Autor Thema: Joachim Steinhöfel jetzt auch?  (Gelesen 5080 mal)

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Offline Gelehrsamer

In Anbetracht der nun aufstehenden Grundsatzdiskussionen um das "Faktenchecken" an sich ist zu befürchten, daß Correctiv.org das für sich selbst Wesentliche aus dem Auge zu verlieren und an dieser Aufgabe erneut zu scheitern droht.

Das Problem an einem "Faktencheck" ist, dass schon über die "Fakten" gestritten werden kann, ein Faktenchecker aber eine objektive Wahrheit reklamiert, was es erforderlich macht, sich auf das Unstreitige zu beschränken. Das tut correctiv.org aber nicht. Vielmehr erfolgen Wertungen. Ich habe mir mal beispielhaft den Artikel bei correctiv.org über die Rechtmäßigkeit der "Corona-Maßnahmen" angesehen.

https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/05/15/rechtsstaat-ende-juristen-corona-massnahmen

Der Artikel bemüht sich erkennbar um eine ausgewogene Darstellung des Meinungsbildes. Insoweit ist daher irrelevant, dass ich die extrem apologetischen Ausführungen der zitierten Rechtsanwältin, die diese in einem SPON-Interview getätigt hat

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/coronavirus-anwaeltin-ueber-behoerdenrecht-ziel-ist-der-schutz-der-gemeinschaft-a-20456e8a-90b5-41d6-b50c-da41cb58483d

für teilweise problematisch halte. Der rechtliche Rahmen wird in dem Artikel jedenfalls zutreffend skizziert. Auch wird auf die (m.E. berechtigte) Kritik etwa von C. Möllers auf verfassungsblog.de hingewiesen (da finden sich allerdings auch noch reichlich andere Beiträge u.a. von U. Volkmann und O. Lepsius). Tendenziell ist mir der Beitrag zwar zu unkritisch, aber grundsätzlich kann man mit der Wertung leben.

Indes:

1. Die rechtspolitische "Wertung" etwa der Änderung des IfSG ist (unstreitig) die, dass diese nicht den Untergang des Abendlandes / Rechtsstaats bewirkt. Die Gegenauffassung, die in grenzwertigen und / oder nicht ernst zu nehmenden Statements einzelner Juristen (zB B. Bahner) vertreten wird, ist schon in ihrer alarmistischen Grundhaltung abwegig. Alles andere sind eben Wertungen. Den Wertungen in dem Beitrag von correctiv.org würde ich aber nicht durchgängig beitreten wollen (das würde aber hier jetzt zu weit führen, verwiesen sei auf die im "Corona-Faden" Anfang April geführte Diskussion). Unstreitige "Fakten" sind die Ergebnisse des Artikels daher nicht.

2. Am Ende des Beitrags heißt es:

Zitat
Anmerkung 18. Mai: In einer früheren Version des Artikels stand, das Gesundheitsministerium werde mit dem Infektionsschutzgesetz dazu ermächtigt, selbst Gesetze zu erlassen. Es handelt sich aber nur um Verordnungen, nicht um Gesetze. Die Gesetzgebungskompetenz wird nicht an die Exekutive abgetreten. Wir haben das präzisiert.

Das ist (jedenfalls) eine heftige Verschlimmbesserung des Artikels und im Grunde unter jedem denkbaren Aspekt falsch, weil es (a) zwei verschiedene Gesetzesbegriffe (den formellen und den materiellen) durcheinanderwirft und (b) die Abweichungsbefugnis ignoriert:

a) Mit einer Verordnungsermächtigung wird die Verwaltung immer ermächtigt, ein "Gesetz" zu erlassen. Ob man das Gesetz dann "Verordnung" nennt, ist gleichgültig. Die Wirkungen unterscheiden sich nicht von einem (förmlichen) Gesetz, denn auch Verordnungen sind Rechtsnormen (und deshalb Gesetze im materiellen Sinne). Ob der Gesetzgeber dem Bürger eine Pflicht auferlegt, oder der Verordnungsgeber (man denke an die StVO), ist daher im Ergebnis gleichgültig. Auf die Befugnis zum Erlass von förmlichen Gesetzen kann der Gesetzgeber (das Parlament) hingegen gar nicht verzichten, denn das förmliche Gesetz ist gerade dadurch definiert, dass es vom Parlament erlassen wird. Nur hat der parlamentarische Gesetzgeber dazu keine Veranlassung mehr, wenn er die Regelungsbefugnis an die Exekutive übertragen hat.

b) Hinzu kommt der rechtsstaatliche (und in dieser Form beispiellose) "Sündenfall", dass der Gesetzgeber dazu ermächtigt hat, durch Verordnungen nach § 5 IfSG von Gesetzen abzuweichen (es gibt noch ein paar entsprechende, aber eher periphere Ermächtigungen im Umweltrecht, die aber von deutlich abgesenkter Grundrechtsrelevanz sind). Mit derartigen Regelungen hat man schon in der Weimarer Republik schlechte Erfahrungen gemacht, eine solche Selbstentmachtung des Parlaments ist auch überhaupt nicht nötig (und mE aus Gründen der sog. "Wesentlichkeitstheorie" unzulässig). Diese Problematik wird bei correctiv.org vollständig verfehlt.

3. Insgesamt sollte man vielleicht die Finger davon lassen, verfassungsrechtliche Wertungen einem "Faktencheck" unterwerfen zu wollen.
« Letzte Änderung: 4. Juni 2020, 13:12:32 von Gelehrsamer »
 
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Re: Joachim Steinhöfel jetzt auch?
« Antwort #16 am: 7. November 2020, 12:19:56 »
Steinhöfel ist wieder im Geschäft!

Zusammen mit Höcker hat er eine ganz perfide Masche ausgeheckt, um Frau Borchardt zu schaden: vorgedruckte Befangenheitsanträge!

Das wird sie zur Strecke bringen!



Zitat
BARBARA BORCHARDT
Promi-Anwälte ziehen gegen linksextreme Richterin zu Felde

Anwalt Ralf Höcker vertrat schon Erdogan im Streit mit Jan Böhmermann oder Jörg Kachelmann. Mit seinem Kollegen Joachim Steinhöfel nimmt er MV-Verfassungsrichterin Barbara Borchardt ins Visier.

Andreas Becker

Schwerin.
Ralf Höcker ist gestählt in juristischen Auseinandersetzungen. Zu den Klienten des Anwalts gehörten beispielsweise Heidi Klum und Jörg Kachelmann. Für Letzteren hat er vom Springer-Konzern eine Entschädigung von über einer halben Million Euro erkämpft. Und auch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat er im Streit mit Komiker Jan Böhmermann vertreten, für diverse Politiker trat er als Anwalt auf, auch für einige von der AfD.

Jetzt nimmt der Jurist aus Köln mit seinem Hamburger Anwaltskollegen Joachim Steinhöfel, der es ebenfalls schon zu einiger Bekanntheit gebracht hat, die frisch gewählte MV-Verfassungsrichterin Barbara Borchardt ins Visier. Die Wahl des Ex-SED-Mitglieds Borchardt zur Verfassungsrichterin hatte im Frühsommer diesen Jahres die Große Koalition in Schwerin an den Rand der politischen Existenz geführt und war erst nach mehreren Wahlgängen erfolgt. Sie sorgte bundesweit für Aufregung, selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) musste sich zu dem Fall erklären.
Spoiler

Vordrucke für Befangenheitsanträge gegen Borchardt
„Frau Borchardt besitzt nicht im Ansatz die fachliche Kompetenz, als Verfassungsrichterin zu arbeiten. Das ist schon schlimm genug. Vor allem aber ist sie eine offenkundige Verfassungsfeindin. Sie hat eine linksextremistische Organisation gegründet, die den Schulterschluss mit gewaltbereiten Autonomen sucht. Sie relativiert den Tod der Maueropfer, bekämpft Kerngedanken der Verfassung, strebt einen Systemwechsel an und hält die DDR nicht für einen Unrechtsstaat“, kritisiert Höcker gegenüber dem Nordkurier die Verfassungsrichterin – und er hat nun Konsequenzen gezogen.

Mehr lesen: Wem schadet die Personalie Borchardt am meisten?

Höckers und Steinhöfels Kanzleien bieten potenziellen Klienten Vordrucke für Befangenheitsanträge gegen die Richterin Borchardt an. „Der wirklich allerletzte Ort, an den eine solche Person gehört, ist ein Verfassungsgericht. Natürlich ist Frau Borchardt befangen, wenn sie darüber urteilen soll, ob eine Verfassung verletzt wurde, der sie feindlich gegenüber steht. Wir möchten durch unseren Musterantrag jedem Rechtssuchenden helfen, der ausgerechnet an diesen Bock gerät, der zum Gärtner gemacht wurde“, sagt Höcker.

Auf der Internetseite der Kanzlei Steinhöfel heißt es weiter: „Der Vordruck dient dem Versuch, die Verfassungsfeindin Barbara Borchardt daran zu hindern, als Verfassungsrichterin an Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern mitzuwirken.“
[close]
https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/promi-anwaelte-ziehen-gegen-linksextreme-richterin-zu-felde-0741312511.html


Eigentlich wollte ich mir gleich einen Vordruck ansehen, allein, ich finde keinen ...  ???


(Frage an die Juristen: Zum Befangenheitsantrag genügt ja die Besorgnis, da braucht's also nicht viel, aber ein Vordruck ist doch Mißbrauch?)
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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Re: Joachim Steinhöfel jetzt auch?
« Antwort #17 am: 7. November 2020, 12:37:09 »
Vordruck.  :facepalm: Weil vor dem Verfassungsgericht Meck-Pomm auch so viele Verfahren anhängig sind. Den Vordruck brauchen doch höchstens die Kollegen von der Landtragsfraktion der AfD für ihre diversen Organstreitverfahren. Oder Ralf Ludwig, falls die Querlüfter mal im hohen Norden superspreaden wollen.
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Re: Joachim Steinhöfel jetzt auch?
« Antwort #18 am: 7. November 2020, 13:25:07 »
Was man von Kamelen lernen könnte.
Nicht jedes Kamel hat einen Höcker.
Aber wer einen Höcker hat, ist ein Kamel.
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 
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