Meine Erfahrung der Kommunikation mit englischen Muttersprachlern besagt, dass die deutlich weniger Wert auf exaktes Englisch legen als unsere Englischlehrer. Das ist nicht unwesentlich davon beeinflusst, dass sie es in der Geschichte, speziell aber auch in der jüngeren Vergangenheit, mit vielen Menschen zu tun hatten, bei denen sie froh sein mussten, wenn etwas erschallte, was wenigstens annäherungsweise etwas mit der englischen Sprache zu tun hatte. Insofern stößt man als Ausländer (zumindest ging es mir bisher so, aber vielleicht verkehrte ich auch in zu toleranten Kreisen) eigentlich nie auf Schulterzucken oder sogar Korrekturen, wie es vielen Ausländern in Deutschland geht, wenn sie ein fehlerhaftes Deutsch sprechen. Auch die Angewohnheit von vielen Deutschen, immer lauter zu reden, wenn die Gegenseite sie nicht versteht (logisch: wenn der Andere einen nicht versteht, dann kann es nur daran liegen, dass er schwerhörig ist), oder, noch schlimmer, in Pseudo-Deutschtürkensprache zu verfallen, ist mir in Großbritannien, dem englischsprachigen Teil Kanadas oder den USA nie begegnet.
Dazu kommt, dass auch im Englischen (so wie auch im Deutschen) im normalen Sprachgebrauch u.a. die Zeitformen immer mehr verwischen. Solche Entwicklungen wie im Deutschen findet man dort in exakt der gleichen Art und Weise auch. Also z.B. so etwas wie:
Niemand sagt heute noch "Morgen um die gleiche Zeit werde ich meine Arbeit beendet haben".
Sondern man wird zu nahezu 100% die (oder eine sehr ähnliche) Formulierung treffen: "Morgen um die gleiche Zeit bin ich mit der Arbeit fertig".
Da helfen keine Schweißausbrüche von Englisch- oder Deutschlehrern. Das ist einfach eine normale Sprachentwicklung. Wobei gerade die deutsche Sprache da ja Konstruktionen aufweist, bei deren Verwendung man auf der Straße allenfalls ein "Häh?" ernten würde.
PS: Ich maße mir keinesfalls an, ein fehlerfreies Deutsch zu sprechen oder zu schreiben. Dazu wurde ich durch regionale Einflüsse in meinem Lebenslauf zu oft beeinflusst. Aber ich hoffe, dass ich wenigstens ein halbwegs besseres Deutsch hinbekomme als unsere Kundschaft, bei der es ja meist an allen Bestandteilen der schriftlichen (und auch sprachlichen) Kommunikation scheitert.
Mein Englisch ist, gelinde gesagt, stark verbesserungswürdig. Das habe ich bei einem Englandaufenthalt vor längerer Zeit auch einer Dame gesagt, die mich für mein gutes Englisch lobte. Ihre Antwort war, frei übersetzt: "Sie verstehen mich und ich verstehe Sie. Das ist doch absolut perfekt!".