Autor Thema: AG Weimar, 6 OWi - 523 Js 202518/20+BayVGH M 13 S 21.337  (Gelesen 4807 mal)

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Offline Neubuerger

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Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #30 am: 24. Januar 2021, 17:00:32 »
Gut, man kann jetzt den Pandemietreibern der Menschheit ihre bisherige Erfolglosigkeit vorhalten. Schließlich sind die letzten Heimsuchungen alle Zoonosen gewesen.

Off-Topic:
Mehr oder weniger alles, was wir in den letzten Jahrzehnten neu an Infektionskrankheiten beim Menschen haben, kommt als Zoonose aus dem Tierreich: HIV, Nipah, Lassa usw...
Wer sich mit dem Thema etwas näher beschäftigen will, dem kann ich "Spillover: Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen" von David Quammen empfehlen. Das ist zwar schon 2012 geschrieben worden, hat seine Aktualität nicht verloren.
Sebastian Leber über Rüdi: Hoffmanns Beweisführung ist, freundlich ausgedrückt, unorthodox. Es geht in seinen Filmen drunter und drüber wie bei einem Diavortrag, bei dem der Vortragende kurz vor Beginn ausgerutscht ist und alle Dias wild durcheinander auf den Boden flogen.
 
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Offline Rabenaas

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Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #31 am: 24. Januar 2021, 17:17:09 »
Off-Topic:
Mehr oder weniger alles, was wir in den letzten Jahrzehnten neu an Infektionskrankheiten beim Menschen haben, kommt als Zoonose aus dem Tierreich: HIV, Nipah, Lassa usw...

Mehr oder weniger? Nein, alle: schließlich sind auch wir (Säuge)Tiere. Pflanzenkrankheiten befallen uns nicht!
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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dtx

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Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #32 am: 24. Januar 2021, 17:33:21 »
@Rabenaas

Nicht alles, von dem wir uns plagen ließen, würden uns Vierbeiner bedenkenlos abnehmen und über ein paar Jahrzehnte warmhalten, bis wir ihnen wieder mal zu dicht auf den Pelz rücken.

 
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Offline Gelehrsamer

Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #33 am: 25. Januar 2021, 12:46:39 »
Mittlerweile ist auch der Systempresse - falls man Springer nicht eher zur rechten Schwurbelszene rechnen will - aufgefallen, dass der Herr Amtsrichter mit den jetzt vorgelegten Entscheidungsgründen schon zweimal beim OVG abgeblitzt ist (lesen die hier mit?):

https://www.welt.de/politik/deutschland/article224982063/Kontaktverbot-aufgehoben-Weimarer-Richter-klagte-selbst-gegen-Corona-Auflagen.html


Text:

Spoiler
Das Urteil eines Amtsrichters aus Weimar sorgte für Aufregung: Der Jurist erklärte das Kontaktverbot vom letzten Sommer für nichtig. Nun werden einschlägige Privatklagen des Richters gegen die Corona-Verordnung bekannt.
 
Nachdem das Amtsgericht Weimar die im Frühjahr verhängten Kontaktbeschränkungen für verfassungswidrig erklärt hat, gibt es Berichte über eigene Klagen gegen Corona-Auflagen durch den zuständigen Richter. Nach übereinstimmenden Berichten von „Bild“-Zeitung und „Focus“ hat der Mann im vergangenen Sommer mehrfach privat versucht, juristisch gegen die Thüringer Corona-Verordnung vorzugehen.

Demnach klagte er zweimal im Eilverfahren vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) gegen den Freistaat. In einem OVG-Beschluss vom 28. August ist laut „Bild“ nachzulesen, dass der Mann per einstweiliger Anordnung versuchte, die Infektionsschutzregeln zu Kontaktverbot, Maskenpflicht und Mindestabstand außer Kraft zu setzen. Das Gericht habe damals allerdings befunden, dass sich der Antragsteller eine „Erkenntnisgewissheit zumaße, die ersichtlich so nicht bestehe.“ Die Anträge seien deshalb abgelehnt worden. Seine Argumentation von damals weise große Ähnlichkeit zu seinem umstrittenen Urteil auf, das in der vergangenen Woche bekannt gemacht wurde.

Der Richter hatte am 11. Januar am Amtsgericht Weimar entschieden, dass das Kontaktverbot als zentrales Element des Lockdowns aus dem Frühjahr in Thüringen nicht rechtmäßig gewesen sei. In der Mitteilung des Gerichts wurde das Verbot als verfassungswidrig und damit „nichtig“ erklärt.

In dem Verfahren ging es um ein Bußgeld wegen einer Geburtstagsparty. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft Erfurt geht inzwischen gegen diese Entscheidung vor.

Die Staatsanwaltschaft habe beim Amtsgericht den Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde eingereicht, sagte der Sprecher der Behörde, Hannes Grünseisen, am Freitag in Erfurt. Die Staatsanwaltschaft wolle erreichen, dass das Urteil des Amtsgerichts mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben werde. Die Sache solle zu einer neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter zurückverwiesen werden.

Ein Verstoß gegen die Menschenwürde

In seinem Urteil argumentiert das Gericht unter anderem, die damalige Corona-Verordnung sei verfassungswidrig gewesen, weil das Infektionsschutzgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für solch weitreichende Regelungen wie das Kontaktverbot gebildet habe. Das Gesetz ist inzwischen als Reaktion auf derartige, schon in der Vergangenheit vorgetragene Kritik präzisiert worden. Zudem habe die Anordnung des Kontaktverbots gegen die Menschenwürde verstoßen und sei nicht verhältnismäßig gewesen, argumentiert das Gericht.

Grünseisen sagte, diese Entscheidung sei „zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu überprüfen“. Dies sei umso mehr geboten, weil die Kontaktbeschränkungen weiter gelten. Eine einheitliche Rechtsprechung zu deren Verfassungsmäßigkeit sei vonnöten.

Inzwischen ist die Infektionslage in Thüringen deutlich dramatischer als im Frühjahr vor einem Jahr, und der Freistaat gilt als eines der bundesweit am heftigsten von der Pandemie betroffenen Bundesländer.
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Offline No_DR

Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #34 am: 25. Januar 2021, 15:09:01 »
Kann der dann überhaupt zu dem Thema Recht sprechen, wenn er selber Verfahren mit dem Thema laufen hat?

Frage an die Juristen.
Wer Rechtschreib- und Grammatikfehler findet, darf sie behalten!
Mir kennä alles ausser hochdeitsch!
 
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Offline Gerichtsreporter

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Re: AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20
« Antwort #35 am: 25. Januar 2021, 15:49:52 »
Der VGH Bayern hat es sich nicht nehmen lassen, anlässlich des Antrags vom Haintzelmännchen gegen die Auflagen für seinen gestrigen Kartoffelauflauf, sich zu dem Urteil aus Weimar zu äußern.

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bayvgh-10cs21249-ag-weimar-6owi523js20251820-corona-manahmen-regeln-kontaktbeschraenkungen-lockdown-verfassungswidrig-verfassungsgemae-rechtsprechung-einzelentscheidung/?fbclid=IwAR0y5TFGBc3H5W5hAIHQ-6MObuWaqVy9y7JBgVeBQMEigXz4bU_tuplggHc

Spoiler
Zitat
BayVGH kritisiert AG-Weimar-Urteil
"Eine metho­disch höchst frag­wür­dige Ein­ze­l­ent­schei­dung"

Erneut wollte die "Querdenken"-Bewegung eine Demonstration durchsetzen und landete vor dem BayVGH. Dort berief sie sich auf ein aufsehenerregendes Urteil des AG Weimar von vergangener Woche - und machte damit eine Bruchlandung.

Ein vierstündiger Demonstrationsumzug mit 1.000 Teilnehmern sowie anschließender stationärer Kundgebung ist angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens nicht möglich. Die zuständige Behörde habe zu Recht verlangt, die Demonstration zu beschränken. Das entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) am Sonntag (Beschl. v. 24.1.2021, Az. 10 CS 21.249) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Erneut wollte die "Querdenken-Bewegung" in München demonstrieren. Für den vergangenen Sonntag hatte sie eine Versammlung geplant, die aus einem Umzug und einer anschließenden Kundgebung vor dem Gebäude des BayVGH bestehen und über vier Stunden mit 1.000 Teilnehmern am Abend stattfinden sollte. Thema der Demonstration sollte die Forderung sein, dass der 10. Senat des BayVGH vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werden solle, da er sich nach § 7 Abs. 1 Nr. 10 des Völkerstrafgesetzbuches hinsichtlich einer "unerwünschten politischen Gruppierung" - nämlich den "Querdenkern" selbst - wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafbar gemacht habe.

Der BayVGH wies den Eilantrag der Querdenker gegen das Verlangen der Behörde, die Demonstration zu beschränken, jedoch in wesentlichen Teilen ab. Nach der Bayerischen Infektionsschutzverordnung müsse bei Versammlungen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmern gewahrt und die sonstigen Infektionsgefahren auf ein vertretbares Maß beschränkt werden. Das sei in der Regel anzunehmen, wenn eine Versammlung ortsfest ist und aus nicht mehr als 200 Teilnehmern besteht. Insofern sei, so der BayVGH, die Entscheidung der Versammlungsbehörde, die angemeldete Demonstration auf 200 Teilnehmer zu reduzieren, sie auf einen Ort zu beschränken und zeitlich auf maximal zwei Stunden und 15 Minuten zu begrenzen, verhältnismäßig, so der BayVGH.

Klare Worte des BayVGH zum Urteil des AG Weimar

Das war insoweit nichts Neues, vergleichbare Entscheidungen stehen in Bayern und auch im Rest von Deutschland bei den Verwaltungsgerichten aktuell ständig auf der Tagesordnung. Spannend war jedoch, dass die Querdenker sich vor Gericht auf ein Urteil des Amtsgerichts Weimar (AG) beriefen, das vor einigen Tagen für viel Diskussion gesorgt hatte (Az. 6 OWi – 523 Js 202518/20).

In Weimar stand ein Mann vor Gericht, der im April 2020 in Thüringen gegen die dortigen Corona-Regeln verstoßen hatte. Auch solche Verfahren sind mittlerweile nichts Neues mehr; doch dann sprach das AG den Mann frei - und zwar mit der Begründung, dass die Lockdown-Regelungen mit Kontaktverbot verfassungswidrig seien. Es habe im Frühjahr 2020 kein Gesundheitsnotstand geherrscht, in Thüringen nicht und auch sonst nirgends. Die Lockdown-Maßnahmen seien, so das AG Weimar, eine "katastrophale politische Fehlentscheidung mit dramatischen Konsequenzen" gewesen. Der Staat habe sich dabei auf "falsche Annahmen" gestützt, Eindeutiges falsch interpretiert und durch die verhängten Maßnahmen gegen die Menschenwürde verstoßen.

Auf dieses Urteil beriefen sich die Querdenker in München nun am Wochenende – und der BayVGH nahm die Gelegenheit wahr, sich ausführlich zu dem Urteil aus Weimar zu äußern. Dieses nämlich sei eine "methodisch höchst fragwürdige Einzelentscheidung, die hinsichtlich der Coronapandemie im Widerspruch zur - vom Amtsgericht nicht ansatzweise berücksichtigten - ganz überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Gerichte stehe". Das AG Weimar maße sich mit seiner Einschätzung, dass eine epidemiologische Lage nicht vorgelegen habe, ohne sich mit den wissenschaftlichen und tatsächlichen Grundlagen auseinandergesetzt zu haben, eine Sachkunde an, die ihm nicht zukomme, und setze seine Auffassung an die Stelle der Einschätzung des Bundestages und des Verordnungsgebers.

Gegenteilige Quellen und Hinweise blendete das AG nach Auffassung der bayerischen Richterinnen und Richter systematisch aus, die zentral vom AG herangezogene Studie sei "bestenfalls umstritten". Außerdem zeige die Entscheidung des AG auch mangelnde Kenntnisse im Gefahrenabwehrrecht auf: So sei im Urteil des AG Weimar die Ex-ante- mit der Ex-post-Betrachtung vermengt worden und Überlegungen zu Kausalitäten bzw. Koinzidenzien fehlten. Das AG spare beispielsweise die naheliegende Annahme, dass die niedrige Übersterblichkeit und geringe Auslastung der Intensivbetten auf die vom AG als unverhältnismäßig eingeordneten Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2020 zurückzuführen sein könnte, komplett aus.

Der Beschluss des BayVGH ist unanfechtbar.
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Bayer. VGH Beschluss vom 22. Januar 2021, M 13 S 21.337, Demo
« Antwort #36 am: 25. Januar 2021, 16:27:58 »
Nein, ich will nicht von der berühmten „Klatsche“ sprechen, wenn ich die Entscheidung verlinke, die das bereits angezogene Urteil des VG Weimar (https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=7233.0) kritisiert, sondern verlinke einfach, damit man es in seiner ganzen Schönheit betrachten kann.  :)

Man beachte Rn 36!  ;D


https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/10_cs_21.249.pdf
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Re: Bayer. VGH Beschluss vom 22. Januar 2021, M 13 S 21.337, Demo
« Antwort #37 am: 25. Januar 2021, 18:49:09 »
Es ist leider traurig und auch nicht wirklich zielführend, daß man im Zusammenhang mit dem vielfach gelobten Urteil auf das Amtsgericht Weimar verweisen muß, obwohl diesem Gericht auch Richter angehören, die nicht durch die Bearbeitung von Bußgeldsachen epidemiologisch und virologisch erleuchtet sind. Diesen Richtern gilt unser ganzes Mitgefühl.

 
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Re: Bayer. VGH Beschluss vom 22. Januar 2021, M 13 S 21.337, Demo
« Antwort #38 am: 25. Januar 2021, 19:13:14 »
ad RN 36:
Ich liebe diese doch höflich vorgebrachten, gleichsam vernichtenden Kritiken. Unser aller hochgeachteter Kolumnist Thomas Fischer war ebenfalls ein Meister solcher Formulierungen. Ab und zu zitiert Burhoff-Online ähnliche Perlen der Rechtsprechung.
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Offline Reichsschlafschaf

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Re: Bayer. VGH Beschluss vom 22. Januar 2021, M 13 S 21.337, Demo
« Antwort #39 am: 26. Januar 2021, 07:27:08 »
Laut Lügenpresse war der „Corona-Richter“ schon zweimal unterlegen (den Bericht der BLÖD erspare ich uns):


Zitat
Klagte privat schon gegen die Maskenpflicht

Corona-Richter aus Weimar: Er klagte schon privat gegen Masken- und Abstandspflicht

Montag, 25.01.2021, 17:55
Der Richter am Amtsgericht Weimar, der einen Corona-Sünder freigesprochen und dabei die Lockdown-Politik der Regierung als verfassungswidrig eingestuft hatte, war womöglich voreingenommen. Nach FOCUS-Online-Recherchen klagte der Amtsrichter Matthias Guericke bereits zweimal als Privatmann gegen den Freistaat Thüringen, um Maskenpflicht und Abstandsregeln zu kippen.
Spoiler
Ein Corona-Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 11. Januar 2021 sorgt seit Tagen für hitzige Diskussionen in ganz Deutschland. Der zuständige Richter hatte einen Mann freigesprochen, der im April 2020 nachweislich gegen die Thüringer Corona-Verordnung verstoßen hatte. Die Begründung war brisant.

Der Richter stufte das allgemeine Kontaktverbot im Lockdown des Frühjahrs 2020 als unverhältnismäßig, verfassungswidrig – und „damit nichtig“ ein. In seinem Urteil brandmarkte er die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen als „katastrophale politische Fehlentscheidung“.


Reaktionen auf Corona-Urteil: Von "mutig" bis "Schande"
In der Öffentlichkeit stießen die Aussagen auf ein geteiltes Echo. Das zeigen auch die zahlreichen Kommentare zu dem entsprechenden FOCUS-Online-Artikel, den bis heute mehr als 1,8 Millionen User gelesen haben. Die Meinungen reichen von großer Zustimmung („sehr gutes Urteil“, „mutige Entscheidung“, „Silberstreif am Horizont“) bis hin zu schroffer Ablehnung („abstruses Willkürurteil“, „juristische Schande“, „katastrophale Fehlentscheidung“).

Mutmaßungen über Richter: Reichsbürger? Querdenker? AfD?
Manche mutmaßen, es müsse sich um einen Verschwörungstheoretiker handeln („Da hat ein Amtsrichter wohl einen Aluhut aufgesetzt“), einen Reichsbürger oder einen Querdenker. Andere verorten ihn in der rechten Szene. „Ist er gar Mitglied der AfD?“, fragt ein Leser. Ein anderer empfiehlt: „Man sollte sich diesen Richter mal etwas genauer anschauen.“

FOCUS Online hat recherchiert - und ist fündig geworden.

Der zuständige Amtsrichter Matthias Guericke ist auch privat ein Gegner von Maskenpflicht und Abstandsregeln. Um die Bestimmungen zu kippen, klagte er bereits zweimal im Eilverfahren vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar gegen den Freistaat Thüringen – und verlor, zuletzt im August 2020. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.

Corona-Pandemie: Infos zu Impfungen und Verschwörungen
 
Zwei private Klagen gegen Maskenpflicht und Abstandsregeln
Seinen ersten Versuch, Teile der Thüringer Corona-Verordnung außer Kraft zu setzen, unternahm Richter Guericke am 15. Juni 2020. Wenige Tage später wies das OVG den Vorstoß zurück.

Am 7. August 2020 stellte Guericke erneut einen Antrag („Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen!“). Dabei ließ er sich von der Mainzer Rechtsanwältin Jessica Hamed vertreten, die sich mit diversen Klagen gegen staatliche Corona-Bestimmungen in verschiedenen Bundesländern einen Namen gemacht hat.

Auf 100 Seiten legte der Thüringer Amtsrichter dar, warum das verpflichtende Tragen einer „Mund-Nasen-Bedeckung“ bei Einkäufen, Arztbesuchen oder Bahnfahrten seiner Meinung nach einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte darstelle, ebenso die Bestimmungen zum Mindestabstand von 1,5 Metern.

Richter ist Bahn-Pendler - und sträubt sich gegen Maske
Der Staat würde seine Bürger „zum Experimentierobjekt“ degradieren und damit die Menschenwürde verletzen, behauptete der Kläger. Außerdem machte er Verstöße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit geltend. Auch die Glaubens-, Versammlungs- und Berufsfreiheit seien durch die Maskenpflicht eingeschränkt.

In dem Antrag verwies Amtsrichter Guericke darauf, dass er persönlich unter den Bestimmungen leide. Er pendele zwischen seinem Wohnort in Halle (Saale) und seinem Arbeitsort Weimar und müsse in der Bahn jede Woche acht Stunden eine Maske tragen - selbst dann, wenn er genügend Abstand zu Mitfahrern habe.

OVG in Weimar lehnt die Eilanträge des Amtsrichters ab
Gleichwohl kämpfe er nicht nur „aus eigenem Interesse“ gegen die Corona-Schutzbestimmungen, so Guericke. Er tue das auch für alle Menschen, die in ihrer Berufstätigkeit teilweise erheblich eingeschränkt seien, etwa im Kunst- und Kulturbetrieb.

Das OVG in Weimar lehnte den Antrag des Amtsrichters ab - wie schon beim ersten Mal im Juli 2020.

In ihrem Beschluss vom 26. August 2020 verkennen die drei Richter des 3. Senats nicht, dass die Bewertungen von Wissenschaft und Politik zum neuartigen Coronavirus „kritisch zu hinterfragen sind und fortdauernder Überprüfung bedürfen“. Dies sei ein „essenzieller Teil eines lebendigen wissenschaftlichen Diskurses“ und bedinge auch, „dass abweichende Meinungen gebildet und formuliert werden“.

Richter Matthias Guericke spricht von "faschistischem Staat"
Allerdings liefen die Vorwürfe des Amtsrichters aus Weimar ins Leere, beschieden die OVG-Richter. Der Kläger messe sich selbst „eine Fachkenntnis und Erkenntnisgewissheit zu, die ersichtlich so nicht besteht“. Entschieden wiesen die Richter den Vorwurf des Amtsrichters zurück, den er auf Seite 80 seines Antrags formuliert hatte. Wörtlich heißt es dort:

„Das freie Atmen der Menschen (nicht im übertragenen, sondern im wörtlichen Sinne!) bewusst einzuschränken, um bestimmte Botschaften in ihren Köpfen zu verankern, passt in einen autoritären oder faschistischen Staat, aber niemals in eine freiheitliche Demokratie.“

Das Gericht erwiderte, der Kläger verkenne mit dieser drastischen Aussage die rechtlichen und sachlichen Hintergründe der von ihm angegriffenen Regelung „vollkommen“.

OVG widerspricht: Maßnahmen nicht grundgesetzwidrig
Um Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich so weit wie möglich zu vermeiden, seien „weiterhin gesamtgesellschaftliche Anstrengungen nötig“, so der Senat. Dazu zählten auch das Abstandhalten sowie „das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Situationen“. Dabei handele es sich um die „zentralen Instrumente“ der Pandemiebekämpfung. Sie seien weder unverhältnismäßig noch grundgesetzwidrig.

Amtsrichter Matthias Guericke sieht das freilich anders. Seine Anwältin Jessica Hamed sagte zu FOCUS Online: „Unseres Erachtens gab es für solch einschneidende Maßnahmen wie Maskenpflicht und insbesondere das Abstandsgebot keine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage. Wir betreiben aktuell das Hauptsacheverfahren und warten derzeit auf die Akteneinsicht und die Replik des Antragsgegners.“ Für das weitere Verfahren sei sie „durchaus optimistisch“, so Hamed.

Anwältin des Amtsrichters: Mandant kein Corona-Leugner
Außerdem stellte die Anwältin gegenüber FOCUS Online klar, dass ihr Mandant kein Corona-Leugner sei oder jemand, der die Pandemie verharmlose. Vielmehr teile er die Auffassung, dass es sich bei Covid-19 um eine „sehr ernstzunehmende Erkrankung“ handele.

Vermutlich hätte außerhalb des Thüringer Justizbetriebs niemand von den privaten Corona-Klagen des Amtsrichters aus Weimar Notiz genommen. Doch vor dem Hintergrund seines aktuellen Urteils – dem Freispruch eines Corona-Sünders und der vernichtenden Kritik an den staatlichen Schutzmaßnahmen – erscheint die Sache in einem völlig neuen Licht.

Richter sind unabhängig - doch eine spannende Frage bleibt
Es stellt sich die Frage, ob der Amtsrichter seine privaten Vorbehalte gegen die Corona-Vorkehrungen der Regierung – man könnte auch sagen: seine eigene Rechtsauffassung – als Basis genommen hat, um einen Corona-Sünder freizusprechen.

Nach Artikel 97 des Grundgesetzes sind Richter in Deutschland „unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“. Dass der Richter in Weimar frei entscheiden hat, dürfte niemand ernsthaft bezweifeln.

Heikel scheint jedoch der Umstand, dass er – quasi parallel zu dem von ihm geführten Corona-Verfahren – eine private juristische Auseinandersetzung führt, in der es um eine ganz ähnliche Fragestellung geht. Noch heikler: Er weiß, dass eine höhere Instanz (das Oberverwaltungsgericht Thüringen) seine Auffassungen nicht teilt und seine Klage zumindest im Eilverfahren abgewiesen hat.

Surftipp: Alle Neuigkeiten zur Corona-Pandemie finden Sie im News-Ticker von FOCUS Online

Warum durfte der Richter überhaupt Corona-Urteil fällen?
Kann ein Richter unter diesen Umständen noch neutral entscheiden? Oder ist er durch seine eigenen privaten Klagen derart voreingenommen, dass man ihn schon als parteiisch bezeichnen muss? Und: Falls das Amtsgericht Weimar die klaren und zum Teil radikalen Rechtsauffassungen des Kollegen kannte – warum durfte er dann überhaupt Corona-Verfahren führen?

In seiner Urteilsbegründung vom 11. Januar 2021 verwendete Richter Matthias Guericke im Kern und zum Teil wortgleich dieselben Argumente, auf die er im Sommer 2020 seine eigenen Eilanträge beim OVG gestützt hatte, damit aber nicht durchgekommen war.

In seiner Privatklage nannte er Politik "blanken Hohn"
Ein Beispiel: In seiner eigenen Klage sprach er von einer „Politik der Bevormundung und Maßregelung“, die nur noch als „blanker Hohn“ anzusehen sei. Die Politik rase bei ihren Schutzmaßnahmen vor Corona unaufhörlich „in die falsche Richtung“ und sei nicht mehr in der Lage, „die Bremse zu ziehen“.

In seinem eigenen Urteil geißelte Richter Guericke die Lockdown-Maßnahmen wenige Monate später als „katastrophale politische Fehlentscheidung“.

Staatsanwaltschaft will Freispruch-Urteil nicht hinnehmen
Die Staatsanwaltschaft Erfurt will den Corona-Freispruch durch Amtsrichter Guericke nicht akzeptieren und hat Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde eingereicht. Die „Bild“-Zeitung zitierte Behördensprecher Hannes Grünseisen am vergangenen Freitag mit dem Satz: „Das Urteil ist falsch, schlägt hohe Wellen und sollte schnell geradegerückt werden.“

Matthias Guericke, der seit 2018 in Weimar arbeitet und zuvor jahrelang Amtsrichter im hessischen Rüdesheim war, wollte sich gegenüber FOCUS Online nicht zu seinem Urteil äußern.
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https://www.focus.de/politik/gerichte-in-deutschland/klagte-privat-schon-gegen-die-maskenpflicht-corona-richter-aus-weimar-er-klagte-schon-privat-gegen-masken-und-abstandspflicht_id_12904620.html


Die Entscheidungen des OVG Weimar habe ich bisher online nicht finden könne, aber wozu haben wir juristisch versierte Agenten ...    :whistle:

Klar ist er privat „betroffen“, sonst wäre er ja nicht beschwert.


Die Anwältin Hamed im Interview:
https://www.fr.de/politik/corona-lockdown-kritik-pflegeheime-rechtsstaat-jessica-hamed-rechtsanwaeltin-90164734.html
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Re: AG Weimar, 6 OWi - 523 Js 202518/20+BayVGH M 13 S 21.337
« Antwort #40 am: 28. Januar 2021, 12:45:56 »
Das scheint ja ein ganz besonderes juristisches Früchtchen zu sein:

Der Richter am Amtsgericht Weimar, der einen Corona-Sünder freigesprochen und dabei die Lockdown-Politik der Regierung als verfassungswidrig eingestuft hatte, war womöglich voreingenommen. Nach FOCUS-Online-Recherchen klagte der Amtsrichter Matthias Guericke bereits zweimal als Privatmann gegen den Freistaat Thüringen, um Maskenpflicht und Abstandsregeln zu kippen.



https://www.focus.de/politik/gerichte-in-deutschland/klagte-privat-schon-gegen-die-maskenpflicht-corona-richter-aus-weimar-er-klagte-schon-privat-gegen-masken-und-abstandspflicht_id_12904620.html

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Ein Corona-Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 11. Januar 2021 sorgt seit Tagen für hitzige Diskussionen in ganz Deutschland. Der zuständige Richter hatte einen Mann freigesprochen, der im April 2020 nachweislich gegen die Thüringer Corona-Verordnung verstoßen hatte. Die Begründung war brisant.

Der Richter stufte das allgemeine Kontaktverbot im Lockdown des Frühjahrs 2020 als unverhältnismäßig, verfassungswidrig – und „damit nichtig“ ein. In seinem Urteil brandmarkte er die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen als „katastrophale politische Fehlentscheidung“.

Großer Überblick - Neue Lockdown-Stufe: Hier sehen Sie, welche Regeln ab heute für Sie gelten
Reaktionen auf Corona-Urteil: Von "mutig" bis "Schande"

In der Öffentlichkeit stießen die Aussagen auf ein geteiltes Echo. Das zeigen auch die zahlreichen Kommentare zu dem entsprechenden FOCUS-Online-Artikel, den bis heute mehr als 1,8 Millionen User gelesen haben. Die Meinungen reichen von großer Zustimmung („sehr gutes Urteil“, „mutige Entscheidung“, „Silberstreif am Horizont“) bis hin zu schroffer Ablehnung („abstruses Willkürurteil“, „juristische Schande“, „katastrophale Fehlentscheidung“).

Mutmaßungen über Richter: Reichsbürger? Querdenker? AfD?

Manche mutmaßen, es müsse sich um einen Verschwörungstheoretiker handeln („Da hat ein Amtsrichter wohl einen Aluhut aufgesetzt“), einen Reichsbürger oder einen Querdenker. Andere verorten ihn in der rechten Szene. „Ist er gar Mitglied der AfD?“, fragt ein Leser. Ein anderer empfiehlt: „Man sollte sich diesen Richter mal etwas genauer anschauen.“

FOCUS Online hat recherchiert - und ist fündig geworden.

Der zuständige Amtsrichter Matthias Guericke ist auch privat ein Gegner von Maskenpflicht und Abstandsregeln. Um die Bestimmungen zu kippen, klagte er bereits zweimal im Eilverfahren vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar gegen den Freistaat Thüringen – und verlor, zuletzt im August 2020. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.

Zwei private Klagen gegen Maskenpflicht und Abstandsregeln

Seinen ersten Versuch, Teile der Thüringer Corona-Verordnung außer Kraft zu setzen, unternahm Richter Guericke am 15. Juni 2020. Wenige Tage später wies das OVG den Vorstoß zurück.

Am 7. August 2020 stellte Guericke erneut einen Antrag („Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen!“). Dabei ließ er sich von der Mainzer Rechtsanwältin Jessica Hamed vertreten, die sich mit diversen Klagen gegen staatliche Corona-Bestimmungen in verschiedenen Bundesländern einen Namen gemacht hat.

Auf 100 Seiten legte der Thüringer Amtsrichter dar, warum das verpflichtende Tragen einer „Mund-Nasen-Bedeckung“ bei Einkäufen, Arztbesuchen oder Bahnfahrten seiner Meinung nach einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte darstelle, ebenso die Bestimmungen zum Mindestabstand von 1,5 Metern.
Richter ist Bahn-Pendler - und sträubt sich gegen Maske

Der Staat würde seine Bürger „zum Experimentierobjekt“ degradieren und damit die Menschenwürde verletzen, behauptete der Kläger. Außerdem machte er Verstöße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit geltend. Auch die Glaubens-, Versammlungs- und Berufsfreiheit seien durch die Maskenpflicht eingeschränkt.

In dem Antrag verwies Amtsrichter Guericke darauf, dass er persönlich unter den Bestimmungen leide. Er pendele zwischen seinem Wohnort in Halle (Saale) und seinem Arbeitsort Weimar und müsse in der Bahn jede Woche acht Stunden eine Maske tragen - selbst dann, wenn er genügend Abstand zu Mitfahrern habe.
OVG in Weimar lehnt die Eilanträge des Amtsrichters ab

Gleichwohl kämpfe er nicht nur „aus eigenem Interesse“ gegen die Corona-Schutzbestimmungen, so Guericke. Er tue das auch für alle Menschen, die in ihrer Berufstätigkeit teilweise erheblich eingeschränkt seien, etwa im Kunst- und Kulturbetrieb.

Das OVG in Weimar lehnte den Antrag des Amtsrichters ab - wie schon beim ersten Mal im Juli 2020.

In ihrem Beschluss vom 26. August 2020 verkennen die drei Richter des 3. Senats nicht, dass die Bewertungen von Wissenschaft und Politik zum neuartigen Coronavirus „kritisch zu hinterfragen sind und fortdauernder Überprüfung bedürfen“. Dies sei ein „essenzieller Teil eines lebendigen wissenschaftlichen Diskurses“ und bedinge auch, „dass abweichende Meinungen gebildet und formuliert werden“.
Richter Matthias Guericke spricht von "faschistischem Staat"

Allerdings liefen die Vorwürfe des Amtsrichters aus Weimar ins Leere, beschieden die OVG-Richter. Der Kläger messe sich selbst „eine Fachkenntnis und Erkenntnisgewissheit zu, die ersichtlich so nicht besteht“. Entschieden wiesen die Richter den Vorwurf des Amtsrichters zurück, den er auf Seite 80 seines Antrags formuliert hatte. Wörtlich heißt es dort:

„Das freie Atmen der Menschen (nicht im übertragenen, sondern im wörtlichen Sinne!) bewusst einzuschränken, um bestimmte Botschaften in ihren Köpfen zu verankern, passt in einen autoritären oder faschistischen Staat, aber niemals in eine freiheitliche Demokratie.“

Das Gericht erwiderte, der Kläger verkenne mit dieser drastischen Aussage die rechtlichen und sachlichen Hintergründe der von ihm angegriffenen Regelung „vollkommen“.
OVG widerspricht: Maßnahmen nicht grundgesetzwidrig

Um Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich so weit wie möglich zu vermeiden, seien „weiterhin gesamtgesellschaftliche Anstrengungen nötig“, so der Senat. Dazu zählten auch das Abstandhalten sowie „das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Situationen“. Dabei handele es sich um die „zentralen Instrumente“ der Pandemiebekämpfung. Sie seien weder unverhältnismäßig noch grundgesetzwidrig.

Amtsrichter Matthias Guericke sieht das freilich anders. Seine Anwältin Jessica Hamed sagte zu FOCUS Online: „Unseres Erachtens gab es für solch einschneidende Maßnahmen wie Maskenpflicht und insbesondere das Abstandsgebot keine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage. Wir betreiben aktuell das Hauptsacheverfahren und warten derzeit auf die Akteneinsicht und die Replik des Antragsgegners.“ Für das weitere Verfahren sei sie „durchaus optimistisch“, so Hamed.
Anwältin des Amtsrichters: Mandant kein Corona-Leugner

Außerdem stellte die Anwältin gegenüber FOCUS Online klar, dass ihr Mandant kein Corona-Leugner sei oder jemand, der die Pandemie verharmlose. Vielmehr teile er die Auffassung, dass es sich bei Covid-19 um eine „sehr ernstzunehmende Erkrankung“ handele.

Vermutlich hätte außerhalb des Thüringer Justizbetriebs niemand von den privaten Corona-Klagen des Amtsrichters aus Weimar Notiz genommen. Doch vor dem Hintergrund seines aktuellen Urteils – dem Freispruch eines Corona-Sünders und der vernichtenden Kritik an den staatlichen Schutzmaßnahmen – erscheint die Sache in einem völlig neuen Licht.
Richter sind unabhängig - doch eine spannende Frage bleibt

Es stellt sich die Frage, ob der Amtsrichter seine privaten Vorbehalte gegen die Corona-Vorkehrungen der Regierung – man könnte auch sagen: seine eigene Rechtsauffassung – als Basis genommen hat, um einen Corona-Sünder freizusprechen.

Nach Artikel 97 des Grundgesetzes sind Richter in Deutschland „unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“. Dass der Richter in Weimar frei entscheiden hat, dürfte niemand ernsthaft bezweifeln.

Heikel scheint jedoch der Umstand, dass er – quasi parallel zu dem von ihm geführten Corona-Verfahren – eine private juristische Auseinandersetzung führt, in der es um eine ganz ähnliche Fragestellung geht. Noch heikler: Er weiß, dass eine höhere Instanz (das Oberverwaltungsgericht Thüringen) seine Auffassungen nicht teilt und seine Klage zumindest im Eilverfahren abgewiesen hat.

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Warum durfte der Richter überhaupt Corona-Urteil fällen?

Kann ein Richter unter diesen Umständen noch neutral entscheiden? Oder ist er durch seine eigenen privaten Klagen derart voreingenommen, dass man ihn schon als parteiisch bezeichnen muss? Und: Falls das Amtsgericht Weimar die klaren und zum Teil radikalen Rechtsauffassungen des Kollegen kannte – warum durfte er dann überhaupt Corona-Verfahren führen?

In seiner Urteilsbegründung vom 11. Januar 2021 verwendete Richter Matthias Guericke im Kern und zum Teil wortgleich dieselben Argumente, auf die er im Sommer 2020 seine eigenen Eilanträge beim OVG gestützt hatte, damit aber nicht durchgekommen war.
In seiner Privatklage nannte er Politik "blanken Hohn"

Ein Beispiel: In seiner eigenen Klage sprach er von einer „Politik der Bevormundung und Maßregelung“, die nur noch als „blanker Hohn“ anzusehen sei. Die Politik rase bei ihren Schutzmaßnahmen vor Corona unaufhörlich „in die falsche Richtung“ und sei nicht mehr in der Lage, „die Bremse zu ziehen“.

In seinem eigenen Urteil geißelte Richter Guericke die Lockdown-Maßnahmen wenige Monate später als „katastrophale politische Fehlentscheidung“.
Staatsanwaltschaft will Freispruch-Urteil nicht hinnehmen

Die Staatsanwaltschaft Erfurt will den Corona-Freispruch durch Amtsrichter Guericke nicht akzeptieren und hat Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde eingereicht. Die „Bild“-Zeitung zitierte Behördensprecher Hannes Grünseisen am vergangenen Freitag mit dem Satz: „Das Urteil ist falsch, schlägt hohe Wellen und sollte schnell geradegerückt werden.“

Matthias Guericke, der seit 2018 in Weimar arbeitet und zuvor jahrelang Amtsrichter im hessischen Rüdesheim war, wollte sich gegenüber FOCUS Online nicht zu seinem Urteil äußern.



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« Letzte Änderung: 28. Januar 2021, 21:51:55 von Sandmännchen »
«Die Dummheit hat aufgehört, sich zu schämen»
 
(Psychiaterin und Gerichtsgutachterin Heidi Kastner)
 
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Re: AG Weimar, 6 OWi - 523 Js 202518/20+BayVGH M 13 S 21.337
« Antwort #41 am: 28. Januar 2021, 13:10:36 »
Schon bedenklich, dass er in einem Urteil für Recht erkennt, was ihm vorher bereits von einem höheren Gericht um die Ohren gehauen wurde. Damit ist ihm ja zumindest die Rechtsauffassung einer höheren Instanz bekannt. Kann man bei dieser Faktenlage davon sprechen, dass hier jemand vorsätzlich das Recht beugt? Hätte es nicht eine Pflicht gegeben, dass er sich in dem Zusammenhang für befangen erklärt und den Fall an Kollegen abgibt?
Ich möchte nicht an der Unabhängigeit der Gerichte kratzen, aber auch für Richter gibt es Regeln, die einzuhalten sind.
« Letzte Änderung: 28. Januar 2021, 21:52:05 von Sandmännchen »
 
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Re: AG Weimar, 6 OWi - 523 Js 202518/20+BayVGH M 13 S 21.337
« Antwort #43 am: 28. Januar 2021, 13:20:38 »
Nein, das ist richterliche Unabhängigkeit.
« Letzte Änderung: 28. Januar 2021, 21:51:17 von Sandmännchen »
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Re: AG Weimar, 6 OWi - 523 Js 202518/20+BayVGH M 13 S 21.337
« Antwort #44 am: 4. Februar 2021, 12:39:32 »
Ein Nachtrag - Thüringer OVG, Presseerklärung zu zwei Entscheidungen vom 28.01.und 02.02.21 ( (3 EN 22/21 und 3 EN 21/21 betreffend Eilanträge zur Öffnung von Friseursalons und Fahrschulen):

Zitat
"Der Senat folgt in der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht den vom Amtsgericht Weimar (Urteil vom 11. Januar 2021 - 6 OWi - 523 Js 202518/20) geäußerten offensichtlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der infektionsschutzrechtlichen Verordnungen, die weder von den Verfassungsgerichten noch von den Oberverwaltungsgerichten geteilt werden. Den Ausführungen des Amtsgerichts zur grundsätzlichen Unverhältnismäßigkeit der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen hafteten sowohl rechtliche als auch tatsächliche Mängel an, so der Senat".

http://www.thovg.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/BB5B471E5A28DE8DC1258671004A3C76/$File/1_PM_21-02-02-Pandemie-Friseur+Fahrschule.pdf?OpenElement
 
 
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