Prozessbericht von der Verhandlung am 23.12.:Heute wurden vier Zeuginnen und Zeugen vernommen. Weiter wurden Schreiben des Angeklagten (J) aus der Untersuchungshaft verlesen.
Zeugin 1 vom LKA hat zwei USB-Sticks ausgewertet, die bei J gefunden worden waren.
Stick 1 enthielt zum einen Bilddateien politisch-historischen Inhalts (z.B. Bismarck und die Rente) und zum anderen Textdateien mit verschiedenen Inhalten (Kritik an Coronamaßnahmen und -impfungen, Abstreiten der Legitimität von Finanzämtern, ...) und speziell einen Text, den J für einen Bekannten zumindest überarbeitet hatte. Nennen wir den Bekannten PM. PM hatte "Kontakt" zur Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen. Wie der "Kontakt" zustande kam, wird Zeugin 4 erhellen. Einer von Js Vorschlägen war, PM solle sich als "indigener Staatsangehöriger des Bundesstaats Großherzogtum Baden" bezeichnen. Bemerkenswert war der Tag der letzten Änderung: 07. Februar. Die vor dem OLG angeklagte Tat fand in der Nacht vom 07. auf 08. Februar statt.
Stick 2 enthielt Bilddateien von J und weiteren Personen, die wohl auf der Demo in Berlin am 01. August 2020 aufgenommen worden waren. J mit T-Shirt "GG steht für Fremdherrschaft". J mit anderer Person vor dem Reichstag und Plakat "Schritt für Schritt, Stück für Stück holen wir unser Land zurück". J mit Plakat "Wahrheit, Freiheit, Frieden". Großaufnahme von Js Handgelenk mit Schweißband in den Farben des Deutschen Reichs.
Der Stick enthält auch Fotos von Reisepässen verschiedener Staaten und von Geldkarten mit Großaufnahmen von Details, die Fälschungen erschweren sollen.
Zeugin 1 hat auch den ehemaligen Arbeitgeber von J in einer Schreinerei befragt. Dieser schilderte J als talentiert und sorgfältig bei der Arbeit, aber teilweise schwierig im Umgang, wenn der Chef Anweisungen erteilte.
Zeuge 2, ebenfalls vom LKA, war an der bzw. den Durchsuchungen von Js Wohnung beteiligt. Die erste Durchsuchung begann am 08. Februar gegen 19 Uhr. Bei dem Anwesen handelt es sich um ein historisches Gebäude mit neuerem 3-geschossigen Anbau. J wohnt im Anbau, zwei Schwestern im Altbau. An beiden Zugängen zum Anbau hängt ein Zettel "an die Polizei und andere Kombattanten", der über HLKO und SHAEF aufklärt und die Aussage enthält "jeder indigene Bürger hat das Recht, Kombattanten straffrei zu eliminieren". Auf einem Schrank im Erdgeschoss stapelweise Schreiben an Behörden und Gericht. U.a. ein Schreiben an das AG Bad Säckingen , das später noch verlesen wird. Von den Papieren wird nur ein Teil mitgenommen, "es war einfach zu viel", meint der Zeuge. Im EG lehnt eine Pistolenarmbrust in der Ecke, dabei 15 Pfeile, die aber noch in der Verpackung eingeschweißt sind. Weiter liegen im EG eine Machete mit Sägerücken und ein Messer mit 17 cm Klingenlänge offen herum. Im Obergeschoss auf dem Boden eine zerlegt in der Verpackung liegende weitere, größere Armbrust. Im Schlafzimmer im Dachgeschoss liegt neben dem Bett ein Küchenmesser, griffbereit auch eine Dose Tierabwehrspray und unter dem Bett eine Reizstoffpistole.
Als Bilder der Waffen gezeigt wurden, wirkte J auf mich unruhiger als sonst. Er drehte sich auf seinem Drehstuhl hin und her.
Ein oder zwei Tage später erhält die Polizei einen Hinweis, dass J auch einen Tresor im Haus versteckt habe. Tatsächlich wird bei der zweiten Durchsuchung am 11. Februar hinter verschraubten Pressspanplatten ein Wandtresor gefunden und zunächst nur versiegelt. Zeuge 2 nimmt wegen des Codes Kontakt zu Js damaligem Pflichtverteidiger auf, der ihn direkt an J verweist. Zeuge 2 ruft also bei J in der JVA an, ob J den Code freiwillig herausgebe, sonst müsste der Tresor aufgeflext werden. J will wissen, ob der Durchsuchungsbeschluss unterschrieben ist. Zeuge 2 lässt sich darauf nicht ein. Wohl angesichts der Wahl zwischen "Code oder kaputt" gibt J den Code heraus. Am 14. Februar wird der Tresor geöffnet. Inhalt u.a. eine Packung Kleinkalibermunition, eine Bürste, die zur Waffenreinigung genutzt werden könnte (sie wurde auf Schamuchspuren untersucht, aber das Ergebnis dieser Untersuchung kannte Zeuge 2 nicht), persönliche Dokumente (Familienstammbücher, Grundbuchauszüge), Bargeld in Euro und Schweizer Franken, Gold- und Silbermünzen. Ebenfalls im Tresor (glaube ich jedenfalls) eine Zusammenfassung von Js Kampf mit der GEZ seit 2010 bis 2017.
Zeuge 2 hat auch Js Geldbeutel gesichtet. Darin enthalten ein Maskenbefreiungsattest von Dr. Bengen. Außerdem ein keltisch-druidischer Ausweis, der einem Personalausweis ähnlich sah. Zeuge 2: "Das finden wir öfter bei Reichsbürgern."
Der Vorsitzende verliest ein Schreiben von J vom 06. Februar ans AG Bad Säckingen. Anlass ist wohl die Ladung zu einer Verhandlung am 08. Februar. Um was es in der Verhandlung gehen sollte? Wartet auf Zeugin 4! Da der Vorsitzende sehr schnell vorlas, konnte ich nur Stichworte notieren. Gericht = Scheingericht, Firma, DUNS; J erscheint zum Termin, wenn er 150.000 Euro Energieausgleich erhält; J hat das Recht, sich zu verteidigen; Gericht hat kein Recht einen indigenen Bürger des Großherzogtums Baden zu verwalten; "wenn gültiges Recht kommt, dann gnade Ihnen Gott"; Polizei = Miliz; Drohung mit persönlicher Haftung bis in die 3. Generation i. H. von 1.000.000 Euro/Tag.
Zeuge 2 hat auch das Smartphone des J untersucht. Gezeigt wird etwa eine Bilddatei mit den Gesichtern von Rothschild, Rockefeller, Kissinger und Gates "You are the virus." Zeuge 2 berichtet aus einem Telegramchat von J mit CH aus der Nähe von Schweinfurt. CH hat dem J geholfen, einen falschen Impfnachweis zu beschaffen. CH wird vom Vorsitzenden als Zeuge bezeichnet, aber ich habe keine Ahnung, ob er bereits ausgesagt hat oder noch an einem der nächsten Termine vorgesehen ist. Wichtiger aber der zweite Punkt aus dem Chat: Eine Sprachnachricht des J, in der er die Regierung "Lumpengesindel" nennt, es herrsche komplette Anarchie und ziemlich wörtlich: "Du hast das Recht, dich zu verteidigen, dich zu bewaffnen und die ganze Bande abzuknallen... Ich bin gedanklich so weit, dass ich mir was Gescheites beschaffe und mich verteidige."
J wirkt hier auf mich wieder unruhiger als sonst.
Zeuge 3 ist von der Kripo Freiburg und hat bei der ersten Durchsuchung die Fotos gemacht. Da alles schon mit Zeuge 2 durchgenudelt wurde, geht die Befragung schnell. Mir fiel hier allerdings noch ein Foto von mehreren Ausgaben der NS-Schülerzeitung "Hilf mit!" auf.
Nach einer kurzen vom Verteidiger erbetenen "biologischen Pause" wird Zeugin 4 vernommen. Sie ist - keine Polizistin! Sie steht am 07. April 2021 als Kassiererin an der Kasse eines Getränkemarktes, als gegen 19:45 Uhr zwei Kunden, die keine Maske tragen, mehrere Getränkekisten (2 Kisten Bier, 1 Kiste Radler, 4 Kisten Mineralwasser) bezahlen wollen. Zeugin 4 weist die beiden auf die Maskenpflicht hin. "Wo steht das?" Zeugin 4 verweist auf das Schild vor dem Markteingang. Die Männer weigern sich, Masken aufzuziehen. Zeugin 4 weigert sich, die beiden abzukassieren und fordert die beiden auf den Markt zu verlassen, was diese nicht tun. Zeugin 4 ruft mit ihrem Smartphone die Polizei an. Während sie telefoniert legen die Männer Geld hin (wieviel und ob es gereicht hätte, blieb unklar) und verlassen mit den Kisten den Laden. Zeugin 4 hinterher und hält den Kasten fest, den der ältere der beiden trägt. Dieser tritt ihr daraufhin zweimal gegen den linken Oberschenkel. Als zwei vor dem Markt stehende Männer einschreiten, lassen die beiden Unmaskierten die Kisten stehen und fahren mit dem Auto weg, von dem Zeugin 4 aber noch ein Foto machen kann. Später bei der Polizei identifiziert sie den Treter als J, der jüngere ist PM. Offensichtlich sollte dieser Vorgang am 08. Februar 2022 vor dem AG Bad Säckingen verhandelt werden.
PM stellt Anfang Mai 2021 Strafantrag gegen Zeugin 4 wegen "Nötigung, versuchtem Dienstahl mit körperlicher Gewalt, Verleumdung" und bezeichnet sich selbst und J als Geschädigte. J schwurbelt ab dem Sommer 2021 das AG Bad Säckingen voll und droht mit Inhaftungnahme bis in die 3. Generation, führt die HLKO an, "spätestens wenn gültiges Recht kommt, sind Sie alle dran".
Inzwischen ist es fast 14 Uhr am Tag vor Heiligabend. Weitere Dokumente mit mutmaßlichem Reichsbürgergeschwafel werden ins Selbstleseverfahren eingeführt. Der Vorsitzende verliest aber noch Briefe des J aus der Untersuchunghaft an den Ermittlungsrichter am BGH und an Bekannte. Auch hier wegen des Tempos des Vorsitzenden nur Stichworte.
Aus den Briefen an den Ermittlungsrichter: "habe die Nase voll, war in Notwehr gegen schießwütige Polizisten", "erwarte nach sechs Monaten U-Haft Entgegenkommen des Gerichts", "bin am 07. Februar unfreiwillig in einen Spaziergang hineingeraten, habe danach auf dem Markt Glühwein und später bei Bekannten Wein konsumiert, bin aber unfallfrei gefahren", Polizei habe nur darauf gewartet, ihn zu kontrollieren. "Ist es strafbar, sich einer Kontrolle zu entziehen? Genügt da nicht ein Knöllchen?", "Hetzjagd wegen missglückter Polizeikontrolle", "Polizist hat sich auf die Motorhaube gelegt".
Aus Briefen an Bekannte: beschwert sich über Verpflegung und Unterbringung im Knast ("Baujahr ca. 1870"), sein Verteidiger (damals: Dubravko Mandic) habe sich sieben Wochen nicht blicken lassen, Begründung: das bringe nichts; "Organisiert einen Aufstand für meine Freiheit!", "die Aggression ging nicht von mir aus", "freiheitlich denkende Bürger sollen mundtot gemacht werden", "es war Notwehr, ich war schon angeschosen", "übertriebenes Dienstpflichtbewusstsein meiner Verfolger"
Zum Schluss des Tages kündigt der Vorsitzende das Programm der nächsten drei Termine (09., 13. und 16. Januar) an: Einvernahme weiterer Zeugen und Sachverständiger. "Dann sind wir durch."
Und ich bin für heute fertig!