Autor Thema: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis  (Gelesen 2078 mal)

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Offline Gutemine

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Ein wirklich interessanter Ansatz um rechtsextreme Konzerte und Versammlungen zu verbieten.

Spoiler
Kein zweites Unterwasser - St. Gallen will rechtsextreme Konzerte verbieten

Die Regierung des Kantons St. Gallen legt einen Entwurf für ein Versammlungsverbot vor. Sie beschreitet damit Neuland.

Autor: Michael Breu

Gestern, 16:47 Uhr
Aktualisiert um 17:17 Uhr

Unterwasser im St. Galler Toggenburg: Im Herbst vor zwei Jahren trafen sich hier über 5000 Rechtsradikale aus halb Europa zu einem Konzert. Hitlergrüsse waren zu sehen, Sieg-Heil-Rufe zu hören. Die Schweiz war schockiert.

Wie konnte das passieren? Die Polizei war über den Anlass nicht informiert und musste sich auf die Verkehrsregelung und die Beobachtung rund um den Veranstaltungsort beschränken. Kritisiert wurde deshalb der St. Galler Polizeidirektor Fredy Fässler; mit der Aufforderung, ein Gesetz auszuarbeiten, um extremistische Veranstaltungen künftig verbieten zu können.
Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein wichtiges Gut

Das war ganz im Sinne des SP-Regierungsrates. Fässler sagt: «Wir wollen keine derartigen Veranstaltungen in unserem Kanton.» Nun liegt der Entwurf für ein solches Veranstaltungsverbot vor. Darin heisst es:

    Die Durchführung einer Veranstaltung, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und dadurch die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, ist verboten.
    Autor: VersammlungsverbotGesetzesentwurf

Eine solche Formulierung kennt man so in der Schweiz noch nicht. Mit dem Versammlungsverbot wolle er aber keinesfalls ein Gesinnungsstrafrecht einführen, sagt Fässler: «Wir respektieren ausdrücklich Meinungsäusserungs-, Versammlungs- und künstlerische Freiheit.»

Aber dazu gehörten keinesfalls Hitlergrüsse und Sieg-Heil-Rufe wie vor zwei Jahren in Unterwasser. Fässler sagt klipp und klar: «Ich will nicht, dass im Kanton St. Gallen Konzerte durchgeführt werden können, bei denen Hitler verherrlicht wird. Darum will ich solche Veranstaltungen auflösen können.»
Auflösen besser als nachträgliche Strafen

Mit dieser Verbotsklausel betritt St. Gallen Neuland. Bis anhin war es üblich, dass die Veranstalter erst im Nachhinein sanktioniert wurden. Doch dann sei es zu spät, sagt der Polizeidirektor: «Es geht mir nicht darum, nachträglich zu sanktionieren, sondern ich will solche Veranstaltungen einfach nicht mehr sehen. Und mit dieser klaren gesetzlichen Grundlage hat unsere Polizei die Möglichkeit, solche Veranstaltungen dann auch aufzulösen.»

Die ersten Reaktionen auf das geplante Verbot für extremistische Veranstaltungen sind positiv: Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus begrüsst die Vorreiterrolle des Kantons St. Gallen.
Andere Kantone werden den Vorschlag prüfen

CVP und GLP, die im St. Galler Kantonsparlament das Gesetz anregten, sehen im Vorschlag einen gangbaren Weg. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren hat den Vorschlag noch nicht diskutiert und will ihn deshalb nicht kommentieren, wie der Aargauer Polizeidirektor Urs Hofmann, Vizepräsident der KKJPD, ausrichten lässt.

Der Vorschlag dürfte aber auf Interesse stossen, weil auch in anderen Kantonen ähnliche Anliegen zur Diskussion stehen – beispielsweise in Zürich.
[close]
https://www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/kein-zweites-unterwasser-st-gallen-will-rechtsextreme-konzerte-verbieten

Zitat
    Die Durchführung einer Veranstaltung, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und dadurch die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, ist verboten.
    Autor: VersammlungsverbotGesetzesentwurf

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Re: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis
« Antwort #1 am: 16. November 2018, 11:52:00 »
Damit werden sich allerdings nur Veranstaltungen von einer bestimmten Grösse und mit einem deutlichen "Schreckpotenzial" verhindern lassen wie eben das im Artikel genannte Konzert in Unterwasser mit 5000!!! Nazis.
Mehr wäre wohl auch nicht verhältnismässig im Sinne der zulässigen Einschränkung von Grundrechten nach Art. 36 BV (hier betroffen wäre die Versammlungsfreiheit, Art. 22 BV).
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Re: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis
« Antwort #2 am: 16. November 2018, 12:11:59 »
Die Möglichkeit gibt es im großen Kanton auch, über § 15 VersG, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefärdet ist. Das hat das VG in seinem Urteil gegen Geisel ja auch betont, allerdings hat das Gericht nicht gesehen, dass 100 Verwirrte die Bevölkerung erschrecken könnten.

Mit  dem Uniformenverbot nach § 3 Abs. 1 VersG ist es übrigens genauso, die einheitliche Kleidung ist erst ein Problem, wenn sie dazu geeignet ist, die Bevölkerung einzuschüchtern.
 
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Offline kairo

Re: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis
« Antwort #3 am: 16. November 2018, 12:32:15 »
Ein wirklich interessanter Ansatz um rechtsextreme Konzerte und Versammlungen zu verbieten.
Zitat
    Die Durchführung einer Veranstaltung, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und dadurch die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt, ist verboten.
    Autor: VersammlungsverbotGesetzesentwurf

Gut gemeint. Aber ist dergleichen nicht sowieso schon aus ganz allgemeinen Gründen nicht genehmigungsfähig?
 

Offline Tuska

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Re: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis
« Antwort #4 am: 16. November 2018, 12:43:58 »
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Hachja, das gute VersG enthält böse Dunkelnormen. Ich habe mich vor ein paar Jahren - selbstverständlich nur nach Ansicht dreier Wortmarkenbüttel - mal strafbar gemacht, als ich mit Reithelm und Protektorenweste (Beispiel) unterm Arm wie von der Tarantel gestochen über den Bahnhofsplatz zu einem ICE gerannt bin. Just an diesem Tag war an besagtem Platz eine recht große Demo ("Mein" regionaler Pegidaableger).

Hab' dann von drei BeamtInnen einen riesen Anschiss erhalten, was mir einfallen würde, mit Schutzwaffen durch die Gegend zu laufen. Merke: Als Schutzwaffe gilt im Zweifel selbst auch eine Dicke Winterjacke, die die Schlagstöcke der Wortmarkenbüttelei evtl. hindern könnte, Ihren Wünschen Ausdruck zu verleihen.

Bin bis heute sehr froh, dass die Herren und Damen Beamten es an diesem Tag nicht besonders ernst mit demn Legalitätsprinzip meinten.
« Letzte Änderung: 16. November 2018, 12:49:59 von Tuska »
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Re: St. Gallen: Veranstaltungsverbot für Rechtsextreme und NeoNazis
« Antwort #5 am: 20. November 2018, 12:21:11 »
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Hachja, das gute VersG enthält böse Dunkelnormen. Ich habe mich vor ein paar Jahren - selbstverständlich nur nach Ansicht dreier Wortmarkenbüttel - mal strafbar gemacht, als ich mit Reithelm und Protektorenweste (Beispiel) unterm Arm wie von der Tarantel gestochen über den Bahnhofsplatz zu einem ICE gerannt bin. Just an diesem Tag war an besagtem Platz eine recht große Demo ("Mein" regionaler Pegidaableger).

Hab' dann von drei BeamtInnen einen riesen Anschiss erhalten, was mir einfallen würde, mit Schutzwaffen durch die Gegend zu laufen. Merke: Als Schutzwaffe gilt im Zweifel selbst auch eine Dicke Winterjacke, die die Schlagstöcke der Wortmarkenbüttelei evtl. hindern könnte, Ihren Wünschen Ausdruck zu verleihen.

Bin bis heute sehr froh, dass die Herren und Damen Beamten es an diesem Tag nicht besonders ernst mit demn Legalitätsprinzip meinten.

Getoppt wird das nur von Anzeigen (oder gar weiterer Maßnahmen) wg. Vermummungsverbot, wenn die Nazis am Rande von linken Demos mit dem Teleobjektiv aufmarschieren. Vermummung ist da ganz schnell keine "objektive" Sache, wie man es bei den dicken Winterjacken herbeizuargumentieren versucht, sondern zu oft etwas, das sich auf subjektiver Ebene (des Täters) abspielt. Sonnenbrille, Schaal und Mütze im Hochsommer sind dann nämlich nur bei linken Demonstranten Vermummung, bei rechten fehlt der Vorsatz, die wollen lediglich besonders martialisch aussehen.
:facepalm:
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.