Bei allem Ärger um die umfassbare Trantütigkeit der Staatsanwaltschaft. Die Einstellung ist jedenfalls vertretbar, weil imho eine Verurteilung im ursprünglichen Umfang mit einer halbwegs brauchbaren Verteidigung nach Maßgabe der BGH-Revisionsentscheidung vermutlich nicht zustande gekommen wäre. Das ist zwar ein Stück weit - entsprechend der Jahreszeit -
Spoiler
"1. Das Landgericht konnte nur zur Verurteilung wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften kommen, weil es angenommen hat, dass die sog. „Nachrangabrede“ unwirksam sei. Das liegt daran, dass bei einer wirksamen Nachrangabrede (schon) kein Bankgeschäft vorliegt (vgl. BGH a.a.O., Rn. 19). Das heißt:
Wirksame Nachrangabrede = kein Bankgeschäft = keine Strafbarkeit wegen unerlaubten Bankgeschäfts.
Unwirksame Nachrangabrede = Bankgeschäft = Strafbarkeit unter weiteren Voraussetzungen möglich.
Das Landgericht hat die Nachrangabrede als unwirksam angesehen. Die behauptete Unwirksamkeit nach Maßgabe der Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen hat das LG allerdings - euphemistisch formuliert - eher knapp begründet. Nach Auffassung des BGH begegnet indes die „Annahme der Strafkammer, die in die ‚Kapitalüberlassungsverträge’ aufgenommene Nachrangabrede sei ‚unwirksam’, durchgreifenden rechtlichen Bedenken“ (Rn. 18). Das Landgericht habe nicht festgestellt, dass es sich überhaupt um eine sog. „überraschende Klausel“ im Sinne der Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die unwirksam ist, weil man mit ihr nicht rechnen muss. Insoweit hätte sich das LG nach Ansicht des BGH „damit befassen müssen, dass es sich bei den ‚Kapitalüberlas- sern’ nicht um am allgemeinen Kapitalmarkt agierende profitorientierte Anleger handelte, sondern um Personen, die mit den Zielen des Angeklagten sympathisierten und denen es darauf ankam, die bereits geschaffenen oder noch einzurichtenden gemeinnützigen Projekte der Gemeinschaft zu fördern“ (Rn. 23). Soweit gleichwohl eine überraschende Klausel zu bejahen sein sollte, wäre außerdem weiter zu prüfen gewesen, ob Hinweise auf die Klausel oder eine etwaige Erörterung den „Überraschungseffekt“ beseitigten. Außerdem hat der BGH (schon) grundsätzliche Zweifel am Vorliegen einer „Einlage“ (Rn. 26).
2. Mit Blick auf die Frage des unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften gibt der BGH sodann noch einige deutliche Hinweise, worauf es weiter ankommt:
a) Die Frage nach der Wirksamkeit der Nachrangabrede ist auch nach Maßgabe des „Transparenzgebots“ und dem Verbot einer unangemessenen Benachteiligung (vgl. § 307 Abs. 1 BGB) zu beantworten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Kapitalgeber von der Motivation leiten ließen, mit der Hingabe ihres Geldes den Angeklagten, seine unabhängige und autarke Gemeinschaft und deren Ziele und Interessen [zu] unterstützen“ (Rn. 32).
b) Andererseits könnte der Wirksamkeit der Nachrangabrede entgegenstehen, dass es sich um eine nur zum Schein getroffene Vereinbarung handelte. Dabei sei zu berücksichtigen, „dass eine vertragliche Regelung nicht gleichzeitig bankenaufsichtsrechtlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein kann“ (Rn. 33).
c) Die komplizierten Fragen zu der Nachrangabrede führen unmittelbar in eine „Irrtumsproblematik“: Wie wäre es, wenn der Angeklagte eine unwirksame Nachrangabrede (= Bankgeschäft) für wirksam (= kein Bankgeschäft) gehalten hätte? Hierzu bemerkt der BGH, dass (nur) ein Verbotsirrtum, nicht aber ein sog. Tatbestandsirrtum vorläge, so dass es auf dessen Vermeidbarkeit ankäme. Hier wäre zu erwägen, ob nicht sogar die Vermeidbarkeit (ausnahmsweise) aufgrund des Hinweises der BaFin auf ein fehlendes Bankgeschäft zu verneinen wäre (Rn. 34).
Vor diesem Hintergrund erscheint äußerst fraglich, ob das Landgericht daran vorbeikommt, eine Einlage, jedenfalls aber eine unwirksame Nachrangabrede zu verneinen. Sofern sich nicht Anhaltspunkte für ein „Scheingeschäft“ ergeben, würde eine Unwirksamkeit der Nachrangabrede nach Maßgabe von § 307 BGB zudem in die Frage münden, ob der Angeklagte dies wissen konnte und damit rechnen musste. Hier ergeben sich auch zahlreiche Anknüpfungspunkte für einen geschickten Verteidiger. Ich lehne mich mal aus dem Fenster: Eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften wird kaum zum Stehen zu Bringen sein.
3. Mit Blick auf den Straftatbestand der Untreue bezweifelt der BGH, dass der Angeklagte mit der Entgegennahme von „Darlehen“ eine „Vermögensbetreuungspflicht“ („Eine inhaltlich herausgehobene Pflicht des Angeklagten, die Vermögensinteressen seiner im qualifizierten Nachrang stehenden Darlehensgeber wahrzunehmen“) übernommen hat. Da es sich aber nicht um Schenkungen oder Spenden handelte, sollten sich diese Zweifel im Ergebnis ausräumen lassen.
Meine Prognose: Im Ergebnis bleibt allenfalls eine Verurteilung wegen Untreue. Das ist angesichts der Summe auch kein Bagatelldelikt. Eine rechtskräftige Verurteilung wird allerdings dauern, sofern nicht der Tatvorwurf „Bankgeschäft“ schlicht durch Einstellung erledigt wird. Die verbleibende Strafe dürfte dann durch die U-Haft abgegolten sein. Allzuviel wird man sich daher von dem neuen Verfahren kaum erhoffen dürfen."
Diese Einschätzung liegt offenbar auch der jetzt erfolgten ("vorläufigen") Einstellung zugrunde. Wegen der Unschuldsvermutung kommt daher auch in Betracht, die erlittene U-Haft anzurechnen. Das ist aber nicht zwingend und bleibt abzuwarten.