Autor Thema: Feuilleton  (Gelesen 6469 mal)

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Offline dieda

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Feuilleton
« am: 25. Mai 2019, 21:35:24 »
Ich fange hier mal mit einer Reihe für den Feuilleton an, verbunden mit dem Hinweis auf einen Diskussionabend in Dresden.

Den Veranstaltungsort hat uns bereits der Volxxleerer Anfang 2018 auf seine Weise "vorgestellt" und den Redakteur der SächsZ Ullrich Wolf unlängst arte.

Zitat
Diskussion: Woher kommt die Wut im Osten?
Montag, 27. Mai, 18 Uhr im Militärhistorischen Museum Dresden mit Ines Geipel, Annekatrin Klepsch (Kulturbürgermeisterin) und Ulrich Wolf (Reporter der Sächsische Zeitung), Moderation: Cornelius Pollmer

https://www.saechsische.de/plus/woher-kommt-die-wut-im-osten-ddr-geipel-5075087.html

Zitat
Feuilleton

25.05.2019 19:15 Uhr
Woher kommt die Wut im Osten?

Ines Geipel erinnert sich in ihrem Buch an ihr Leben in der DDR. Das war für sie nicht immer schön. Eine Diskussion zum Thema gibt es am Montag in Dresden.


Pionierpalast von Dresden um 1980. © ADN-ZB/Giso Löwe

Von Peter Ufer 4 Min. Lesedauer

Einen Monat hatte sie Zeit, sich von ihrem Bruder zu verabschieden. Er starb an einem Gehirntumor. Dieser Abschiedsmonat wurde zu Tagen voller Zuneigung, Erinnerungen, Zweifel und Analyse. Die Schwester und Schriftstellerin Ines Geipel nutzte die Zeit und wurde im Sterbezimmer zur Pathologin ihrer Familiengeschichte und einer Gesellschaft, die immer mehr Gewalt hervorzubringen scheint. Ihre persönliche Schmerztherapie lässt sie in dem neuen Buch „Umkämpfte Zone – mein Bruder, der Osten und der Hass“ jetzt nachlesen.

Auf 270 Seiten seziert die gebürtige Dresdnerin in einem zwingenden Staccatostil schmerzhaft die innerliche Verwucherung ihres jüngeren Bruders Robby und beschreibt zugleich den Krebsschaden als Folge eines osttraumatischen Belastungssyndroms. Die traumatischen Erlebnisse aus Kindertagen im Osten, konkret in Dresden, lagen in ihm, verknoteten sich zu Karzi–nomen ungelöster Problemlagen. So lautet Ines Geipels Diagnose eines krankhaften Zustandes, der als mögliche Ursache für kollektive Wutausbrüche gelten könnte. Sie wolle, so sagt die 58-Jährige in mehreren Interviews, exemplarisch an ihrer Familie zeigen, wie sich Zeit, Leben, Gefühle und Situationen verzahnen, wie sich hier ganz explizit die langen Linien der Gewalt im Osten zeigen. Das gelingt ihr ohne Zweifel mit großer Intensität.

Der Vater war ein Stasi-Agent

So erzählt sie von damals, beginnt mit dem Großvater, der NS-Karriere in Riga machte, der mit Magengeschwüren lebte, aber nie erzählte von seiner Verwicklung im Dritten Reich. Sie erzählt von Mutter und Vater, Jahrgang 1934 und 1935, geboren im Nazireich, groß geworden in den Nachkriegsruinen, in einer, wie Ines Geipel schreibt, „postfaschistischen DDR der fünfziger Jahre als Synthese zwischen eingekapselten Hitler und neuer Diktatur, als genuinem Basisraum für das Kommende, als ein Affektraum, der sich heute so lautlos ins Politische zu schieben vermag“. Sie erzählt von der Familie, die sich aus der Belastung des Nationalsozialismus in die Belastung des Sozialismus hineinarbeitete.

Spoiler

Ihre und Robbys Eltern strebten als Kommunisten in der DDR nach oben, der Vater „ein kalter Krieger“, der offiziell als Leiter des Dresdner Pionierpalastes, inoffiziell aber für die Staatssicherheit als Agent im Ausland arbeitete. Darüber in ihrer Kindheit kein Wort, aber ein Leben mit einem vom Vater gesteuerter innerfamiliären Überwachungssystem, das die Kinder als „Trainingsobjekte zu Stechpuppen seines Terrors“ werden ließ, inklusive Vergewaltigung und permanenter Demütigung als Erziehungsprinzip. Ohne Frage eine extreme Erfahrung, die sie dennoch als symptomatisch für die DDR erklärt.
Geipels These lautet, dass die DDR auf einem Fundament von Verdrängung und Lügen aufgebaut wurde und somit die Verstörung ihrer Bürger implantiert hatte. © dpa

Die Schriftstellerin, die als Professorin für Versmaß an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin lehrt, entschweigt in diesem Buch die Vergangenheit einer in der DDR aufgewachsenen Generation, von der ein Teil bis heute Zeitbomben in ihren Seelen mit sich rumschleppt, die jetzt nach und nach zu explodieren drohen. Die These, dass die DDR auf einem Fundament von Verdrängung und Lügen aufgebaut wurde und somit die Verstörung ihrer Bürger implantiert sei, regt mindestens zur Debatte an. Während Wolfgang Engler und Jana Hensel in ihrem Buch „Wer wir sind – die Erfahrung ostdeutsch zu sein“, dem Gedanken folgen, dass heutige Entwicklungen vor allem mit entwürdigenden Erlebnissen nach 1989 zu tun haben, bricht Ines Geipel die Schweigegebote nach der NS-Zeit und die Geschichtsklitterung in der DDR gnadenlos auf und sieht hier die Ursachen für zunehmende Radikalisierung und der Abkehr von demokratischen Werten.

Damit fügt sie ein weiteres Narrativ über Dresden hinzu. Die Stadt bietet eine großartige literarische Plattform für das Erforschen des Zustandes im Osten und scheint als psychoanalytisches Labor bestens geeignet. Wer Geipels „Umkämpfte Zone“ als weiteres Kapitel der Stadterzählung nach zum Beispiel Thomas Rosenlöchers „Die verkauften Pflastersteine“, Martin Walsers „Die Verteidigung der Kindheit“, Uwe Tellkamps „Der Turm“, Peter Richters „89/90“ oder Durs Grünbeins „Jahre im Zoo“ betrachtet, kann nur gewinnen und erschließt sich ein differenziertes Gesamtbild.

Buch: Ines Geipel, Umkämpfte Zone – Mein Bruder, der Osten und der Hass. Klett-Cotta, 20 Euro.

Diskussion: Woher kommt die Wut im Osten? Montag, 27. Mai, 18 Uhr im Militärhistorischen Museum Dresden mit Ines Geipel, Annekatrin Klepsch (Kulturbürgermeisterin) und Ulrich Wolf (Reporter der Sächsische Zeitung), Moderation: Cornelius Pollmer

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D adaistische I lluminatinnen für die E rleuchtung D es A bendlandes

Tolereranzparadoxon: "Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, (...) dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“ Karl Popper
 
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Offline A.R.Schkrampe

Re: Feuilleton
« Antwort #1 am: 26. Mai 2019, 23:18:59 »
Zu dem Thema findet sich viel in der ZEIT und auf ZEIT online.

Das liegt mit an Jana Hensel, der Autorin von "Zonenkinder". Sie beschäftigt sich viel mit ostdeutschen Befindlichkeiten.
Genaugenommen nur damit.
 
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Offline mork77

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Re: Feuilleton
« Antwort #2 am: 28. Mai 2019, 11:10:29 »
Aktuell von heute

https://www.n-tv.de/politik/Der-Osten-muss-mit-seinen-Lebensluegen-brechen-article21052504.html

Ausszüge

Zitat
Ja, eine Sozialisation in der DDR bringt eine Prägung mit sich. Was aber am deutlichsten nachwirkt von dieser Sozialisation ist, dass man auf dem rechten Auge relativ blind geblieben ist. Es gibt in Ostdeutschland rechte Kontinuitäten, die bis in die DDR zurückreichen und bis heute ignoriert werden.

Zitat
Aber bei diesem Thema darf man nicht vergessen: Die Ostdeutschen haben das alles so gewollt. Sie wollten Helmut Kohl, sie wollten die Treuhand, zumindest haben sie die Parteien, die das Vorgehen der Treuhand politisch gestützt haben, immer wieder gewählt. In Sachsen wurde trotz Treuhand weiter Biedenkopf gewählt, 56 Prozent 1994, 54 Prozent 1999. Es stimmt, dass die ostdeutsche Wirtschaft kaputt ging. Aber die Ostdeutschen wollten nach 1990 keine Ostprodukte mehr kaufen. Wenn also Ostdeutsche heute einen Schuldigen für ihre Situation suchen, dann suchen sie leider viel zu selten bei sich selbst.

Zitat
Dass Geld so viel helfen würde, bezweifle ich aber mittlerweile. Was Einkommen angeht, ist Chemnitz wesentlich besser gestellt als Rostock. Geld wird also nicht reichen. Was wir brauchen, ist massive politische Bildung. Das gilt auch für die Politik: Wenn Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagt, bei der Europawahl hätten zwei Parteien mit Absolutheitsanspruch gewonnen, die Grünen und die AfD, dann zeigt das, was für ein Riesenproblem dieses Bundesland noch immer mit der Verharmlosung von Rechtsradikalismus hat. Wir brauchen eine Haltung vor Ort, eine Haltung der Politik - keine Anbiederung.

-> eben!
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Aldebaraner

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Re: Feuilleton
« Antwort #3 am: 28. Mai 2019, 11:18:11 »
Was für ein grotesker Unsinn!
 
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Offline Reichsschlafschaf

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Re: Feuilleton
« Antwort #4 am: 28. Mai 2019, 11:34:00 »
Der Politologe sagt im Grunde das, was ich schon länger sage: Gegen die afd hilft eine hohe Wahlbeteiligung:


Zitat
Politologe erklärt AfD-Durchmarsch und Debakel der Volksparteien

Der Potsdamer Politikwissenschaftler Aiko Wagner spricht im MAZ-Interview über das Wahlergebnis in Brandenburg, die Vergreisung der Volksparteien und die erfolgsträchtige Symbiose zwischen AfD und rechter Szene.
Spoiler
Potsdam
Dr. Aiko Wagner lehrt vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Potsdam. Mit der MAZ sprach er über die Lehren aus dem Brandenburger Wahlergebnis.

Herr Wagner, im Bund gab es bei der Europawahl den Höhenflug der Grünen, im Land Brandenburg den Triumph der AfD. Wie erklären Sie diese widersprüchlichen Ergebnisse?

Man muss erst einmal festhalten, dass auch die Grünen in Brandenburg stark gewonnen haben, obwohl der Osten Deutschlands für sie eigentlich ein schwieriges Pflaster ist. Aber ganz klar, Wahlgewinnerin ist die AfD. Das verweist auf eine Reprogrammierung des politischen Wettbewerbs. Die Konfliktachse ist nicht mehr die alte Links-Rechts-Achse, wo es um Umverteilung, soziale Gerechtigkeit und Steuern geht, sondern eher eine kulturelle Konfliktachse. Der eine Pol wird von den Grünen repräsentiert: Sie sind alternativ, libertär und weltoffen. Auf der anderen Seite steht die AfD, die sich eher traditional und zum Teil nationalistisch gibt.

Wenn wir die Wahlergebnisse Potsdam mit jenen in der Lausitz vergleichen, dann schaut man auf zwei Milieus, zwischen denen ein Dialog kaum noch möglich scheint.

Wir sehen in den Umfragedaten keine Anzeichen dafür, dass es eine Wählerwanderung zwischen diesen beiden Polen geben könnte. Generell gibt es auf Seiten der AfD-Anhänger wenig Neigung, eine der etablierten Parteien zu wählen, und auf der anderen Seite keine Bereitschaft von Wählern der etablierten Parteien, jemals für die AfD zu stimmen. Wir haben eine starke Segmentierung mit AfD-Wählern auf der einen und fast allen anderen Wählern auf der anderen Seite.

Heißt das im Umkehrschluss, dass die AfD ihren Zenit erreicht hat und ihr Wählerpotenzial im Moment maximal ausschöpft?

Durchaus, da sind die Zahlen relativ deutlich. Die AfD hat im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 nicht sonderlich gut abgeschnitten, und bundesweit einen Prozentpunkt weniger bekommen. Das verweist nicht darauf, dass die AfD weiter wächst. Allerdings gibt es wie gesagt auch kaum eine Chance, die AfD-Wähler wieder zu den anderen Parteien zurückzuholen.

Lässt sich das vereinfacht auf die Formel bringen. Das Ibiza-Video, das die FPÖ in Österreich kompromittiert hat, kümmert den AfD-Fan in Cottbus oder Spree-Neiße überhaupt nicht?

Ich glaube nicht, dass das Ibiza-Video starken Einfluss auf andere rechtspopulistische Parteien hatte. Es interessiert jemanden in der Lausitz herzlich wenig, ob Herr Strache russischen Oligarchen irgendwelche Wahlgeschenke verspricht. Ich glaube, für diese Menschen sind ganz andere Fragen relevant: eine zutiefst empfundene Demokratie-Unzufriedenheit und ein Misstrauen gegenüber den politische Eliten.

Die AfD zweifelt den Klimawandel an. Haben die anderen Parteien die Dringlichkeit der „Fridays for future“-Proteste verkannt?

Beim Thema Klimawandel sind weite Teile der Bevölkerung kritischer und besorgter eingestellt, als vor allem Union und FDP das repräsentieren können. Der CDU-Generalsekretär Ziemiak hat heute gesagt, dass Klimapolitik mit wirtschaftlicher Vernunft einhergehen müsse. Das ist genau diese Relativierung, die Aktive auf der Straße nicht hören wollen. Das ist wohl nicht der Weg, wie man diese Menschen erreichen kann.

Ist das auch ein Generationenkonflikt?

Ja. CDU/CSU und SPD können nicht darauf hoffen, bei zukünftigen Wahlen deutlich besser abzuschneiden. Sie verlieren gerade eine ganze Generation an Jung-, Erst- und Noch-Nicht-mal-Wählern. Man sieht das ja auch bei der Wählerwanderung: Sehr stark verlieren Union und SPD an den Tod.

Zur Umweltpolitik sagte Ministerpräsident Woidke am Wahlabend, es gehe um Klimaschutz „mit den Menschen und nicht gegen die Menschen“. Das klingt irgendwie hilflos…

Die SPD hat als traditionelle Arbeiter- und auch Bergarbeiterpartei natürlich ein Problem damit, den Kohleausstieg von jetzt auf gleich zu verkünden. Das ist ein Stück ihrer Identität, ihres Markenkerns. Es ist auch nachvollziehbar, dass eine sozialdemokratische Partei sagt, wir müssen den Leuten eine Perspektive bieten, wir können nicht einfach gesinnungsethisch aus der Kohle aussteigen und 10.000 Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Für die Grünen ist es viel einfacher, so etwas zu fordern.

Brandenburgs SPD-Generalsekretär Erik Stohn erwartet eine Verschärfung der Atmosphäre in den Gemeindevertretungen, wenn mehr AfD-Vertreter dabei sind. Zurecht?

Ja, natürlich. Die AfD ist stark in ihrer Oppositionsrolle verhaftet. Wenn die anderen Parteien sie ausgrenzen, wird sie diesen Ton immer weiter verschärfen. Das Klima wird etwas rauer, das steht zu befürchten.

Zusammen kommen CDU, SPD und AfD bei der Kommunalwahl in Brandenburg auf 50 Prozent. Müssen wir den Begriff „Volkspartei“ neu definieren?

Wir sehen mit der AfD auf jeden Fall eine neue Regionalpartei Ost. Sie hat eine Machtbasis in den neuen Bundesländern. Ich würde aber nicht sagen, dass die AfD auf dem Weg zur Volkspartei sei. Dazu gehört auch eine starke Verankerung in der Gesellschaft, und das ist bei der AfD noch nicht im Ansatz so ausgeprägt wie bei CDU, SPD und Linkspartei in Ostdeutschland.

Die AfD ist dort besonders stark, wo sich in Brandenburg der Hotspot der rechten Szene befindet, nämlich in Cottbus und in den drei angrenzenden Landkreisen. Ist das ein Erfolg der Kalbitz-Strategie, den Schulterschluss mit Pegida und „Zukunft Heimat“ zu suchen?

Gerade im Südosten Brandenburgs an der Grenze zu Sachsen profitiert die AfD von rechten Netzwerken. Da gibt es eine ganz starke Symbiose zwischen Pegida, AfD und neurechten Bewegungen. Es ist kein Zufall, dass die die AfD da stark ist, wo früher die NPD stark war, die ja mittlerweile marginalisiert ist. Hier gibt es eine Verschiebung innerhalb des rechten Lagers. Es gibt dieses rechte Potenzial in Ostdeutschland und die AfD schöpft das momentan recht klug ab. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass sie am 1. September stärkste Partei in Brandenburg wird.

Was würden sie als Politikberater CDU und SPD empfehlen?

(überlegt lange). Eine starke Mobilisierung hilft den Parteien in der Mitte. Wenn die Wahlbeteiligung niedrig ist, spielt das eher den Extremen in die Hände. Ganz wichtig ist also, dass bei der Landtagswahl eine höhere Beteiligung erreicht wird als in der Vergangenheit. Das war ja teilweise gruselig gering. Den Rechten hinterher zu rennen, der Versuch, den besorgten Bürgern aufs Maul zu schauen und ihnen nachzuplappern, das funktioniert auf keinen Fall.

Die SPD-Europaspitzenkandidatin Maja Wallstein forderte, ihre Partei müsse „mutiger, leidenschaftlicher und glaubwürdiger“ auftreten. Ist das die Lösung des Problems?

Ich glaube, die SPD leidet unter ihrer langen Regierungsbeteiligung und einer Glaubwürdigkeits- und Kompetenzkrise. Da ist ganz viel dem Bundestrend zuzuschreiben, das hat relativ wenig mit der Landespolitik zu tun. Mut und Leidenschaft sind also durchaus da, die Glaubwürdigkeit fehlt.

Lesen Sie dazu auch:

Kommentar: Brandenburg wählt AfD für Europa
Interaktive Karte: So hat Brandenburg gewählt
Chronologie: So lief der Super-Wahltag in Brandenburg
Analyse: Warum die AfD-Strategie aufgeht
 

Von Thorsten Keller
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https://www.maz-online.de/Brandenburg/Politologe-Aiko-Wagner-erklaert-AfD-Durchmarsch-und-Debakel-der-Volksparteien
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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Re: Feuilleton
« Antwort #5 am: 28. Mai 2019, 14:13:09 »
Zitat
Ja, eine Sozialisation in der DDR bringt eine Prägung mit sich. Was aber am deutlichsten nachwirkt von dieser Sozialisation ist, dass man auf dem rechten Auge relativ blind geblieben ist.

Wer ist "man"? Ich bin bekennender Ossi und bin nicht auf dem rechten Auge blind. Ganz im Gegenteil. Wurde ich einfach nur falsch erzogen?

Zitat
Aber die Ostdeutschen wollten nach 1990 keine Ostprodukte mehr kaufen. Wenn also Ostdeutsche heute einen Schuldigen für ihre Situation suchen, dann suchen sie leider viel zu selten bei sich selbst.

Wenn ich das Bild von ihm so anschaue, vermute ich, dass er zu jung ist, um die politische und vor allem die wirtschaftliche Wendezeit aktiv miterlebt zu haben.
Mit der Währungsumstellung waren einfach keine ostdeutschen Waren mehr verfügbar. Ich war an den beiden Tagen (vor und nach der Umstellung) in der Innenstadt von Halle/Saale. Da wurden mit Schließung der Läden am Vortag sämtliche (!) Ostwaren aus den Läden entfernt und durch Artikel aus dem Westen ersetzt. Es gab im Nachhinein ein paar Lagerverkäufe von Resten, wo noch vorhandene Waren billigst verschleudert wurden. Da habe ich mich selbst auch noch zu Spottpreisen mit einigen Sachen eingedeckt. Aber sonst waren im Handel dann keine Ostprodukte mehr erhältlich.
Und ich weiß, dass einige aus meinem Bekannten- und Verwandtenkreis gerne weiterhin Produkte aus dem Osten gekauft hätten. Aber es war einfach nicht mehr möglich. Und es ist jetzt auch nicht jedermanns Sache gewesen, durch das gesamte Gebiet der ehemaligen DDR zu fahren, um bei den Produktionsstätten direkt einzukaufen.
Ich habe mir bereits eine feste Meinung gebildet! Verwirren Sie mich bitte nicht mit Fakten!
 
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Re: Feuilleton
« Antwort #6 am: 28. Mai 2019, 14:37:24 »
Zum "auf dem rechten Auge blind" siehe hier.

https://www.bpb.de/politik/extremismus/antisemitismus/37957/antisemitismus-in-der-ddr?p=all


Zitat
Wenn ich das Bild von ihm so anschaue, vermute ich, dass er zu jung ist, um die politische und vor allem die wirtschaftliche Wendezeit aktiv miterlebt zu haben.

Ja und? Nach der gleichen Logik dürften heute keine Bücher über Napoleon mehr erscheinen. Die Zeitzeugen sind ja alle tot, und was wissen schon die Nachgeborenen.

Der Ex-DDR fehlt halt die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. So wie den Westdeutschen vor den 60ern. Die Ex-DDR-Bürger haben ein Demokratie-Defizit. Wie auch, von der Diktatur in die Dikatatur.
Stattdessen das übliche "früher war alles besser" Geheul!

P.S. Das Geheul ist übrigens durchaus vergleichbar mit dem " Der hat ja die Autobahnen gebaut und alle hatten Arbeit", dass man noch in den 60ern und 70ern häufig zu hören bekam. Wie übrigens Auch " du warst ja nicht dabei!".

Es nervt nur noch.
« Letzte Änderung: 28. Mai 2019, 15:20:09 von mork77 »
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Re: Feuilleton
« Antwort #7 am: 28. Mai 2019, 14:48:32 »
Zitat
Wenn ich das Bild von ihm so anschaue, vermute ich, dass er zu jung ist, um die politische und vor allem die wirtschaftliche Wendezeit aktiv miterlebt zu haben.
Ja und? Nach der gleichen Logik dürften heute keine Bücher über Napoleon mehr erscheinen. Die Zeitzeugen sind ja alle tot, und was wissen schon die Nachgeborenen.

Das ist richtig, aber wenn ich schon nicht dabei war, dann besteht doch die Möglichkeit, sich über die tatsächlichen Gegebenheiten zu informieren, statt irgendwelchen Kokolores in die Welt hinauszuposaunen. Das würde ich zumindest von einem, der sich Wissenschaftler nennt, so erwarten. Und in diesem Fall gibt es Zeitzeugen und mit Sicherheit auch jede Menge Aufzeichnungen. Da sollte er in Leipzig eigentlich an der Quelle sitzen.
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Re: Feuilleton
« Antwort #9 am: 28. Mai 2019, 15:49:59 »
Wer ist "man"? Ich bin bekennender Ossi und bin nicht auf dem rechten Auge blind. Ganz im Gegenteil. Wurde ich einfach nur falsch erzogen?

Ich bin sogar bekennender Sachse und auch nicht auf dem rechten Auge blind. Doch ich muss ihm teilweise recht geben. Meine Jugend war geprägt von der Wende- und Nachwendezeit. Ein Teil meiner damaligen Freunde rasierte sich die Haare ab und trug Springerstiefel und Bomberjacke. Sie zogen besoffen durch die Stadt, grölten Naziparolen und hörten lautstark Nazimucke. Es hat damals keinen groß interessiert. Die überwiegende Reaktion der Generation meiner Eltern und Großeltern war entweder Beifall oder: "Na ja die stoßen sich jetzt nur die Hörner ab. Spätestens wenn sie Familie haben, werden die schon vernünftig." Man hat es nicht als das gesehen, was es war und ist, ein riesiges Problem. Die haben jetzt Kinder und vernünftiger sind sie nicht geworden.  Es sind genau die Typen die jetzt zu Pegida rennen, NPD oder AfD wählen und ihre Naziparolen weiterhin brüllen.

Eine kleine Geschichte aus meiner damaligen Heimatstadt. Es muss so 1993/94 gewesen sein. Die Nazis aus den Nachbardorf haben sich mit den Nazis aus der Stadt zum sich gegenseitig verprügeln verabredet. Keine Ahnung warum, wahrscheinlich weil es bei uns keine Ausländer gab. Nur Vietnamesen, aber da haben die braunen Hohlbirnen immer billig ihren Schnaps und Zigaretten geholt. Mit denen wollten sie es sich nicht verscherzen. Zumal sie auch einen Teil  ihrer Klamotten da gekauft haben. Die ganze Stadt wusste seit Tagen Bescheid und es hat sich zum besagten Abend eine Menge an Zuschauern auf dem Markt eingefunden. Aber keine Polizei. Die Prügelei war dann eher enttäuschend und es lief mehr auf das übliche Gegröle hinaus. Es hat niemanden gestört, dass dort laut Sieg Heil gerufen oder der Hitlergruß gezeigt wurde. Es gab keine Anzeigen.

 
 
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Re: Feuilleton
« Antwort #10 am: 28. Mai 2019, 17:00:32 »
Ich bin sogar bekennender Sachse

 ;D

Doch ich muss ihm teilweise recht geben.

Natürlich. Aber mich stört immer dieses "man". "Man" müsste mal, "man" hätte dies und das tun sollen usw. Es ist doch möglich, ganz konkrete Verantwortlichkeiten zu benennen. Das beginnt z.B. in der Verantwortung der Politiker sämtlicher Ebenen, die sich nie wirklich um das Problem gekümmert haben. Stattdessen haben es insbesondere die Innenminister als die Ressort-Verantwortlichen für die öffentliche Sicherheit und ihre Chefs, sprich die Ministerpräsidenten, immer weiter so laufen lassen. Wie oft kam der Spruch, dass es kein Problem mit Rechten gäbe? Das fing z.B. in Sachsen schon unter Biedenkopf an. In anderen Bundesländern beschäftigte sich die Politik lieber mit sich selbst und mit der schwierigen Frage, wie die verfügbaren öffentlichen Gelder am besten zu beseitigen sind (z.B. Sachsen-Anhalt: Umdefinition von Gehältern für Angestellte des öffentlichen Dienstes als "Investitionsausgaben"), aber nicht damit, wie man z.B. den zunehmenden Fremdenhass als eins der deutlich sichtbarsten Erscheinungsbilder des rechten Gedankenguts in den Griff bekommt.

Es ist jetzt fast 30 Jahre her, dass die beiden deutschen Staaten zu einem zusammengefügt wurden. Es wäre viel Zeit gewesen, etwas zu tun. Gemacht wurde wenig. Zumindest zu wenig. Nur vom Wegschauen alleine ergeben sich halt in den wenigsten Fällen Änderungen. Dazu hätten natürlich auch die Eltern der jetzigen rechten Hauptgruppe mit einbezogen werden müssen. Aber das Verteilen von Arbeitslosengeld oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist einfacher, als den Menschen wirksam klarzumachen, dass sie mit dem Wechsel in das westliche System, für das sie schließlich mehrheitlich gestimmt haben (wobei gerade von dieser Gruppe in dem Moment keiner wahrhaben wollte, dass für einen Großteil extrem harte Einschnitte kommen werden, alle haben nur die DM-Zeichen in den Augen gehabt), sich umstellen müssen, dass ihnen keiner die Arbeit vorbeibringt, sondern sie sich selber etwas strecken müssen. Es wurde viel Platz gelassen, dass sich der Hass auf "das System" und die rechtsextremen Strömungen so richtig schön entwickeln konnten.

Ich bin der Meinung, dass viele Bestandteile der rechsextremen Entwicklung in Ostdeutschland wirtschaftliche Ursachen haben.
Die Menschen waren (zu Recht) unzufrieden mit ihrer Lage in der DDR. Die Reisefreiheit beschränkte sich auf etwas mehr als eine Handvoll Länder, viele Dinge, die über den täglichen Bedarf hinausgingen, waren entweder nicht oder nur extrem teuer zu bekommen.
Da leuchtete mit der Wende plötzlich am Horizont das Licht des Westens und viele dachten, dass jetzt das große Schlaraffenland kommt. Schließlich hatten es ihnen ihre Verwandten im Westen ja jahrezehntelang immer so vorgeschwärmt - dass diese nicht selten so richtig übertrieben haben und auch gern mal wichtige Informationen unter den Tisch haben fallen lassen, wussten die wenigsten. Und das Tal der Ahnungslosen (ein guter Teil Sachsens, der nicht von westlichen Radio- und Fernsehsendern erreicht werden konnte) hatte noch nicht mal Westfernsehen. Also hat man natürlich die Option der DM gewählt. Dummerweise stellte sich dann heraus, dass die Produkte, die sie in ihren Fabriken herstellten und von denen man ihnen immer gesagt hatte, dass sie so hochwertig seien, dass sie im Westen reißenden Absatz fänden (aber nur, weil sie zu Ramschpreisen in den Westen verkauft wurden), plötzlich keiner mehr zu den Stückkosten haben will und dass man mit den maroden Anlagen (mit Ausnahmen) auch nicht mehr viel neues anfangen kann. Und wieder war nix mit Reisefreiheit - man hätte jetzt zwar reisen können, konnte es aber dann doch nicht, weil das Geld fehlte. Und der tolle, nur 20 Jahre alte Golf, für das man direkt vor der Währungsumstellung sein Sparbuch verpfändet hatte, stellte sich als eben das heraus, was es war: eine Schrottkarre. Und jetzt stand man plötzlich ohne Arbeit und ohne Geld da. Und wer war verantwortlich? Nein, natürlich nicht man selbst. Das System war's! Also Bomberjacke raus und gegen das neue System, denn wenn die DDR schon nix war und das komische System des Westens mit seiner Demokratie und solchen eigenartigen Sachen auch nicht - dann muss halt die Diktatur wieder her!
Und die Politiker aller Parteien, die was hätten bewegen können, standen schulterzuckend da. Und von den Gewerkschaften kam auch nichts, denn die fühlen sich ja auch nur für die zuständig, die Arbeit haben, aber nicht für die, die keine kriegen. Und nachdem den Leuten klar wurde, dass sich keiner für sie interessiert, und sie selber wegen "keine Lust"/"fehlendes Wissen"/"ungenügende Ausbildung"/"mangelnde Intelligenz"/"sonstige Bequemlichkeit" sich nicht in der Lage sahen, selbst was zu ändern, wuchs ganz schnell der Wunsch nach dem "bewährten" starken Mann, der sie an der Hand nimmt und aus dem Elend herausführt. An dieser Stelle wären Anhaltspunkte gewesen, einzugreifen - allerdings nicht mit bunten Flyern und auch nicht mit dem Auftreten von Politikern, die sich mit besorgter Miene die Klagen der Bevölkerung anhören (und selbige spätestens beim Einsteigen in ihren Dienstwagen wieder vergessen haben). Das hätte harte Arbeit vor Ort bedeutet, mit viel erforderlichem Kapital und viel Personal, um ein Umdenken zu bringen. Aber so hat man sie abgetan als die Abgehängten, die sowieso niemanden interessieren.
Und man kann auch nicht in alle Ewigkeiten immer nur darauf hinweisen, dass ja die DDR auch zu einem großen Teil Schuld hatte daran. Das erinnert mich daran, dass wir mal in der Schule einen Lehrer ausgelacht haben, als der uns weismachen wollte, dass die Verschmutzung der Elbe ein Erbe des Kapitalismus sei (das war Anfang der 1980er, also gut 30 Jahre nach Gründung der DDR und der ebenso sozialistischen CSSR - und damit auch gut 30 Jahre nach dem Ende des letzten kapitalistischen Staats im Oberlauf der Elbe).

Mein Sermon von oben trifft natürlich nicht auf die Köpfe der Rechten zu (ich meine jetzt nicht das Körperteil). Bei denen liegt die Sache anders. Aber die gehören auch nicht zu denen, die geführt werden wollen. Das sind die, die Veränderungen wollen - allerdings andere Veränderungen, als wir hier und (zum Glück) der Großteil der Bevölkerung wollen.
Ich habe mir bereits eine feste Meinung gebildet! Verwirren Sie mich bitte nicht mit Fakten!
 
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Offline Goliath

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Re: Feuilleton
« Antwort #11 am: 28. Mai 2019, 18:12:55 »
Ich habe die Nachwendezeit Gottseidank anders erlebt, mit kleinen Ausreißern. 20 Schüler in einer Klasse und ein Skinhead. Ich habe dann einen Ausbildungsplatz bekommen und unter 40 Azubis ein Neonazi vom Rest war die Hälfte in der Gewerkschaft engagiert. Ich habe dann mit Kopfschütteln aus nächster Nähe Lichtenhagen mitbekommen und habe bis heute nicht verstanden wie das passieren konnte. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
 
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Re: Feuilleton
« Antwort #12 am: 28. Mai 2019, 18:43:12 »
Das System war's! Also Bomberjacke raus und gegen das neue System, denn wenn die DDR schon nix war und das komische System des Westens mit seiner Demokratie und solchen eigenartigen Sachen auch nicht - dann muss halt die Diktatur wieder her!

Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ich gebe dir in Teilen Recht. Hier aber nicht. Die Entscheidung, die Bomberjacke anzuziehen, die trifft man selbst. Ganz allein. Diese Sichtweise, dass man für das, was man tut, selbst verantwortlich ist, habe ich gerade im Osten anders erlebt. Da stellten alle das da wie fremdgesteuert. Ich muss ja so sein, auf Grund der Umstände.
Falsch, man hat immer eine Wahl.

Zitat
Und man kann auch nicht in alle Ewigkeiten immer nur darauf hinweisen, dass ja die DDR auch zu einem großen Teil Schuld hatte daran.


Warum nicht? Es war ja so. Sicher, die Ausgangsposition war bedeutend schlechter, Auch bedingt dadurch, dass die DDR pro Kopf bedeutend höhere Reparationen zahlen musste

https://de.wikipedia.org/wiki/Reparationen#Deutsche_Reparationen_nach_1945

Aber die ♥♥♥ische sozialistische Planwirtschaft hat es nicht besser gemacht. Nach 40 Jahren war dann Ende im Gelände. Die DDR war pleite! Schon vor der Wende! Das System hat nicht funktioniert!


Was man im Osten lernen muss, ist den Staat DDR von der persöhnlichen Geschichte zu trennen. Das scheint vielen schwer zu fallen. Die DDR war ein Unrechtsregime, geführt von teilweise unfähigen Apparitschiks und verwöhnten Greisen. Fällt nach 40 Jahren natürlich schwer, dass zu akzeptieren.

Man wird das akzeptieren müssen, wenn man sich ehrlich mit der Vergangenheit auseinandersetzen will.

Es fiel der Nachkriegsgeneration in Deutschland bezogen auf das dritte Reich auch schwer. Und hier reden wir von "nur" 12 Jahren, die mit einem Krieg endeten. Trotzdem " Der Adolf hat die Autobahnen gebaut und alle hatten Arbeit!" Hörte man bis in die 80er.
Heute ist mit derartigen Märchen aufgeräumt worden.

Unrechtsregime können nichts Positives schaffen. Der Preis ist immer zu hoch. Egal was die DDR geschaffen hat, ein Blick auf die Opfer der Deutsch-Deutschen Grenze zeigt, das der Preis zu hoch war. Der Weg ist das Ziel. Der Weg der DDR war ein Irrweg!



« Letzte Änderung: 28. Mai 2019, 18:58:25 von mork77 »
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Offline Wilki

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Re: Feuilleton
« Antwort #13 am: 28. Mai 2019, 19:28:30 »
Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ich gebe dir in Teilen Recht. Hier aber nicht. Die Entscheidung, die Bomberjacke anzuziehen, die trifft man selbst. Ganz allein. Diese Sichtweise, dass man für das, was man tut...

Ich glaube, da hast du Chemdrail-Fan falsch verstanden. Er meint es wohl genau wie du.

Ansonsten stimme ich zu. Gerade diese verklärte Ostalgie ist ein Problem. "Es war ja nicht alles schlecht" stimmt zwar, aber man muss ein System immer in seiner Gesamtheit betrachten. Da überwiegt nun mal das Negative. Das wird aber immer gern ausgeblendet. Es gibt ihn tatsächlich, den Jammerossi. Vielleicht wählen die genau wegen der Vorliebe zum Opfer sein AfD. Im Mimimi vereint.

 
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Offline A.R.Schkrampe

Re: Feuilleton
« Antwort #14 am: 28. Mai 2019, 20:46:59 »
Was für ein grotesker Unsinn!

Wieso das?
Die Äußerungen entsprechen exakt den Tatsachen.


@Chemtrail-Fan: da muß ich Dir etwas widersprechen.

- es ist falsch, die Verantwortung ausschließlich bei der Politik zu
  suchen (das machst Du nämlich). Vielmehr ist jeder Einzelne
  mit verantwortlich.
  Mit Verlaub, aber es ist ossi-like, die Verantwortung immer nur
  "bei denen da oben" zu suchen und sich selbst für unbeteiligt zu
  halten

- die Illusionen vom Westen lagen nur zum geringen Teil an
  schauerlichen Angebereien der Wessis, sondern daran, daß die
  DDR-ler daran glauben wollten. Ich kann mich an
  Diskussionen erinnern, in denen ich Probleme oder
  Herausforderungen im Westen erläutern wollte, etwa daß einem
  gebratene Tauben oder Videorekorder nicht in den Mund fliegen,
  oder daß sich nur wenige Leute einen Ausflug nach New York
  leisten können, diese Versuche aber von den Ossis massiv
  abgewürgt wurden. Man wollte sich seine Vorstellungswelt
  nicht von der Realität abwürgen lassen.
« Letzte Änderung: 28. Mai 2019, 21:04:31 von A.R.Schkrampe »
 
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