Autor Thema: Zur IfSG-Novelle  (Gelesen 10125 mal)

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #45 am: 16. April 2021, 00:53:15 »
Leute, @Sappho hat nen Punkt. Dass das mit der Kernenergie monetär nen schlechter Deal wird, haben damals sehr viele gesagt. Dass die PKW-Maut vor die Wand fährt, hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages so deutlich geschrieben, dass Scheuer ihn deswegen dicht machen wollte. Und auch gegen das neue IfSG darf man, freundlich ausgedrückt, deutliche verfassungsrechtliche Bedenken haben.

Sapphos Unterstellung, dass all diese Dinge bei der Entscheidungsfindung im Kanzlerinnenamt bekannt waren, ist deutlich naheliegend. So inkompetent ist Merkel nicht.
Die Schlussfolgerung lautet, dass es ihr egal war.

Anders formuliert:
Das sind bewusste Rechtsverstöße.

Ist plausibel.

Was nicht plausibel ist, und da hat insb. der Kollege @Schreibtischtäter völlig Recht, ist die These, dass sie sich das alles ganz alleine ausgedacht hat. Oder noch besser, von Anfang an geplant hat. Das lässt sich aus Sapphos Empörung interpretieren, ausdrücklich gelesen habe ich es jedoch nicht.

Jedenfalls ändert es nichts daran, dass Sappho nen Punkt damit hat, dass es nicht gerade gut ist, wenn ein Staat in einer Krise einfach mal mit dem Prinzip, dass er sich an seine eigenen Regeln zu halten hat, abräumt. Das ist nämlich genau das, was auf dem Weg in einen autoritären Staat führt. Sowas passiert nie in ruhigen Zeiten. Immer in Krisen.

Ich persönlich billige Frau Merkel übrigens zu, dass das eine Verzweiflungstat ist. Vernunftbegabte Menschen hätten das vor einem Jahr freiwillig gemacht. Vernunftbegabte Ministerpräsidenten hätten das seit einem Jahr erzwingen können. Passiert ist nichts, außer dass das Vertrauen gerade des rücksichtsvollen, verzichtsgewillten und regelbewussten Teiles der Bevölkerung in den Staat vernichtet wird, weil der nicht einmal in Stuttgart in der Lage ist ein paar Querulanten aus dem bürgerlichen Protestmillieu von der Straße zu Kärchern. Und dabei hat man gerade dort mit sowas eigentlich Erfahrung.

Das, was wir gerade beobachten, ist das Versagen des Staates. Dass das nicht nur, wie zu beobachten, de facto passiert, sondern, wie von Sappho nicht ganz zu unrecht konstatiert, auch de jure sichtbar ist, ist nur das Tüpfelchen auf dem i.

Und jetzt vertragen wir uns bitte alle. Danke.
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.
 
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Offline Sappho

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #46 am: 16. April 2021, 10:15:26 »
Willkür:

Ich darf tagsüber durch die Straßen gehen, nachts nicht. Die Infektionsgefahr ist nachts nicht höher als tagsüber. Die Unterscheidung ist, bezogen auf Infektionen, sinnfrei. Das ist nicht unverhältnismäßig, das ist Willkür.

Tatsächlich geht es ja einfach darum, der Polizei eine risikobezogene Ermittlung zu ersparen. Die Poiizei soll nicht abends oder nachts nach Treffen suchen müssen, sondern einfach jeden einkassieren, der auf der Straße ist. Es wird ein Verhalten sanktioniert nicht weil es gefährlich ist sondern einfach aus Bequemlichkeit. Das ist nicht Sinn des OWi-Rechtes. Das ist mindestens grob unverhältnismäßig und an der Grenze zur Willkür.

Das hält niemals einer gerichtlichen Überprüfung stand.


Merkel.

Meine Güte .... Ihr glaubt aber auch an jede VT, was?  Jeder, der Merkel kritisiert, ist Faschist und glaubt an den big reset, oder was?

Ich sehe hier keine Diktatur und Merkel ist keine Diktatorin. Aber sie hat ein Verhältnis zum Rechtsstaat, das ich bedenklich finde. Gestern bei Illner meinte Scholz, angesprochen auf die rechtlichen Bedenken aus dem Kanzleramt selbst: " Jetzt wäre Zeit zum Handeln!"

Auf Deutsch:  "Scheiss auf den Rechtsstaat, wir machen einfach!"  Da stellen sich mir die Nackenhaare hoch.
« Letzte Änderung: 16. April 2021, 10:17:29 von Sappho »
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Offline SchlafSchaf

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #47 am: 16. April 2021, 10:19:01 »
Zitat

Merkel.

Meine Güte .... Ihr glaubt aber auch an jede VT, was?  jeder, der Merkel kritisiert, ist Faschist und glaubt an den big reset, oder was?

Komm mal bitte wieder runter auf die Sachebene
An Rüdiger Hoffmann: Der Faschist sagt immer, da ist der Faschist  (in Anlehnung an die Signatur des geschätzten MitAgenten Schnabelgroß)

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #48 am: 16. April 2021, 10:21:46 »
Sehr geehrter Herr @Rechtsfinder, es ist KEIN Versagen des Staates, sondern ein Versagen von Funktionsträgern. Die Gesamtheit der drei Gewalten kann diese Krise gut bearbeiten, Deutschland wird daran nicht untergehen. Insgesamt ist unser System nicht nur stabil, sondern war in der Vergangenheit auch so erfolgreich, dass Ressourcen angehäuft werden konnten, womit kaum ein Bürger persönlich die Konsequenzen der Rechtsbrüche/Fehlentscheidungen spüren wird.

Was jedoch eklatant deutlich wurde: Gewählte Funktionsträger sind mangelhaft auf Krisensituationen vorbereitet und Ministerien, welche eigentlich konzeptionell die Grundlage für staatliche Reaktionen (die dann hauptsächlich durch kommunale Organe ausgeführt werden) legen, werden nicht gehört oder sind eben nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Bestes Beispiel ist für mich die Verwaltungsmodernisierung im weitesten Sinne (eine Teilmenge ist Digitalisierung). Hier werden die Kommunen tlw. gezwungen, sich zu reformieren und neue Wege zu gehen (doppische Haushaltsführung bspw.) während Länder und Bund so weitermachen wie vor 80 Jahren. Digitalisierung genauso, wobei hier auch die Länder mitziehen (aber auch nur, weil die meisten Kommunen für sinnvolle Grundlagen keine Kohle haben). Insgesamt braucht der Bund nicht mehr Kompentenzen aufgrund von Gesetzen, sondern mehr Kompetenz bei der Zusammenarbeit. Das System ist im Grund gut, es verhindert Machtkonzentration (der Bund hat Geld, aber keine "Umsetzer", die sind bei Land und vor allem Kommunen, die jedoch kein Geld haben). Was in meinen Augen ein Riesenproblem ist ist der Egotrip vieler Politiker in Bund und Ländern. Da wird viel Blindleistung erzeugt, bzw. Widerstand aufgebaut, der nicht sein muss. Söder war ja zu Beginn der Pandemie auch n kleiner Bremser, bzw. macht gern Dinge wie sie ihm gefallen...

Nachklapp: Ich finde es in D immer wieder drollig, wie sehr einerseits auf Regelungswut und Bürokratie (nichts anderes ist die Ausübung von Recht) geschimpft wird und andererseits immer gleich nach staatlicher Regelung gerufen wird, wenn was nicht passt. Da wird wegen Corona und dem Beschaffungsbedarf das Vergaberecht in Teilen ausser Kraft gesetzt (was u.a. zu "Provisionen" führte) und kaum entscheiden sich staatliche Stellen für eine Sache (die luca-App) schreien Mitbewerber nach formalen Ausschreibungen. Da fällt einem nix zu ein. Recht und Regelung verkomplizieren Prozesse und sind in der Regel auf eine Art Normalzustand zugeschnitten. Dieser wird dadurch aber auch planbarer und in Entscheidungsfindung und Ergebnis planbarer. In Krisen- oder Ausnahmesituationen passen sie entweder gar nicht oder machen die Reaktion noch langsamer. Die Kriterien des Normalzustandes sind auf die Ausnahme nicht oder nur sehr schwer anwendbar, womit Entscheidungsfindung und Ergebnis nicht mehr vorhersehbar sind. Daher kommt die Wahrnehmung von Willkür in Krisen. Es ist jedoch "nur" die Abwesenheit geeigneter Regeln, womit jene, die in diesen Situationen Verantwortung tragen, neue Regeln finden müssen, die der Krise angemessen sind. In diesem Prozess befinden wir uns. Da ist es leicht "Nein" oder "das geht so nicht" zu sagen... aber deutlich schwerer ist festzulegen, was denn nun "richtig" ist. Welche Maßnahmen in einer Pandemie sind wirksam, grundrechtskonform, verhältnismäßig und geeignet, um Inzidenzwerte zu drücken?

Zu Merkel: Der "Personenkult" positiv wie negativ um ihre Person zeigt für mich zwei wichtige Punkte. Erstens die Dysfunktionalität oder vieleicht auch nur Fehlwahrnehmung der Tätigkeit anderer Funktionsträger in der Politik und zweitens die massive Unkenntnis weiter Teile der Bevölkerung über ihre Rolle und Position im politischen System. Die BK wird positiv wie negativ zu einer "Führerfunktion" stilisiert, die sie schon verfassungsmäßig nicht ist. Das liegt einerseits daran, dass man ihr in der Politik über lange Strecken "Entscheidungskompetenz" zugeschoben hat, die eigentlich woanders lag und womit sich die eigentlichen Entscheidungsträger abducken konnten. Andererseits suchen viele Menschen gerade in der Krise singuläre Heilsbringer und Sündenböcke. Wenn nun also Frau Merkel vor der Krise gehypt wird, steht sie in der Krise umso mehr im Fokus, was jedoch ihrer Rolle nicht entspricht. Und das haben die Bund-Länder-Runden gezeigt, dort haben alle ihre Rolle auf einmal wieder wahrgenommen, womit die BK auch wieder in ihrer verfassungsgemäßen Rolle war, nämlich nicht mehr als Erste unter Gleichen.
« Letzte Änderung: 16. April 2021, 10:36:38 von Schreibtischtäter »
 
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #49 am: 16. April 2021, 11:02:10 »
Vielleicht liegt das Problem auch darin, dass die Hauptlösungsansätze in Deutschland wie aussitzen, verwalten, zu Tode regeln und von Schreibtisch zu Schreibtisch schieben in einer Pandemie nicht wirklich funktionieren.

Es ist ja nun eigentlich nicht so schwer.

Verdachtsfälle konsequent isolieren, Die Einreise aus Ländern mit bekannten Fällen verhindern oder erschweren. Abstand halten, Körperkontakt vermeiden, das soziale Leben auf ein Mindestmass beschränken. Das meiste davon kann jeder selber umsetzen. Ein Lockdown ist dann eigenltich nicht erforderlich ( siehe Taiwan). Für Punkt 1 und 2 ist die Hilfe des Staates erforderlich.
Hier hat Deutschland versagt, aber nicht jetzt, sondern schon Anfang 2020, also vor mehr als einem Jahr. Seither rennt man der Entwicklung hinterher.
Einziger Ausweg-> Impfung. Und, wie zu erwarten, auch das hat die Bürokratie mit der Präzision eines falsch gefütterten Computers vergeigt.

Nun also Aktionismus, getreu des Mottos "Wir tun ja was!" sicher. Hilft den Damen und Herren Abgeordneten vielleicht dabei, sich wichtig zu fühlen, bringt aber alles nichts mehr.
Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt.
Antoine de Saint-Exupéry (1900-44), frz. Flieger u. Schriftsteller
 
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Offline kairo

Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #50 am: 16. April 2021, 11:22:19 »
Und auch gegen das neue IfSG darf man, freundlich ausgedrückt, deutliche verfassungsrechtliche Bedenken haben.

Zunächst mal müsste die Neufassung die Zustimmung des Bundesrates bekommen, weil Länderinteressen berührt sind. Und das wollen wir mal abwarten. Da sind wohl noch lange nicht alle Messen gesungen.
 
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #51 am: 16. April 2021, 11:26:17 »
In der Praxis funktioniert die parlamentarische Demokratie doch über Seilschaften in der eigenen Partei.

Hat aber jemand eine bestimmte Position erreicht und sich entsprechend abgesichert, bestimmt er die Politk ... oder jedenfalls diese Gruppe. In einer Koalition muss man sich auch noch mal abstimmen.

Die "Osterruhe" war nach allem was man lesen kann Merkels ganz persönliches Ei, das sie mit dem Kanzleramt ausgebrütet hat. Merkel ist eine Meisterin darin Konkurrenz und Meinungsgegner auszuschalten. Das ist die Hauptarbeit von Spitzenpolitikern, sich oder ihre Meinung durchzusetzen. Wahrscheinlich geht beim ganzen Durchsetzen schon mal der Blick verloren, worum es eigentlich geht.

Das scheint hier gerade zu passieren.
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #52 am: 16. April 2021, 11:33:15 »
Aber sie hat ein Verhältnis zum Rechtsstaat, das ich bedenklich finde


Das ist bei mir nicht der Fall (uuhh, das kostet jetzt wieder Karma ... ??? ).

Im Gegenteil habe ich ihr Rechtsstaatsverständnis  seit der „Flüchtlingskrise“ (die keine war, daher die Anführungszeichen) von 2015 und dem Fall Böhmermann sehr zu schätzen gelernt.

2015 hat sie gezeigt, daß sie (oder ihre Berater) Dublin III, insbesondere Art. 17, gelesen und verstanden haben. Im Gegensatz zu den Schreihälsen, die bei 800.000 Flüchtlingen schon die Welt untergehen sahen. Außerdem kennen sie (oder ihre Berater oder alle zusammen) die Rechtsprechung des EGMR offenbar.

Dazu hat sie gezeigt, was Solidarität mit Ungarn (man ist zusammen in der NATO und der EU) im Falle eines Falles wirklich heißt. („Freunde in der Not gehen zwölfe auf ein Lot!“). Diese Solidarität könnte man auch Kameradschaft nennen. Und zwar ganz genau in dem Sinne wie es die Dep.pen von der afd meinen im Schützengraben, in dem sie selbst noch nie gestanden, einfordern zu sollen: Daß nämlich einer für den anderen einsteht, wenn‘s drauf ankommt!

Im Falle Böhmermann hat sie den Sultan elegant abgewatscht: erst hat sie ihm klargemacht, daß die BKin den Gerichten in einem Rechtsstaat gar nichts zu sagen hat und er doch seine Klagen, bitteschön, selbst einbringen soll. Dann hat sie deutlich gemacht, daß nicht die Bundesregierung ein Gesetz durchdrückt wie das in anderen Ländern eventuell üblich sein könnte :whistle: , sondern einbringt und  daß der BT ein eigenes Verfassungsorgan ist, das unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten (damals Lammert) seine eigene Geschäftsordnung hat und ein Gesetz („Majestätsbeleidigung“) auf die Tagesordnung setzt, wann ihm dies geraten erscheint.

Und Rechtsstaat ist eben auch Beachtung der Regeln und der Gesetze bzw. Gerichtsentscheidungen.

Die Stimmung nach der Katastrophe in Fukushima war in den Medien und der Bevölkerung ganz klar für eine Abschaffung. Das kann man leicht überprüfen. Das Internet vergißt ja nichts.

Sie hat das umgesetzt, was die Mehrheit damals wollte.

Und nun sitzt sie als Vertreterin des Bundestagswillens am Tisch mit 16 MP, will diese zu Vernunft bringen, aber die dürfen nach Verfassung tun, was sie für richtig halten.

Der Deutsche hat offenbar ein Problem mit dem Föderalismus.
Er sehnt sich nach einem Einheitsabitur (das es natürlich niemals geben wird) und möchte gerne, daß „Berlin“ endlich wieder als Zentralmacht auftritt.

Sorry, aber die Sehnsucht in großen Teilen der Medien und bei vielen Menschen nach dem Gleichschritt ist unverkennbar!

Die Amis haben 50 Bundesstaaten mit teils völlig unterschiedlichen Gesetzen, aber dort hat man kein Problem damit.

Der gemeine Deutsche ist mit 16 Bundesländern hingegen völlig überfordert und plärrt nach einem „Durchgreifen Berlins“.

Eigentlich bräuchte es ja noch nicht einmal ein Gesetz, weil der Vernünftige das alles befolgt schon deshalb, weil er die Notwendigkeit eingesehen hat.

Gerade angesichts des Ringens zwischen Laschet und Söder sage ich vorher: Sie wird uns noch sehr fehlen!^^
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Offline Sappho

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #53 am: 16. April 2021, 12:01:10 »
Und Rechtsstaat ist eben auch Beachtung der Regeln und der Gesetze bzw. Gerichtsentscheidungen.



das ist ja ihr Problem .....
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #54 am: 16. April 2021, 12:10:55 »
das ist ja ihr Problem .....


Inwiefern?

Was meinst Du genau?
„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine)

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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #55 am: 16. April 2021, 12:20:47 »
In der Praxis funktioniert die parlamentarische Demokratie doch über Seilschaften in der eigenen Partei.

Hat aber jemand eine bestimmte Position erreicht und sich entsprechend abgesichert, bestimmt er die Politk ... oder jedenfalls diese Gruppe. In einer Koalition muss man sich auch noch mal abstimmen.

Die "Osterruhe" war nach allem was man lesen kann Merkels ganz persönliches Ei, das sie mit dem Kanzleramt ausgebrütet hat. Merkel ist eine Meisterin darin Konkurrenz und Meinungsgegner auszuschalten. Das ist die Hauptarbeit von Spitzenpolitikern, sich oder ihre Meinung durchzusetzen. Wahrscheinlich geht beim ganzen Durchsetzen schon mal der Blick verloren, worum es eigentlich geht.

Das scheint hier gerade zu passieren.

Vorweg: Ich bin bin kein grosser Freund von Fr. Merkel da sie meiner Meinung nach innenpolitisch in den letzten 15 Jahren vieles nicht angefasst hat, was angefasst werden hätte müssen

Merkel ist von der Ausbildung her Naturwissenschaftlerin und in einer Krise wie dieser besinnt sie sich augenscheinlich auf ihre Ausbildung zurück
Daher tendiert sie eher zu den Wissenschaftskollegen und weniger zur Parteipolitik. Ihre Verzweiflung bzgl. der Eiertänze der 16 MPs ist deutlich anzumerken, hier zeigen sich Nachteile eines Föderalismus und nicht nur hier. Seit 14 Monaten lavieren wir jetzt mit der Pandemie herum, getrieben von den verschiedensten Interessenvertretungen und Länderchefs. Wir hätten schon lange ein wesentlich entspanteres Leben haben können - siehe bspw. Australien, Taiwan
Das konnte aber mit der Situation wie wir sie haben nicht umgesetzt werden weil viel zu viele Leute mitreden konnten und wollten. Hätte man auf die Wissenschaft gehört und die Ratschläge umgesetzt, wären wir schon viel weiter.

Was hat Merkel jetzt noch zu verlieren? Nix, sie tritt im September ab und das wars. Versucht sie jetzt auf den letzten Drücker eine Möglichkeit zu schaffen für etwaige zukünftige Krisen ein entsprechendes Instrument für die Regierung bereitzustellen oder versucht sie jetzt mit der Brechstange eine einhetliche Pandemiebekämpfung durchzusetzen? Ich weiß es nicht
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #56 am: 16. April 2021, 12:30:42 »
Moment, werte @Sappho Gerichte sind auch nicht allmächtig und allwissend. Letztendlich interpretieren Gerichte Gesetze, die von der Legislative kommen und durch die Exekutive umgesetzt werden. Dabei kommen auch schonmal Entscheidungen raus, die ...interessant sind und von denen die Richtenden wissen, dass sie ...interessant sind (Weimar bspw.). Es gibt nur ein Gericht, welches das letzte Wort hat (BVerfG) und das wählt seine Worte eigentlich immer so weise, dass die Funktion des Gesamtgefüges eher weiterentwickelt als gehemmt wird.

Nochmal zur Beachtung von Regeln: Ja es gibt Regeln. Diese werden normalerweise für bekannte Situationen gemacht. Kommt eine unbekannte Situation hat man dafür keine passenden Regeln. Es ist dann Aufgabe der Exekutive, mit dieser Situation umzugehen, bis legislative Regelungen geschaffen wurden. Dieser Umgang kann gegen bestehende Regeln verstoßen, sachlich aber völlig richtig sein. Das ist das Entscheidungsdilemma mit dem Führungskräfte manchmal konfrontiert werden und an dem sich zeigt, ob sie Führungskräfte sind. Bestes Beispiel ist der hypothetische Abschuss einer gekaperten Passagiermaschine (diese Diskussion gabs nach 9/11). Das ist eine Super-GAU-Entscheidung, aber in ihr destilliert sich das Dilemma des Rechtsstaates.

Ich halte Merkel für ok. Sie ist keine herausragende Führungsperson (dazu hätte sie einige Dinge und Personalentscheidungen proaktiver treffen müssen), aber auch keine schlechte (wenns drauf ankam war sie präsent und hat nicht die schlechtesten Entscheidungen getroffen). Kohl war mieser, weil er offen Missetäter aus den eigenen Reihen geschützt und ziellos durch den Aufbau Ost geschlittert ist. Schröder war auf dem Egotrip und hat es nicht verstanden, seine Maßnahmen so zu modifizieren, dass sie akzeptabler waren. Merkel hat im Gegensatz zu den beiden das Image einer wirklichen Staatsfrau aufgebaut, ohne persönliche Vorteilsnahmen und ohne allzu offensichtlichen Protektionismus ihrer Partei.
 
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #57 am: 16. April 2021, 13:17:39 »
Die Kriterien des Normalzustandes sind auf die Ausnahme nicht oder nur sehr schwer anwendbar, womit Entscheidungsfindung und Ergebnis nicht mehr vorhersehbar sind.

Zu Beginn hat das vieles gerechtfertigt. Bis Mai 2020 sehe ich auch keinen Grund zu Kritik.

Dann wird die Krise aber langsam zum Normalzustand. Es zeichnete sich ab, dass das ganze noch mindestens ein Jahr dauern wird, was hilft, was vielleicht weniger hilft, wo Wissenslücken bestehen, dass es mit Schule und homeofficeunfähigen Betrieben schwierig wird.

Da ist dann nur nicht mehr viel passiert. Man hat die Bevölkerung mit Maßnahmen beschwert, die auch nach damaligem Kenntnisstand objektiv wenig bringen (insbesondere im Außenbereich), gleichzeitig hat man Maßnahmen abgelehnt, die einen starken Einfluss gehabt hätten (Grenzschließungen z.B., Testpflichten, effektive Kontaktverfolgung)

Im Sommer '20 stand man vor der Entscheidung: Entweder isolieren wir uns und versuchen, die Zahlen möglichst gegen 0 zu drücken - oder wir machen das nicht und gehen sehenden Auges in die Fortsetzung mit Erhöhung der Zahlen im Winter und Auf-zu-auf-zu-Lockdown. Man hat letzteres gewählt, ohne sich dafür explizit zu entscheiden. Die Konsequenzen waren klar, und es gab genügend glaubwürdige Fachleute, die genau das auf den Tisch gelegt haben. Davon wurde niemand mehr überrascht.

Man hat wenig für die Impfungen ausgeben wollen, man hat auch sonst wenig vorbereitet. Keine staatlich gefördererten gezielten Forschungen, was welche Maßnahmen genau bringen. Keine repräsentativen Coronatests mit Dekodierung der Virus-RNA zur Erforschung der Weiterverbreitung. Das fand alles im Ausland statt ...

Man kann jetzt im April 2021 sich nicht mehr darauf berufen, dass alle von der Pandemie überrascht wurden, wirklich nicht.

USA und UK sind bald durchgeimft. Wir nicht, wir streiten stattdessen um "Impfprivilegien".

Abgesehen davon scheint mir Merkel noch einer wer wenigen Politiker zu sein, die tatsächlich sachbezogene Politik machen.  Wer sich mal einen Wahlkampfauftritt von ihr in Person angesehen hat, wo man sieht, wie die Vorredner agieren und wie Merkel agiert, der hat einen deutlichen Eindruck davon, wie groß der Abstand ist. Aber das verschafft ihr auch nicht das Privileg der Unfehlbarkeit.

soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #58 am: 16. April 2021, 13:33:50 »
Sehr geehrter Herr @Rechtsfinder
Aber sonst geht's danke, ja?
Ist mir ja klar, dass allseits die Nerven blank liegen, aber persönlich werden müssen wir, glaube ich, trotzdem nicht.

es ist KEIN Versagen des Staates, sondern ein Versagen von Funktionsträgern.
Die nochmal wen genau repräsentieren? Ich dachte immer den Staat. Aber vielleicht irre ich mich da ja auch.

Insgesamt ist unser System nicht nur stabil, sondern war in der Vergangenheit auch so erfolgreich, dass Ressourcen angehäuft werden konnten, womit kaum ein Bürger persönlich die Konsequenzen der Rechtsbrüche/Fehlentscheidungen spüren wird.
Diesen Satz bitte noch einmal langsam und sorgfältig durchlesen. Dann darüber nachdenken. Und dann erklären bitte.

Was in meinen Augen ein Riesenproblem ist ist der Egotrip vieler Politiker in Bund und Ländern. Da wird viel Blindleistung erzeugt, bzw. Widerstand aufgebaut, der nicht sein muss.
Ich glaube, die Technokratin an der Spitze sieht das ähnlich. :)

Ich übrigens auch.



Willkür:
Ich darf tagsüber durch die Straßen gehen, nachts nicht.
Willkür ist ein Begriff mit einer abstrakten Bedeutung.
"Ich darf tagsüber durch die Straßen gehen, nachts nicht." ist die Beschreibung eines tatsächlichen Umstands. Mit anderen Worten: Bestenfalls ein Beispiel.
Begriffe können nicht durch tatsächliche Umstände (=Beispiele) beschrieben werden, sondern ausschließlich durch abstrakte Definitionen.

Eine brauchbare Definition für das Wort "Willkür" lautet: "Verhalten, das die allgemein geltenden Maßstäbe, Gesetze, Rechte oder Interessen anderer missachtet, an den eigenen Interessen ausgerichtet, die eigene Macht nutzt" (frei nach dem Duden). Oder, deutlich kürzer vom Kollegen @Sandmännchen auf den Punkt gebracht:
Willkür ist Handeln, das auf sachfremden Erwägungen beruht.

Die Infektionsgefahr ist nachts nicht höher als tagsüber. Die Unterscheidung ist, bezogen auf Infektionen, sinnfrei. Das ist nicht unverhältnismäßig, das ist Willkür.
Check mal die Prämissen, von denen Du hier ausgehst. Die sind extrem. Du unterstellst, dass der Zweck einer Maßnahme in der Verhinderung aller Infektionen liegen müsste, um verhältnismäßig zu sein und behauptest, der Zweck, die Infektionszahl zu verringern Willkür sei. Das ist "extrem" im Sinne eines totalen schwarz-weiß Denkens. "Entweder ganz oder gar nicht". Denselben Denkfehler macht @Krawutzi Kaputzi wenn er drüben in Österreich rummeckert, dass Regeln kompliziert statt totalitär zugenagelt sind. Im Kern läuft es darauf hinaus, völlig unverhältnismäßige Maßnahmen zu fordern, da die Maßnahmen entweder unverhältnismäßig gefährlich (alles auf) oder unverhältnismäßig schädlich (alles zu) wären. Das ist eine ziemlich schlechte Prämisse.

Tatsächlich geht es ja einfach darum, der Polizei eine risikobezogene Ermittlung zu ersparen. Die Poiizei soll nicht abends oder nachts nach Treffen suchen müssen, sondern einfach jeden einkassieren, der auf der Straße ist. Es wird ein Verhalten sanktioniert nicht weil es gefährlich ist sondern einfach aus Bequemlichkeit. Das ist nicht Sinn des OWi-Rechtes. Das ist mindestens grob unverhältnismäßig und an der Grenze zur Willkür.
Okay. Willkür, mehr als unverhältnismäßig, grob unverhältnismäßig, an der Grenze zur Willkür.

Jetzt ist ja auch das mit der Verhältnismäßigkeit son Jura-Begriff und ich bilde mir ein, von Jura-Begriffen ein bisschen zu verstehen. Insbesondere zum Begriff "Verhältnismäßigkeit", den benutze ich sogar gelegentlich selbst mal. Also gucken wir an, was "Verhältnismäßigkeit" in der Jura-Welt so bedeutet.

Verhältnismäßig ist eine Maßnahme dann, wenn sie zu einem legitimen Zweck (1) ergriffen wird und ein geeignetes (2), erforderliches (3) und angemessenes (4) Mittel zur Erreichung dieses Zwecks darstellt.

(1) Der Zweck von Maßnahmen wie Ausgangssperren liegt darin, zu verhindern, dass Menschen sich in fremden privaten Räumlichkeiten mit anderen Menschen treffen. Die Menschen sollen "nirgendwo anders reingehen", weil sie dort eine potentiell primär und sekundär tödliche Infektion verbreiten können. Mit "primär tödlich" meine ich an dieser Stelle übrigens die Lebensgefahr durch das Virus selbst, mit "sekundär tödlich" meine ich die Lebensgefahr durch ein überlastetes Gesundheitssystem. Vermutlich gibt es dafür andere Begriffe, sie fallen mir aber gerade nicht ein. Dieser Zweck ist insbesondere durch den Schutz von Leben und Gesundheit und auch das Prinzip eines Sozialstaates gedeckt und damit ein legitimer Zweck.

(2) Geeignet ist eine Maßnahme, wenn sie den erstrebten Zweck zumindest fördern kann. Eine Ausgangssperre kann dazu führen, dass sich weniger Menschen im öffentlichen Raum aufhalten; ein Aufenthalt im öffentlichen Raum ist aber notwendiges Durchgangsstadium, um fremde private Räumlichkeiten aufzusuchen. Die Maßnahme ist also geeignet.

(3) Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn es kein milderes Mittel mit gleicher Eignung gäbe. Als Alternative hattest Du vorgeschlagen, anstatt nachts oder zusätzlich zu nachts auch tagsüber eine Ausgangssperre zu verhängen. Beides wären einschneidendere Maßnahmen. Bei zusätzlicher Ausgangssperre am Tag dauerte die Ausgangssperre insgesamt länger; bei alternativer Ausgangssperre würde insbesondere die Berufstätigkeit und auch die Erledigung notwendiger Besorgungen (Lebensmittel- und Medikamenteneinkäufe) deutlich eingeschränkt. Die Alternativen sind also kein milderes Mittel. Insbesondere ist "einfachere Verständlichkeit" kein Milderungskriterium der Belastung einer Maßnahme.
Alternativ wäre denkbar, lediglich den Aufenthalt in fremden privaten Räumlichkeiten, nicht aber im öffentlichen Raum zu untersagen. Diese Maßnahme wäre aber weniger geeignet als die vorgeschlagene Ausgangssperre, da sie kaum kontrolliert und durchgesetzt werden kann. Die Vergangenheit hat auch gezeigt, dass in der Bevölkerung nicht ausreichend Vernunft vorhanden ist, als dass sich diese auf Freiwilligkeit gestützte Maßnahme durchsetzte.

(4) Angemessen ist eine Maßnahme schließlich, wenn die Zweck-Mittel-Relation nicht unvertretbar ist. Das erscheint nicht der Fall, da die Ausgangssperre nur für Zeiten geplant ist, in denen nicht primär notwendige Erledigungen des Alltags geschehen und auch notwendige Tätigkeiten wie bspw. Berufsausübung weitgehend unbeeinflusst bleiben. Hinsichtlich der Ahndung von Verstößen stellt der Rahmen der Bußgelder sowie das Opportunitätsprinzip die Möglichkeit, dem Einzelfall ausreichend Rechnung zu tragen. Die Maßnahme dürfte daher auch angemessen sein.

Fazit: Man kann durchaus argumentieren, dass es sich hier sogar um eine verhältnismäßige Lösung handelt. Von Willkür möchte ich nicht sprechen.

Wenn Du das anders siehst, @Sappho , darfst Du das gerne tun. Aber dann erwarte ich ein wenig mehr als Unzufriedenheit und Ausrufezeichen.



Nachtrag zu dem, was seit Beginn meines Postings noch so kam:

Die "Osterruhe" war nach allem was man lesen kann Merkels ganz persönliches Ei, das sie mit dem Kanzleramt ausgebrütet hat.
Ich meine, dass ich bei der ZEIT gehört habe, dass diese Osterruhe ein Schnellschuss gegen Ende einer der vielen verunglückten Ministerpräsidentenkonferenzen war. Und damit nicht einmal Merkels Idee.
Und selbst wenn nicht. Selbst wenn es Merkels eigene Idee war.

Die Idee ist richtig. Es ist entweder kompletter Irrsinn, in der derzeitigen Situation auf weniger Maßnahmen zu drängen (denn die Hoffnung, dass sich das schon richten werde, ist komplett realitätsfern) oder menschenverachtend (denn so nennt man das, wenn es einem egal ist, dass für das eigene Wohlbefinden andere Menschen draufgehen).

Off-Topic:
Wäre ich heute Bundeskanzler, würde ich heute dafür sorgen, dass in zwei Wochen für vier Wochen der gesamte Laden still steht. Alles was nicht Blaulicht ist. Lebensmittel kann man vorher kaufen und im Zweifel von den Hilfsorganisationen und der Bundeswehr verteilen lassen. Gut, dass ich nicht Bundeskanzler bin.

Der Deutsche hat offenbar ein Problem mit dem Föderalismus.
Er sehnt sich nach einem Einheitsabitur (das es natürlich niemals geben wird) und möchte gerne, daß „Berlin“ endlich wieder als Zentralmacht auftritt.

Sorry, aber die Sehnsucht in großen Teilen der Medien und bei vielen Menschen nach dem Gleichschritt ist unverkennbar!
Dies. Dies, dies, dies. Danke.
Genau. Das. Ist. Das. Problem.

Föderalismus ist super. Es hat nur kaum jemand, insbesondere nicht diese Ministerpräsidentendarsteller, begriffen, wie man sowas sinnvoll umsetzt.

Gerade angesichts des Ringens zwischen Laschet und Söder sage ich vorher: Sie wird uns noch sehr fehlen!
Ich habe Merkel nie gewählt. Ich würde sie auch nie wählen. Aber, die geliebte Staatsführung ist mein Zeuge: Wie werde ich sie vermissen.

Es gibt nur ein Gericht, welches das letzte Wort hat (BVerfG) und das wählt seine Worte eigentlich immer so weise, dass die Funktion des Gesamtgefüges eher weiterentwickelt als gehemmt wird.
Wer mich in diesem Forum in der Form siezt, muss sich anhören, dass dieser Satz in seiner Unterkomplexheit unzutreffend und fehlleitend ist. Persönlich kann ich nämlich auch. Waldschalltheorie.

Abgesehen davon scheint mir Merkel noch einer wer wenigen Politiker zu sein, die tatsächlich sachbezogene Politik machen.
Ich sage, wie gesagt, nur sehr ungern Positives über Frau Merkel. Geschweige denn für den korrupten Haufen inkompetenter und menschenverachtender Selbstdarsteller, den ihre "Partei" darstellt.
Aber dieser Aussage schließe ich mich beinahe vorbehaltlos an.
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.
 
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Re: Zur IfSG-Novelle
« Antwort #59 am: 16. April 2021, 13:53:54 »
Ich sehe die Schwelle für Willkür zwar deutlich niedriger, andererseits halte ich das auch nicht für den Untergang des Abendlands.

Die meisten Regierungen haben deutlich größeren Schabernack getrieben, und viel verhängnisvoller ist die elende Sparsamkeit bezüglich der Impfungen. Und das am Ende wahrscheinlich noch von zu viel gutem Willen getrieben. Nicht Korruption, nicht Totalitarismus, Wahlkampf, Seilschaften, einfach nur falsche Sparsamkeit.
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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