Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen.
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Mit Bescheiden vom 02.01.2017 und vom 02.05.2017 wurden ihr gegenüber vom Beklagten rückständige Rundfunkbeiträge wie folgt festgesetzt:
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Für den Zeitraum 10/2016 – 12/2016 ein Beitrag in Höhe von 52,50 Euro zuzüglich 8,- Euro Säumniszuschlag, also insgesamt 60,50 Euro.
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Für den Zeitraum 01/2017 – 03/2017 ein Beitrag in Höhe von 52,50 Euro zuzüglich 8,- Euro Säumniszuschlag, also insgesamt 60,50 Euro.
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Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin mit Schreiben vom 17.01.2017 bzw. vom 29.05.2017 jeweils Widerspruch.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2017, wies der Beklagte diese Widersprüche als unbegründet zurück.
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Dagegen hat die Klägerin am 07.10.2017 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
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Zur Begründung trägt sie ausweislich ihres Vorbringens im Widerspruchs- und Klageverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vor:
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Die gesetzliche Rundfunkbeitragspflicht verletze ihr Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit und ihr Persönlichkeitsrecht aus Art.2 GG. Denn dafür fehle es an einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, weil der Rundfunkbeitrag finanzverfassungsrechtlich keinen Beitrag sondern eine Steuer darstelle, für die Steuergesetzgebung aber der Bund und nicht das Land zuständig sei, so dass das baden-württembergische Landesgesetz zur Durchführung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mangels Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig sei. Im Übrigen verstoße die Rundfunkbeitragspflicht auch gegen Europarecht. Insoweit verweist sie auf die Richtervorlage des Landgerichts Tübingen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
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Die gesetzliche Rundfunkbeitragspflicht verstoße auch gegen den verfassungsrechtlich in Art. 3 GG verankerten Gleichheitssatz. Denn sie selbst besitze keinerlei Radio/TV-Gerät, nutze seit vielen Jahren das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot nicht und sei dazu auch nicht verpflichtet. In ihrer ungeachtet dessen erfolgenden Veranlagung zur Beitragszahlung liege daher eine Ungleichbehandlung der Nichtnutzer gegenüber den Nutzern vor. Da bundesweit statistisch ca. 3,8 % der Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – so wie sie selbst – gar nicht nutzten, sei es finanzverfassungsrechtlich unzulässig, den Beitrag für die bloße Nutzungsmöglichkeit zu erheben. Soweit dies mit einer Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung von Anknüpfungstatbeständen im Rahmen des Beitragserhebungsrechts begründet werde, stelle dies keine zulässige Rechtfertigung für den Eingriff in die Rechte der Minderheit derjenigen dar, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nutzten. Auf die nur sehr geringe Größe dieser Minderheit könne es offensichtlich nicht ankommen. Das zeige schon das Beispiel der Juden, deren Gesamtzahl in der NS-Zeit ja prozentual auch nur einen sehr geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung ausgemacht habe. Gleichheitswidrig sei im Übrigen auch die Doppelbelastung von Personen, die wie sie selbst, Inhaber einer Wohnung und außerdem auch einer Betriebsstätte (hier ihre Arztpraxis) seien.
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Sie trägt ferner sinngemäß vor, die Rundfunkbeitragspflicht verletze sie auch in ihrem Grundrecht auf Gewissensfreiheit aus Art. 4 GG, da ihr – obwohl sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundsätzlich ablehne, weil es sich um „staatlichen Propagandafunk“ handle – gleichwohl aufgezwungen werde, diesen mit ihrem Beiträgen entgegen ihrer Überzeugung mitzufinanzieren und damit zu seiner Existenz beizutragen. Das aber wäre etwa so, wie wenn man Juden in der NS-Zeit zu einem zwangsweisen Abonnement des „Stürmer“ verpflichtet hätte.
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Schließlich verletzte die Rundfunkbeitragspflicht das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art.5 Abs. 1 GG Meinungsfreiheit, denn die Erhebung des Zwangsbeitrags beschränke das Recht sich aus frei zugänglichen Quellen zu unterrichten, da damit die finanziellen Ressourcen des Belasteten vermindert würden, die ihm für die freie Auswahl unter anderen kostenpflichtigen Medienangeboten zur Verfügung stünden. Zudem begünstige der zwangsweise erhobene Rundfunkbeitrag einseitig den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und benachteilige damit andere damit konkurrierende Medien, denen für ihre Berichterstattung mangels zwangsweiser Finanzierung ihrer Produktionen nur geringere Mittel zur Verfügung stünden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Bescheide des Beklagten vom 02.01.2017 und vom 02.05.2017 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 11.09.2017 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Behördenakten des Beklagten (je ein Heft) verwiesen, die zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden.
Entscheidungsgründe
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1. Das Klageverfahren ist nicht zur Vorabklärung verfassungs- bzw. europarechtlicher Fragen auszusetzen.
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1.1. Die Kammer hat mit einem ausführlichen Urteil bereits vergangenes Jahr noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, dass sie den Rundfunkbeitrags-staatsvertrag nicht für verfassungswidrig hält (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 24.05.2018 - 9 K 8560/17 -, juris; kostenlos im Volltext abrufbar unter
www.landesrecht-bw.de – dort unter „Rechtsprechung“ und bei Eingabe des Aktenzeichens in der Suchmaske „Erweiterte Suche“).
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Sie ist auch aktuell nach wie vor dieser Ansicht und setzt daher das vorliegende Klageverfahren nicht aus, um dem Bundesverfassungsgericht im Wege der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG) die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragserhebung zur Entscheidung vorzulegen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht mittlerweile bereits geklärt und dahingehend beantwortet, dass die Beitragspflicht - abgesehen von der doppelten Beitragspflicht für eine Wohnung und eine zusätzliche Zweitwohnung - verfassungsgemäß ist (vgl. BVerfG, Urteile vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 -, -1 BvR 745/17 -, - 1 BvR 836/17 -, 1 BvR 981/17 -, juris; eine prägnante Zusammenfassung dieser Entscheidung findet sich bei Bosman, NVwZ 2019, 365).
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Das Bundesverfassungsgericht hat zudem unter Hinweis darauf, dass es mit dieser Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags aufgrund eingehender Prüfung abschließend geklärt habe, in der Folgezeit gegenüber Verfassungsbeschwerdeführern sogar eine Missbrauchsgebühr angedroht, die mit ihren Verfassungsbeschwerden gleichwohl noch immer die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags gerügt hatten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.11.2018 – 1 BvR 1949/18 u.a. -, juris, sowie Beschluss vom 11. 02.2019 – 1 BvR 3/19 -, juris). Es führte dazu ausdrücklich aus, durch solche substanzlosen Beschwerden werde es an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert und der anderen Rechtsschutzsuchenden zukommende Grundrechtsschutz verzögert. Die Beschwerden seien mangels neuer Argumente oder abweichender Sachverhaltsgestaltung offensichtlich unzulässig und unbegründet und ihre Einlegung für jeden Einsichtigen erkennbar völlig aussichtslos.
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1.2. Auch was die Europarechtskonformität der Rundfunkbeitragserhebung angeht, ist das vorliegende Klageverfahren nicht auszusetzen (in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO). Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mittlerweile auf den Vorlagebeschluss des Landgerichts Tübingen, mit dem ihm mehrere Fragen zur Europarechtskonformität des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zur Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV vorgelegt worden waren, entschieden, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht gegen Europarecht verstößt, (vgl. EuGH, Urteil vom 13.12.2018 - C-492/17 -, NJW 2019, 577) und insbesondere keine Änderung einer bestehenden Beihilfe darstellt, von der die EU-Kommission gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV zu unterrichten gewesen wäre.
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2. In der Sache ist die Klage abzuweisen.
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Sie ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die von ihr angefochtenen Beitragsfestsetzungsbescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 5 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV), der über das Zustimmungsgesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl. 2011, 477) in den Rang eines formellen Landesgesetzes erhoben wurde.
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2.1. Die auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Beitragsfestsetzungsbescheide sind jeweils formell rechtmäßig.
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Für jeden einzelnen dieser Bescheide gilt Folgendes:
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Der Beklagte ist - als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts - bei der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen als Behörde hoheitlich tätig geworden, auch wenn er sich dazu aufgrund der ausdrücklichen Ermächtigung in § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV des „Beitragsservice“, also einer von den Rundfunkanstalten der Länder im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft gemeinsam betriebenen unselbständigen Verwaltungseinheit, bedient hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.11.2016 - 2 S 548/16 -, juris). Dass der Beklagte möglicherweise in anderen Bereichen als der Erhebung des Rundfunkbeitrages privatrechtlich tätig wird - etwa beim Verkauf von Sendezeit an private Werbetreibende - und daher unter Umständen auch eine Umsatzsteuernummer führt, steht dem nicht entgegen. Die vom Landgericht Tübingen in seinem Beschluss vom 16.09.2016 (5 T 232/16 - veröffentlicht in juris) vertretene gegenteilige Rechtsauffassung teilt die Kammer nicht, zumal der Bundesgerichtshof diesen Beschluss in der Zwischenzeit aufgehoben hat (BGH, Beschluss vom 14.06.2017 - ZB 87/16 -; so auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.12.2017 - 2 S 2525/17 -, juris).
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Der Einwand, die Behördeneigenschaft des Urhebers des Feststellungsbescheids sei (entgegen dem hier mit Blick auf § 2 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz [LVwVfG] allenfalls entsprechend anwendbaren § 37 Abs. 3 S. 1 LVwVfG) für den Adressaten nicht erkennbar, greift ebenfalls nicht durch. Schon anhand der äußerlichen Gestalt des Bescheides (Bezeichnung als „Bescheid“ und Beifügung einer ausdrücklichen „Rechtsmittelbelehrung“) ist erkennbar, dass es sich um einen Verwaltungsakt handelt, der nur von einer staatlichen Behörde erlassen werden kann. Der Beklagte wird zudem in der Kopfzeile und in der Grußformel am Ende des Bescheidtextes ausdrücklich genannt. Allein dass die theoretisch denkbare, wenngleich in der Praxis höchst unwahrscheinliche Möglichkeit besteht, ein Privatsender könne sich rechtswidrig und missbräuchlich eine Befugnis zum Bescheiderlass anmaßen, ändert nichts daran, dass im vorliegenden Fall auch für den Adressaten zweifellos erkennbar, ein Bescheid einer öffentlichen Rundfunkanstalt vorliegt. Diese Einschätzung wird schon dadurch bestätigt, dass das vor Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Bescheid erforderliche Vorverfahren im vorliegenden Fall jeweils durchgeführt wurde, indem dagegen - entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung - beim Beklagten Widerspruch erhoben wurde, wozu gar kein Anlass bestanden hätte, wenn gegenüber der Behörden- und auch Bescheideigenschaft auch nur ansatzweise ernstliche Zweifel bestanden hätten.
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Der Bescheid leidet auch nicht etwa deshalb an einem (formellen) Mangel, weil er (abweichend von dem allenfalls entsprechend anwendbaren § 37 Abs. 3 S.1 LVwVfG) nicht unterschrieben ist. Vielmehr enthält jeder Bescheid den ausdrücklichen Hinweis, dass er maschinell erstellt worden ist und deshalb keine Unterschrift trägt, was aufgrund des hier entsprechend anwendbaren § 37 Abs. 5 LVwVfG ausdrücklich gesetzlich zugelassen wird.
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Auch die Begründungen des Bescheides und des Widerspruchsbescheides sind rechtlich (gemessen an dem entsprechend anwendbaren § 39 Abs. 1 S. 2 LVwVfG) nicht zu beanstanden. Insbesondere ist das Verweisen auf bereits ergangene Urteile ein zulässiges Mittel, um die Begründung abzukürzen. Der Großteil dieser Urteile ist zudem kostenlos über das Internet abrufbar.
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2.2. Der Beitragsfestsetzungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
33
Der ihm zugrundeliegende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt entgegen der von Klägerseite vertretenen Ansicht eine materiell rechtmäßige, wirksame gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dar.
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Die von Klägerseite gegenüber der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vorgebrachten Bedenken erweisen sich insoweit als ebenso wenig durchgreifend wie auch zahlreiche weitere zwar nicht im vorliegenden Verfahren, aber von anderen Klägern in entsprechenden Klageverfahren gegenüber der Verfassungsmäßigkeit vorgetragenen Rügen und Argumente, welche die Kammer auch im vorliegenden Verfahren mit prüft und berücksichtigt, weil sie die Frage nach einer Verfassungswidrigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden gesetzlichen Grundlage von Amts wegen unter allen in Betracht kommenden Aspekten und unter Berücksichtigung aller ihr bekannten Gegenargumente zu prüfen hat.
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Die insoweit aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits geklärt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 - 1 BvR 1675/16 -, -1 BvR 745/17 -, - 1 BvR 836/17 -, 1 BvR 981/17 -, juris), des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 18.03.2016 - 6 C 6.15 - und Urteil vom 28.02.2018 - 6 C 48/16 - sowie Urteil vom 05.01.2017 - 6 C 15.16 - ; zudem Beschluss vom 28.02.2017 - 6 B 19.17 - und Beschluss vom 21.12.2017 - 6 B 35/17 -, jeweils juris), aber auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.03.2016 - 2 S 896/15 -, vom 06.09.2016 - 2 S 2168/14 - , vom 04.11.2016 - 2 S 548/16 -, vom 25.11.2016 - 2 S 146/16 - und vom 13.02.2017 - 2 S 1610/15 - sowie Beschluss vom 19.02.2018 - 2 S 131/18 - und vom 28.02.2018 - 2 S 259/18 -, jeweils juris und Beschluss vom 17.05.2018 - 2 S 622/18 – sowie Beschluss vom 30.08.2018 – 2 S 1447/18 – und Beschluss vom 14.09.2018 – 2 S 1815/18 -), des Verwaltungsgerichts Freiburg (VG Freiburg, Urteil vom 24.05.2018 - 9 K 8560/17 -, juris und Urteil vom 02.04.2014 - 2 K 1446/13 - sowie vom 24.06.2015 - 2 K 588/14 -, jeweils juris), und einiger Landesverfassungsgerichtshöfe (Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12 -; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12 Vf. 24-VII-12-, jeweils juris).
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In diesen Entscheidungen wird außerdem dargelegt, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags auch nicht gegen Rechtsvorschriften der Europäischen Union verstößt (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 18.03.2016, a.a.O., Rn. 51 f.; VG Freiburg, Urteil vom 24.06.2015, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.09.2016 - 2 A 791/15 -, juris). Auf diese Ausführungen, denen sich die Kammer anschließt, wird hiermit ebenso verwiesen wie (gem. § 117 Abs. 5 VwGO) auf die Begründung des Widerspruchsbescheids.
37
Im Einzelnen ergibt sich die Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität aus Folgendem:
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2.2.1. Die materiell-rechtliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV) ist formell verfassungsgemäß zustande gekommen, insbesondere ist sie von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt.
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Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst. Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast voraussetzungslos, d.h. „ohne individuelle Gegenleistung“ an die Steuerpflichtigen, zur „Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs“ eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Der die Steuerpflicht begründende Tatbestand steht in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verwendung des Steueraufkommens; Einnahmen- und Ausgabenseite sind vielmehr voneinander abgekoppelt. Dies gilt auch für Zwecksteuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise für einen bestimmten Zweck verwendet wird, aber durch den Haushaltsgesetzgeber auch ganz oder bezüglich Überschüssen jederzeit einer anderen Verwendung zugeführt werden kann.
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Der Rundfunkbeitrag erfüllt diese Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht: Zum einen wird er nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV nicht voraussetzungslos erhoben. Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen. Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht ohne Zweckbindung zur Deckung eines allgemeinen Finanzbedarfs in die allgemeinen Landeshaushalte eingestellt. Nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 RStV ist es vielmehr weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Die Beitragserhebung soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die finanziellen Mittel verschaffen, die er benötigt, um seinen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Programmauftrag zu erfüllen. Dieser Zweckbindung entspricht, dass das Beitragsaufkommen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 RFinStV gedeckelt ist. Nach Satz 2 sollen die Gesamterträge der Rundfunkanstalten aus Beiträgen und weiteren Einnahmen die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendigen Ausgaben und Aufwendungen decken. Folgerichtig bestimmt Satz 3, dass Überschüsse am Ende der (zweijährigen) Bedarfsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden.
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2.2.2. Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages sind auch materiell verfassungskonform. Sie verstoßen entgegen der von Klägerseite vorgebrachten Einwände insbesondere nicht gegen Grundrechte.
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2.2.2.1. Die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) der Beitragszahler wird nicht dadurch angetastet, dass mit dem von ihnen zwangsweise erhobenen Beitrag unter anderem etwa sittenwidrige Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms (mit)finanziert würden. Eine möglicherweise polemische Berichterstattung oder unangebrachte Äußerungen stellen vielmehr für sich keinen Gesetzesverstoß dar, der sich auf die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung als solche auswirken könnte. Die Überprüfung von etwaigen „Fehlentwicklungen“ bei der Programmgestaltung ist deshalb auch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, solange sich die Beitragserhebung im Rahmen geltenden Rechts bewegt. Die Rechtsordnung sieht als Mittel, um einer Missbilligung eines konkreten Programminhalts Ausdruck zu verleihen, nicht etwa eine Ermächtigung des einzelnen Beitragszahlers vor, seine Beitragszahlung ganz oder teilweise zurückzuhalten oder ganz einzustellen, sondern räumt in den jeweiligen Landesmediengesetzen jedem Bürger bzw. Rundfunknutzer das Recht ein, eine „Programmbeschwerde“ bei der jeweiligen Landesrundfunkanstalt zu erheben (vgl. § 35 Abs. 2 Landes-Mediengesetz Baden-Württemberg und § 11 SWR-Staatsvertrag; im Einzelnen dazu Binder/Vesting, Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, § 10 Rundfunkstaatsvertrag, Rn. 78 –84).
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Auch aus dem Umstand, dass ein übermäßiger Dauerkonsum von Rundfunksendungen womöglich zu Phänomenen wie etwa einer - insbesondere auch für Kinder schädlichen - Fernsehsucht und damit zu einer Beeinträchtigung der Menschenwürde des Süchtigen als eines auf freie Selbstbestimmung angelegten Wesens oder gar eines den Rundfunk zwangsweise mitfinanzierenden Beitragszahlers führen könnte, ergibt sich nicht etwa die Verfassungswidrigkeit der Regelung über die zwangsweise Beitragserhebung zum Zwecke der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine Suchtgefahr würde hier nämlich nicht aus diesem Medium als solchem erwachsen, sondern allenfalls aus seinem übermäßigen Konsum, wie dies bei vielen alltäglichen, auch gesunden Handlungsweisen der Fall ist, die erst in ihrer exzessiver Ausübung als Sucht zu klassifizieren sind, was etwa für die meisten stoffungebundenen Süchte, wie z.B. Kaufsucht, Arbeitssucht, Sportsucht und Essstörungen zutrifft, bei denen nicht die Art der Handlung, sondern stets deren Maß der ausschlaggebende Faktor für ein Umschlagen in ein schädliches Suchtverhalten ist.
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2.2.2.2. Der durch § 14 Abs. 9 Satz 1 RBStV für die Beitragserhebung vorgesehene einmalige Abgleich der Daten des zentralen Melderegisters mit dem vorhandenen Datenbestand verstößt auch nicht gegen das Grundrecht der Beitragspflichtigen auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG.
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Er ist nämlich erforderlich und verhältnismäßig, weil er nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur den Ermittlungsaufwand aus Anlass der Einführung des Rundfunkbeitrags, sondern auch die Beeinträchtigung der Privatsphäre der Betroffenen erheblich reduzieren soll, da andernfalls ein Beauftragtendienst der Landesrundfunkanstalten in großem Umfang zur Vervollständigung der Wohnungsdaten Nachforschung vor Ort anstellen müsste. Zudem dient er der Vermeidung von Vollzugsdefiziten und einer größeren Beitragsgerechtigkeit (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12 -, juris, Rn. 158 ff.).
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2.2.2.3. Die in § 2 Abs. 1 RBStV vorgesehene Rundfunkbeitragspflicht des Inhabers jeder Wohnung verletzt auch nicht die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte, unter dem Vorbehalt der Beschränkung durch die verfassungsmäßige Ordnung stehende, allgemeine Handlungsfreiheit. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht greift die Rundfunkbeitragserhebung zwar in die wirtschaftliche Freiheitsentfaltung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.06.2014 - 1 BvR 668 und 2104/10 -, juris, Rn. 37; Beschluss vom 25.09.1992 - 2 BvL 5,8 und 14/91 -, juris, Rn. 64). Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil das Landesgesetz über den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2016 - 6 C 6/15 -, BVerwGE 154, 275-296, juris).
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2.2.2.4. Diese Beschränkung bedarf jedoch wegen des Gebots der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen, wegen der Kompetenzordnung der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG nach Art. 3 Abs. 1 GG und wegen des Ausnahmecharakters nichtsteuerlicher Abgaben einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, die sich hier aus dem spezifischen Zweck des Beitragsaufkommens ergibt, den verfassungsunmittelbaren Anspruch der Rundfunkanstalten auf eine funktionsgerechte Finanzausstattung zu erfüllen und dazu die Beitragspflicht ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten auf alle Rundfunkteilnehmer zu erstrecken, d.h. auf die Personen, denen die Möglichkeit eröffnet ist Rundfunk zu empfangen. Aus der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten „Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk“ folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, als Träger dieses Grundrechts berechtigt und verpflichtet ist, die Aufgaben des klassischen Rundfunkauftrags zu erfüllen, d.h. unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung, d.h. des Nebeneinanders von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, einen maßgebenden Beitrag in den Bereichen der Information, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, der Kultur und der Unterhaltung zu liefern. Wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft hat der Rundfunk herausragende Bedeutung für den Prozess der Meinungsbildung, weshalb die Rundfunkanstalten in besonderem Maße gehalten sind, umfassend und wahrheitsgemäß zu informieren und ein Programm auszustrahlen, das insgesamt auf vollständige Widerspieglung der Vielfalt der in der Gesellschaft anzutreffenden Meinungen und Anschauungen abzielt und diese Anforderungen eigenverantwortlich sicherzustellen, d.h. zu entscheiden, welche Sendungen sie zu welcher Zeit und auf welchem Verbreitungsweg ausstrahlen (Programmfreiheit). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG räumt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der dualen Rundfunkordnung insoweit eine Bestands- und Entwicklungsgarantie ein, die seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem privaten Rundfunk gewährleistet. Die Sicherstellung der Programmfreiheit und –vielfalt setzt nicht nur eine institutionelle Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks gegenüber politischen und gesellschaftlichen Kräften voraus, sondern erfordert laut Bundesverfassungsgericht auch eine finanzielle Unabhängigkeit durch eine Finanzierungsgarantie, um zu verhindern, dass er unter den Einfluss Außenstehender gerät. Die Rundfunkanstalten haben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einen Anspruch auf eine Ausstattung mit den Finanzmitteln, die sie unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung dauerhaft zur eigenverantwortlichen Weiterentwicklung ihres Programms und neuer Verbreitungsmöglichkeiten befähigen und ihre Programmfreiheit wahren. Um die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten und die Vielfalt ihrer Programme nicht zu gefährden, dürfen sie nicht darauf verwiesen werden, sich die erforderlichen Finanzierung vorrangig "auf dem Markt", d.h. von der werbenden Wirtschaft, zu beschaffen, weil eine Abhängigkeit von Werbeeinnahmen programm- und vielfaltverengende Zwänge auslöst, nämlich tendenziell zu einer Abhängigkeit von Einschaltquoten führt und die Neigung fördert, auf Kosten der sicherzustellenden Breite und Vielfalt des Programmangebots vermehrt massenattraktive Sendungen aus den Bereichen Sport und Unterhaltung auszustrahlen, wie dies im privaten Rundfunk zu beobachten ist. Deshalb verstieße eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch nur für tatsächlich empfangene Sendungen gezahlte Zuschauerentgelte (Bezahlfernsehen bzw. "Pay-TV") gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Andererseits schließt die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus, dass die Landesparlamente die Finanzausstattung auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung der Landesregierungen oder nach ihrem Ermessen in den Landeshaushalten festlegen. Somit bleibt nur eine direkte Finanzierung durch diejenigen, denen zumindest die Möglichkeit eines Empfangs seiner Programme zugutekommt, wobei die hierfür eingerichtete „Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF)“, als außerhalb des Staatsaufbaus stehendes Gremium, unter Achtung der Programmvielfalt prüft, ob sich der insoweit von den Rundfunkanstalten geltend gemachte Finanzierungsbedarf im Rahmen des Rundfunkauftrags hält, im Zusammenhang mit der Herstellung und Verbreitung der Programme steht, und unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gesamtwirtschaft und der öffentlichen Haushalte die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einhält (§ 14 RStV; §§ 1, 3 RFinStV). Dass nach der Einschätzung des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen vom Oktober 2014 zum Thema „Öffentlich-rechtliche Medien - Aufgabe und Finanzierung“ auch andere Rundfunkmodelle möglich wären und vereinzelt Kritik am Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geübt wird, ändert an der Beurteilung der geltenden Rechtslage nichts (vgl. VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 06.09.2016 - 2 S 2168/14 -, juris, Rn. 35).
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Soweit gegenüber der Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragserhebung eingewandt wird, diese sei nicht sparsam bzw. wirtschaftlich und diene nicht mehr dem Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, verkennt dieser Einwand, dass die Rechtmäßigkeit der Beitragspflicht nicht davon abhängt, ob der Einzelne den Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für zu hoch, das Programmangebot für „zu kommerziell“ oder dem Programmangebot privatrechtlicher Anbieter für vergleichbar hält oder nicht, weshalb es auch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, im Rahmen dieser Rechtmäßigkeitsprüfung „Fehlentwicklungen“ bei der Programmgestaltung und deren Finanzierung zu „korrigieren“, solange sich die Beitragserhebung im Rahmen geltenden Rechts bewegt. Zudem sind in einem begrenzten nachgeordneten Umfang neben den Rundfunkbeiträgen zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks auch Einnahmen aus Werbung zulässig, weil dieser im dualen System auch ein dem Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern standhaltendes Programm anbieten können muss (vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 22.02.1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60). Das vorgesehene dreistufige Verfahren zur Festsetzung der Beitragshöhe, bestehend aus Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten, Prüfung der Anmeldung und Bedarfsfeststellung durch die KEF sowie abschließender Festsetzung der Gebühr durch den Rundfunkgesetzgeber, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 07.12.2016 - 6 C 49.15 -, juris) insbesondere auch, weil es den Rundfunkanstalten die finanzielle Grundlage gewährt und ihre Autonomie gegenüber privaten wie staatlichen Einflussnahmen auf die Programmgestaltung wirksam sichert (BVerfG, Urteil vom 11.09.2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 -, juris).
49
Im vorliegenden Verfahren ist auch nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob etwaige Vorwürfe hinsichtlich fehlender Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zutreffen, da dies die Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht selbst unberührt lässt, weil es vielmehr Aufgabe der hierzu berufenen Programmkommission und der Rundfunkräte ist, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen (vgl. hierzu sowie zum Folgenden: VG München, Gerichtsbescheid vom 21.03.2017 - M 26 K 17.585 -, juris) und - sollten diese Gremien ihre Kontrollpflichten nicht oder ungenügend erfüllen - dem Einzelnen etwa ein Beschwerderecht nach § 11 des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk (in der ab 01.01.2014 gültigen Fassung [GVBl. 2013, 557], zuletzt geändert durch SWR-Änderungsstaatsvertrag vom 01./09. April 2015) zusteht und ggf. der Weg zu den Verfassungsgerichten offensteht (siehe z.B. BVerfG, Urteil vom 25.03.2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11 - juris).
50
Die Rundfunkbeitragspflicht nach §§ 2 ff. RBStV ist allerdings nur dann verfassungsgemäß, wenn sie geeignet ist, den individuell zurechenbaren Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit auszugleichen, weshalb der Rundfunkbeitrag als „Vorzugslast“, nämlich als Gegenleistung für die Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgestaltet sein muss, also nur von denen zu leisten ist, denen die Leistung der öffentlichen Hand zugutekommt. Ein ausgleichspflichtiger individueller Vorteil entsteht dabei nicht nur, wenn eine Leistung der öffentlichen Hand in Anspruch genommen, also tatsächlich genutzt wird, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen des Abgabenrechts auch schon dann, wenn die bloße, allerdings realistische Möglichkeit besteht, ein Leistungsangebot rechtlich und tatsächlich nutzen zu können (BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. -, juris, Rn. 67).
51
Anders als noch zuvor das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesverfassungsgericht insoweit nicht zusätzlich darauf abgestellt, ob die Nutzungsmöglichkeit in der Realität auch „tatsächlich weitgehend“ in Anspruch genommen wird, d.h. ob die Abgabenschuldner von der bereitgestellten Nutzungsmöglichkeit (statistisch nachgewiesen) „nahezu geschlossen Gebrauch machen“. Vielmehr hat es dazu in seinen Orientierungssätzen ausdrücklich Folgendes ausgeführt:
52
„Der Rundfunkbeitrag gilt einen individuellen Vorteil ab. Auf die tatsächliche Nutzung und die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger kommt es ebenso wenig an (vgl BVerfG, 22.02.1994, 1 BvL 30/88, BVerfGE 90, 60 <91>) wie darauf, ob die Abgabenschuldner von der Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen (vgl aber BVerwG, 18.03.2016, 6 C 6/15, BVerwGE 154, 275 <285 f Rn 27 f>). Erforderlich ist allein, dass für alle Abgabepflichtigen eine realistische Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Leistung oder Einrichtung besteht. Ein solcher die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigender Vorteil liegt hier in der individuellen Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können“. (dazu im Einzelnen BVerfG, a.a.O., Rn.74, 76).
53
„Die Möglichkeit der Rundfunknutzung ist für alle Beitragspflichtigen realistisch, weil das flächendeckende Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Vorhandensein geeigneter Empfangsgeräte jederzeit abgerufen werden kann. Es kommt daneben nicht darauf an, ob diese Nutzungsmöglichkeit tatsächlich weitgehend in Anspruch genommen wird (a.A. BVerwGE 154, 275 <285 Rn 27>).“ (dazu im Einzelnen BVerfG, a.a.O., Rn.82).
54
„Mit der Anknüpfung an die Wohnungsinhaberschaft (§ 2 Abs 1 RdFunkBeitrStVtr) haben die Gesetzgeber den Kreis der Vorteilsempfänger in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfasst (BVerfG, a.a.O., Rn.86). Die Gesetzgeber dürfen die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgeräts vorsehen. Dass erst ein Empfangsgerät erforderlich ist, hat für den Zurechnungszusammenhang zwischen Vorteil und Beitragslast keine Bedeutung (anders aber BVerwGE 154, 275 <287 Rn 32>). Es ist nicht erforderlich, dass der beitragsrelevante Vorteil wahrgenommen wird; maßgeblich ist, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Sie ist stets gegeben, weil den Beitragsschuldnern ein Empfang durch das Beschaffen von entsprechenden Empfangsgeräten möglich ist (vgl VerfGH München, 15.05.2014, Vf. 8-VII-12, NJW 2014, 3215 <3222 Rn 112>)“. (dazu im Einzelnen BVerfG, a.a.O., Rn.90).
55
Danach greift das Argument der Klägerin nicht durch, es sei angesichts eines Anteils derjenigen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht nutzen, von immerhin 3,8 % der Bevölkerung unzulässig, einen Beitrag zu erheben und die unterschiedslose Heranziehung auch dieser Minderheit mit dem Argument einer finanzverfassungsrechtlichen Typisierung zu rechtfertigen.
56
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verletzt vor diesem Hintergrund auch sonst nicht das Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG.
57
Die abgabenrechtlich erforderliche Belastungsgleichheit verpflichtet den Gesetzgeber nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2016, a.a.O., Rn. 34 ff; vgl. hierzu und zu Folgendem Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, a.a.O., Rn. 104 m.w.N.).
58
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu vielmehr wörtlich ausgeführt: „..unerheblich ist, ob einzelne Beitragsschuldner bewusst auf den Rundfunkempfang verzichten, denn die Empfangsmöglichkeit besteht unabhängig vom Willen des Empfängers. Es widerspräche dem Beitragscharakter, wenn die Zurechnung des Vorteils vom Willen abhinge, von der bestehenden Nutzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen“ (BVerfG, a.a.O. Rn. 93).
59
Wegen Verkennung dieser rechtlichen Natur des (Rundfunk)-Beitrags erweist sich das Argument eines bewussten Verzichts daher schon vom finanzverfassungsrechtlichen Ansatz her als verfehlt.
60
Ungeachtet dessen sprechen auch weitere Gründe für die verfassungsrechtliche Irrelevanz eines Nutzungsverzichts. Zum einen hat nämlich der Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber, welche Sachverhalte er abgabenrechtlich unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleichbehandelt, und er ist dabei auch zur Typisierung berechtigt, darf also aus sachlichen Gründen von übermäßigen, im Einzelnen nur aufwändig ermittelbaren und sich im Ergebnis nur geringfügig auswirkenden Differenzierungen absehen (Typisierungsbefugnis), wobei die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der damit notgedrungen verbundenen Ungleichheit stehen müssen. Damit ist die Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an die Wohnungsinhaberschaft vereinbar, auch wenn damit zwangsläufig auch Wohnungsinhaber beitragspflichtig sind, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht ist die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet wird (dazu VG Greifswald, Urteil vom 12.08.2014 - 2 A 621/13 -, juris, Rn. 26), wobei die Rundfunkbeitragspflicht von Personen, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten als "kleineres Übel" im Rahmen der Typisierungsbefugnis in Kauf genommen werden durfte, um die zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" zu beenden. Zum anderen wäre eine Beitragsbefreiung, die den Wohnungsinhabern die Beweislast für das fehlende Gebrauchmachen von einer Rundfunkempfangsmöglichkeit auferlegt, mangels verlässlicher Nachweisbarkeit nicht sinnvoll, weil die Glaubhaftigkeit entsprechender Angaben nicht feststellbar ist und auch persönliche Erklärungen oder gar eidesstattliche Versicherungen stets nur Momentaufnahmen darstellen, ohne einen sicheren Schluss auf das künftige Verhalten zuzulassen, so dass regelmäßige Erneuerungen solcher, indessen praktisch kaum überprüfbarer Erklärungen nötig wären (so ausdrücklich BVerfG, Urteil vom 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. -, juris, Rn. 91, 92), und weil häufig wiederkehrende unangekündigte Nachschauen in der Wohnung als Kontrollmittel einen äußerst massiven Eingriff in die grundrechtlich geschützte privateste Lebenssphäre darstellen (vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 24.09.2018 – 2 A 1821/15 -, juris, RN. 41) und mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden wären, zumal in Kleidung oder Taschen mitgeführte Empfangsgeräte ohne Leibesvisitationen nicht ermittelbar wären. Schließlich handelt es sich bei der Personengruppe, die bewusst auf jeglichen Rundfunk verzichtet, nach den statistisch belegten, allgemeinkundigen Tatsachen um eine Gruppe, die im Verhältnis zu der Gesamtheit der Wohnungsinhaber sehr klein ist.
61
Der Umstand, dass die Erhebung eines zusätzlichen Beitrags für innegehabte Zweitwohnungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., Rn. 106) gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt, ist im vorliegenden Fall irrelevant, da die Klägerin mit den streitigen Bescheiden nicht zur Zahlung eines solchen Zweitwohnungs-Rundfunkbeitrags, sondern nur zu einem Beitrag für ihre (einzige) Wohnung herangezogen wird.
62
(Dass daneben für die von der Klägerin – zusammen mit ihrer Kollegin – betriebene Arztpraxis vom Beklagten ein Betriebsstätten-Rundfunkbeitrag erhobenen wurde, war Gegenstand des von der Kammer im vergangenen Jahr durch Klageabweisung entschiedenen Verfahrens - 9 K 8560/17 -. In dem der Klägerin bekannten klageabweisenden Urteil wird dargelegt, weshalb die Erhebung eines Betriebsstättenbeitrags neben der Erhebung des Beitrags für die Privatwohnung zulässig ist. Darauf wird hiermit verwiesen).
63
Die generelle Freistellung Minderjähriger und wohnungsloser Personen (§ 2 Abs. 2 S. 1 RBStV) ist von der Typisierungsbefugnis der Landesgesetzgeber ebenso gedeckt, und verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG, da der weit überwiegende Teil der Minderjährigen im Haushalt eines Erziehungsberechtigten wohnt und wohnungslose Personen regelmäßig nicht über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verfügen (BVerwG, Urteil vom 25.01.2017 - 6 C 15/16 -, juris, Rn. 53).
64
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht aus der Möglichkeit des Empfangs von Rundfunkangeboten des Beklagten im Ausland, denn für den hierin liegenden Vorteil könnten im Ausland lebende Personen naturgemäß schon gar nicht herangezogen werden, weil sie nicht im räumlichen Geltungsbereich der deutschen landesgesetzlichen Beitragsgesetzgebung leben. Die Finanzierung auch des im Ausland (über Funkwellen bzw. Internet) zu empfangenden Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag ist durch die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie der Rundfunkanstalten gerechtfertigt, die auch bezüglich dieses Angebots eine die Programmfreiheit wahrende Finanzierung über einen als Vorzugslast ausgestalteten Beitrag erfordert (vgl. insb. BVerwG, Urteil vom 18.03.2016, a.a.O., juris, Rn. 22 und Urteil vom 15.06.2016, a.a.O., juris, Rn. 23). Die beitragspflichtigen Inhaber einer Wohnung im Inland werden gegenüber den Inhabern von Wohnungen im angrenzenden Ausland, die dort ebenfalls den Rundfunk empfangen können, aber keinen Rundfunkbeitrag leisten müssen, nicht ungleich behandelt (Art. 3 Abs. 1 GG) bzw. diskriminiert (vgl. Art. 18 AEUV), da diese vom Landesgesetzgeber schon gar nicht „behandelt“, nämlich zum Beitrag herangezogen und damit auch nicht „ungleich behandelt“ werden können und - selbst wenn darin eine Ungleichbehandlung läge - diese nicht an die Staatsangehörigkeit anknüpft, sondern an das Innehaben der Wohnung im Bundesgebiet, so dass auch keine Inländerdiskriminierung vorliegt, wofür im Übrigen schon der grenzüberschreitende Bezug fehlen würde (vgl. Streinz, Europarecht, 10. Aufl. 2016, Rn. 847).