Autor Thema: VG Ddorf, 22 K 4836/23, Urteil 19. 6. '24, Waffenr. Unzuverlässigkeit wg nsafd  (Gelesen 473 mal)

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Der hier:
https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=7198.msg473337#msg473337

ist der hier:

https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=7198.msg473241#msg473241

Jedenfalls kommuniziert er das in asozialen Medien.

Die Gründe sind schon da, der Spekulationen ist ein Ende, denn er ist dreierlei:

Zitat
In die Waffenbesitzkarten, die ihm als Sammler, Sportschütze und als Standard-Waffenbesitzkarte erteilt worden waren, waren im Juni 2023 insgesamt 197 Waffen eingetragen.


Also Sammler, Sposchü und Erbe.


Wegen der grundsätzlichen Bedeutung nicht mehr im Thread und wegen des Umfangs nur der Tenor und die RNrr 1–11:


Zitat
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 K 4836/23
Datum: 19.06.2024
Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 22. Kammer
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 22 K 4836/23
ECLI: ECLI:DE:VGD:2024:0619.22K4836.23.00
 
Schlagworte:
Widerruf, Zuverlässigkeit, Einstufung als Verdachtsfall, Verfassungsschutzbericht, AfD, Landesverband NRW, Bundespartei AfD, Indiz, Regelfall, Parteienprivileg, Verbotsmonopol, Einheit der Verfassung, verfassungskonforme Auslegung
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2; WaffG § 5 Abs. 2 Nr 3; WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 3 b); WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 3 c); BVerfSchG §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c.; BVerfSchG §§ 8 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG Art 21

Leitsätze:
1. Von § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG werden auch Parteien erfasst, die nicht verboten sind.
2. Die Einstufung einer Partei als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz indiziert, dass zugleich die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfüllt sind, da die Norm ebenfalls - allein - voraussetzt, dass ein tatsachenbegründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegt. Es muss hingegen nicht bereits erwiesen sein, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden. Dieses Normverständnis verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere Art. 21 GG.3. Für Mitglieder der AfD im Landesverband NRW stellt die rechtmäßige Aufnahme der Bundespartei der AfD als Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht ein Indiz dafür dar, dass in der Regel die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) WaffG vorliegen.

 
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer IV. des Bescheides des Beklagten vom 26. Juni 2023 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

 
1
Tatbestand:

2
Dem im Jahr 0000 geborenen Kläger wurden die Waffenbesitzkarten Nr. N01/01, N02/02, N02/03, N02/04, N02/05, N02/06, N02/07, N02/08, N02/09, N02/10, N02/12, N03, N04, N05, N06 und N07 erteilt. Weiterhin erhielt er eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition, einen Kleinen Waffenschein mit der Nr. N08 sowie den Munitionserwerbsschein Nr. N09 und eine Anzeigenbescheinigung für Magazine. In die Waffenbesitzkarten, die ihm als Sammler, Sportschütze und als Standard-Waffenbesitzkarte erteilt worden waren, waren im Juni 2023 insgesamt 197 Waffen eingetragen.

3
Nach eigenen Angaben ist der Kläger seit 0000/0000 Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (im Folgenden: AfD). Er kandidierte 0000 für diese bei den Kommunalwahlen in A., 0000 für die Bundestagswahlen sowie 0000 für die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen. Des Weiteren ist er stellvertretender Sprecher der AfD T..

4
Der Kläger beantragte am 19. Juli 2021, 4. November 2021, 31. Januar 2022, 28. Februar 2022, 1. Mai 2022 und 17. September 2022 die Eintragung weiterer als Altbestand angezeigter und erworbener Schusswaffen beim Beklagten.

5
Der Beklagte erhielt aus öffentlichen Quellen Kenntnis von der Mitgliedschaft des Klägers in der AfD sowie seine Kandidaturen für die AfD zur Kommunalwahl 0000 in A. und Bundestagswahl 0000. Er leitete daraufhin unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7. März 2023 - 22 K 7087/20 – ein Widerrufsverfahren ein und gab dem Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2023 Gelegenheit, zu dem beabsichtigten Widerruf der ihm erteilten Waffenbesitzkarten Stellung zu nehmen. Zur Begründung stützte er sich auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG und die Mitgliedschaft des Klägers in der AfD.

6
Der Kläger führte daraufhin aus, aus einer Mitgliedschaft bei der AfD könne keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG hergeleitet werden. Er nahm auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln – 13 K 326/21 – und die dort angegriffene Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Bezug. Nicht die AfD in ihrer Gesamtheit verfolge danach verfassungsfeindliche Bestrebungen, es gebe einen Richtungsstreit zwischen unterschiedlichen Strömungen. Jeder Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis müsse individuell betrachtet werden. Weiterhin verwies er auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung, u.a. auf die des Oberverwaltungsgerichts für das Land Sachsen- Anhalt vom 24. April 2023 – 3 M 13/23 –. Er sei nicht Mitglied des Flügels. Er sei jetzt im Ruhestand und ehemaliger Bundesbeamter. Er sei Mitglied des Grenzschutzes, der heutigen Bundespolizei, später der S. gewesen. Er sei u.a. an der Befreiungsaktion zugunsten der Geiseln beteiligt gewesen, die im Zusammenhang mit der 1977 erfolgten Entführung des Lufthansa-Flugzeugs „Landshut“ genommen worden waren. Er sei auch für den Personenschutz des damaligen Bundesaußenministers mit zuständig gewesen und habe seinen Diensteid auf das Grundgesetz abgelegt. Er beachte die freiheitlich-demokratische Grundordnung und sei verfassungstreu.

7
Mit Ordnungsverfügung vom 26. Juni 2023 widerrief der Beklagte (unter Nennung der Nummern der Erlaubnisse) sämtliche dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarten sowie die darin eingetragenen Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von Munition, den Kleinen Waffenschein Nr. N10, den Munitionserwerbsschein Nr. N09 sowie die Anzeigebescheinigung für Magazine vom 14. September 2021 (Ziffer I.) und lehnte unter Ziffer II. die Anträge auf Eintragung weiterer Schusswaffen ab. Zudem forderte er in Ziffer III. der Ordnungsverfügung – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. Ziffer V.) –unter Verweis auf das beigefügte Stammblatt den Kläger auf, die darin eingetragenen Schusswaffen sowie eine näher bezeichnete Repetierbüchse des Herstellers U., eine halbautomatische Pistole des Herstellers H., zwei halbautomatische Büchsen des Herstellers W., eine Revolver des Herstellers Q., eine halbautomatische Pistole der Herstellers M., und drei halbautomatische Pistolen des Herstellers J. sowie die in seinem Besitz befindliche erlaubnispflichtige Munition innerhalb von drei Monaten ab Zustellung einer berechtigten Person zu überlassen und die Durchführung dieser Anordnung unter Vorlage der schriftlichen Überlassungsanzeige nachzuweisen oder die Waffen ersatzweise unbrauchbar zu machen. Weiterhin heißt es: „Die Erlaubnisdokumente sind mir gemäß § 46 Abs. 1 WaffG innerhalb der genannten Frist zurückzugeben“. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer III. aufgeführte Verpflichtung, die Erlaubnisdokumente zurückzugeben, drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 250,- Euro an (Ziffer IV.). Schließlich setzte er eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 723,75 Euro fest (Ziffer VI.). Zur Begründung führte er aus, dass die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) und c) WaffG vorliege. Dies folge aus der Mitgliedschaft in der AfD und dem Umstand, dass der Kläger im Jahr 0000 für die Kommunalwahlen in A., im Jahr 0000 für die Bundestagswahlen sowie im Jahr 0000 für die Landtagswahlen Nordrhein-Westfalen kandidierte habe und jetzt stellvertretender Sprecher der AfD T. sei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufe die AfD als Verdachtsfall ein. Dies erfülle die Voraussetzungen. Es lägen auch keine atypischen Umstände vor.

8
Der Kläger hat am 10. Juli 2023 Klage erhoben. Den gleichzeitig erhobenen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht durch Beschluss vom 21. August 2023 – 22 L1801/23 – ganz überwiegend abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) durch Beschluss vom 22. März 2024 – 20 B 969/23 – zurückgewiesen.

9
Der Kläger macht vor allem geltend, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, die der Beklagte zur Begründung der Einleitung eines Widerrufsverfahrens herangezogen habe, verkenne, dass § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG unterschiedliche Ebenen in Bezug auf den Begriff „bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ enthalte. Es werde verkannt, dass in § 5 Abs. 2 Nr. 3 b) Waffengesetz der Begriff „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ sich nur auf den Begriff „Mitglied in einer Vereinigung waren“ in lit a) beziehe. Dies missachte die Wertung des Gesetzgebers, der formuliere, dass der Nachweis des Verfolgens von verfassungswidrigen Bestrebungen erbracht sein müsse. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2019 – AN 16 K 17.01038 –und dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. April 2023 – 3 M 13/23 –, wonach sich der tatsachenbegründete Verdacht allein auf die Mitgliedschaft in einer Vereinigung und nicht darauf beziehe, dass diese Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 a) aa) bis cc) WaffG verfolge oder verfolgt habe. Dies ergebe auch die Auslegung nach der Gesetzeshistorie und dem gesetzgeberischen Ziel. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf überdehne die Vorschrift. Dies bestätige auch die weitere von ihm zitierte Rechtsprechung. Es liege kein gesicherter Nachweis vor, dass die AfD solche Bestrebungen verfolge. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz genüge nicht. Weiter verweist er auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 10. August 2023 – 1 E 564/23 GE –.

10
Es gebe keine verfassungsfeindlichen Betätigungen in seiner Person. Er distanziere sich ausdrücklich von derartigen Bestrebungen, auch in der AfD. Er bekenne sich als Bundesbeamter a.D. ausdrücklich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und lehne verfassungsfeindliche Bestrebungen ab. Er habe einen Diensteid auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland abgelegt, an den er sich weiterhin gebunden fühle. Auch die herangezogenen Veröffentlichungen in Bezug auf sein politisches Engagement belegten keine solchen Bestrebungen.

11
Er hält die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben.
Das weitere in

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2024/22_K_4836_23_Urteil_20240619.html


Ein Obsiegen des Klägers vor OVG oder BVerwG habe ich bisher nicht für ausgeschlossen erachtet, aber nach der Beißattacke von Essen mit der „vorausschauenden Notwehr“ glaube ich daran nicht mehr.

Das wird aber vermutlich weniger auf die Mitgliedschaft in der nsafd zurückzuführen sein, als vielmehr auf sein persönlichen Verhalten, das eine mangelnde Eignung zum Besitz erlaubnispflichtiger Waffen erkennen läßt.

Ihm fehlt die sittliche Reife und die gebotene Zurückhaltung.


Ach, so, Nachtrag.
Interessant ist
Zitat
– unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. Ziffer V.) –

Für den sofortigen Vollzug bedarf es nämlich behördenintern eines eigenen Verwaltungsaktes, wenn es darum geht, ob WBK-Inhaber als gefährlich eingestuft werden müssen...   :whistle:
« Letzte Änderung: 3. Juli 2024, 13:04:32 von Reichsschlafschaf »
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Stimmt natürlich.

Anwälte lagen noch nie falsch und würden bei ihrem Mandanten auch nie Ohrenblasen.

Deshalb nehme ich natürlich alles zurück und behaupte das Gegenteil!!1!!!11!!!!
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Zitat
DER ANDERE BLICK
Waffe weg wegen AfD-Mitgliedschaft? Ein solcher Generalverdacht ist eines Rechtsstaates unwürdig

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entzieht einem Ehepaar die Waffenbesitzkarten. Als Begründung reicht die Mitgliedschaft in einer Partei, die vom Verfassungsschutz als «Verdachtsfall» eingestuft wird.

Fatina Keilani, Berlin
39 Kommentare
04.07.2024, 05.30 Uhr 

Fatina Keilani, Redaktorin NZZ Deutschland

Sie lesen einen Auszug aus dem werktäglichen Newsletter «Der andere Blick», heute von Fatina Keilani, Redaktorin der NZZ Deutschland. Abonnieren Sie den Newsletter kostenlos. Nicht in Deutschland wohnhaft? Hier profitieren.

Nancy Faeser macht Ernst. Erst vor wenigen Monaten hatte die deutsche Innenministerin weitere Verschärfungen ihres «Massnahmenpakets gegen rechts» angekündigt, die jeden Demokraten sorgenvoll stimmen mussten. Nun sind erste Effekte zu sehen. Sie fügen sich in ein beunruhigendes Gesamtbild.

Ein blosser Verdacht solle laut Faeser künftig für den Entzug des Waffenscheins oder der Waffenbesitzkarte reichen, berichtete die NZZ im vergangenen Februar. Legaler Waffenbesitz solle also enden, wenn jemand Mitglied einer Vereinigung sei, die vom Staat als rechtsextremistischer «Verdachtsfall» eingestuft werde – egal wie zuverlässig diese Person individuell auch sein möge. Genau dieser Fall ist jetzt eingetreten.

Ein Ehepaar soll wegen seiner AfD-Mitgliedschaft seine Waffen abgeben; die erforderliche Zuverlässigkeit wurde den Eheleuten aberkannt. Der Mann besitzt 197 Waffen, die Frau 27, alle sind eingetragen und legal. Als die zuständige Behörde registrierte, dass die beiden in der AfD sind, entzog sie ihnen die waffenrechtliche Erlaubnis und forderte beide auf, Waffen und Munition abzugeben. Gegen den Bescheid klagten beide – und unterlagen.
Spoiler
Kein Grundrechtseingriff ohne Gesetz
Wie ist das möglich? Jeder Grundrechtseingriff benötigt eine Rechtsgrundlage, hier ist es Paragraf 5 des deutschen Waffengesetzes (Absatz 2 Nummer 3). Dort steht, dass Personen die erforderliche Zuverlässigkeit «in der Regel nicht» besitzen, wenn sie in den zurückliegenden fünf Jahren Mitglied einer Vereinigung waren, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt. Der Gesetzeswortlaut geht also nicht von einem blossen Verdacht aus, sondern von der Gewissheit, dass derartige Bestrebungen verfolgt wurden. Es ist zudem eine Ermessensvorschrift: «in der Regel».

In seinem nun bekanntgewordenen Urteil konstatiert das Verwaltungsgericht der Stadt Düsseldorf jedoch umstandslos, die Einstufung einer Partei als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz indiziere, dass zugleich die Voraussetzungen des erwähnten Passus im Waffengesetz erfüllt seien. Punktum. Das Ehepaar muss seine Waffen abgeben.

In einem funktionierenden Rechtsstaat müsste dieses Urteil in der nächsten Instanz, spätestens jedoch ganz oben, beim Bundesverfassungsgericht, kassiert werden. Denn für einen Grundrechtseingriff dieser Intensität brauchte es eigentlich eine konkrete Rechtsgrundlage. Darauf können die beiden Eheleute also noch hoffen. Trotzdem stellt dieses Urteil einen Mosaikstein in einem zunehmend beklemmenden Gesamtbild dar.

Der Staat wird schleichend autoritärer
Ein weiteres Beispiel ist die Ankündigung, jeden ins Visier zu nehmen, der an die AfD spendet – an eine nicht verbotene Partei also. Oder das neue Disziplinarrecht für Beamte, mithilfe dessen unliebsame Personen leichter aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können. Eben erst meldete der Verfassungsschutz, es seien 364 Personen in den eigenen Sicherheitsbehörden entdeckt worden, die im Verdacht stünden, Verfassungsfeinde zu sein. Vier von fünf wegen Rechtsextremismus.

Die Begründung für diese und weitere Massnahmen lautet stets, es gehe um den Schutz der Demokratie. Die Verantwortlichen scheinen nicht zu erkennen, dass sie das Gegenteil erreichen: die Beschädigung der Demokratie.

Die politische Willensbildung des Volkes ist Kernaufgabe der Parteien in der Demokratie. Sie hat Verfassungsrang. Der Kampf um die besten Ideen muss frei sein. Ein Demokrat ist jemand, der diesen freien Wettbewerb ermöglicht – gerade dann, wenn er die vertretenen Meinungen persönlich ablehnt.

Einladung zur Denunziation
Die Grenze zwischen rechts und rechtsextrem ist nicht eindeutig definiert. «Rechts» wiederum ist im politischen Spektrum eine zulässige, vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckte Haltung. Dieses zentrale Recht in der Demokratie wird derzeit von allen Seiten beschnitten.

Deutschlands Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang spricht von einer «wachsenden Sensibilisierung» für das Thema Extremismus, die auch zu einer «erhöhten Meldebereitschaft» geführt habe. Genau diese Bereitschaft stellt jedoch ein weiteres Problem dar: Meldeportale für Meinungsäusserungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze laden die Bürger förmlich zur Denunziation ein und schaffen ein Klima des Verdachts.

Auch um die Justiz «kümmere man sich», hatte Faeser im Februar angekündigt. Denn diese gehöre erfahrungsgemäss zu den ersten Zielen rechter Unterwanderung. Hat «man» sich um die Justiz erst «gekümmert», dann sind unverhältnismässige Entscheidungen von Behörden womöglich nicht einmal mehr von unabhängigen Gerichten rückgängig zu machen.

Selbst der Eid auf die Verfassung hilft nicht
Die Mosaiksteinchen fügen sich zum Bild eines Staates, der immer repressiver auftritt, den Bürgern misstraut und ihnen noch einreden will, dass alles zu ihrem Besten geschehe. Mit zweierlei Mass wird vor allem dann gemessen, wenn die AfD ins Spiel kommt.

Der eingangs erwähnte Waffenfreund hat übrigens einen Eid auf die Verfassung geschworen. Stefan Hrdy, so heisst er, ist pensionierter Beamter und gehörte zu den «Helden von Mogadiscio», der Eliteeinheit GSG 9 der Bundespolizei, die 1977 in Somalia die entführten Geiseln aus der Lufthansa-Maschine «Landshut» rettete. Er hat also schon seit Jahrzehnten mit Waffen zu tun. In der AfD ist er seit 2016. Am vergangenen Wochenende geriet er in die Schlagzeilen, weil er sich auf dem Weg zum Parteitag der AfD gegen mehrere Angreifer verteidigen musste und einen davon ins Bein biss.

Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat in einem Gutachten über «Fragen zur Zuverlässigkeitsprüfung nach dem Waffengesetz» festgestellt, dass die Einziehung der Waffenbesitzkarte nicht auf einen generellen Verdacht oder die Mitgliedschaft in einer Partei gestützt werden könne, wenn die betroffene Person keinen Anlass zum Verdacht biete. Doch in Nancy Faesers Welt gibt es ausserhalb ihrer eigenen Kreise offenbar keine unverdächtigen Bürger.
[close]
https://www.nzz.ch/der-andere-blick/fragwuerdiger-entscheid-waffen-von-afd-mitgliedern-duerfen-eingezogen-werden-ld.1837932


Nur weil er mal einen Eid geschworen hat und ein  Held war, ist er nicht auf ewig unantastbar.

Sein Verhalten in Essen war alles andere als „heldenhaft“.
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So, wie erwartet, die Entscheidung ist in der Datenbank noch nicht drin.

Eilverfahrensentscheidung.



Zitat
OVG-Eilbeschlüsse
Waffenentzug für AfD-Mitglieder ist rechtens

Stand: 05:48 Uhr

Die AfD wird als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Mitglieder mussten daher ihre Waffen abgeben. Zurecht entschied ein Gericht. Die Kläger gingen in Berufung. Nun gibt es Eilbeschlüsse vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.

Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung reicht aus, um von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen. Das gelte auch für den Fall der AfD, wenn es sich nur um einen Verdachtsfall handelt.

Darauf hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in zwei Eilverfahren hingewiesen, wie eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Im Fall eines der Kläger komme noch hinzu, dass er nicht nur bloßes Mitglied der Partei sei, sondern diese auch noch als Funktionsträger unterstütze.

AfD wird als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet
Die AfD war vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall für verfassungsfeindliche Bestrebungen eingestuft worden. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hatte diese Einstufung am 13. Mai 2024 bestätigt.

Erschwerend sei noch zu bewerten, so der 20. Senat des OVG in der Begründung der Eilbeschlüsse, dass einer der Kläger sich nicht von verfassungsfeindlichen Bestrebungen auch innerhalb der AfD unmissverständlich und beharrlich distanziert habe. Das OVG bezieht sich dabei auf hetzerische Äußerungen oder einschüchternde Verhaltensweisen von Parteimitgliedern.

Vorinstanz – AfD-Mitglieder müssen Waffen abgeben
Den beiden Eilverfahren waren Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf von Ende Juni vorausgegangen. Die Vorinstanz hatte entschieden, dass die AfD-Mitglieder ihre Waffen abgeben müssen, weil sie nach geltendem Waffenrecht als unzuverlässig einzustufen sind.

Die Parteimitglieder hatten geklagt, weil ihre Erlaubnis zum Waffenbesitz von den Behörden widerrufen worden war. In der Hauptsache sind jetzt noch vier Berufungsverfahren am OVG anhängig. Verhandlungstermine stehen laut der OVG-Sprecherin noch nicht fest.

Die Feststellungen in den Eilverfahren gelten als Hinweise auf einen möglichen Ausgang der Berufungsverhandlungen. Die Begründungen des 20. Senats sind in der Entscheidungsdatenbank des Landes NRW abrufbar.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article253052198/OVG-Eilbeschluesse-Waffenentzug-fuer-AfD-Mitglieder-ist-rechtens.html
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