgemeinen Verwaltungsprozessverfahren geltenden Grundsätzen - und hier insbesondere seiner Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO - nur über beweisbedürftige streitige Tatsachen Beweis erheben (vgl. Gesetzesbegründung zu § 55 DG LSA). Im Übrigen darf sich das Disziplinargericht an die Ermittlungsakten der Behörde halten und die darin enthaltenen Unterlagen, Vernehmungen oder Erklärungen verwerten (Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Auflage 2012, § 58 Rz. 3). Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO daher grundsätzlich nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge für aufgeklärt hält und von einer Beweiserhebung absieht, zumal ein sachkundig vertretener Verfahrensbeteiligter keine weitere Sachaufklärung oder Beweiserhebung beantragt hat (vgl. nur: BVerwG, Beschluss v. 05.08.1997, 1 B 144.97; Beschluss v. 13.05.2004, 4 B 27.04; alle juris).
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So ist es auch hier.
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Der Beklagte schweigt nicht. Auch bestreitet er die ihm zur Last gelegten Handlungen nicht. Vielmehr vertritt er unter Bezugnahme auf die von ihm zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster die Auffassung, es sei eine andere rechtliche Wertung der ihm vorgehaltenen Geschehnisse vorzunehmen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vorgehaltenen Geschehnissen und Taten erfolgt damit gerade nicht. Aufgrund dieses Verhaltens des Beklagten muss von den Geschehensabläufen, wie sie die Klägerin in ihrer Klageschrift schildert, ausgegangen werden und der Nachweis eines schwerwiegenden Dienstvergehens als erbracht gelten. Diese tatsächlichen Umstände geben deshalb für das erkennende Gericht keinen Anlass für weitere Aufklärungsbemühungen (siehe hierzu auch BVerwG, Urteil vom 25.01.2007, 2 A 3.05, Rn. 38, juris).
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a.) So äußerte der Beklagte seinem Kollegen D. gegenüber wiederholt, dass das Ordnungswidrigkeitengesetz keine Gültigkeit habe, er Verkehrsteilnehmer deshalb nicht „abzocke“ und Haftbefehle mangels richterlicher Unterschrift nicht vollstreckbar seien (Vorhalt zu 1; Ziffer IV. 1 der Disziplinarklage).
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POM D. fertigte unter dem 17.03.2016 folgenden Aktenvermerk an (Bl. 19 ff, Beiakte A):
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„[…] Nach einigen Tagen sagte Herr A. in solchen Gesprächen, dass wir, also die Kollegen allgemein, viel zu viel tun, was von uns verlangt wird, ohne darüber nachzudenken. Wir sollten viel mehr hinterfragen. Auch Nachfrage, was er damit genau meint, erzählte er mir, dass wir die Bürger zu Unrecht „abzocken“ würden und er dies nicht tut. Diese „Abzocke macht er nicht mit“. Ich fragte ihn, wie er denn darauf kommt? Er antwortete mir, dass das Ordnungswidrigkeitengesetz gar nicht gültig sei, die könne man im Internet nachlesen. Weiter erzählte er mir dann auch, dass die BRD gar kein souveräner Staat ist sondern nur eine von den USA verwaltete GmbH. Wir würden unsere Arbeit oft nicht nach geltendem Recht verrichten. Als Beispiel hierfür nannte Herr A. die Haftbefehle, welche wir vollstrecken. Diese seien alle rechtswidrig, da sie nicht von einem Richter, sondern nur von Justizangestellten oder Rechtspflegern unterschrieben sind. Meine Frage an ihn, warum er dann Polizist ist, ließ er unbeantwortet. Weiter erzählte er mir dann, dass er auch einen „Gelbschein“ beantragt hat, damit er auch nachweisen kann, dass er ein Deutscher ist, wenn dies einmal erforderlich sein sollte. Dies könne man nur mit einem solchen Schein, da im Personalausweis nur die Nationalität deutsch vermerkt ist.
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Nachdem ich mir solche Reden mehrfach anhörte, sprach ich mit Frau POK´in W. darüber und bat darum, nicht mehr mit Herrn A. Dienst zu tun.“
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Soweit sich der Beklagte dazu in der gerichtlichen Überprüfung der Suspendierung (Verfahren 15 B 29/16) äußerte und diesen Vorhalt als "kreative Auslegung der Wahrheit" und die nach § 36 BeamtStG dem Beamten obliegende Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen zur Rechtfertigung anführte, greift dies nicht. Denn die dienstliche Verantwortung nach § 36 BeamtStG beschreibt die rechtliche Stellung im Beamtenverhältnis und steht im Zusammenhang mit den sonstigen im 6. Abschnitt des Beamtenstatusgesetzes genannten Rechte und Pflichten.
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So besteht nach § 35 BeamtStG die Weisungsgebundenheit und Unterstützungspflicht des Beamten gegenüber seinen Vorgesetzten, in deren Zusammenhang wiederum seine Pflicht zur Remonstration nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG zu sehen ist. Hat der Beklagte bereits derartige rechtliche Bedenken auf dem Dienstweg nicht vorgetragen, kann er den Schutz des § 36 BeamtStG nicht für die von ihm geäußerte Kritik an der staatlichen Gesetzgebung und bezweckten Infiltration der Kollegen mit dem der "Reichsbürgerbewegung" nahestehenden Gedankengut beanspruchen (VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; juris).
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b.) Schließlich waren diese Äußerungen auch nicht auf Einzelfälle dem Kollegen D. gegenüber beschränkt. Vielmehr hat der Beklagte derartige Äußerungen zur Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland und der davon ausgehenden staatlichen Gewalt auch gegenüber den Kollegen E. und F. (Vorhalt zu 3; IV. 6./7. der Disziplinarklage), Walter (Vorhalt 5, IV 12 der Disziplinarklage) und H. (Vorhalt 6, IV. 14 der Disziplinarklage) bei der Ausübung staatlicher polizeilicher Vollstreckungshandlungen, nämlich der Vollstreckung von Haftbefehlen gegenüber seiner Lebensgefährtin oder sonstiger polizeilicher Handlungen, geäußert.
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Die Beamten E. und F. seien keine Deutsche, weil sie keinen sog. "gelben Schein" hätten, nämlich den Staatsangehörigkeitsausweis (Vorhalt zu 3; IV. 6./7. der Disziplinarklage).
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POM E. äußerte sich in seiner behördlichen Zeugenvernehmung am 14.06.2016 (Bl 191 ff, Beiakte A):
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"[…] Seiner Aussage nach hätten wir gar keine Ahnung von Haftbefehlen, da diese von einem Richter unterschrieben sein müssten und nicht von einer Rechtspflegerin. Außerdem gehört die Unterschrift auf die rechte Seite und nicht auf die linke.
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Weiter sage er uns noch, dass wir eh keine Deutschen sind, er allerdings einen "gelben Schein" besitzt. Daraufhin sage ich dem PHM A., dass ich der Meinung bin, dass mit ihm kein vernünftiges Gespräch zu führen ist und die Maßnahme für mich an dieser Stelle vorerst beendet ist. Zu dem Zeitpunkt standen auch Leute auf der Straße, die das sicher mitbekommen haben.
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[…].
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Ich hatte nach unserer Haftbefehlssache auch darum gebeten, dort nicht nochmal hingeschickt zu werden."
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Zum Vorhalt Nr. 5 (IV.12 der Disziplinarklage) äußerte der Beklagte PK G. gegenüber, dass er sich mit der "UN-Resolution von 54" beschäftigen solle. Erneut wurde die Gültigkeit des Haftbefehls mit den bekannten Formulierungen nicht anerkannt (Vermerk des KOK K. v. 21.10.2016, Bl. 284, Beiakte A).
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c.) Tatsächlich ist dem Beklagten ein Staatsangehörigkeitsausweis am 07.04.2015 ausgestellt worden. In dem Antrag gab er zu Wohnsitz, Aufenthalts- und Geburtsangaben "Preußen/Preußen (Deutschland_als_Ganzes" an (Bl. 64 ff, Beiakte A).
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Dieses objektiv feststellbare Verhalten zeigt ebenfalls das Festhalten an überkommenen staatlichen Strukturen und damit die Ablehnung und Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Es ist gerichtsbekannt, dass eine solche Antragstellung oder im Ablehnungsfall sogar Klageerhebung von Kreisen sogenannter Reichsbürger zur Durchsetzung ihrer staatsnegierenden Einstellung vorgenommen wird und im Regelfall das Sachentscheidungsinteresse wegen Missbräuchlichkeit abgesprochen wird (vgl. nur: VG Magdeburg, Urteil v. 09.09.2016, 1 A 88/16; VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; OVG NRW, Beschl. v. 22.03.2017, 3d 296/17.O; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018, 38 1841/18. BDG; VG Ansbach, Beschl. v. 28.12.2017, AN 13 a DS 17.01351 und Urteil v. 29.11.2018, AN 13a D 18.00600; VG Potsdam, Urteil v. 14.03.2016, 8 K 4832/15; alle juris).
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Für eine derartige Antragstellung gab es im Fall des Beklagten keinen nachvollziehbaren Grund. Es ist auch nicht etwas deshalb eine andere Bewertung der Angelegenheit geboten, weil ihm der Staatsangehörigkeitsausweis von der zuständigen Behörde ausgestellt wurde. Seitens des Dienstherrn wurde und wird an der Eigenschaft des Klägers als Deutscher im Sinne des Art. 116 GG; § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG als Ernennungsvoraussetzung nie gezweifelt. Seine Einlassung in der Antragserwiderung vom 19.10.2016 im gerichtlichen Suspendierungsverfahren, dass der Bundespersonalausweis und der Reisepass kein sicherer Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit seien und er die "im Grundgesetz Art. 116 Abs. 1 niedergeschriebenen Rahmenbedingungen, nachdem ich Kenntnis davon erlangt habe" und "die Erfordernisse des Beamtenstatusgesetz § 7 Abs. 1 Satz 1 umgesetzt" habe, ist weder geeignet, noch ansatzweise nachvollziehbar ein solches Verhalten in einem anderen Sinne zu deuten (VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; juris).
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d.) Der oben unter Nr. 2 (Ziffer IV.4 der Disziplinarklage) dargestellte und belegte Sachverhalt, nämlich die Verwendung von Aufklebern auf zurück geschickten amtlichen Schreiben "Kein Vertragsverhältnis", "Fehlende Rechtsgrundlage" sowie "Zurückweisung" (Bl. 12 ff, Beiakte A) und der Zusatz auf einer Überweisung "unter Vorbehalt gültiger Gesetzte" (Bl. 149, Beiakte A) belegt zudem das staatsnegierende Gedankengut des Beklagten.
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Die Verwendung derartiger Fantasieaufkleber ist als Deklaration reichsideologischen und damit staatsablehnenden Gedankengutes allgemein- und gerichtsbekannt und verdeutlicht einmal mehr, dass der Beklagte sich nicht an die existierende Rechts- und Wertordnung der Bundesrepublik Deutschland gebunden fühlt (VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; VG Trier, Urteil v. 14.08.2018, 3 K 2486/18. TR; beide juris).
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e.) Gleiches gilt für den oben unter Nr. 4 (Ziffer IV.10 und 13 der Disziplinarklage) genannten Sachverhalt betreffend "Aktivierung der Landgemeinde K. und W." und Anerkennung der sogenannten "Samtgemeinde A." nach vorkonstitutionellem deutschen und gültigem Recht und der Verwendung entsprechender Siegel und Stempel (Sonderheft 6; Informationssammlung "Alte Marck").
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In den dortigen Unterlagen tritt der Beklagte durch Unterschriftsleistung mehrfach in Erscheinung (Bl. 151 ff Beiakte A). Nach den Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörde stellen auch derartige Anliegen ein typisches Vorgehen der sogenannten "Reichsbürger" dar (Schreiben des MI LSA v. 01.06.2016 an die Antragsgegnerin; Bl. 151, Beiakte A; Bl. 326 ff, Beiakte B).
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Unter dem 03.11.2016 (Bl. 326 ff Beiakte B) wurden durch das Ministerium für Inneres und Sport Sachsen-Anhalt weitere Erkenntnisse des Landeamtes für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt übermittelt. Anlass war ein Schreiben der " Samtgemeinde A." vom 26.07.2016, welches nach auswertender Darstellung des Verfassungsschutzes klassische Argumentationen der "Reichsbürger" beinhalte. Bei der " Samtgemeinde A." handele es sich vermutlich um sogenannte "Selbstverwalter".
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f.) Schließlich belegen auch die Feststellungen zu Vorhalt Nr. 6 (IV. 14 der Disziplinarklage), dass der Beklagte nicht gewillt ist, die staatliche Autorität anzuerkennen.
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POK H. gab in seinem Bericht vom 19.11.2016 zu den Vorkommnissen am 05.11.2016 an (Bl. 342 ff, Beiakte B):
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"[…] Außerdem äußerte er [der Beklagte] gegenüber dem Unterzeichner, dass er mittlerweile "eine wesentlich fundiertere Rechtskenntnis" habe. Auf derartige Diskussionen und Anspielungen wurde nicht eingegangen.
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Während der Verkehrskontrolle wurde weiterhin festgestellt, dass an beiden amtlichen Kennzeichentafeln des zu kontrollierenden PKW´s die EU-Zeichen jeweils mit einem runden Aufkleber abgeklebt waren. Auf den Aufklebern befand sich in altdeutscher Schrift die Aufschrift: " Samtgemeinde A.". Weiterhin war ein leicht abgeänderter Reichsadler des Königreichs Preußen abgebildet.[…]. Weiterhin wurde er aufgefordert die Aufkleber von den Kennzeichen zu entfernen. Herr A. zeigte auch diesbezüglich seine fehlende Einsicht. Er gab an, dass das amtliche Kennzeichen im Eigentum des Fahrzeughalters stehen würde und er hiermit machen könne, was er wolle. Außerdem gab er wörtlich an, dass es sich bei der " Samtgemeinde A. um eine durch das Land Sachsen-Anhalt anerkannte Glaubensgemeinschaft" handeln würde. Sinngemäß verglich er diese "Glaubensgemeinschaft" mit anderen Religionen, die sich frei entfalten dürften. Auch auf diese Äußerungen wurde durch die handelnden Beamten nicht weiter eingegangen. Der Aufforderung die Aufkleber zu entfernen, kam Herr A. ebenfalls nicht nach."
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3.) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 22.05.1975, 2 BvL 13/73; juris) setzt die - für jede Art von Beamtenverhältnis geltende - Verfassungstreue bei Beamten mehr als nur eine formal-korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle sowie innerlich distanzierte Haltung gegenüber den wesentlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes voraus. Das folgt aus den Worten „bekennen“ und „eintreten“, die den Beamten gerade zur Aktivität verpflichten.
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Demgegenüber stellt das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, keine Verletzung der politischen Treuepflicht dar. Der Tatbestand ist erst erfüllt, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (BVerwG, Beschl. v. 17.05.2001, 1 DB 15/01; VG Münster, Urt. v. 19.02.2013, 13 J 1160/12.O; beide juris).
75
Die daraus resultierende Pflicht umfasst zudem die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was geeignet ist, den Anschein zu erwecken, verfassungsfeindliche Ansichten Dritter zu teilen oder zu fördern. Der Beamte ist im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem, zudem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Bestrebungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Schon das zurechenbare Setzen eines solchen Scheins stellt eine disziplinarrechtlich bedeutsame Dienstpflichtverletzung dar. Diese Annahme ist ohne Verstoß gegen die verfassungsrechtlich verbürgte Unschuldsvermutung dann möglich, wenn das „den bösen Schein“ begründende Verhalten geeignet ist, die Akzeptanz oder Legitimation staatlichen Handelns zu beeinträchtigen (vgl. VG B-Stadt, Beschl. v. 25.10.2006, 7 A 79.06 zum Fall der Verbreitung einer rechtsradikalen Musik-CD; juris). Pflichtwidrig handelt also auch der, der kein Gegner der freiheitlich demokratischen Grundordnung ist, durch konkretes Handeln aber diesen Anschein hervorruft (BVerwG, Beschl. v. 17.05.2001, 1 DB 15.01; VG B-Stadt, Beschl. v. 05.04.2007, 80 Dn 43.06; insg.: VG Magdeburg, Beschl. v. 02.11.2016, 15 B 29/16; alle juris).
76
Dabei gelten die Ausführungen zur Definition der verfassungsrechtlichen politischen Treuepflicht nach Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ebenso für die beamtenrechtliche Pflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG (BVerwG, Beschl. v. 17.05.2001, 1 DB 15.01; juris).
77
a.) Die Verwirklichung dieser disziplinarrechtlich relevanten Verfehlungen steht stets im Wertungsverhältnis zwischen dem hohen Gut der verfassungsmäßigen Treuepflicht als Kernpflicht und der weniger schwerwiegenden bloßen Ansehensschädigung als Ausprägung der allgemeinen Wohlverhaltenspflicht als Auffangpflicht eines jeden Beamten. Deshalb ist allein die Nähe oder Zugehörigkeit zu der ideologischen Idee der "Reichsbürger" oder sonstiger die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gesetzte ablehnen Gruppierungen, jedenfalls für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, nicht ausreichend. Die Zugehörigkeit stellt allenfalls ein Indiz für die Begehung des Pflichtenverstoßes dar. Deshalb erscheinen, auch die in den Entscheidungen der Disziplinargerichte zu findenden zahlreichen und umfassenden Ausführungen zu dem ideologischen Gedankengut der "Reichsbürgerbewegung" wenig hilfreich (vgl. zu dieser Ideologie und Abgrenzung nur: VG Ansbach, Urteil v. 29.11.2018, AN 13a 18.00600; VG Münster, Urteil v. 26.02.2018, 13 K 768/17.O; VG Trier, Urteil v. 14.08.2018, 3 K 2486/18. TR; VG Düsseldorf, Beschluss v. 29.08.2018, 38 L 1841/18.BDG; alle juris).
78
Die Handlungsbreite, in der Pflichtverletzungen zur Verfassungstreue (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und/oder eine Ansehensschädigung im Rahmen der Wohlverhaltenspflicht (§ 34 Satz 3 BeamtStG) denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden könnte.
79
Dabei muss aber auch bemerkt werden, dass es sich bei Verstößen gegen die Verfassungstreue - jedenfalls nach dem Linksextremismus der westdeutschen 70iger Jahre (Stichwort: Radikalenerlass) - in letzter Zeit überwiegend um solche politisch motivierten handelt, die eine Nähe zum Nationalsozialismus und damit eine rechte oder rechtsradikale Gesinnung bedeuten. Zu betrachten sind daher stets die besonderen Umstände des Einzelfalls unter Beachtung der bisherigen Rechtsprechung der Disziplinargerichte (VG B-Stadt, Beschl. v. 05.04.2007, 80 Dn 43/06; juris).
80
Dies sieht das Verwaltungsgericht Münster in seinen Urteilen v. 26.02.2018 (13 K 76(/17.O; juris) und 10.07.2017 (13 K 5475/16.O; juris) zutreffend und verweist auf die von der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts G-Stadt mitentwickelte Rechtsprechung:
81
So hat das Verwaltungsgericht Magdeburg bezüglich eines beamtenrechtlichen Verbotes der Führung der Dienstgeschäfte wegen der Äußerung eines Justizvollzugsbeamten: „Die kann man nicht mehr behandeln, die kann man nur noch vergasen“, eine (bloße) Ansehensschädigung des Justizvollzugsdienstes und des gesamten Berufsbeamtentums angenommen (Beschl. v. 16.11.2009, 5 B 279/09 MD, bestätigt durch OVG LSA, Beschl. v. 22.12.2009, 1 M 87/09; beide juris).
82
In seinem Urteil vom 01.12.2011 (8 A 18/10 MD; juris) stellt die Disziplinarkammer fest, dass auch ein Nichteinschreiten eines ehrenamtlichen Bürgermeisters gegen eine in seinem Beisein vorgenommene Handlung des Straftatbestandes der Volksverhetzung (Sommersonnenwendfeier, Bücherverbrennung) eine beamtenrechtliche Pflichtenverletzung hinsichtlich des Wohlverhaltens darstellen kann, jedoch wegen der Besonderheiten im Einzelfall keine Entfernung ausgesprochen.
83
Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat in einem Urteil vom 15.04.2010 (10 L 4/09; n. v.) hinsichtlich eines Polizeivollzugsbeamten, welcher zu einem Angelausflug unter der Überschrift „Operation Weserübung“ (Tarnname für den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Norwegen) eingeladen hat, die vom erkennenden Disziplinargericht (Urt. v. 10.11.2009, 8 A 11/09 MD; n. v.) festgestellte Ansehensschädigung bestätigt, die ausgesprochene Degradierung aber in eine Gehaltskürzung abgemildert.
84
Die Äußerung eines Polizeibeamten „halte die Hand wie beim bösen Adolf“ bei der erkennungsdienstlichen Behandlung hat das Disziplinargericht wegen der damit bezweckten Assoziation zum Hitlergruß als Ansehensschädigung des Berufs der Polizeibeamten gewürdigt und den Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht mit einer Geldbuße geahndet (VG Magdeburg, Urt. v. 23.01.2013, 8 A 21/12; juris).
85
Die Kammer hat die Suspendierung eines ehrenamtlichen Bürgermeisters wegen einer Ansehensschädigung bestätigt, weil dieser wegen nachhaltiger und dauerhafter Äußerungen und Handlungen den Anschein erweckte, sich mit dem Nationalsozialismus selbst oder mit solchen Kräften zu identifizieren, die dem Vorschub leisten (Beschl. v. 26.08.2013, 8 B 13/13; juris).
86
(...)
87
Das Absingen von Wehrmachtliedern durch einen Polizeivollzugsbeamten in einem Zug der Bahn als Hooligan eines Fußballvereins stellt ein außerdienstliches Dienstvergehen und eine Ansehensschädigung der Polizei als Verstoß gegen die allgemeine beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht dar (VG Magdeburg, Urteil v. 27.09.2018, 15 A 41/16; juris).
88
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Fall eines Lehrers (Urt. v. 28.11.2001, 16 D 00.2077; juris), nachdem dieser bereits wegen Verharmlosung des Nationalsozialismus disziplinarrechtlich mit einer Degradierung belastet war, aufgrund seiner Vorbelastung nach Eintritt des Wiederholungsfalls und nach Feststellung völliger Uneinsichtigkeit die Entfernung aus dem Dienst verhängt. Hinsichtlich der Berufsgruppe der Polizeibeamten sind vorwiegend disziplinarrechtliche Entscheidungen mit dem Disziplinarmaß der Zurückstufung bzw. Degradierung unter Berücksichtigung des Vorliegens von Entlastungs- und Milderungsgründen zu finden (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 11.07.2007, 16 a D 06.2094 mit Bestätigung des VG München, Urt. v. 26.06.2006, M 19 D 06.1360; beide juris).
89
Das Bundesverwaltungsgericht hob die vorläufige Dienstenthebung eines BGS-Beamten (Beschl. vom 17.05.2001, 1 DB 15.01; juris) auf, weil eine Entfernung aus dem Dienst allein wegen des Verstoßes gegen die beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht nicht in Betracht kommt. Die bloße Teilnahme an Feiern und Konzerten der Skinhead-Szene und das Tragen eines Siegelringes mit SS-Runen stellen keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue dar.
90
Der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat in dem Beschluss vom 18.11.2003 (2 WDB 2.03; juris) die vorläufige Dienstenthebung wegen des Einbringens zahlreichen NS-Propagandamaterials in dienstliche Einrichtungen und Unterkünfte aufrechterhalten.
91
Das Verwaltungsgericht Münster beschäftigte sich im Urteil vom 19.02.2013 (13 K 1160/12.0; juris) mit der beamtenrechtlichen Verfassungstreuepflicht und der Wohlverhaltenspflicht bei der Teilnahme an der „Rechten Szene“ zuzuordnenden Veranstaltungen und verweist auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Beamten, was bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen ist.
92
Auch das Verwaltungsgericht B-Stadt sah in dem Beschluss vom 05.04.2007 (80 Dn 43/06; juris) aufgrund des Vorliegens von Entlastungs- und Milderungsgründen bei einem Polizeibeamten trotz des disziplinarrechtlichen Pflichtenverstoßes der Verharmlosung und Verherrlichung der NS-Judenvernichtung Milderungsgründe, die den Ausspruch der Höchstmaßnahme nicht erwarten ließen, so dass die vorläufige Dienstenthebung aufgehoben wurde.
93
Das Oberverwaltungsgericht B-Stadt-Brandenburg entschied (Urteil v. 01.04.2014, OVG 81 D 2.12, juris), dass bei einem Kriminalkommissar, der an zwei Veranstaltungen der rechten und rechtsextremen Szene teilnahm, aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls bei der Annahme, dass keine greifbaren Hinwiese für eine rechte oder rechtsextreme Gesinnung und keine Vorbelastung vorliegen, das Dienstvergehen mit einem Verweis zu ahnden ist.
94
Aus den im Jahr 2018 ergangenen disziplinarrechtlichen Entscheidungen zur "Reichsbürgerbewegung" seien genannt: Das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil v. 29.11.2018, AN 13a D 18.00600; juris) hat einen Bundespolizisten wegen Verletzung der Treuepflicht aus dem Dienst entfernt, weil dieser einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragte, die Tötung eines Polizeibeamten durch einen "Reichsbürger" leugnete, an "Reichsbürgertreffen" teilnahm und das Ordnungswidrigkeitengesetz als aufgehoben ansah. Das VG Düsseldorf (Beschluss v. 29.08.2018, 38 L 1841/18.BDG; juris) und das OVG NRW sahen auch bei einem Lokführer die Verletzung der Treuepflicht unter anderem dadurch an, dass er als Schöffe Fantasieaufkleber der "Reichsbürgerbewegung" benutzte, im Besitz eines Staatsangehörigkeitsausweises war und sprachen die Höchstmaßnahme aus. Ebenso erkannte das VG Trier (Urteil v. 14.08.2018, 3 K 2486/18. TR; juris) bei einem Polizeibeamten, welcher (nur) die bekannten Fantasieaufkleber verwandte.
95
b.) Gemessen an diesen Maßstäben hat das erkennende Disziplinargericht keine Zweifel daran, dass der Beklagte aufgrund der Vielzahl der vorgehaltenen Handlungen gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen hat und nicht etwa nur eine bloße Ansehensschädigung im Rahmen seiner allgemeinen beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflicht anzunehmen ist. Der Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue stellt dabei als Kernpflichtverletzung den schwereren Verstoß dar und beinhaltet als lex specialis gleichsam die Ansehensschädigung (vgl. zuletzt: VG Magdeburg, Urteil v. 27.09.2018, 15 A 41/16; juris).
96
Der Beklagte leugnet hartnäckig über einen langen Zeitraum hinweg die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gesetze. Diese vielfältigen Verhaltensweisen stellen nicht gerade nur eine einmalige, einer Frustration gegenüber als missliebig empfundenen staatlichen politischen Verhältnissen geschuldete, zulässige kritische Handlungen dem Rechtsstaat gegenüber dar. Bei dem Beklagten handelt es sich nicht um einen zu belächelnden Sonderling mit querulatorischen Vorgehensweisen oder einen andersdenkenden „Wutbürger“. Vielmehr sind alle Handlungen wohldurchdacht und drücken seine innere Abkehr von den herrschenden staatlichen freiheitlich-demokratischen Strukturen aus. Er stellt sich damit immer wieder bewusst außerhalb der staatlichen Ordnung, obwohl er und insbesondere als Polizeivollzugsbeamter verpflichtet ist diese zu wahren, zu verteidigen und durchzusetzen. Deshalb erhält er von dem Land Sachsen-Anhalt im Gegenzug dafür eine lebenslange staatliche Alimentation.
97
Aufgrund der Vielzahl der vom Beklagten vorgenommenen unterschiedlichen Handlungen in Wort und Tat sowie deren Intensität, verbietet sich die vom Beklagten angestellte Gleichsetzung zu den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Münster vom 10.07.2017 (13 K 5475/16.O; juris) und vom 26.02.2018, (13 K 768/17.O; juris). Denn den dort jeweils ausgesprochenen Disziplinarmaßnahmen eines Verweises lagen einmalige Dienstvergehen der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises in "reichsbürgerähnlicher Manier" zugrunde, welches das Disziplinargericht – zutreffend – nicht als Verletzung der Verfassungstreuepflicht sondern (nur) als Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht würdigte. Die dortigen Sachverhalte und Maßnahmebemessungen sind demnach mit dem hiesigen Fall des Beklagten in ihrer Schwere nicht zu vergleichen.
98
4.) Für die danach hier einschlägigen Dienstpflichtverletzungen der "Reichbürger" und sonstiger "staatsnegierender Organisationen" gibt es - noch - keine disziplinare Regelrechtsprechung, die die Annahme der Entfernung aus dem Dienst prognostiziert. Gleichwohl lässt sich mit zunehmender Beschäftigung der Disziplinargerichte mit diesem Themenkomplex gerade in den letzten Jahren eine klare Tendenz zum Ausspruch der Höchstmaßnahme erkennen (vgl. vorstehende Aufzählung).
99
(...)
100
a.) Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerk-malen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhal-tens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
101
Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Disziplinarkammer die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d. h. die für die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbezieht. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis des Disziplinargerichts als einem Mittel der Funktionssicherheit des öffentlichen Dienstes. Dabei findet der Grundsatz „in dubio pro reo“ Anwendung. Die Disziplinargerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zu Gunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 25.01.2018, 15 A 17/17; Urt. v. 27.10.2011, 8 A 2/11 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 27.01.2011, 2 A 5.09; BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11/10, OVG Lüneburg, Urt. v. 14.11.2012, 19 LD 4/11; ausführlich; VG Magdeburg, Urt. v. 17.10.2013, 8 A 6/13; VG Magdeburg, Urteil v. 27.09.2018, 15 A 41/16; alle juris).
102
(...)
103
Bereits im gerichtlich überprüften Suspendierungsverfahren des Beklagten führte das erkennende Disziplinargericht aus, dass gerade im Vergleich zu den bislang vom Disziplinargericht ebenfalls im Eilverfahren entschiedenen "Reichsbürger-Verfahren" (Beschlüsse vom 16.03.2015, 8 B 2/15; 8 B 3/15; 8 B 4/15; 8 B 5/15; juris), das Disziplinargericht vorliegend einen in quantitativer und qualitativer Weise hinsichtlich der Schwere der jedenfalls verursachten Ansehensschädigung erheblichen Unterschied sieht. Vorliegend handelte der Beklagte bewusst und vertritt seine Auffassung nach wie vor auch nach außen, infiltriert Kollegen und bewegt sich in Kreisen der "Reichsbürgerbewegung". Ein Irrtum oder sonstige Rechtfertigungs- und Schuldausschließungs-, Entlastungs- oder Milderungsgründe, wonach dem Beamten die Tragweite und Konsequenz seines Handels nicht bewusst war oder in einem milderen Licht erscheinen ließen, sind überhaupt nicht erkennbar. Wie ausgeführt, kann der Beamte den Schutz des Remonstrationsrechts nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG nicht beanspruchen. Von einer "Fehlinterpretation bezüglich eines fraglich unterstellten Gedankengutes" mit der Folge der "Teilnichtigkeit" der Verfügung, sodass sich der Beklagte "diskriminiert und diskreditiert" fühlen dürfte, wie er in der Antragserwiderung vom 19.10.2016 ausführt, kann gerade nicht ausgegangen werden.
104
Dies gilt nach wie vor auch für die Disziplinarklage. Der Beklagte infiltriert Kollegen und versucht sie von staatlichen polizeilichen Amtshandlungen abzuhalten. Er ist unbelehrbar und hält unbeirrt an seiner Überzeugung fest. So äußerte er auch noch nach Erhalt der beglaubigten ablehnenden gerichtlichen Beschlüsse über seine Anträge gegen die vorläufige Dienstenthebung (15 B 29/16; juris; 15 B 32/16) dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts G-Stadt gegenüber:
105
"Bezüglich der mir […] zugesandten Beschlüsse […] kann ich keine rechtswirksame Entfaltung erkennen. Laut der höchstgesetzlichen Rechtsnorm ist es gemäß § 126 (1) BGB "ist durch das Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigter Handzeichen unterzeichnet sein." Da die Beschlüsse zu den o.g. Aktenzeichen rechtserhebliche Schriftstücke darstellen, jedoch die Unterschriften der beschließenden Richter fehlen ist wie bereits erwähnt, keine Rechtswirksamkeit zu erkennen. Bei diesen Beschlüssen wird lediglich durch die Justizangestellte Frau E.. der Text in den Beschlüssen beglaubigt, jedoch nicht die dienstliche Handlung der in Druckbuchstaben hinzugefügten Richter (Beamte). In Anbetracht dessen fordere ich rechtswirksame Beschlüsse ein, welche die Verantwortung der dienstlichen Handlung der namentlich genannten Richter erkennen lassen."
106
(...)
107
In der Gesamtschau ist durch das schwere Dienstvergehen ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten, der den Beklagten im Beamtenverhältnis als untragbar erscheinen lässt.
108
Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang der Dienstherr aber auch die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen würde. Dies unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.03.2012, 2 A 11.10 mit Verweis auf Urteile v. 20.10.2005, 2 C 12.04, v. 03.05.2007, 2 C 9.06 und v. 29.05.2008, 2 C 59.07; zuletzt: VG Magdeburg, Urt. v. 30.04.2013, 8 A 18/12; Urteil v. 15.11.2016, 15 A 10/16; alle juris).
109
Von einem Polizeivollzugsbeamten ist als Repräsentant der staatlichen Ordnung zu erwarten, dass er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der staatlichen Gesetzte uneingeschränkt respektiert und sein polizeiliches dienstliches und außerdienstliches Handeln danach bestimmt. Die Bürger und damit die Öffentlichkeit begegnen einem gegen diese Ordnung agierenden Polizeivollzugsbeamten mit Unverständnis und Misstrauen. Das wiederum führt zu einem schweren Vertrauensschaden des Berufs des Polizeivollzugsbeamten, der Polizei und der gesamten staatlichen Ordnung.
110
Die nach alledem dienstrechtlich notwendige Entfernung aus dem Dienst verstößt nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Denn disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist für den Dienstherrn - hier die Klägerin - die einzige Möglichkeit, das sonst nicht lösbare auf Lebenszeit angelegte Dienstverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr allein auf einem ihm zurechenbaren Verhalten (BVerwG, Urt. v. 21.06.2000, 1 D 49.99; insg.: VG Magdeburg, Urteil v. 15.11.2016, 15 A 10/16; alle juris).