Gestern war „aufarbeiten“, angesagt, Herr Liefers findet #allesdichtmachen immer noch toll und legitim.
Frau Dreyer findet Bürgerräte ganz toll zur Aufarbeitung, Leute sollen „gehört“ werden (es sind halt in 3 Monaten Landtagswahlen, da muß man den Ignoranten vormachen, sie könnten etwas beitragen und man würde künftig auf sie hören).
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Wenig Verständnis zeigte er dafür, dass sich der Staat mit Blick auf die Protokolle des RKI-Krisenstabs „lieber verklagen“ lasse, als Informationen zugänglich zu machen. „Das erweckt den Eindruck, als habe man etwas zu verbergen, selbst wenn es gar nicht der Fall ist.“
„Wir sollten darüber sprechen, was man daraus gelernt hat“, pflichtete Malu Dreyer bei. Sie sei dezidiert für eine Aufarbeitung, allerdings mit „einem anderen Blick“ darauf. Hierzulande drehe sich dieser „viel zu sehr“ um die Fragen: „Was ist schiefgegangen? Wer hat schuld?“ Stattdessen nahm die Ministerpräsidentin die politischen Akteure vor der Kritik an den Coronamaßnahmen in Schutz. „Keinem Menschen“ seien diese leichtgefallen, beteuerte sie.
Wissenschaft und Politik hätten mit den Fragen gerungen, wie sich Menschen schützen ließen und wie es vermieden werden könne, das Gesundheitssystem zu überfordern. „Wir hatten es mit einer einmaligen Situation zu tun“, sagte die SPD-Politikerin um Verständnis werbend.
Als einen der „großen Streitpunkte“ in den Ministerpräsidentenkonferenzen (MPK) hob Dreyer die Debatte um Schulschließungen heraus. „Das war für uns immer ein sehr wunder Punkt“, führte die SPD-Politikerin aus. Sie habe ebenso wie ihre Parteikollegin Manuela Schwesig die Auffassung vertreten, dass die „Stimme“ und „seelische Gesundheit“ der Kinder in den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen gefehlt hätten.
Die MPKs seien generell „nicht das geeignete Instrumentarium“ gewesen, bewertete Mascolo. Ein anderer Krisenmechanismus sei vonnöten, als die Zusammenkunft der 17 höchsten Vertreter der Exekutive, die sich über den Umgang mit Friseursalons oder der zweiten und dritten Fußball-Bundesliga beratschlagen.
Jan Josef Liefers richtete den Fokus auf den politischen Umgang mit der Kunst. Gerade diese könne in Krisen „ein ganz wichtiger Faktor“ sein, um Orientierung zu geben. „Es wurde einfach so weggewischt“, kritisierte er deutlich. „Wir sahen uns eingeordnet auf der Liste irgendwo zwischen Spaßbad und Puffbesuch.“ Bei der viel kritisierten, von ihm mitgetragenen Aktion „#allesdichtmachen“ habe es sich um eine „Einmischung in die eigenen Angelegenheiten“ gehandelt. Er könne mit Lob und Kritik „sehr gut umgehen“, beteuerte der Schauspieler, aber das auf ihn abgegebene „Kanonenfeuer“ stünde einer Demokratie nicht gut zu Gesicht.
Generell sei ihm insbesondere die Instrumentalisierung der Angst „contre-cœur“ gegangen. „Ich bin erzogen worden, mutig zu sein“, schilderte Liefers. „Was haben wir gemacht? Wir haben auf Angst gesetzt.“ Spezialisten hätten ein „Angstpapier“ erstellt, das mit der Urangst vor dem Erstickungstod und Schuldkomplexen gearbeitet hätte. „Das war einer der perfidesten Momente für mich.“
Mascolo relativierte Liefers’ Kritik. Es sei nicht etwa die Regierungslinie gewesen, sondern lediglich die „kleine Arbeitsgruppe ‚Schwarzer Schwan‘“ in Horst Seehofers Innenministerium, die ein derartiges Papier erstellt hätte. Christian Drosten gab dem Schauspieler in seiner „emotionalen Argumentation“ recht, wies aber die Verbreitung von Angst von sich. Als Wissenschaftler habe er „immer eher kühl“ kommuniziert und Unsicherheiten betont.
„Wir werden wieder genauso viel nicht wissen“
Der Virologe warb zudem für Verständnis für seine Zunft. Es sei für Wissenschaftler ungewohnt gewesen, wie ein Virus „die menschliche Bevölkerung erstmalig infiziert“ und sich wellenartig mit veränderten Eigenschaften angepasst hätte. „Das war schon ein Rennen gegen die Information“, beurteilte Drosten.
So dauere es etwa Monate, graduelle Unterschiede zu messen, wie viele Menschen sich nach einer Impfung mit der alten Variante und wie viele mit Omikron infizieren. Die Politik habe aber in kürzerer Zeit, Entscheidung treffen müssen. „Niemand hat schuld“, unterstrich er mehrfach und endete mit einem eher pessimistischen Ausblick: „Wir werden beim nächsten Mal wieder in dieser Situation sein, denn das nächste Virus ist wahrscheinlich wieder anders – und wir werden wieder genauso viel nicht wissen.“