Autor Thema: Masterplan gegen Rechtsextremismus  (Gelesen 2436 mal)

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Könnte es passieren, dass RechtsextremistInnen in Deutschland Regierungsverantwortung übertragen bekommen? Um die Spirale rassistischer Radikalisierungsprozesse zu unterbrechen, haben Farhad Dilmaghani, Dr. Matthias Quent und Stephan J. Kramer die Grundzüge eines Masterplanes entworfen: "Lasst uns gemeinsam aufklären und gegenhalten. Niemand wird geboren, um andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Religion, Kultur oder persönlichen Lebensplanung zu hassen. Menschen lernen zu hassen – und wenn sie Hass lernen können, dann kann man ihnen auch Nächstenliebe und Respekt für den oder die andere beibringen.".

Zitat
Verfassungsschutz

Wir brauchen einen Masterplan gegen Rechtsextremismus

Deutschland versagt beim Kampf gegen Rassismus. Drei Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft haben ein Konzept entwickelt, um dem Hass den Boden zu entziehen.

Von Farhad Dilmaghani, Stephan J. Kramer und Matthias Quent

21. Februar 2020, 14:56 Uhr / 483 Kommentare

Farhad Dilmaghani ist Gründer und ehrenamtlicher Vorsitzender des Vereins DeutschPlus – Initiative für eine plurale Republik, der sich für eine Einwanderungsgesellschaft engagiert. Matthias Quent ist Soziologe und Gründungsdirektor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena. Stephan J. Kramer ist seit 2015 Präsident des Amtes für Verfassungsschutz in Thüringen. Als Reaktion auf den Anschlag in Hanau melden sich die drei Vertreter aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Verfassungsschutz und Wissenschaft auf ZEIT ONLINE gemeinsam zu Wort.

Weder die Morde des NSU noch der Mord an Walter Lübcke, weder die tödlichen Anschläge in Halle und jüngst in Hanau noch die tausendfachen Übergriffe auf Flüchtlingsheime der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass rechtsextremistische und rechtsradikale Taten und Stimmungen als das begriffen werden, was sie tatsächlich sind: Menschenhass und damit ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ein Problem, dessen institutionell und ideologisch verfestigte Form sich heute auch flächendeckend in unseren Parlamenten findet. Die extreme Rechte schafft durch die Re-Nationalisierung von ökonomischen Vorrechten und völkischer Zugehörigkeit eine Emotionalisierung des Politischen, die von ihren Anhängern als Selbstermächtigung begriffen wird. Die Systemfrage wird gestellt und dabei eine übersichtliche, identitätsstiftende, Schutz bietende Volksgemeinschaft in Aussicht gestellt.

Dieses Projekt bietet auch den Nährboden und die Legitimation für Gewaltanwendung – als vermeintlich legitimes Mittel politischer Auseinandersetzung. Eines der größten Probleme ist dabei nach wie vor: Rechtsextremistische Taten werden nicht konsequent als solche bezeichnet, sondern oftmals schöngeredet. Es kann nicht sein, dass erst ein Twitter-Hashtag wie #baseballschlaegerjahre das ganze Ausmaß rechter Gewalt und Hegemonie nach vielen Jahren deutlich macht.

Diese Entwicklungen zu verstehen ist unerlässlich, um ihnen begegnen zu können. Doch wir hängen in Deutschland hinterher. Es mangelt an Aufklärung, Bildung, Diskursen, Forschung, stabilen Angeboten – insbesondere für junge Menschen, die in diesen polarisierten Zeiten und unter den Einflüssen der Digitalisierung auch ihre politische Prägung erfahren. Es mangelt ebenso an Erfahrungsräumen für Gleichwertigkeit und Demokratie in Familien, Schulen und Betrieben.

Eindimensionale Antworten, die nur die Sicherheitsbehörden, die Justiz oder die Zivilgesellschaft in die Verantwortung nehmen, greifen zu kurz. Gesamtgesellschaftliche Probleme können nur gesamtgesellschaftlich bearbeitet und gelöst werden.

Größte Gefahr für die liberale Demokratie

Die politischen Ereignisse in Thüringen am 5. Februar wiederum haben uns allen gezeigt, dass in den kommenden Jahren tatsächlich die Möglichkeit besteht, dass Rechtsextreme in Regierungsverantwortung gelangen. Es ist ungewöhnlich, dass wir uns als Vertreter aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Verfassungsschutz und Wissenschaft gemeinsam zu Wort melden. Doch bei allen Unterschieden der Perspektiven ist es die Sorge um den unzureichenden Umgang mit dem Rechtsextremismus, die uns in der Forderung nach einem ganzheitlichen Konzept zur Bekämpfung dieser größten Gefahr für die liberale Demokratie in Deutschland verbindet.

Das lässt sich an drei zentralen Punkten veranschaulichen:

Erstens ist der Rechtsextremismus entgrenzt und vielgestaltig. Die Unterscheidung zwischen dem demokratischen Spektrum und solchen Positionen, Zusammenschlüssen und Parteien, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und die Unantastbarkeit der Menschenwürde entweder offen oder chiffriert angreifen, erodiert. Dies geschieht durch gezielte Strategien des intellektuellen Rechtsextremismus und stößt da auf Anklang, wo das liberale demokratische Selbstverständnis schwächelt und wo gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbreitet ist. Wenn abwertenden Vorurteilen nicht widersprochen wird, ist der Weg zur politischen Forderung nach Diskriminierung von Minderheiten nicht weit. Verstörende Ereignisse und mediale Berichterstattungen können jederzeit erneut zu Eskalationen und Radikalisierungsprozessen wie in Chemnitz führen.

Zweitens ist der Rechtsextremismus zwar medial und politisch allgegenwärtig: Doch vor Ort, in Behörden, Schulen, Kommunalparlamenten, Vereinen und Verbänden gibt es oft keine angemessene Auseinandersetzung damit. Das begünstigt eine gespaltene Wahrnehmung – einerseits werden rechtsextreme Positionen als normal wahrgenommen, andererseits werden sie kritisiert und verurteilt. Doch es fehlt eine lebensweltorientierte Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus.

Drittens befindet sich der Rechtsextremismus in fortschreitenden Reproduktions- und Radikalisierungsprozessen. Rechte Gewalttäter, Hooligans, Kampfsportler und Neonazis, aber auch Schreibtisch- und Smartphonetäter sehen sich durch die Wahlerfolge der AfD bestätigt und dazu angespornt, jetzt erst recht und Gegner anzugreifen. Einer groben Vereinfachung und Schlechtrederei von Demokratie und Einwanderungsgesellschaft kann schnell der Entschluss folgen, durch extreme Worte und Taten politische Eindeutigkeit und rassistische "Reinheit" herzustellen – eine radikale Absage an die wachsende Komplexität und Vielfalt unserer Gesellschaft sowie an die Anforderungen und Zumutungen, die mit der digitalen, globalen und ökologischen Transformation einhergehen. All dies steigert die Gefahr für Ressentiments, Hass, Gewalt, Verrohung und Terrorismus von rechts.

Die Verwerfungen nehmen zu, die Gegenwehr ist zu schwach

Behörden und Institutionen, Polizei, Schule und Soziale Arbeit haben die Aufgabe, die Verwerfungen des sozialen Wandels abzufedern. Die Verwerfungen nehmen zu, zugleich wurden die Regelstrukturen vielerorts einer rigiden Sparpolitik unterworfen. Diese Polarisierungen betreffen insbesondere ländliche Regionen und Großstädte, in denen demografische Entwicklung und die Energiewende, die Wohnungsmarktpolitik, die Migration und die Globalisierung deutliche, wenngleich oft sehr unterschiedliche Spuren hinterlassen. Während einerseits der Wohlstand und die Gewinne florieren, müssen andererseits Menschen teilweise unter prekären Arbeitsbedingungen für die negativen Folgen von Modernisierung und Globalisierung herhalten – auch in Deutschland. Und die zur Verfügung stehenden Ressourcen reichen bei Weitem nicht mehr, um die Herausforderungen zu bewältigen.

Insbesondere pädagogische Arbeit mit jungen Menschen bedarf Vertrauen, Zeit und die Möglichkeit, auf die Lebenswelt und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen einzugehen. Es genügt nicht, dann anzusetzen, wenn es bereits zu spät ist: Staatliche Aufklärungs- und Fürsorgeangebote müssen attraktiver sein als die Kümmerstrategien von Extremisten. Es braucht erhebliche Investitionen in Schulen und in die Soziale Arbeit, um diese Institutionen fachlich und strukturell qualifiziert und verlässlich auszustatten. Eine weitere Polarisierung und Radikalisierung der Jugend, die sich unter anderem in Gewalt, politischem und religiösem Extremismus und in den Wahlergebnissen der AfD unter jungen Menschen zeigt, lässt sich nur verhindern, wenn wir massiv in die soziale Infrastruktur investieren, die demokratische Zivilgesellschaft stärken und die politische Bildung wirkungsvoller machen.

Wissenschaftliche Studien machen deutlich: Kulturelle und ökonomische Faktoren sind verschränkt und verstärken sich wechselseitig. Simple Kausalitätsannahmen sind deshalb zum Scheitern verurteilt. Wir wissen, dass es im Zuge von Globalisierung und Transnationalisierung Abstiegsprozesse und -ängste gibt, die mit einer Abwertung anderer Menschen einhergehen. Wir wissen, dass viele Menschen eine Entdemokratisierung wahrnehmen. Wir wissen, dass die politischen Einflussmöglichkeiten ungleich verteilt sind. Das geht auch mit einer Krise der Repräsentation einher. Dies lässt sich beispielsweise daran beobachten, wie wenig Ostdeutsche oder Menschen mit Migrationshintergrund politisch repräsentiert sind.

Antirassismus als Staatsauftrag

Und wir wissen: Es gibt einen bis weit in die Vergangenheit zurückreichenden Antisemitismus und Rassismus in Deutschland. Der Rassismus ist dabei kaum oder gar nicht in seiner strukturellen Dimension erforscht, doch er ist ein wesentlicher Treiber und konserviert herrschende Machtverhältnisse. Daher sollten wir zukünftig neben einem Integrationsparadoxon gelungener Integration auch von einem verfestigten Rassismusparadigma sprechen, das Chancengleichheit beeinträchtigt und die Verantwortung für Rassismus weniger beim Einzelnen verortet, sondern mehr die strukturelle Ebene in den Blick nimmt und erforscht: auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche, in den Bildungsinstitutionen, bei den Aufstiegschancen.

Noch unklar sind die Wechselwirkungen zwischen der gesellschaftlichen Transformation der letzten Jahre mit ihren sozialen, kulturellen und identitätspolitischen Krisenerfahrungen und ihren politischen Artikulationen. Neben dem Erstarken der extremen Rechten sehen wir zugleich progressivere politische Bewegungen wie Fridays for Future oder #unteilbar, die jedoch bei Weitem nicht auf einen vergleichbaren Resonanzraum in der institutionalisierten Politik stoßen. Das hat Thüringen leider gezeigt.
Über all dem schwebt die Frage: Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche und machtpolitische Strukturen für die Durchsetzung politischer Projekte und wie transparent sind sie?

Die bisherigen Ankündigungen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus sind jedenfalls nicht ausreichend – unter anderem, weil sie das Problem eben nicht als gesamtgesellschaftliches adressieren. Wir als Vertreter von Zivilgesellschaft, Sicherheitsbehörden und Wissenschaft schlagen daher die folgenden Grundzüge eines Masterplans gegen Rechtsextremismus vor, der fortwährend überprüft und angepasst werden muss:

1) Antirassismus und Demokratieförderung werden als Staatsauftrag in die Verfassung des Bundes und in die Verfassungen der Länder aufgenommen – nach dem Vorbild des Landes Brandenburg. Ebenso braucht es ein Bekenntnis zu Deutschland als Einwanderungsland und die aktive Förderung der Chancengleichheit im Grundgesetz. Der Begriff "Rasse" muss endlich aus dem Grundgesetz gestrichen werden. Es gibt keine "Rassen". Der Begriff ist ein pseudowissenschaftliches Konstrukt, der die Ungleichheit von Menschen postuliert.

2) Strukturen schaffen: Die Demokratieförderung auf kommunaler Ebene, auf Länder- und Bundesebene muss durch ein Demokratiefördergesetz sichergestellt und ausgebaut werden; wie viel Budget dafür notwendig ist, sollen Experten berechnen. Das Gesetz umfasst die Stärkung kommunaler Strukturen, der Zivilgesellschaft und der politischen Bildung. Hinzu kommen bundesweite Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen sowie flächendeckende mobile Beratungskapazitäten. Dafür setzen wir mindestens 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) an. Demokratieförderung wird als eigenständiger Aspekt im Gemeinnützigkeitsrecht verankert.

3) Soziale und pädagogische Fürsorge schaffen: Jenseits befristeter 'Projektitis' bedarf es dringend einer Bildungs- und Strukturoffensive für schulische und außerschulische Sozialarbeit sowie für politische Bildung. Mit den erheblich gestiegenen Anforderungen und Herausforderungen müssen auch die Ressourcen erheblich ansteigen – und zwar unbefristet, damit Menschen, die Expertise aufbauen und sich in schwierige Bereiche begeben, dafür die notwendige Anerkennung und Sicherheit erfahren.

4) Wissen schaffen: Mit diesem Ziel muss die Erforschung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität, von Radikalisierungsprozessen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit institutionalisiert werden – durch ein wissenschaftliches Bundesinstitut zum Schutz der Verfassung sowie durch eine regelmäßige Berichterstattung über die Forschungsergebnisse durch sachverständige Expert*innen.

5) Ausbau des Schutzes für Opfer von Rechtsextremismus: Es muss ein ausreichender Fonds für Opfer von Bedrohungen und Hasskampagnen im Internet eingerichtet werden, um anfallende Kosten zu kompensieren. Deutschland darf die Betroffenen nicht alleinlassen! Zivilgesellschaftliche Akteure müssen unterstützt werden, damit sie Gegenöffentlichkeiten schaffen können. Und die Medienkompetenz der Bürger im Umgang mit Hass im Netz muss in der Breite gefördert werden. Um die Menschen effektiv zu schützen, brauchen wir außerdem Sicherheitspartnerschaften vor Ort, bestehend aus Polizei, Justiz und Zivilgesellschaft. Außerdem brauchen die Staatsanwaltschaften flächendeckend mehr Personal, um ihrer Arbeit nachkommen zu können.

Die Vielfalt der Gesellschaft sichtbar machen

6) Gesetzliche Verankerung von Antidiskriminierungsbeauftragten, analog zu Gleichstellungsbeauftragten und Diversity-Leitbildern in allen Behörden: Wir müssen Verantwortungsträger, insbesondere auch die Verwaltungsspitzen schulen, um Vorformen und Phänomene des Rechtsextremismus zu erkennen. Die Teilnahme an Weiterbildungen in diesem Bereich muss verpflichtend sein und sich positiv auf Beförderungen auswirken. Da, wo es notwendig ist, muss das Dienstrecht verschärft werden. Der Antidiskriminierungsschutz muss durch eine umfassende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ausgebaut werden. Die Repräsentanz von Menschen mit Einwanderungsgeschichte, aber auch solchen mit ostdeutschen Biografien muss im öffentlichen Dienst gemäß ihres Bevölkerungsanteils endlich verbindlich gefördert und festgeschrieben werden. Das Gleiche gilt für die Besetzung von Gremien. Die Vielfalt der Gesellschaft muss sichtbar sein und ihren Einfluss ausüben können.

7) Es braucht einen institutionellen Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien, insbesondere dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, über den richtigen Umgang mit menschenfeindlichen Positionen in der Öffentlichkeit. Zudem ist ein struktureller Austausch zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden, zwischen Staatsschutz, Politik und Justiz nötig, um die Strategien gegen Rechtsextremismus weiterzuentwickeln. Neben entsprechend kommentierenden Kapiteln innerhalb der Berichte des Verfassungsschutzes braucht es zudem eine Intensivierung interdisziplinärer Kooperationen und Sicherheitspartnerschaften, auch bei Polizei und im Strafvollzug.

8 ) Wir brauchen Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich allein dem Rechtsextremismus widmen: Diese müssen mit adäquatem Personal ausgestattet werden, insbesondere damit die Verfahren beschleunigt werden. Volksverhetzungs- und Strafverschärfungsparagrafen müssen konsequenter angewandt werden.
9) Ausweitung für Whistleblower-Mechanismen, inklusive Schutzmaßnahmen innerhalb von Sicherheitsbehörden, ebenso ein verpflichtendes Mindestmaß an Diversity – mit dem Ziel, Gruppendenken innerhalb von Institutionen zu überwinden. Mit diesem Ziel müssen die Angehörigen von Sicherheitsbehörden mit Blick auf das Prinzip der inneren Führung geschult werden. Und analog zur parlamentarischen Kontrollkommission für die Verfassungsschutzbehörden soll auch die Polizei parlamentarisch kontrolliert werden.

10) Eine zügige Evaluierung, was aus den unzähligen Empfehlungen der Untersuchungsausschüsse zum NSU geworden ist. Umsetzungsdefizite müssen umgehend nachgeholt werden.

11) Transparenz schaffen: durch einen Sachverständigenrat zur demokratischen Entwicklung – dieser beschreibt regelmäßig die Qualität der Demokratie sowie die Einstellung der Bevölkerung zur Demokratie, schließt Forschungslücken, insbesondere im Bereich struktureller Rassismus, und schlägt Maßnahmen vor, inklusive Schätzung der tatsächlichen finanziellen Bedarfe.

12) Ausbau von neuen demokratischen Beteiligungsformen: Es sollten Bürgerräte, Losverfahren und temporäre Quoten für benachteiligte Bevölkerungsgruppen geschaffen werden, um neue Narrative gegen "Entdemokratisierungstendenzen" zu etablieren. Ebenso wichtig ist, wirksame Transparenzregeln gegen Lobbyismus zu verschärfen und einen nationalen Wohlfahrtsindex als Maßstab zur Beurteilung der Entwicklung der Lebensqualität in Gesamtdeutschland zu etablieren (statt sich auf das BIP zu fixieren).
Gebetsmühlenartig wird nach jedem Anschlag wiederholt, dass nun eine Zäsur erfolgt. Wir plädieren stattdessen dafür, dass es einen gemeinsamen ressortübergreifenden föderalen Masterplan gegen Rechtsextremismus geben sollte unter Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft, der kontinuierlich überprüft und verbessert wird. Entscheidend ist dabei auch der Blick darauf, in welchem rassistischen Gesellschaftsklima der Rechtsextremismus gedeiht. Das Wissen darum steht leider vielerorts am Anfang. Lasst uns gemeinsam aufklären und gegenhalten. Niemand wird geboren, um andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Religion, Kultur oder persönlichen Lebensplanung zu hassen. Menschen lernen zu hassen – und wenn sie Hass lernen können, dann kann man ihnen auch Nächstenliebe und Respekt für den oder die andere beibringen.
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-02/verfassungsschutz-masterplan-rechtsextremismus-nationalismus/komplettansicht
(Fotos und Bildunterschriften siehe ebd.)
« Letzte Änderung: 25. Februar 2020, 01:28:10 von x »
Kommen wir nun zu etwas völlig anderem.
 
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Offline A.R.Schkrampe

Re: Masterplan gegen Rechtsextremismus
« Antwort #1 am: 25. Februar 2020, 21:54:20 »
Um die Sache kurzzuhalten, beantworte ich die eingangs gestellte Frage mit einem:
Das ist äußerst unwahrscheinlich.

Wie aktuell nach Thüringen zu sehen ist, funktionieren die demokratischen Reflexe hierzulande korrekt. Von Abnutzung, gar Abstumpfung ist nichts zu sehen.

Rechtsextreme in Regierungsverantwortung sind schlicht und einfach nicht durchsetzbar.
Wenn in irrelevanten Ostzonenkäffern ein Nazi ans kommunale Ruder kommen sollte, ist das ein Ärgernis, aber keine Gefahr außerhalb dieses kleinen Sprengels.

Es steht somit nicht zu befürchten, daß so etwas im überregionalen, gar bundesweiten Umfang möglich sein könnte.
 

Offline Grashalm

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Re: Masterplan gegen Rechtsextremismus
« Antwort #2 am: 25. Februar 2020, 22:14:37 »
Man muss bei der Angelegenheit leider der Tatsache ins Gesicht sehen, dass es nach 1945 keinen vollständigen Schnitt zwischen dem 3 Reich und der BRD gegeben hat. Viele ehemalige NS-Funktionäre blieben in Amt und Würde und damit blieb auch die Ideologie lebendig, wenn auch unter dem Teppich.

Der folgende Artikel geht etwas darauf ein:
https://www.heise.de/tp/features/Parteien-der-Mitte-Null-Toleranz-gegenueber-Nazis-4665883.html

Das gleiche gilt auch für die allgemeine Bevölkerung. Auch dort wurde das NS-Gedankengut in vielen Familien weitergegeben. 
 
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Offline x

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« Letzte Änderung: 3. März 2020, 23:22:12 von x »
Kommen wir nun zu etwas völlig anderem.
 
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Offline A.R.Schkrampe

Man muss bei der Angelegenheit leider der Tatsache ins Gesicht sehen, dass es nach 1945 keinen vollständigen Schnitt zwischen dem 3 Reich und der BRD gegeben hat. Viele ehemalige NS-Funktionäre blieben in Amt und Würde und damit blieb auch die Ideologie lebendig, wenn auch unter dem Teppich.
...

In der DDR war das nicht anders, genaugenommen sogar noch ausgeprägter.

Eine der großen Lebenslügen der DDR war, daß man mit all dem nichts zu tun hatte. Alle Nazis lebten im Westen und der eigene Staat war eine saubere antifaschistische Gemeinschaft.

Dem war nicht so. Abgesehen davon, daß die (Exil)Kommunisten, die die DDR nach Moskaus Vorgaben aufgebaut haben, immer nur ein winziger Zirkel waren, gab es zu jeder Zeit Nazis in der DDR, alte und ab den 70er Jahren zunehmen neue.

Außerdem hat in der DDR nie eine Aufarbeitung stattgefunden, wie im Westen nach 1968, bzw. in kleinerem Ausmaß in Folge der Auschwitz-Prozesse Anfangs der 60er, nach den Historikerdiskussionen in den 80ern oder auch der TV-Serie "Holocaust" 1979.
 
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