Der Rest ist über Gefühle gegangen. Berichte über Politik wurden boulevardesk.
Und die Politik hat das hingenommen.
Die Politik hat bestenfalls noch gemacht aber nicht erklärt.
Eine Entwicklung, die im stillschweigenden aber beiderseitigen Einverständnis ablief.
Dabei wurde von Politikern und Bürgern verdrängt, dass die Rahmenbedingungen, die den Deal erst möglich machten, keineswegs vom Himmel gefallen oder für alle Zeiten in Stein gemeißelt wurden.
Eine Region, darin Deutschland, in der jahrzehntelang Frieden und wirtschaftliches Wohlergehen herrschen, ist im historischen wie aktuellen Vergleich eine Ausnahme. In dieser bald als Normalzustand erachteten Ausnahme hatten sich die Bürger eingerichtet, zurückgelehnt und Politik als Dienstleistung erachtet, der nicht mehr Interesse galt als der funktionierenden Wasserversorgung ihrer Häuser. Politiker haben ein Gespür für die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen. Und sie sind, natürlich und was sonst, auch Menschen.
Warum die Bürger also mit Details, etwa zur Europapolitik, füttern, die anscheinend eh niemanden interessieren. Warum aufwendig für Mehrheiten an der Basis kämpfen wenn wichtige, grundsätzliche Positionen einer Partei betreffende, Änderungen per Beschluss erreicht werden können, ohne dass dabei ein nennenswertes Murren von der Basis als Gegenwind zu erwarten ist.
Mit verkündeten Visionen für die Zukunft, die auf der realistischen undjederzeit möglichen Verschlechterung der Lebensumstände beruhen, sind Wahlen schlechter zu gewinnen als mit einen „Alles bleibt gut“.
Der Deal bekommt Risse weil, wer hätte es gedacht, dessen Grundlage, in Form des als garantiert vorausgesetzten Wohlergehens für alle und immer, bröckelt.
Einseitige Schuldzuweisungen im Stil von Pegida, AfD & Co. sind in dieser Situation nicht angebracht, den erreichten Punkt haben wir gemeinsam erwandert.
Dabei unterliessen die (gewählten) Bergführer Hinweise, dass der gewohnt flache und bequeme Weg schon nach der nächsten Biegung etwas steiler und steiniger werden könne. Sie wollten eben nicht, dass die Tour an einen Mitbewerber geht. Die unterschiedlich vorbereiteten Wanderer erwiesen ihnen Vertrauen in Form von Desinteresse. Das Maß ihres Vertrauens richtete sich nach ihren persönlichen und, ebenfalls wichtig, den vorgegebenen Möglichkeiten.
Die einen, in Badelatschen und ohne Regenmantel, und die anderen, für den Mount Everest ausgestattet, stehen gemeinsam an der Wegbiegung.
Vorschläge der AfD, die veränderte Situation sei nun allein dadurch zu bewältigen indem die Bergführer und einige, als unsympathisch erachtete, Mitwanderer in die nächste Schlucht gestürzt würden, sind kindisch.
Die Angst im Nacken, jederzeit der nächste sein zu können der aufgrund einer nicht auf Fakten basierenden Analyse der Situation als schuldig gebrandmarkt wird um dann auch einen Schubs zu erhalten, ist kein guter Begleiter auf schmaleren Bergwegen.
Das Aufkommen der AfD beweist aber den Bedarf einer (unverblendeten) Diskussion über die Art der Bewältigung des weiteren Weges. Es sich wieder bequem machen, indem man deren halbgare Antworten im Stil von „Alles wird wieder gut“ widerspruchslos akzeptiert, zerstört unsere Werte.
Die bestehen unter anderem darin, im Rahmen der gegebene Möglichkeiten, niemanden hängen zu lassen. Vor allen aber darin, diesen Rahmen im Konsens und angesichts von Fakten zu definieren.
Ich befürchte, dass dafür der eine oder andere für den Mount Everest ausgerüstete sein viertes Paar Socken, das mitgeführte dritte Paar Ersatzstiefel, wenn schon nicht abgeben, dann aber wenigstens zeitweise, an einen der Badelatschentouris weiterreichen muss.
Von den derzeit mit Badelatschen bekleideten wird für die Aufrechterhaltung unserer Werte keinesfalls ewige Dankbarkeit und speichelleckende Loyalität erwartet. Die Einsicht, dass es nicht bei jedem zur bestmöglichen Ausrüstung reicht und dass Eigenverantwortung auch im Bereich Politik ein Thema ist, reichten völlig aus. Der Eigenverantwortung und -initiative im täglichen Leben reelle Chancen zu Umsetzung und Entwicklung zu bieten, die dann auch eingefordert werden dürfen, erleichtert diese Einsicht ungemein und nimmt gleichzeitig den Populisten viel Wind aus den Segeln.