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Fest steht bislang: Die Gruppe war mit einem Borgward B 2000 A/O Kübelwagen unterwegs. "Fahrzeuge dieses Typs gehörten ab Mitte der 1950er-Jahre zur Erstausstattung der Bundeswehr", sagt Kai-Uwe Reinhold vom Militärhistorischen Museum Dresden. Die Fahrzeuge seien jedoch längst außer Dienst gestellt. "Uns ist nicht bekannt, dass dem Borgward B 2000 A/O eine besondere Aura anhaftet."
Soll heißen: Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Fahrzeug auf der einen und der Reichsflagge sowie dem Zeigen des Hitlergrußes auf der anderen Seite sieht der Experte nicht.
Kennzeichen "DW WH 88 H" wird eingezogen
Auffällig an dem Fahrzeug ist auch das Abzeichen der 25. Infanterie-Division, eines Großverbandes des Heeres der Wehrmacht. Links vorne an der Stoßstange trägt das Fahrzeug einen kennzeichenähnlichen Aufkleber "WH - 140687". Dieses beziehe sich offenbar auf den Wehrkreis XIV Magdeburg, weiß der Museumssprecher zu berichten. Das amtliche Kennzeichen des Bogwards enthält indes heutige Nazi-Symbole. Mit dem Kennzeichen "DW-WH 88H" beschäftigt sich mittlerweile das Landratsamt Pirna, das auch über eine KfZ-Zulassungsstelle für den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verfügt. Diese Behörde vergab die Buchstaben- und Zahlenkombination.
DW heißt Dippoldiswalde, das ist noch nichts Ungewöhnliches. Der Buchstabe "W" jedoch stand in der NS-Zeit für "Wehrmacht", "H" für "Heer". Die "8" steht für den achten Buchstaben des Alphabets, "88" ist in rechtsextremen Kreisen der Code für "Heil Hitler". Das "H" am Schluss bedeutet "historisch" - der Halter spart damit Steuer und Versicherungsbeiträge. Beobachter der Szenerie am Himmelfahrtstag meinen, die Zulassungsstelle hätte verhindern müssen, dass ein Fahrzeug dieses Typs ein Kennzeichen mit Nazisymbolen erhält.
Sächsische.de wandte sich mit dieser Frage an die zuständige Beigeordnete Kati Kade (CDU) im Landratsamt Pirna. Sie erklärt dazu: "Das Fahrzeug aus dem Jahr 1954 wurde am 7. Mai 2024 zugelassen." Das geschah, nachdem die Dekra keine Bedenken zum technischen Zustand geäußert hatte. Bei dem Kennzeichen handele es sich um ein Wunschkennzeichen des Fahrzeughalters, der im Landkreis wohnhaft ist, so Kade. Aufgrund der rechtsmissbräuchlichen Verwendung werde das zugeteilte Kennzeichen eingezogen, teilte sie mit. Kade bezieht sich offenbar auf § 86a Strafgesetzbuch (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen).
Landrat: "Kombination hatten wir nicht auf dem Schirm"
Die Beigeordnete sagt, dass im Landkreis Kennzeichenkombinationen mit den Buchstaben "HJ", "KZ", "NS", "SA" und "SS" generell nicht vergeben werden. Das sei aufgrund deren Bedeutung zu Zeiten des Nationalsozialismus sachsenweit so geregelt. "Zusätzlich werden im Landkreis seit dem 12. Februar 2021 die Kombinationen der Buchstaben 'AH', 'HH' und 'HA' in Verbindung mit der Zahlenzuweisung '88', '18', '28', '81', '188', '1888', '8188', '8888' ebenfalls nicht mehr vergeben." Die 88 an sich aber offenbar schon.
Am Montagabend erreichte der Kennzeichen-Eklat um "DW-WH 88H" auch den Pirnaer Kreistag. Vonseiten des Landratsamtes würden entsprechende Maßnahmen ergriffen, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole, hieß es. Denn es sei bereits der zweite innerhalb weniger Jahre gewesen.
Zuletzt habe es 2020/21 ein ähnliches Vorkommnis gegeben. Schon damals seien die Zulassungsstellen angewiesen worden, bestimmte Buchstaben- und Zahlenkombinationen nicht zuzulassen. Landrat Michael Geisler (CDU): "Es ist nicht so, dass es uns Rille ist, mit welchen Kennzeichen Autos durch den Landkreis rollen. Die Kombination hatten wir einfach nicht auf dem Schirm."
Das Landratsamt werde nun die Anweisung an die Zulassungsstellen konkretisieren. Demnach sollen in dessen Einzugsgebiet weitere Buchstabenkombinationen in Verbindung mit der "88" nicht länger möglich sein.
„hatten wir nicht auf dem Schirm“. Verständlich. Ist ja auch schwer.
In Sachsen zumal.