Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 31. Mai 2021 - 3 L 233/21 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
1. Der Antragsteller begehrt die vorläufige Entfernung eines Bescheids über das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus seiner Personalakte.
Der Antragsteller ist seit dem 1. Januar 2015 Beamter im Dienst der Antragsgegnerin und wurde zuletzt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Außenstelle Chemnitz verwendet. Bei einer Sicherheitsüberprüfung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wurden verschiedene Posts des Antragstellers aus dem Zeitraum August/September 2020 bekannt, die Anhaltspunkte für eine Nähe zur sog. Reichsbürgerbewegung boten. Mit Bescheid des BAMF vom 28. Dezember 2020 wurde dem Antragsteller das Führen der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG verboten und die sofortige Vollziehung angeordnet. Sein Eilantrag zum Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg (vgl. VG Chemnitz, Beschluss vom 19. Februar 2021 - 3 L 17/21); der Beschluss ist rechtskräftig. Die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist beim Verwaltungsgericht Chemnitz anhängig (3 K 679/21). Der Antragsteller bewarb sich in der Folgezeit auf mehrere Stellen im öffentlichen Dienst und nahm an entsprechenden Auswahlverfahren teil. In diesem Zusammenhang widersprach er der Übersendung seiner Personalakte an mögliche Dienstherren, solange die Verbotsverfügung Aktenbestandteil sei. Er beantragte am 28. Mai 2021 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das mit Bescheid vom 28. Dezember 2020 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus seiner Personalakte zu entfernen.
Mit Beschluss vom 31. Mai 2021 - 3 L 233/21 - lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch, weil die Voraussetzungen des § 112 Abs. 1 BBG nicht gegeben seien. Der streitgegenständliche Bescheid sei zurecht in die Personalakte aufgenommen worden. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte stelle eine Maßnahme der Dienstaufsicht, indes keine Disziplinarmaßnahme, dar und falle damit unter den materiellen Personalaktenbegriff. Es handele sich um einen Vorgang nach § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG, nämlich eine dienstliche Maßnahme, die die Möglichkeit der Verwendung des Antragstellers auf seinem zugewiesenen Dienstposten und weiteren Dienstposten in der Behörde regele und deshalb mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehe. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte entfalte unmittelbare Rechtswirkungen, nachdem der gegen den Sofortvollzug gerichtete Eilantrag rechtskräftig abgelehnt worden sei. Dem stehe die anhängige Anfechtungsklage nicht entgegen. Das Verbot nach § 66 BBG stelle eine Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für den Dienstbetrieb dar. Eine disziplinarische Schuldzuweisung sei mit der Verfügung gerade nicht verbunden. Der Verbotsverfügung sei immanent, dass sie auf einem nicht vollständig aufgeklärten Sachverhalt basiere, denn die endgültige Aufklärung sei den in § 66 Abs. 2 BBG aufgeführten Maßnahmen vorbehalten; für das Verbot sei eine erschöpfende Aufklärung nicht erforderlich.
Hiergegen wendet der Antragsteller mit der Beschwerde ein, unabhängig vom materiellen Personalaktenbegriff gebiete die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht vorliegend eine (formell) gesonderte Aktenführung. Gerade weil die verhängte Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für den Dienstbetrieb auch ohne vollständige Sachverhaltsaufklärung erlassen werden könne, gebiete es die Fürsorgepflicht, dass die Verbotsverfügung nicht an dritte Personen weitergegeben werden dürfe. Die Aufnahme in die Personalakte sei jedenfalls vor Bestandskraft des Bescheides rechtswidrig. Eine Übermittlung ohne Einverständnis des Antragstellers verletze die Geheimhaltungspflicht sowie den Grundsatz der Vertraulichkeit (§ 106 Abs. 1 Satz 2 BBG). Die Voraussetzungen für eine Überwindung dieses Grundsatzes nach § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBG lägen nicht vor, eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinwohls sei nicht zu befürchten. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen ihrer seit sechs Monaten andauernden Ermittlungen über die dem Antragsteller zur Last gelegten Facebook-Beiträge hinaus keine Anhaltspunkte für ein schwerwiegendes (inner- oder außerdienstliches) Fehlverhalten des Antragstellers in Erfahrung gebracht. Es stehe außer Frage, dass vom Antragsteller zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr ausgegangen sei; dieser habe sich stets rechtskonform verhalten. Die Aufnahme der Verbotsverfügung verbiete sich, solange die im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt stehenden Verwaltungsermittlungen nicht abgeschlossen seien.
Die Antragsgegnerin verteidigt den verwaltungsgerichtlichen Beschluss.
2. Die Einwendungen des Antragstellers, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag auf vorläufige Entfernung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte aus der Personalakte zu Recht abgelehnt.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Vorliegend mangelt es bereits an einem Anordnungsanspruch.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Entfernung der Verfügung vom 28. Dezember 2020 betreffend das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus seiner Personalakte. Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA S. 6 bis
und macht sie sich zu Eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich ein Anspruch nicht aus dem Gesichtspunkt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht. Die umfassende Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (§ 78 BBG) bildet die Entsprechung zur ebenso umfassenden Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn und zählt - wie diese - zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - m. w. N., BVerwG, Urt. v. 22. Mai 1980 - II C 1.77 -, beide juris). Sie umfasst die Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamten zu schützen (BVerwG, Urt. v. 29. Juni 1995 - 2 C 10.93 -, juris Rn. 22). Indes kann die Berufung auf die allgemeine Fürsorgepflicht nicht dazu dienen, konkrete Entscheidungen des Gesetzgebers zu überspielen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist grundsätzlich abschließend durch Vorschriften konkretisiert. Dementsprechend ist ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 78 BBG ausgeschlossen, um die durch Spezialvorschriften im Einzelnen nach Art und Umfang begrenzten Ansprüche zu erweitern (vgl. BVerwG, Urt. v. 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 -, juris Rn. 14). In den gesetzlichen Regelungen zum Personalaktenrecht erfährt die Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn - für den Bereich der Bundesbeamten abschließend in §§ 106 bis 115 BBG geregelt - ihre bereichsspezifische Konkretisierung (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 9. Aufl., § 12 Rn. 1). Hierzu zählen Bestimmungen zum Inhalt der Personalakte, zur Erhebung und Verwendung von Personalaktendaten im Auftrag, zu Einsichts-, Anhörungs-, Auskunfts-, Übermittlungs- und Entfernungsrechten sowie Aufbewahrungsfristen. Die zulässigen Bestandteile der Personalakte sind in § 106 BBG, die Voraussetzungen für die Datenübermittlung an Dritte in § 111 BBG und für die Entfernung von Unterlagen aus der Personalakte in § 112 BBG abschließend geregelt. Auf die allgemeine Vorschrift des § 78 BBG könnte allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn ansonsten die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. Hartung, in: Fürst, GKÖD, Stand Juni 2021, § 78 BBG, Rn. 10 m. w. N.). Hierfür sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keine Anhaltspunkte.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als Maßnahme der Dienstaufsicht in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Antragstellers steht (§ 106 Abs. 1 Satz 4 BBG). Denn die Verfügung bildet den Rechtsgrund für die aktuell bestehende Befreiung von der Dienstpflicht. Damit durfte die Verbotsverfügung in die Personalakte aufgenommen werden. Die fehlende Bestandskraft steht dem nicht entgegen, weil das Verbot - nach rechtskräftiger Ablehnung des dagegen gerichteten Eilantrags - unmittelbare Rechtswirkung entfaltet. Da es sich bei der Verbotsverfügung nach § 66 BBG nicht um eine Disziplinarmaßnahme handelt, bestand auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zu einer formell gesonderten Aktenführung (vgl. hierzu Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, a. a. O. § 12 Rn. 5 m. w. N.).
Für eine nachträgliche Entfernung der Verfügung aus der Personalakte fehlt es am Vorliegen der Voraussetzungen des § 112 BBG. Mit der entsprechenden Feststellung des Verwaltungsgerichts setzt sich der Antragsteller im Rahmen der Beschwerde nicht auseinander.
Eine Fürsorgepflichtverletzung vermag der Senat auch im Hinblick auf § 111 BBG - Übermittlung von Personalaktendaten und Auskünften an Dritte - nicht zu erkennen. Gemäß § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BBG darf ohne Einwilligung des Beamten eine Auskunftserteilung nur in den dort benannten Fällen erfolgen; die Gewährung von Akteneinsicht ist ausgeschlossen. Der Antragsteller trägt selbst nicht vor, dass die Antragsgegnerin seine Personalakte ohne seine Einwilligung an potentielle andere Dienstherren zu übermitteln beabsichtige. Hiergegen spricht auch die bisherige Verfahrensweise der Antragsgegnerin, den Antragsteller zunächst zur geplanten Aktenübersendung anzuhören und - nachdem dieser widersprochen hatte - von einer Aktenübersendung abzusehen. Die Rechtsfolgen einer etwa zukünftig gegen den Willen des Antragstellers erfolgenden Übermittlung der Personalakte an potentielle Dienstherren bedürfen deshalb vorliegend keiner Erörterung, zumal das Antragsbegehren ausschließlich auf die Entfernung der Verbotsverfügung aus der Personalakte gerichtet ist.
Soweit der Antragsteller im Übrigen das sofort vollziehbare Verbot der Führung der Dienstgeschäfte in Zweifel zieht, wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und setzt lediglich seine eigene Auffassung an die Stelle der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichts, ohne sich mit dessen zutreffender Begründung im Einzelnen auseinanderzusetzen. Zudem hat das Verwaltungsgericht die Aussetzung der Vollziehung des Verbots mit Beschluss vom 19. Februar 2021 - 3 L 17/21 - rechtskräftig abgelehnt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat folgt der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten keine Einwände vorgetragen haben.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).