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Bei den Treffen werden die Stars der jeweiligen Szenen erwartet. Minus Dieter Hallervorden. Der Kabarettist war von den Münchner Veranstaltern des Querdenker-Aufmarschs für sein umstrittenes Gaza-Gedicht gefeiert und als Redner für den Marienplatz angekündigt worden, zog dann aber wenig später die Reißleine. Er wolle nicht gemeinsam mit „Putin-Verstehern“ auftreten, wurde der 88-Jährige vom Tagesspiegel zitiert.
Der Co-Autor des Gaza-Gedichts, Dieter Dehm, wird jedoch dabei sein. Der ehemalige Linken-Politiker trat schon mehrmals in München bei Kundgebungen der Querdenker-Szene auf. Dehm habe die Münchner Kundgebung mitinitiiert, sagt der Dresdner Schauspieler und Politik-Aktivist Uwe Steimle. Auch er will kommen. Im Mai 2023 hatte Steimle, dem immer wieder rechtspopulistische Positionen vorgeworfen werden, Putin als klugen Politiker bezeichnet, den er „als Menschen“ sehr schätze.
Und so geht es weiter in der Liste der Redner und Sänger, die auf dem „Friedensfestival“ auftreten sollen, hinter dem maßgeblich die Querdenker-Gruppierung „München steht auf“ steht. Die umstrittene Politologin und Publizistin Ulrike Guérot, die auch zu den Rednern zählt, wirft der Ukraine vor, einen Stellvertreterkrieg für den Westen zu führen.
Der Rapper Kilez More raunt von „Eliten“, die mit „satanischen Ritualen“, durch implantierte Chips und Bargeldabschaffung eine neue Weltordnung anstreben würden. Der Rapper, der mit bürgerlichem Namen Kevin Mohr heißt, leugnet außerdem den menschengemachten Klimawandel. Der Sänger Jens Fischer Rodrian macht Werbung für die Querdenker-Partei „Basis“, weil er erkannt haben will, „wie verkommen ein Großteil der westlichen Demokratien mittlerweile ist“.
Auf Münchner Kundgebungen derselben Organisatoren waren in der Vergangenheit zahlreiche russische Fahnen zu sehen. Rechtsextremisten und Reichsbürger mischten sich in die Aufmärsche der Verschwörungsideologen. Von einem „krassen Line-up von Rechtsaußen, aus Querfront oder verschwörungsideologischer Szene“ spricht die Münchner Dokumentationsstelle „Aida Archiv“ mit Blick auf die Münchner Kundgebung, der sich ein Umzug durch die Innenstadt anschließen soll.
Nicht Königsberg, München soll es sein, regt ein Vordenker an
Den planen auch die Reichsbürger am Tag zuvor. Sie treffen sich auf dem Königsplatz. Die Idee, in München aufzutreten, hatte einer der Vordenker der Szene. Er steht inzwischen in Stuttgart-Stammheim vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Beteiligung an den Umsturzplänen der mutmaßlichen Terrorgruppe um einen Prinzen aus dem Haus Reuß vor.
Wie groß der Einfluss des Mannes auf die Reichsbürger-Szene ist, wird in den Chats der „25+1 Bundesstaaten“ deutlich. Von der Idee, man könne ja auch in „Königsberg“ (dem heute russischen Kaliningrad) aufmarschieren, habe er ihnen abgeraten und stattdessen München ins Spiel gebracht, berichtet eine Chat-Teilnehmerin. „Deutlich verfrüht und wegen der aktuellen Situation auch (...) bedenklich“ wäre ein Auftritt im ehemaligen Ostpreußen, soll der Befragte geantwortet haben. Offenbar möchte man es sich nicht mit Russland verderben, von dem die Reuß-Verschwörergruppe sich nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Unterstützung bei ihren Putsch-Plänen erhofft haben soll.
Als sich etwa 1000 selbst ernannte Vertreter der „25+1 Bundesstaaten“ im April in Gera trafen, wurden die derzeit in Stuttgart, Frankfurt und München vor Gericht stehenden Gesinnungsgenossen von einem Redner als „politische Gefangene“ bezeichnet. „Wir wenden uns ab von Staatssimulation und Scheindemokratie“, rief der Mann, der der extrem rechten Szene in Thüringen zugerechnet wird. „Wir suchen das Loch im Zaun der BRD-Sklavenplantage.“ Teilnehmer des Aufmarschs sollen das Horst-Wessel-Lied gesungen haben. An einem Aufmarsch der Gruppierung vor einem Jahr in Magdeburg nahm auch ein in München aktiver Kreml-Propagandist teil. Mit „25+1“ sind übrigens die Fürstentümer und freien Städte des Deutschen Reichs gemeint, plus das annektierte „Reichsland“ Elsass-Lothringen.
Der „Hitlergruß“ ist bereits einkalkuliert
Führende Köpfe der Reichsbürger-Bewegung sind bemüht, derartige Bilder aus München nicht zu liefern. „Reuß 13“, also den mutmaßlichen Anführer der Putschisten, solle man beim Treffen „nicht benennen, keine Aktionen, keinen Anlaß (sic!) geben, um keine Streitigkeiten zuzulassen“. In einem „Verhaltenskodex“ für den 31. August heißt es: „Wir gehen davon aus, dass es Provokateure geben wird die zum Beispiel ,ausversehen‘ (sic!) mal ihren Arm heben und einer ein Foto davon macht.“
Wie die Querdenker tags darauf wollen sich auch die Reichsbürger als Friedensbewegung präsentieren. Denn: „Die Flaggen unserer souveränen Staaten stehen schon allein für Frieden. SWR steht auch für Frieden.“ Das Kürzel „SWR“ meint die Farben Schwarz-Weiß-Rot, die ehemalige Reichsflagge. Anfang der Woche hatte der Verfassungsschutz vor einem Erstarken der Reichsbürger in Bayern gewarnt.