Justiz
Thurgauer Reichsbürger sieht sich als «Indigener des Volks der Germaniten»: Bundesgericht schmettert Beschwerde gegen Pfändung abEin Thurgauer Reichsbürger wehrt sich vor Gericht gegen eine Pfändung des Kantons Thurgau. Sein Argument: Diese verstosse gegen Völkerrecht, da er ein Indigener des angeblichen Volks der Germaniten sei. «Beschwerde abgewiesen», meint erst das Ober-, dann das Bundesgericht.
05.04.2023, 14.51 Uhr
Mit Sticker gegen den angeblichen Unrechtsstaat: ein Reichsbürger an einer Demonstration.
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www.imago-images.deEr sei ein Angehöriger des sogenannt indigenen Volks der Germaniten, machte ein Thurgauer vor dem Thurgauer Obergericht und dem Bundesgericht geltend. Der Mann wehrte sich gegen eine Pfändung, die der Kanton Thurgau gegen ihn ausgesprochen hatte. Als Indigener unterstehe er nicht dem «zivilen Rechtskreis der Schweizerischen Eidgenossenschaft», die Pfändung sei nicht rechtens und verstosse gegen das Völkerrecht, so seine Argumentation. Eine Pfändung ist die Folge, wenn Rechnungen nicht bezahlt werden. Nun haben das Ober- und das Bundesgericht die Beschwerde abgewiesen, wie das Obergericht Thurgau in einem Communiqué mitteilt.
Der Thurgauer sieht die Pfändungsankündigung des Kantons als «toxische Bereicherung samt Drohung mit gewaltsamer Vorführung des indigenen Menschen». Da Völker- über dem Bundesrecht stehe, stelle die Pfändungsankündigung des Kantons einen Strafbestand nach Völkerrecht dar. Der Mann bezieht sich dabei unter anderem auf eine nicht rechtlich bindende Deklaration für indigene Völker der UNO.
Sämtliche Gerichte weisen die Beschwerde ab
Das Obergericht und später auch das Bundesgericht sehen dies freilich anders. Da die Schweiz völkerrechtlich souverän sei, habe sie auch die staatliche Zuständigkeit zur Rechtsanwendung, schreibt das Obergericht. Das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz beruhe auf dem Territorialitätsprinzip. Im Klartext: Da der angebliche Indigene unbestritten in der Schweiz lebt, wird er auch hier betrieben. Zwar könnte es völkerrechtliche Ausnahmen geben, schreibt das Obergericht. In diesem Fall gebe es aber keine völkerrechtliche Rechtsgrundlage dafür.
Der Thurgauer zog den Entscheid schliesslich weiter vors Bundesgericht. Auch dieses bestätigte den Entscheid der Vorinstanz. Im Wesentlichen stelle der Beschwerdeführer bloss sein Gedankengut dar. «Dieses ist den Reichsbürger- und ähnlichen Staatsverweigererbewegungen zuzuordnen», argumentierte das Bundesgericht.
Die Strömung der Germaniten wurde vor rund 15 Jahren in Baden-Württemberg gegründet. Ihre Argumentation ist gleich wie jene der Reichsbürger. Deutschland sei kein rechtmässiger Staat. Reichsbürgerinnen und -bürger lehnen den Rechtsstaat ab und geraten immer wieder mit staatlichen Institutionen in Konflikt. Auch in der Ostschweiz hat die staatskritische Bewegung in den vergangenen Jahren an Zulauf gewonnen. (dar)