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Von: Steffen Lang
Das Amtsgericht Lindau hat einen Westallgäuer wegen des Schreibens einer SA-Parole auf der Plattform X (ehemals Twitter) zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Mann im vergangenen Jahr unter einem Post, der vom Klimawandel handelte, als Kommentar „Alles für Deutschland“ geschrieben hat. Dies ist die Losung der nationalsozialistischen Sturm-Abteilung (SA) gewesen, der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Die Parole gilt juristisch als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, ihre Verwendung ist strafbar.
Das beteuert der Angeklagte
Der arbeitslose Angeklagte, ein wenige Jahre vor der Rente stehender gebürtiger Sachse, sagte in der Verhandlung, ihm sei „nicht bewusst, dass ich sowas gesagt habe“. Er habe zwar „Achtung vor meiner Heimat“, lehne grundsätzlich rechtsextremes Gedankengut ab. Zudem sei ihm der Bezug des Ausdrucks zum Nationalsozialismus nicht bekannt.
Dass kurz zuvor der AfD-Politiker Björn Höcke genau wegen dieser Parole verurteilt worden ist, habe er ebenso wenig gewusst, gab der Angeklagte an und beteuerte: „Ich möchte mich auch von Björn Höcke klipp und klar distanzieren.“
Das ist seine Vermutung
Er habe den Verdacht, dass jemand anderes mit seinem Handy auf seinem X-Account die Parole gepostet habe. Sein Mobiltelefon sei damals nie gesperrt gewesen. Zudem habe er sich häufiger mit Bekannten bei sich zu Hause oder in Gaststätten getroffen. Wo er sich zum Tatzeitpunkt aufgehalten hatte, wisse er aber nicht mehr, so der Angeklagte, der ohne Verteidiger erschien.
Die Meldestelle Respect! habe den Post des Mannes an das Bundeskriminalamt gemeldet, berichtete ein Polizeibeamter, der als Zeuge aussagte. Von dort sei über das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft schließlich das Polizeipräsidium Kempten mit der Ermittlung betraut worden.
Was die Durchsuchung ergab
Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Mannes wurden dessen Handy, sein MacBook und eine externe Festplatte beschlagnahmt. Das MacBook sei gesperrt gewesen, sodass die Polizei auf diese Inhalte nicht zugreifen konnte. Auf der Festplatte habe man nichts Verdächtiges festgestellt.
Auf dem Handy aber seien Chatverläufe gefunden worden, die unter anderem ein Video über Adolf Hitler, Verschwörungstheorien und Sätze mit rechter Gesinnung wie „Deutschland zuerst und nur Deutschland“ enthielten, so der Polizist.
Der Angeklagte habe sich bei der Durchsuchung „unkooperativ und unfreundlich“ verhalten. „Wir mussten ihn einbremsen.“ „Wenn Sie das so empfunden haben, möchte ich mich dafür bei Ihnen und Ihren Kollegen entschuldigen“, warf der Westallgäuer daraufhin ein.
Langes Vorstrafenregister
19 Einträge weist das Strafregister des Mannes seit 1993 auf. Unter anderem wegen Beleidigungen, Bedrohungen, Diebstählen und Körperverletzungen wurde er mehrfach zu Bewährungsstrafen verurteilt. Auch zum diesmal verhandelten Tatzeitpunkt stand er noch unter Bewährung. Er bekennt, seit vielen Jahren alkoholkrank zu sein, lehnt eine Therapie aber ab.
Für die Staatsanwältin stand am Ende die Schuld des Angeklagten fest. Sie gehe auch davon aus, dass er die Bedeutung der Parole damals gekannt und um ihre Strafbarkeit gewusst habe. Zwar sei der Ausspruch innerhalb der verfassungswidrigen Kennzeichen „am unteren Rand anzusiedeln“, doch sei der Angeklagte auch „nicht gerade wenig vorbestraft“, habe unter Bewährung gestanden und mit X ein reichweitenstarkes Medium genutzt.
Angeklagter ist „fassungslos“
Daher forderte die Staatsanwältin sieben Monate Haft ohne Bewährung. Sie habe wenig Hoffnung, dass er künftig straffrei bleibe. Dieses geforderte Strafmaß mache ihn „fassungslos“, so der Angeklagte in seinem letzten Wort. Eine Gefängnisstrafe „erledigt mich völlig“, jammerte er.
Schließlich haben nur Süstem-Medien über das Verfahren gegen Bernd H. berichtet ...
Die Anzahl der Tagessätze wäre interessant.